Die leicht verstimmte Mrs. Mills im Abbey Road Studio
Charakter ist keine Frage der Norm − Charakter ist Geschmackssache! Zumindest bei Instrumenten wie dem berühmten Steinway Vertegrand Upright Piano, auf dem unter anderem Paul den entscheidenden Klavierpart zum Song Lady Madonna in Studio 2 der Abbey Road Studios in London einspielte, trifft dies im besonderen Maße zu.
Seinen außergewöhnlichen Sound verdankt das gute Stück, das am Anfang 1900 gebaut wurde, nämlich nicht seiner Makellosigkeit oder einer wohltemperierten Intonation, sondern eben diesem eigenen Charme des Unperfekten. Bis heute leisten sich die Abbey Road Studios zur Pflege des Instruments einen speziell ausgewählten Klavierstimmer, der den Verstimmungsgrad des Klaviers immer wieder entsprechend einer Order aus den späten 50ern von Abbey-Road-Ingenieur Stuart Eltham anpasst. Eltham war es auch, der die Filzhammerköpfe des Steinway mit einem speziellen Lack härten ließ, was dem Piano bis heute seinen unkopierbar perkussiven Sound verleiht.
Neben »Mrs. Mills«, wie das Vertegrand aufgrund seiner Nutzung bei zahlreichen Aufnahmen mit einer gleichnamigen britischen Party-Sound-Pianistin in den 60er- und 70er Jahren ebenfalls genannt wird, beherbergen die Abbey Road Studios auch noch das ebenfalls durch legendäre Plattenaufnahmen der Beatles berühmte »Challen Piano« des gleichnamigen Londoner Klavierbauers aus dem Jahr 1930. Das konservativ gestimmte und deutlich dunkler klingende Klavier bringt allerdings auch seine eigene kleine erwähnenswerte Kuriosität mit sich, − genannt »Challen Tack«, was ihm den Kosenamen »Jangle Box« einbrachte. Mittels Pedal kann man nämlich mit Messing beschwerte Filzstreifen zwischen Saiten und Hämmern des Pianos herunterlassen, was einen sehr speziellen Sound erzeugt.
Neben diesen außergewöhnlichen Unikaten haben es die ebenfalls in Studio 2 untergebrachten Edelflügel (Steinway Model D und Yamaha CFX Grand Piano) in Sachen Bekanntheitsgrad fast ein bisschen schwer …
https://www.youtube.com/watch?v=z7FeqWOLZ64