Die Chords aus den Charts: Sam Smith – Writing’s On The Wall
Wie komponiere ich einen James-Bond-Titelsong? Nur wenige kommen für gewöhnlich in diese delikate Zwangslage.
Aktuell gebührt die Ehre Sam Smith der sich mit folgendem Rezept eine tragende Rolle im Film “007 Spectre” erarbeitete: Drehbuch lesen, 20 Minuten Zeit für die Komposition (immerhin) und dazu keinerlei Vorerfahrung im Filmgeschäft. Eine zwingende Voraussetzung sei allerdings noch erwähnt: Ein eindeutiger Bekanntheitsgrad in der Musik-Szene ist unabdingbar – und da kann Sam Smith bekanntlich mit so Einigem punkten.
Bei den 57-sten GrammyAwards räumte Samuel Frederick Smith 4 Grammies ab, zwei davon für seinen Hit Stay With Me – das ist und war ein Türöffner für die weitere Karriere. Und als James Bond „Vertoner“ befindet sich Sam in bester Gesellschaft der 007-Sänger und Komponisten wie Shirley Bassey (Goldfinger), Paul McCartney (Live And Let Die) und Adele (Skyfall). Kommerziell hat er seine 23 Vorgänger bereits überholt, denn er erreichte als erster die Pole Position der englischen Charts, Adele und Duran Duran (A View To A Kill 1985) schafften es „nur“ auf Platz 2.
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Aber ist es auch ein „richtiger“ James-Bond-Anheizer geworden? Da sind sich nicht alle Kritiker einig. In der Tat pendelt der Song zwischen zwei Konzepten, die auf die Formel gebracht werden können: Monumentale Orchestermusik trifft auf Pop-Ballade. Die ersten vier Takte wecken Erinnerungen an die alten Agenten Filme, aber danach geht es sehr gefühlvoll weiter und die zurückhaltenden mit Kopfstimme gesungenen Passagen dominieren atypisch für einen Krimi das Geschehen. Allerdings hat Sam Smith einen wichtigen Fürsprecher gefunden: Roger Moore (einer der James Bond Vorgänger) twitterte: “Sam Smith has delivered a very haunting and wonderfully orchestrated Spectre theme song. Well done!” Eine kleine Anmerkung: Neben Sam Smith wird auch Jimmy Napes (John James Napier) als Musik-und Textautor aufgeführt – Jimmy war bereits bei Stay With Me als Co-Writer an Bord.
Auf der Suche nach dem Refrain…
In den Noten habe ich nur Abschnitts-Buchstaben eingetragen, denn Sam Smith hat den Refrain im Song gut getarnt. Das Intro baut mit Hilfe des Streicher-Motivs g-f-(e-f)-c-b-c über die beiden Akkorde Fm und Ab-Dur Spannung auf, wenn man die Melodietöne einbezieht lauten die beiden Akkordnamen: Fm9 und Abj7. Im Verse (A-Teil) übernimmt Sam die Streicher-Melodie in der Gesangslinie und lässt sich von einer Akkordbrechung am Piano begleiten – siehe Notenbeispiel erste Zeile. Dramatischer wird es im B-Teil, der aber eher ein Pre-Chorus ist als ein Chorus. Im C-Teil wird die Spannung zurückgefahren und erst am Ende taucht kurz die Titelzeile auf – war das der Refrain? Das folgende zweitaktige Zwischenspiel ist da stärker. Erst der D-Abschnitt entpuppt sich als kurzer Refrain: Er besteht aus dem Motiv des Intros mit der vokalen Titelzeile, dieser Abschnitt wird dann instrumental weitergeführt. So scheinen sich das instrumentale Streicherthema und die Titelzeile Writing’s On The Wall den Refrain-Status zu teilen – das ist eine interessante Variante im formalen Songaufbau: Theme-Sharing.
Übrigens: Der Vorgänger-Titelsong Skyfall wurde als Chartcard in KEYBOARDS 12/06 veröffentlicht.