Akkorde im Stil von Chick Corea und McCoy Tyner
Jazz und die damit verbundene Harmonielehre und Skalentheorie war für dich schon immer ein Buch mit sieben Siegeln? Keine Panik: Dieser KEYBOARDS-Workshop liefert dir Anregungen und Tipps, wie du deinen musikalischen Wortschatz auf einfache Weise erweitern kannst und bringt dich auf die Spruen von Chick Corea und McCoy Tyner.
Neben den vielen traditionellen Spielarten des Jazz gibt es heute sehr viele Musikstile, die entweder einen gewissen Jazz-Flavour haben oder sogar komplett aus Jazzelementen zusammengesetzt sind. Dazu zählen etwa HipHop, Drum’n’Bass, TripHop und ganz besonders Lounge. In manchen Fällen ist es nur ein einziger Drumloop, ein Ride-Cymbal-Groove, wie man ihn z. B. von St. Germains Album „Tourist“ kennt; ebenso ließen sich unzählige Beispiele nennen, wo eine Menge gesampelter Elemente das Ganze ergeben. Um einer Liveperformance oder einem Track die gewünschte Richtung zu geben, genügen aber oft ein paar Akkorde und/oder davon abgeleitete Skalen und die kann man sich von den Großen abgucken. Im ersten Teil des Workshops wollen wir einen Pianostil im Sinne eines McCoy Tyner bzw. eines Chick Corea unter die Lupe nehmen, denn deren Spiel hat Generationen von Pianisten und Keyboardern inspiriert.
Inhalt des Workshops
Ich möchte Material zum Erlernen und Rekapitulieren präsentieren, das sowohl in einer Bandsituation als auch in der Solodarbietung verwendet werden kann, zwei Einsatzgebiete, deren unterschiedliche Bedeutung sehr oft unterschätzt wird. Außerdem möchte ich das Komponieren und Arrangieren auf eine sehr praxisnahe Weise beleuchten. Es werden Notenbeispiele und Übungen vorgelegt, die chronologisch geordnet ein Arbeitsbuch ergeben und natürlich ein kontinuierliches Üben erfordern. Darüber hinaus werde ich auf Literatur und Tonträger hinweisen, denn neben Spielpraxis und Üben ist es unbedingt wichtig, sich möglichst viel Musik anzuhören. Voraussetzung zur einer erfolgversprechenden Teilnahme ist das Beherrschen der Symbolschrift und ein minimales Basiswissen der Harmonielehre. Aber auch diesen beiden Themen werde ich mich nach und nach widmen. Wenngleich das Basisdenken dieses Workshops dem Jazz entsprungen ist, sollten die hier vorgestellten Beispiele für alle Keyboarder und Pianisten zugänglich sein, egal welcher Herkunft und stilistischer Zielsetzung.
Blockakkorde
Nun aber frisch ans Werk: Beginnen wir mit einer Akkordfolge, die sowohl bei harmonisch stark strukturierten Stücken (Jazzstandards, Popsongs) als auch bei modalen Stücken gespielt wird. Es handelt sich um gängige moderne Quartakkorde, wie sie im Stil der oben genannten Pianisten zu hören sein könnten und die bis heute im Acid-Jazz sowie in der Lounge und Chillout-Musik benutzt werden und auch im modernen Pop haben diese Akkorde bereits Einzug gehalten: Produzenten wie David Foster (Brian Adams, Chicago) oder Trevor Horn (Seal, Frankie goes to Hollywood) machen regelmäßig Gebrauch von diesem songfreundlichen Backing. In unserem ersten Notenbeispiel agieren in Takt 1 bis 4 Cm7 und in Takt 5 bis 9 F7. Wie du feststellen wirst, handelt es sich um die gleichen Akkorde, denen die unterschiedlichen Basstöne verschiedene harmonische Einsatzgebiete erlauben. Ein paar Akkorde werden bei der Wiederholung mit einem Bassostinato (Bassbegleitung) unterlegt. Diese Basstöne entsprechen der Praxis eines Bassisten oder der linken Hand des Pianisten. Nutze es als Ausgangsbasis, auf der du durchaus eine salonfähige Begleitung aufbauen kannst. George Duke zum Beispiel spielt diese Lefthand-Licks oft unisono zusammen mit dem Bassisten seiner Band. Die Quartakkordbewegungen enthalten einige Optionstöne, die wie der Name es sagt harmonisch erweiternd klingen. Sie können den Effekt verstärken, wenn Sie die Bewegung auf Bereiche ausdehnen, die tonartfremde Töne erhalten. Damit kommen wir zur beliebten Inside/Outside-Rückung, wie sie oft von den oben genannten Pianoikonen und allen anderen im Fusionkontext agierenden Keyboardern zu hören sind. Gemeint ist die Bewegung der Akkorde aus dem tonalen Bereich heraus und wieder herein. Diese können sowohl bei modalen Stücken als auch bei komplex strukturierten Jazzsongs, die durch unterschiedliche Tonarten modulieren.
Outro
Die Inside/Outside-Bewegung erzeugt eine sehr interessante Spannung, die du auch auf das solistische Spiel übertragen kannst (Notenbeispiel 2). Durch Einzelanschlag der im Akkord enthaltenen Töne, der Klassiker nennt es auch Arpeggieren, kann auch ein Solo gestaltet werden. In Notenbeispiel 3 wird mit dem Akkordmaterial aus Beispiel 1 und 2 ein Solo durchgeführt, das zunächst in der Grundtonart erklingt und später ebenfalls mit Inside/Outside-Mechanismen modifiziert wird. Dieses Notenbeispiel kann auch in eine Technik-Etüde umgewandelt werden, indem man jeden Akkord chromatisch durch alle Tonarten übt. Man lernt somit, in verschiedenen Tonarten zu denken, und erlernt dabei die „Geographie“ der Tasten. Notenbeispiel 4 ist ein kleines Beispiel dazu. Versuchen Sie ruhig aber auch, die Akkordbrechungen auf anderen Basisintervallen aufzubauen, und variieren Sie Rhythmik und Dynamik. Wenngleich als Übung gedacht, kann man so schnell auch auf völlig neue Ideen für Riffs und Kompositionen kommen.