Look Mum No Computer im Interview
Der Musiker und DIY-Vollblut-Nerd Sam Battle aka »Look Mum No Computer« ist in der Synthesizer-Szene nicht zuletzt aufgrund seiner großartigen YouTube-Beiträge und ausgedehnten Synth-Bike-Ausflüge schon längst kein Unbekannter mehr. Zudem wurde ihm unlängst die ruhmreiche Ehre zuteil, den Fidget Spinner endlich seiner wahren Bestimmung zuzuführen. Chapeau!
Aus einer Londoner Schublade lacht mich eine bunte Gruppe Furbys an, die zu einem noch ausstehenden Orgelprojekt gehören, daneben stapeln sich Gameboys und C64-Computer unterschiedlichster Baureihen. Die Regale sind mit Bauteilen und jeder Menge Schrauberzubehör gespickt. An der Wand lehnt das wohl klanggewaltigste Fahrrad der noch nicht brexitierten EU. Ich stehe im Epizentrum des wohl kreativ-verrücktesten Studios westlich des Ärmelkanals.
Mit einer Tasse gutem englischen Tee in der Hand spreche ich mit Sam über Circuit-Bending und wie man in Berlin am besten ältere Damen erschreckt.
Was hat dich zum Synthesizer geführt?
Ursprünglich habe ich eigentlich nur Gitarre gespielt. Dazu kam dann, dass ich schon immer gerne Dinge auseinandergenommen habe. Irgendwann begann mich das Gitarrespielen zu langweilen, und ich fing an, mehr und mehr mit unterschiedlichen Geräuschen und Sounds zu arbeiten, was mich dann unweigerlich zu Synthesizern und anderen verrückten Maschinen brachte.
Wann hast du angefangen, dir deine eigenen Klangwerkzeuge zu löten und Bestehendes kreativ zu modifizieren?
Damit habe ich tatsächlich sehr früh angefangen. Mein Vater hatte eine Garage mit jeder Menge Werkzeug. Immer wenn er gerade mal nicht guckte, habe ich mir was geschnappt, um damit dann Dinge zu zerlegen. Irgendwie bin ich damit also aufgewachsen. Als Jugendlicher hatte mich das eine Zeitlang aber gar nicht mehr interessiert. Erst mit ungefähr 18 habe ich den Faden in diese Richtung wieder aufgenommen. Also vor ein paar Jahren, und nun bin ich hier!
Was hat dir bei der Gitarre gefehlt?
Nur ein Gitarrist zu sein ist einfach zu langweilig. Es gibt eben nur sechs Saiten und begrenzte Soundvarianten. (lacht)
Für Aufnahmen habe schon immer gerne mit Logic gearbeitet. Diese ganzen Softwaresynthesizer haben mich schon ziemlich angemacht. Ich dachte: »Hey cool, das sind also synthetische Klangerzeuger!« Irgendwie fehlte mir aber der haptische Zugang zu dieser ganzen Klanggewalt. Aus diesem Grund bin ich dann zunächst einmal mit Circuit-Bending in Kontakt gekommen, was riesigen Spaß gemacht hat. Nach kurzer Zeit hatte ich aber plötzlich das Gefühl, dass es da doch noch mehr geben muss.
Mein erster Synthesizer war ein kaputter MS-10, der mir als Inspiration diente, mir einen eigenen MS-20-Klon zu bauen. Das ging leider komplett schief − das Teil funktionierte nicht!
Trotz meiner Tendenz, dass mich Dinge wirklich furchtbar schnell langweilen, merkte ich, dass das bei Synthesizern in absehbarer Zeit nicht der Fall sein würde.
Ich denke, dies hat dich dann auch relativ schnell ins Eurorack-Land geführt …
Ja! Bei Modular-Systemen gibt es einfach so viel zu entdecken. Das wird mich voraussichtlich noch eine ganze Weile beschäftigen.
Was ich interessant finde, ist, dass du ja genaugenommen über Softwaresynthesizer erst ins Hardware-Lager gefunden hast. Bei einigen Generationen vor dir war das noch andersherum …
Ich finde Software-Synths und Plug-ins, wie Apple sie beispielsweise in Logic anbietet, ebenfalls großartig. Es gibt eine riesige Auswahl mit richtig guten Effekten und Presets, die klingen, als wären sie aus dem aktuellsten Disney-Film entnommen. Ich habe sogar gemerkt, dass viele Analoggeräte im direkten Vergleich viel schlechter und unperfekter klingen wie die Software-Pendants − aber genau das ist für mich eben auch das Gute daran. Ich möchte diesen rohen Sound mit all seinen Ecken und Kanten ohne diese unendlichen Effekt-Stacks on top, die alles in die obersten Sphären katapultieren.
Es gibt natürlich auch wirklich gut gemodelte Softwareklone unfassbar teurer Hardwareklassiker, für die ich sehr dankbar bin. Aber auch hier möchte ich das Ganze am liebsten ohne diese gut gemeinten Effektorgien, die immer wieder gerne zu Showzwecken von den Sounddesignern über den Originalsound geschaufelt werden. Aber egal, diese Möglichkeiten machen schon vieles simpler.
Auf der anderen Seite: Echte Hardware ist einfach »a lot more frompy«! (lacht)
Wann hast du angefangen, deine Projekte via YouTube vorzustellen?
Eigentlich habe ich damit zunächst auf Facebook angefangen. Irgendwann meinten plötzlich alle zu mir: »Hey, du brauchst dringend einen eigenen YouTube-Kanal! Damit kannst du richtig Geld machen!« Ich habe dann daraufhin meinen YouTube-Kanal in diese Richtung umgestrickt. Trotzdem finde ich persönlich Facebook als Plattform wesentlich effektiver.
Hat es sich für dich denn schon in irgendeine Richtung auch finanziell gelohnt?
Bisher eigentlich noch nicht so richtig! Ich plane aber aktuell ein paar sehr interessante Kooperationen mit anderen YouTube-Leuten. Es entwickelt sich.
Welche Art von Musik interessiert dich?
Mein eigenes Zeug ist ziemlich poppig und elektronisch. Im September werde ich ein paar neue Sachen von mir veröffentlichen. Es werden zudem ziemlich viel Vocals dabei sein, die ich selber eingesungen habe. Ich weiß, wenn man sich hier so umschaut, ist das nicht wirklich naheliegend, aber ich bin schon ein echter Pop-Fan.
Siehst du hier auch aktuell deinen Lebensmittelpunkt?
Im Moment ist das definitiv so! Natürlich ist es schwierig, damit allein seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, aber ich höre natürlich auch nicht auf, mit meiner Musik die Labels zu bestrahlen.
Hast du schon mal darüber nachgedacht, mit deinen Modulen und Entwicklungen kommerziell an den Start zu gehen?
Ich habe es versucht, aber ziemlich schnell gemerkt, dass ich zu wenig Perfektionist bin, um etwas für den Markt zu designen. Ich zerhaue Dinge einfach zu gerne und setze sie dann komplett neu zusammen. Mit meinen Einzelstückkreationen stimmt sehr vieles einfach nicht, aber genau dieses Prototyping macht für mich den Reiz aus. Vielleicht ändert sich das ja auch irgendwann einmal, und ich gehe ein paar Stufen darüber hinaus.
Was steht bei dir als Nächstes an?
Neben dem Release meiner Tracks stehen in nächster Zeit ein paar interessante Kollaborationen mit anderen Video-Artists an. Eigentlich ist es nach wie vor witzig, weil ich den ganzen Kram bis vor zwei Monaten noch gar nicht richtig ernst genommen habe. Aber mittlerweile sorgt mein Kanal doch schon für ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit.
Parallel dazu versuche ich, immer tiefer in dieses ganze Eurorack-Zeug einzusteigen, aber das ist auf Dauer leider seeehr teuer, weshalb ich mich nun verstärkt nach Herstellern umschaue, die mit mir kooperieren möchten − da gibt es dann das eine oder andere Modul auch mal gratis! (lacht)
Nicht das Schlechteste …
Ja! Ich meine, bei mir dreht sich ohnehin immer alles um Gear, Synthbikes und Musik!
Ich habe die genialen Synthbike-Videos von dir aus Berlin gesehen!
Ach, wir hatten eigentlich noch so viel mehr, aber wir haben eine komplette SD-Karte verloren. Im Tempelhof Park waren viele ältere Damen spazieren, die wegen dem Bike wirklich unfassbar angepisst waren! Wir hatten wirklich tolles Videomaterial von vielen extrem schlecht gelaunten, älteren deutschen Damen. Sorry, das war jetzt ziemlich respektlos …
Welche Neuentwicklungen kicken dich im Moment am meisten?
Auf der einen Seite versuche ich, bei allem am Ball zu bleiben, was neu auf den Markt kommt, und auf der anderen Seite versuche ich, es auszublenden. Es gibt einfach zu viel! Ich kümmere mich lieber um Dinge, die irgendwie in Vergessenheit geraten sind, obwohl sie total geniale Möglichkeiten und Sounds bieten. Diese DG-20-Synthesizergitarre von Casio zum Beispiel macht Sachen, die mir so keine andere Hardware bietet, beziehungsweise es gibt natürlich Instrumente, die das können, aber sie sind ungleich teurer. Das Teil hat mich im Übrigen nur knapp 20 Steine gekostet.
Was aktuelle Hardware angeht, bin ich von den Behringer-Synths schon ziemlich begeistert. Klar gibt es all diese berechtigten Einwände, dass es unethisch ist, einen Minimoog für unter 400 Pfund auf den Markt zu bringen, auf der anderen Seite sehe ich das so: Da gibt es neue analoge Synthesizer-Hardware für unfassbar wenig Geld. Nicht jeder kann sich eine Reissue für fast 4.000,− Pfund leisten!
Ich bin im Übrigen immer noch völlig begeistert, dass du einen Weg gefunden hast, mit Fidget Spinners doch noch was Nützliches anzustellen.
Oh, ja Fidget Spinners! Ich stand in der Post, um etwas zu verschicken, und da sah ich diesen Werbeausteller, auf dem stand: »Hey, nimm deinen Fidget Spinner mit!« Plötzlich klingelte etwas in meinem Kopf, und ich dachte: »Hey, Fidget Spinners, wieso ist noch niemand auf diese Idee gekommen?« Zwischen dem Modul, das du da siehst, und dem Besuch in der Postfiliale liegen im Übrigen gerade einmal 90 Minuten. Ok, es ist auch wirklich viel Sekundenkleber in dieses Projekt geflossen − aber es hält noch!
Fast so nützlich wie Heißkleber, daraus habe ich an unzugänglichen Stellen schon Platinen-Standoffs gebaut …
Heißkleber ist großartig, ich habe ihn leider erst vor zwei Wochen wirklich entdeckt. Seitdem mache ich fast alles damit!
I hope have sam battle know about soundtrack of the 80s
Our presentation