Nur echt mit VCO!
Nie klang Südstaaten-Blues cooler und moderner inszeniert: Der in Paris beheimatete Arnaud Rebotini reformiert sein legendäres Bandprojekt Black Strobe und crooned eindrucksvoll zu Southernrock-Gitarren und Analogsynth-Riffs. Wir sprechen mit dem Mastermind über elektronischen Blues und die Qualitäten alt ehrwürdiger Synthesizer.
Die zehn Songs des aktuellen Black-Strobe-Albums Godforsaken Roads könnten allesamt einem Tarantino-Film entliehen sein. Tatsächlich taucht Arnaud Rebotinis Version des Bo-Diddley-Klassikers I’m A Man im Soundtrack von Django Unchained auf. Selbst Martin Scorsese (“Wolf Of Wallstreet”-Trailer), Guy Ritchie (“Rock´n´Rolla”-Soundtrack) und die Macher von Grand Theft Auto sind bekennende Rebotini-Fans. Genug Name-Dropping − was ist so reizvoll an den musikalischen Grenzgängen des sympathischen Pariser Hünen?
Rebotini ist ein musikalischer Tausendsassa: in den frühen Neunzigern debütiert er als Death-Metaller und in mehreren Techno-Projekten. Unter seinem bürgerlichen Namen produzieren er und sein beeindruckendes Vintage-Synthesizer-Setup seit 2009 schweißtreibende Instrumental-Elektronik, die Rebotini im Alleingang auf Club-Bühnen zelebriert − umgeben von einer beeindruckenden Auswahl seiner Lieblingsmaschinen. Als Remixer spielt Rebotini in der allerersten Liga: zu seinen Kunden zählen Depeche Mode, Rammstein, Bloc Party, The Rapture, Fisherspooner und viele mehr. Black Strobe schließlich ist Rebotinis vierköpfige Band und seit 1997 im Geschäft. Ein Album, zahlreiche Singles und vor allem spektakuläre Live-Darbietungen verhalfen Black Strobe zumindest in Frankreich zu absolutem Kultstatus. Wir besuchen Arnaud Rebotini in seinem Pariser Studio, inmitten seiner heiß geliebten Analogsynthesizer-Schätze.
Was treibt einen “Elektroniker” vom Montmartre, solch eine ur-amerikanische Musik zu spielen − und dazu noch mit Synthesizern?
Es nicht ganz einfach zu erklären, warum man einen bestimmten Musikstil besonders mag. Southern Rock − oder Blues-Rock − ist für mich ein ganz besonders inspirierender Mix aus schwarzer und weißer Musik. Mit einem großartigen Vibe, der nicht zuletzt durch die vielen tollen Songschreiber und Instrumentalisten dort drüben entsteht. Da ich aber nun mal nicht aus New Orleans oder Nashville komme, habe ich versucht, diese Musik mit meinen europäischen Wurzeln zu mixen. Und die liegen in Sheffield oder Düsseldorf. So wurde Godforsaken Roads zu einem “Analogsynth-Blues-Album”.
Die Songs klingen, als ob sie einem ultracoolen Road-Movie entstammen würden. Hast du die Stilrichtung des Albums so geplant?
Nur insofern, als dass ich Southern Rock mit meinen Analog-Synthis spielen wollte.
Southern Rock ist ein Inbegriff für handgemachte Rockmusik. Fühlt sich das nicht seltsam an, diese Musik mit elektronischen Instrumenten zu produzieren?
Black Strobe ist tatsächlich weitgehend handgemachte Musik. Zumindest auf der Bühne spielen wir alles live, ohne Laptop oder Sequenzer. Beim Komponieren und Arrangieren der Songs habe ich deshalb auch immer im Hinterkopf, dass alles von vier Leuten live spielbar sein muss. Der klangliche Aspekt der Synthesizer gibt dem Ganzen eine sehr interessante Spannung, wie ich finde.
Synthesizer und Gitarren, Drumcomputer und Live-Drums mischen sich auf Godforsaken Roads hervorragend. Wie erreichst du diese klangliche Einheit?
Mit entscheidend ist sicher die Tatsache, dass wir fast alles live eingespielt haben. Der Entstehungsprozess gleicht eher dem einer klassischen Rockproduktion als dem eines Elektronikprojekts.
Wie sieht dein Workflow aus?
Ich starte zunächst einmal mit einer zündenden Idee − das kann ein Riff, ein Lick oder eine kurze Textpassage sein. Die baue ich aus und nehme, zusammen mit unserem Gitarristen Mathieu Zub, ein erstes Demo in Cubase auf. Wir spielen Overdubs ein, es gibt also keine MIDI-Arrangements. Die Drums sind in dieser Phase noch Battery- oder KontaktSamples und Drumcomputer-Loops, meist TR-606, -808, -909 und EMU SP1200. Diese Demos spielen wir der Band vor und versuchen dann, neue Songs so oft wie möglich live zu spielen. Dabei ergeben sich immer wieder Änderungen. Wenn die Songs schließ- lich richtig fetzen, nehme ich die finalen Demos auf. Das passiert alles hier in meinem Home-Studio. Für Godforsaken Roads sind wir danach ins Souys Studio hier in Paris gegangen und haben dort Drums und Vocals neu aufgenommen. Der Mix passiert wieder in meinem eigenen “Manon Violance”-Studio im Rechner. Ich versuche dabei, elektronische und akustische Sounds so gut wie möglich miteinander zu verbinden. Mit echten Analog-Synthesizern funktioniert das hervorragend.
Du bist ein großer Fan von Vintage-Synthesizern. Was fasziniert dich an diesen Instrumenten?
Das sind eben richtige Instrumente! Die haben Charakter, ein Eigenleben und einen entsprechenden Sound. Aus diesen Gründen harmonieren sie auch mit den Gitarren und passen sich so gut in diese erdige Musik ein. Ich bin ziemlich sicher, wäre Godforsaken Roads komplett “in the box” entstanden, würde es wie eine Southern-Rock-Karikatur klingen. So ist es Rock’n’Roll.
Hast du Lieblingsinstrumente für bestimmte Sounds?
Ich stehe auf alles, was VCOs hat und “lebt”. Ein organischer Sound ist mir total wichtig. Der interagiert super mit crunchy Gitarren und echten Drums. Memorymoog, Jupiter-8, Oberheim 2-Voice und Korg MS-20 sind eigentlich immer dabei – für Bässe, LeadSounds und Riff-Sequenzen. Der Sound dieser Instrumente ist total roh, aber trotzdem rund und irgendwie vollständig. Noch ein bisschen Kompression von Distressor und/oder Manley VariMu, hier und da etwas Effekt, und fertig − schon passt der Sound. Und das funktioniert auch live richtig gut.
Welche Effekte verwendest du?
Ich mag Bandechos sehr gerne. Die haben ähnliche Qualitäten wie alte VCO-Synthis. In meinem Studio stehen ein Roland Space Echo 501 und ein Korg Stage Echo. Außerdem ein richtig billiger Federhall (Boss RX-100) und dazu ein Lexicon PCM 80 für ernsthaften Hall. Der Roland SBF-325-Flanger klingt herrlich warm und macht superbreiten Stereosound − richtig toll mit String-Machines wie Roland VP-330 und den Solina- und Eminent-Teilen. Mathieus Bodentreter leihe ich mir auch gerne aus. So entstehen Sounds wie etwa das Intro von Dumped Boogie: MS-20 mit reichlich Stage-Echo und Brüll-Verzerrer.
Wie sieht euer Bühnen-Setup aus?
Unser Keyboarder spielt einen Jupiter-8. Der Gitarrist bedient noch einen Prophet-600, der Drummer neben seinem Drumset ein paar Trigger-Pads und für einen Song einen Korg MonoPoly. Ich spiele VP-330 [Roland String-Ensemble], MS-20 und einen SH-101, dessen Arpeggiator von einer TR-606 getriggert wird.
Machen die Vintage-Instrumente nicht Probleme im Tour-Alltag?
Ich habe erstaunlich gute Erfahrungen damit gemacht. Die Sachen sind robust gebaut. Ausfälle sind wirklich selten, kleinere Defekte lassen sich meist leicht beheben − unser Tour-Manager ist ein Improvisationstalent. Und wir lieben es, die Dinger jeden Abend zu spielen!
Die Idee finde ich gut! Wenn dieser (Musiker) nur alles selber produzieren würde wäre er auch cooler! Schliesslich hat er auch die Instrumente dazu!