Workstation Kaufberatung
Egal ob mit der Band im Proberaum, auf der Bühne oder im Studio – als Keyboarder muss man schnell eine Vielzahl guter und angesagter Sounds anbieten können. Hier spielen Workstations ihre großen Vorteile aus: Sounds layern, schnell mal Strings unter den Pianosound legen, von einem orchestral arrangierten Intro auf einen Elektrobeat umschalten … alles kein Problem und sofort ohne Ladezeiten spielbereit!
Auch wenn den „Alleskönnern“ unter den Synthesizern ein wenig der Ruf anhängt, eben alles irgendwie zu können, aber nichts richtig – in Sachen Performance und Flexibilität sind Workstations einfach unschlagbar. Auch in Zeiten von weitaus leistungsfähigeren Musik-Computern, die an Gigabyte-schweren Libraries nur so überquellen, haben Workstations immer noch den Vorteil, dass eine Fülle an Sounds ohne Ladezeiten sofort einsatzbereit ist. Wenn man seine Komposition live realisieren will, geht das komplett ohne Computer; genau dafür sind Workstations gebaut. Hardware rockt eben doch!
Korg M1 – Mutter aller Workstations
Die Entwicklung der ersten Workstations begann ab Ende der 80er Jahre, als die Musikproduktion am Computer noch in den Kinderschuhen steckte. In der Entstehungsphase der Korg M1 als erster All-in-one-Workstation (vorgestellt im Frühjahr 1988) ging es den Entwicklern sogar in erster Linie um den Sound: Die M1 sollte, anders als die Synthesizer der damaligen Zeit mit ihren jeweils recht eigenständigen Soundeigenschaften, verschiedene Klangrichtungen in sich vereinen. Das gelang auf Basis eines Sample-ROMs, das allerdings durch die digitale Umsetzung typischer subtraktiver Synthesemöglichkeiten erweitert wurde.
Vielfältige Synthi-Sounds aber zugleich überzeugende Klänge von Naturinstrumenten wie Piano, Streicher, Bläser, Gitarren, Bässe und Drums aus dem Stand zu liefern, gehörte zum neuen Konzept. Komplett wurde die erste Workstation durch integrierte programmierbare Effekte und vor allem durch die Möglichkeit, acht Sounds gleichzeitig wiederzugeben; so kam man auf die Idee, gleich noch einen Sequenzer miteinzubauen – und schon ließen sich MIDI-Songs erstmals komplett an einem 61-Tasten-Synth kreieren.
Auch wenn Piano-, Strings- oder Drumsounds heute an jeder Preiswert-Workstation echter klingen mögen als an der M1: Am Konzept dieser ersten Workstation als „Musik-Produktions-Zentrale mit Tastatur“ hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert.
Wie viel Leistung brauche ich? Über die Preisklassen von Workstations
Workstations – auch Synthesizer-Workstation oder Music Synthesizer genannt – sind in unterschiedlichen Ausbaustufen derzeit zu Preisen ab etwa 700 Euro bis ca. 4500 Euro erhältlich. Grob betrachtet kann man zwischen Einsteiger- (bis 1000 Euro), Mittel- (ab 1000 bis 2000 Euro) und Oberklasse (über 2000 Euro) unterscheiden.
Die jeweiligen Top-Instrumente der Hersteller markieren dabei das technisch Machbare. Hier findet sich die aktuellste und umfangreichste Sound-Library einer Marke wieder, gepaart mit den höchsten Leistungsmerkmalen bei Speicher, Effekten, Sequenzer und Beigaben wie Pattern-Sequenzer, Drum-Tracks, Audio-Aufnahme bis hin zur Integration in das Studio- bzw. Musik-Computer-Setup. Außerdem kennzeichnen die Workstations der Top-Klasse eine äußerst robuste Verarbeitung und eine große Auswahl an Anschlüssen, darunter Einzelausgänge und mehrere Fußpedalbuchsen. Externe Netzteile wie an vielen Mittelklasse-Modellen sind hier passé.
Alle Workstations der Mittelklasse sind deshalb zum einen abgespeckte Versionen der Oberklassen-Workstations; genauso verhält es sich bei den Einsteiger-Modellen in Relation zur Mittelklasse. Andererseits können aber auch im unteren Preisbereich individuelle Schwerpunkte gesetzt werden, und auch auf ein breites Funktionsspektrum muss man hier nicht zwangsläufig verzichten. Beispielsweise findet sich die Computer-Integration bei Yamaha-Geräten selbst in der Einsteigerklasse – der MX-Serie – wieder: Diese Modelle haben zwar keinen eigenen Sequenzer an Bord, doch dafür integrieren sie sich per USB als Audio/MIDI-Interfaces und Controller-Keyboards ziemlich perfekt in das serienmäßig mitgelieferte Steinberg Cubase AI.
61, 76, 88 – verschiedene Tastaturversionen
Oberklassen-Workstations müssen flexibel sein, denn man möchte sie in verschiedensten Anwendungsszenarien einsetzen. Aus diesem Grund werden sie bereits seit über 20 Jahren, angefangen mit den Korg-M1-Nachfolgern der T-Serie, in drei Tastaturversionen angeboten. Expander-Versionen von Workstations dagegen, die in der Anfangszeit ebenfalls beliebt waren, sind mittlerweile rar geworden. Eine Ausnahme ist aktuell noch Rolands Sound-Modul Integra-7, das soundmäßig dem All-in-one-Ansatz so nah wie kein anderes kommt.
Wer seine Workstation auch als Stagepiano nutzen will, greift zur 88-Tasten-Version – alle Hersteller bieten bei diesem Format zu guten Flügelsounds sehr ansprechende Tastaturen an, die zwar nicht wirklich an die Qualität der Top-Stagepianos herankommen, aber ihren Job schon sehr gut machen. Bedenken muss man dabei immer auch, dass das Spielen von Piano-Sounds eine von vielen Aufgaben ist – auch ein Brass- oder ein Orgel-Sound soll über die Tastatur noch spielbar sein. 88er Workstations gibt es heute auch in den unteren Preisklassen ab rund 1000 Euro (Korg Kross/Krome 88, Kurzweil PC3-LE8, Roland FA-08, Yamaha MOXF8). Die preisliche Obergrenze markieren Korgs Kronos 88 und Yamahas Montage 8 (beide um 4000 Euro). Im Grenzbereich zwischen oberer Mittel- und Top-Klasse hat Kurzweil mit der PC3A 88 (knapp 3000 Euro) einen interessanten Piano-Ersatz am Start.
Als Bühnenpianist sollte man hier seine Prioritäten abwägen – eventuell fährt man mit einer Kombination aus klassischem Stagepiano plus Workstation on top besser. Zwar kostspieliger aber auch deutlich flexibler ist diese Variante, da man hier eine 61er Workstation wählen kann, sodass man beide Tastaturarten in seinem Setup hat: Mit Pianotasten plus Synthitasten ist man auf das Spielen aller möglichen Sounds bestens vorbereitet.
Wer Live-Gigs mit nur einem Instrument bestreiten muss oder möchte, sollte eine Workstation mit 73er bzw. 76er Tastatur in Erwägung ziehen. Damit ist auch bei Patches mit Split-Layer-Kombinationen genügend Platz vorhanden, um sich spielerisch auszubreiten. Diese mittellangen Modelle findet man vor allem in der Oberklasse (Kurzweil PC3A7, Yamaha Montage 7; Ausnahme sind das Korg-Mittelklassen-Modell Krome 73 und das Kurzweil PC3 LE7. Korg ist auch der Hersteller, der hier für eine weitere Besonderheit sorgt: Den 76/73er-Synthitasten-Leichtgewichten der Konkurrenz setzt die Top-Workstation Korg Kronos 73 eine gewichtete Tastatur mit Hammermechanik entgegen.
Darüber hinaus gilt als Faustregel: Der Preis einer Workstation schlägt sich immer auch in der Qualität ihrer Tastatur nieder. Wer hier höchste Ansprüche an das Spielempfinden stellt und keine Kompromisse eingehen will, sollte vorher ausführliche Vergleiche anstellen. In Präzision und Klangkontrolle sowie Spielgefühl und -widerstand sind die Manuale der Top-Workstations von denen der preiswerteren Modelle nun einmal nicht zu schlagen.
Bedienkonzepte – schneller Zugriff und Kontrolle
Ob Akustik- und E-Pianos, Strings und Brass oder Synth-Leads und Flächen: Als Klangerzeuger für alle Fälle muss eine Workstation Keyboard-Sounds für sämtliche Musikrichtungen anbieten; ja noch mehr: Als kompletter Soundlieferant auch für Recording-Sessions sind darüber hinaus Klänge von Gitarren, Bässen und Drums aller Art gefordert. Da kommen schnell über 1000 oder noch deutlich mehr Sound-Presets zusammen; doch die wollen erst einmal organisiert sein.
Dazu bieten Workstations nicht nur nach Klanggruppen geordnete Sound-Datenbanken mit Listendarstellungen an. Fast noch wichtiger ist die Flexibilität der sogenannten Performance-Speicher (je nach Hersteller auch Setup, Combination oder Live/Studio Set genannt), die dem Spieler komplexe programmierbare Registrierungen aus bis zu 16 Sounds ermöglichen: Mit einer Performance sind nicht nur Splits und Layer der internen Sounds einer Workstation inklusive Effekt-Routings auf Knopfdruck abrufbar, sondern es können ebenso externe Klangerzeuger via MIDI eingebunden sein; die Workstation wird damit nebenbei zur Kontrollstation für ein umfangreicheres MIDI-Setup, also zum Masterkeyboard.
Als solches bringt sie daher neben einer guten Tastatur auch diverse Elemente zur Echtzeitsteuerung der Sounds, die Controller, mit: Zwei Wheels oder ein Joystick und verschiedene Drehregler für Pitch, Modulation, Filter-, LFO- und Effektmanipulationen sind schon in der Preiswertklasse Pflicht. Bei den Top-Workstations kommen Ribbon-Controller, diverse Schieberegler, programmierbare Switches und vor allem aftertouchfähige Tastaturen hinzu, die in den niedrigeren Preisklassen nicht angeboten werden. Alle diese Controller lassen sich an einer Workstation zudem in die Programmierung der Klänge einbinden; ihre Einstellungen werden manchmal mit in den Sound-Programmen, meist aber auch in einer Performance gespeichert.
Das Sound-Controlling hat auch an den Workstations ebenso wie an reinrassigen Synthesizern einen äußerst hohen Stellenwert. Insbesondere synthetische Klänge lassen sich damit im Live-Spiel erst richtig zum Leben erwecken, denn die über diese Hardware-Steuerelemente ausgelösten Klang-Modulationen bringen Abwechslung und Dynamik sowohl ins Begleitspiel, wie sie für solistische Einlagen ohnehin ein Muss sind.
Da jede Workstation heute mehrere hundert solcher komplexer Performance-Registrierungen an Bord hat, gibt es auch schon wieder unterschiedliche Konzepte dafür, wie der Zugriff auf diese Multi-Speicher übersichtlich gelingt. In der Mittel- und Oberklasse geht der Trend in Richtung übergreifender Organisationseinheiten, die die Trennung in verschiedene Keyboard-Modes für Einzel- und Multiklangprogramme aufheben: So befinden sich Rolands Mittelklasse-Modelle der FA-Serie praktisch permanent im Performance-Mode, weil ihre „Studio Set“ genannten Speicher von Single-Sound- bis 16-Part-Preset sämtliche Registrierungen abdecken. Auch bei Yamahas neuen Montage-Top-Workstations gibt es nur noch die Performance als einzige Speichereinheit für die spielbaren oder im Rahmen eines MIDI-Songs registrierten Sounds.
Übergreifend gibt es aber auch die Funktion „Live Set“, die freie Performance-Zusammenstellungen für verschiedene Anlässe erlaubt. Korg geht am Top-Modell Kronos einen ähnlichen Weg, indem es hier die Set Lists als übergeordnete Speichergröße gibt: Jede Set List organisiert eine individuelle Zusammenstellung aus Programs (Einzelsounds), Combinations (Performances) oder auch Song-Setups, die dann, wie bei Yamaha die Live Sets, jeweils direkt über das Touch-Display abgerufen werden können.
An Mittelklasse-und Einsteiger-Workstations findet man die Trennung von Single- und Multimode zumeist noch vor, doch es gibt auch hier oft programmierbare Favorite-Speicher, die den Schnellzugriff auf eine kleine Auswahl von Lieblingssounds und -Performances über eine Tastergruppe erlauben.
Was die grundsätzliche Bedienung der Workstations angeht, gehört dem Touch-Display wohl ohnehin die Zukunft (aktuell an Korg Krome/Kronos, Yamaha Montage). Zwar muss eine Benutzerführung über ein herkömmliches Display, das durch genügend Multifunktionsbuttons und Menütaster ergänzt wird, nicht zwangsläufig weniger intuitiv und übersichtlich sein. Ein berührungsempfindliches Display hat allerdings nicht nur den Vorteil, dass man in den Untiefen der Editierung im Zweifelsfall durch bloßes Antippen etwa einer Songspur oder eines Effekttyp-Eintrags oft schneller ans Ziel kommt.
Noch entscheidender ist: Der Hersteller hat die Möglichkeit, über ein Update der Systemsoftware komplett neue Touch-Bedienelemente für zusätzliche Funktionen nachzurüsten oder die Menüführung relativ frei zu verändern, was den kompletten Workflow des Instruments verbessern kann. Diese Freiheiten sprechen für sich, zumal die Abstände, in denen die Hersteller ihre neuen Workstation-Generationen auf den Markt bringen, immer länger werden – überarbeitete Touchscreen-Menüs können da zwischendurch schon mal wie eine Frischzellenkur wirken.
Klangerzeugung – Sampling und mehr
Ein Workstation-Synthesizer braucht kein Spezialist zu sein. Vielmehr müssen für sämtliche musikalische Genres die jeweils amtlichen Sounds geliefert werden. Im Recording-Einsatz soll die Workstation dann noch den einen oder anderen Gastmusiker ersetzen können; gefragt sind daher auch authentische Klänge sämtlicher Naturinstrumente für professionell klingende Arrangements. Das klappt immer noch am besten mit einer Klangerzeugung auf Sample-Basis. Und je größer der Sample-ROM-Speicher, desto überzeugender fällt für gewöhnlich das Ergebnis aus.
Bei den Natursounds profitieren die Workstations schon seit längerem vom Aufwand, den die Hersteller beim Sampling für ihre Entertainer-Keyboards betreiben: Auch eine Top-Workstation von Korg oder Yamaha kommt mit einer Vielzahl solch erstklassiger Multisamples von Bläsern, Streichern, Gitarren oder auch Bässen und Schlagzeug, wie sie sich an den Oberklasse-Begleitkeyboards dieser Hersteller finden (Pa- bzw. Tyros-Serie). Die echten Naturinstrumente wurden für diese Sounds nicht nur in unterschiedlichen Anschlagsstärken, sondern auch in verschiedenen Spielweisen gesampelt; letztere Extra-Samples können an den Instrumenten teilweise über die Hardware-Controller angetriggert und so ins Live-Spiel eingestreut werden.
Ein solches Multisampling als Basis sorgt für dynamische, ausdrucksstarke und zugleich realistische Klänge von Naturinstrumenten, wie sie auf rein synthetischem Weg noch immer nicht erreicht worden sind (zumindest in bezahlbaren Instrumenten). Natürlich nehmen die Größe des Sample-ROMs und die Qualität einzelner Multisamples von der Einsteiger- bis zur Oberklasse der Workstations kontinuierlich und auch hörbar zu. In der Oberklasse wird heute, wie bei samplebasierten Software-Instrumenten für den Rechner schon lange üblich, endlich auch mit Gigabytes-großen Sample-ROMs gearbeitet.
In den Genuss völlig neuer Multisamples kommt man zurzeit nur bei bestimmten Workstations: Während Rolands FA-Modelle eine Auswahl aus PCM-Erweiterungen aus der hauseigenen AXIAL-Soundlibrary laden können, sind an Korgs Kronos sowie Yamahas MOXF und Montage auch User-Samples im WAV-Format möglich. Eine Kronos-Workstation kommt zudem auch mit anderen Sample-Formaten (AIFF, Akai und Soundfont II) klar. Sie ist auch die derzeit einzige Workstation, die heute noch als professioneller Sampler durchgehen kann; auch digitale Eingangssignale können direkt an der Kronos gesampelt werden (über die S/PDIF-Schnittstelle).
Bei ihrem etwa 2 GB großen User-RAM-Speicher für die zusätzlichen Samples halten sich die Ladezeiten einigermaßen in Grenzen, da zugleich eine Streaming-Technologie und eine SSD-Festplatte, von der die Samples geladen werden, zum Einsatz kommen.
Für die Montage-Modelle gibt es ein 1,75 GB großes Flash-ROM serienmäßig, das zwar erst einmal langwierig gefüllt werden muss – danach aber stehen die neuen Samples auch nach dem Aus- und wieder Anschalten sofort spielbereit zur Verfügung. Beim MOXF sind 512 MB oder 1 GB Flash für Samples optional nachrüstbar. Neue Sounds auf Multisample-Basis gibt es für diese Workstations sowohl von den Herstellern wie von Drittanbietern.
Am Roland-FA kann man zusätzliche Samples von einer SD-Card abrufen, wozu die FAs eine Gruppe von 16 Hardware-Pads besitzen, die diese Klänge ansteuern können. Dabei ist an One-Shot-Samples, Loops oder Klangeffekte gedacht, die auf diese Weise ins Spiel integriert werden. Auch aufzeichnen lassen sich solche Audiosignale über den Mic/Line-Eingang der FA.
Alle übrigen Workstations können zwar nicht nachträglich mit völlig neuem Sample-Material gefüttert werden. Doch dank ausgiebiger Edit-Möglichkeiten (ab den Mittelklasse-Modellen) darf man zumeist sämtliche der internen ROM-Wellenformen mit Synthesizer-Parametern bearbeiten und so zu neuen User-Sounds kommen. Viele Hersteller und auch Drittanbieter haben daher verschiedene neue Soundsets auf Basis des internen PCM-Materials im Angebot.
Die Top-Workstations gehen da noch einen Schritt weiter und bieten meist auch für das neu hinzugefügte Sample-Material dieselben flexiblen Klangbearbeitungsmöglichkeiten wie für die Multisamples aus dem Wave-ROM an.
Sound-Editierung – Workstations als Synths
Traditionell ist eine Workstation – siehe schon Korgs M1 – immer auch ein echter Synthesizer. Zwar sind an den Allround-Maschinen nicht zwingend echte Innovationen und nie gehörte Klangwelten zu erwarten. Doch allein schon, um schnell mal die Strings aufzuhellen, das Flügelhorn dunkler und wärmer zu machen oder das E-Piano mit mehr Attack zu versehen und glockiger klingen zu lassen, muss alles Nötige an Bord sein. Schon in den Modellen ab 1000 Euro kommt heute eine komplexe subtraktiv arbeitende digitale Klangerzeugung mit allen gängigen Filtertypen sowie ausgiebiger Hüllkurven- und LFO-Programmierung zum Einsatz.
Für die gesampelten synthetischen Wellenformen Sinus, Sägezahn, Rechteck und Triangel, die als Oszillatoren für die Synth-Sounds Verwendung finden, sind diese Klangformungsmöglichkeiten ohnehin ein Muss. Mit Ausnahme weniger Einsteigermodelle lassen Workstations normalerweise die komplette Soundprogrammierung, ausgehend von jeder „nackten“ gesampelten Wellenform, von Grund auf zu.
Wer hierbei ins Eingemachte gehen will, für den wird der Bedienkomfort bei der Programmierung nicht unwichtig sein. In diesem Punkt heben sich die Top-Modelle recht deutlich von den preiswerteren Workstations ab, bieten sie doch die größeren und übersichtlicheren Displays und die meisten Bedienelemente. Mittelklasse-Workstations wie Korgs Krome oder Yamahas MOXF bringen daher gleich schon mal Software-Editoren für den Rechner mit, weil Edit-Sessions am PC vielen Usern leichter fallen.
In der oberen Mittelklasse sticht Kurzweils PC3A-Serie durch ihre V.A.S.T.-Synthese hervor: Die Programmierung verläuft hier etwas anders als an gängigen subtraktiv arbeitenden Klangerzeugern. Filter, LFOs, Verstärker, Hüllkurven und auch diverse ausgefallenere Synthese-Elemente wie Ring Modulator und Shaper sind hier in sogenannten Algorithmen modulartig zusammengefügt. Nicht nur die Waveforms aus dem ROM, die diese Algorithmen als Oszillatoren durchlaufen, sondern auch eigens generierte synthetische Oszillatoren können zum Einsatz kommen. Darüber hinaus gibt es eine separate virtuelle Orgelklangerzeugung auf Basis von Sinustönen (additive Synthese).
Solch eine virtuelle Orgelklangerzeugung für noch lebendigere Hammond-B3- und weitere E-Orgel-Sounds als durch Sampling möglich bietet auch Korgs Kronos; doch ist sie hier nur eine von vielen Sound-Engines, in denen auch Modeling-Technologien und virtuell-analoge Synthese für E-Pianos, Streicher oder Synthesizer-Sounds zum Einsatz kommen.
Yamaha wiederum lässt mit der Montage-Serie die FM-Synthese des Klassikers DX7 in deutlich erweiterter Form wiederaufleben und geht dabei noch über die Möglichkeiten des ehemaligen SY99-Synthi-Flaggschiffs hinaus, das bereits in den 90er Jahren erstmals samplebasierte (AWM-)Klangerzeugung mit FM kombinierte. Trotz Workstation-Konzepts ist dies eine echte Soundspezialität der Montage, die so derzeit keine andere Synthi-Serie zu bieten hat.
Effekte – Inserts, Sends und Mastering
Von einer zeitgemäßen Workstation erwarten wir heute eine üppige Effektausstattung, die vieles leisten muss: Bestimmte Keyboard-Sounds wie Hammond B3 oder Fender Rhodes haben viele praktisch noch niemals „nackt“ gehört, denn Rotary-Speaker-, Amplifier- oder Flanger- und Phaser-Effekte (Insert-Effekte, die das Soundsignal selbst verändern) sind hier essenziell. Dann wiederum gibt es kritische Soundkategorien wie Gitarren und Bläser, die sich natürlich über eine Tastatur nur leidlich stilecht intonieren lassen – wie gut, dass dann Effekte wie Distortion, WahWah, Chorus oder auch virtuelle Amp-Simulationen (ebenfalls Inserts) zur Hand sind, die zumindest die Grundsounds schon einmal amtlich aufmotzen.
Solo-Klänge wiederum werden meist mit einer ordentlichen Prise Hall und einem Stereo- oder gar Multi-Tap-Delay (Send-Effekte, die dem trockenen Originalsignal additiv ein zweites Effektsignal hinzufügen) auf majestätisch und edel getrimmt. Workstations mit Audio-Eingang, der mitunter schon ab der Mittelklasse geboten wird, können oft die Stimme des Spielers via Mikro noch durch einen Vocoder jagen. Wer schließlich einen Song mit Bordmitteln aufzeichnen will, freut sich über die globalen Systemeffekte: Mindestens System-Hall und -Chorus lassen sich den Song-Tracks anteilig zuweisen; in den oberen Preisklassen halten auch Equalizer- sowie Kompressor- und Limiter-Effekte für eine Art Pre-Mastering Einzug in die Workstation-Ausstattungen.
Alle wesentlichen Typen für all diese Effektanwendungen gibt es grundsätzlich auch schon an preiswerten Instrumenten, auch wenn die Top-Modelle nochmals deutlich mehr Abwechslung in ihrer Effekt-Palette bieten. Entscheidender für den Gesamtsound ist aber auch die Anzahl der Effekte, die sich gleichzeitig nutzen lässt: So unterscheidet man von den globalen oder System-Effekten – die für sämtliche Sounds gedacht sind und die sich daher nicht individuell einstellen, sondern nur anteilig regeln lassen – die sogenannten Insert-Effekte. Ein solcher Insert-Effekt wird mit einem einzelnen Klangprogramm abgespeichert und kann perfekt auf diesen Sound zugeschnitten werden – zum Beispiel ein dynamisch reagierender Distortion-Effekt für eine Heavy Guitar oder ein anschlagdynamisch reagierender WahWah-Effekt fürs E-Piano. Will man beide dieser Sounds aber gemeinsam im Rahmen einer Performance einsetzen, macht sich an manchen Preiswert-Workstations nicht selten Ernüchterung breit: Mehr als ein oder zwei Insert-Effekte lassen sich meistens nicht nutzen, und wenn man eigentlich gerne vier bis acht Sounds mit jeweils individuellen Effekten einsetzen möchte – der Sägezahn-Solosound braucht ja noch ein Delay, das Pad einen Stereo-Chorus – stößt man hier an die Grenzen des Machbaren. Wichtig ist also die Anzahl der unabhängigen Effektprozessoren an Bord einer Workstation, auch Effekt-Blöcke genannt. So gibt es beispielsweise bei Korg an der Krome fünf Insert-Blöcke, an der Kronos sind es zwölf; am Kurzweil PC3 LE 10 Inserts, am PC3A 16 davon; bei Yamaha am MOXF 8 Inserts, am Montage bis zu 32.
Recording-Studio inklusive: MIDI- und Audio-Sequenzer
Ein Feature der Korg M1, das seinerzeit erst den Run auf die Workstation mitauslöste, ist heute eigentlich keine Notwendigkeit mehr: der eingebaute Sequenzer. Denn wer sich jetzt für eine Workstation interessiert, hat zumeist schon mal an einer Recording-Software auf seinem Rechner erste Gehversuche oder sogar mehr gestartet. Den Herstellern ist das klar: Zwar kann man an den heutigen Workstations immer noch eigene 16- bis 32-Spur-Songs von Grund auf erstellen, den Bedienkomfort einer Recording-Software allerdings erreichen noch nicht einmal die Top-Workstations, obwohl sie bereits mit einer ganz ähnlichen Darstellung der Songtracks arbeiten. Doch das Event-Editing an einzelnen Takten oder Tönen kann schon recht friemelig sein, insbesondere an den kleineren und kaum mit grafischen Elementen unterstützenden Displays der Einsteiger- und Mittelklasse-Workstations.
Wer den Sequenzer seiner Workstation dagegen vor allem als Player einsetzen möchte, findet umfangreiche (Mixer-)Möglichkeiten vor, um am Rechner vorbereitete Songs neu abzumischen, Parts zu muten oder sie mit ganz anderen Sounds und Effekten zu versehen. Alleinstellungsmerkmal des Korg Kronos ist aktuell die Möglichkeit, dabei auch bis zu 16 Audio-Spuren neben den 16 MIDI-Spuren einzusetzen. Auch ein Hard-Disk-Recording wird so möglich.
Dank des internen Sequenzers ist es aber beispielsweise auch kein Problem, jederzeit eine Palette von Drumgrooves dabei zu haben, die im Proberaum als Grundlage für Jam-Sessions oder auch als rhythmische Basis für spontane Songideen dienen können. Die meisten Workstations sind ab Werk bereits mit einigen hundert Drumpattern ausgestattet.
Live-Keyboardern bietet sich im Sequenzer-Mode zudem noch eine weitere Möglichkeit: Die Speicherplätze lassen sich in Form eines Song-Templates (ein angelegter Song ohne aufgezeichnete Spurdaten) oft als „Performances“ mit bis zu 16 Parts, die über die Workstation-Tastatur oder – via MIDI – zusätzlich über eine weitere externe verteilt werden, missbrauchen.
Groove-Machine inklusive: Arpeggiatoren
Zusätzlich zum internen Sequenzer haben sich interne Arpeggiatoren in den Workstations durchgesetzt. Bereits in der Low-Cost-Workstation Korg Kross gibt es zwei Arpeggiatoren mit über 1000 Patterns; in einer Yamaha MOXF sind es vier Arpeggiatoren und knapp 8000 Patterns: Auf diese „Unzahl“ kommt man deshalb, weil die Arpeggiatoren zum großen Teil auch Riffs und Licks beispielsweise für eine authentische Gitarrenarbeit liefern, wie sie die über die Tastatur schwerlich einspielbar wären; damit eignen sich solche Arpeggien dann auch wieder als Grundlage für stilsichere Songtracks – was wiederum den internen Sequenzer pusht. Acht Arpeggiatoren lassen sich simultan an der Yamaha Montage einsetzen, 16 sind es gar an der Kurzweil PC3A. Und die Korg Kronos bietet mit vier gleichzeitig nutzbaren Patterns oder Phrasen der für diesen Hersteller entwickelten Karma-Technologie seine ganz eigene Interpretation eingebauter Arpeggiatoren.
Im Studio lassen sich die meisten Workstations heute recht bequem ins Rechner-Setup integrieren. Meist ist auch bereits ein Audio/MIDI-Interface in die Alleskönner integriert. Dank einer Kooperation mit Steinberg legt Yamaha seinen Workstations die Software Cubase AI bei, für die MX, MOXF und Montage auch verschiedene Remote-Funktionen (Steuerung über Bedienelemente der Workstations) mitbringen.
Als solche DAW-Controller lassen sich aber auch die übrigen Workstations recht flexibel in Verbindung mit Recording-Software einsetzen. Rolands FA versteht sich hierzu mit dem Mackie-Control-Protokoll als übergreifendem Standard. Und auch eine Korg Kronos beherrscht beispielsweise die Integration als Plug-In in eine DAW wie Cubase. Doch selbst, wenn sie diese Features nicht böten: Aus dem Studio lassen sich die Workstations aufgrund ihrer flexiblen All-in-one-Klangerzeugung ohnehin auch heute kaum wegdenken.
Aktuelle Worstations | ||
Korg Kross 61: ca. 650,- | Kross 88: ca. 1000,- | |
Korg Krome 61: ca. 1000,- | Krome 73: ca. 1300,- | Krome 88: ca. 1600,- |
Korg Kronos 61: ca. 3300,- | Kronos 73: ca. 3700,- | Kronos 88: ca. 4000,- |
Kurzweil PC3 LE6: ca. 900,- | PC3 LE7: ca. 1100,- | PC3 LE8: ca. 1300,- |
Kurzweil PC3A6: ca. 2300,- | PC3A7: ca. 2700,- | PC3A8: ca. 2900,- |
Roland FA-06: ca. 1000,- | FA-08: ca. 1600,- | |
Yamaha MX49: ca. 520,- | MX61: ca. 700,- | |
Yamaha MOXF6: ca. 1000,- | MOXF8: ca. 1500,- | |
Yamaha Montage 6: ca. 3000,- | Montage 7: ca. 3500,- | Montage 8: ca. 4000,- |
Außer dem Roland Integra 7 ist noch der Yamaha Motif XS als Expander im Handel erhältlich, ähnlich gut und ähnlich teuer.
Besonders für den Studiobetrieb ist es sehr schade, dass die großen Markenhersteller keine Expander mehr bauen.
Tastaturen bzw. Masterkeyboards hat man meist mehr als genug.
In meinem wie in vielen Studios sind neben Roland Integra 7, noch Korg Trinity und Triton Rack, Yamaha Motif, Kurzweil PC 2 R, Roland XV und diverse EMU Expander wie Virtuoso, Proteus etc. im täglich Einsatz.
Auch gebraucht, werden die Geräte noch zu stattlichen Preisen gehandelt.
Vielleicht sollten die Hersteller mal wieder über neue Expander nachdenken.