Laut Gedacht: Was gibt es eigentlich noch zu sagen? (Kolumne)
Lässt sich in der Musik überhaupt noch etwas wirklich neues wagen? Ist nicht alles schon gemacht, alles schon gesagt? Ein Plädoyer für die Ehrlichkeit, gegen die ewige Wiederholung und über die Aufgabe von Songwritern. Die Kolumne Laut Gedacht: kontrovers und mit kleinem Augenzwinkern!
Aufgepasst: wer gerade am Texten ist, und a) alle mit in’s Boot nehmen und b) über etwas total bewegendes singen möchte, verrate ich nun die ultimative Zauberformel, den heiligen Gral der Poesie. Singt über die große Liebe, Herzschmerz und die wahren (unerwiderten, das macht es besonders tragisch!) Gefühle im Leben. Schmückt die Strophen mit dramatischen Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, das Kennenlernen, der Niedergang – um im Refrain dann richtig los zu schmettern. Vorschlag: „Schatzi, sag, warum du gehst / ist es für uns zwei zu spät?“ (Für Englischsingende: “Babe why did you go away, we two together it’s too late”). Hach ist das wunderschön!
Wirkung: Wirklich jeder im Bierzelt wippt mit dem Kopf (respektive mit dem Bierkrug) und schunkelt mit. Aber auch die innere Stimme meldet sich: ‚Verdammt, was mache ich hier eigentlich?‘ Seit fünf Jahren glücklich verheiratet, Haus gebaut. Der letzte Herzschmerz war vor einer ganzen Weile. Keine Frage: Musik muss nicht immer von den wirklichen Problemen des Alltags handeln. Das wäre manchmal skurril und sicher hier und da auch ziemlich langweilig („Das Parkverbotsschild überseh’n, jetzt wolln’se 15 Euro nehm’n!“ oder ähnliches).
Doch macht sich der Musiker/Songwriter/Produzent nicht zum Affen, wenn er bloß nur noch das schreibt, was man beim nächsten Kneipen-Gig erwartet? Ist das rund zehntausendste Lied über die Verflossene nicht eigentlich schon mindestens neunhundertneunundneunzig zu viel?
Eine einfache Formel der Popmusik lautet: ‚mach es nicht zu kompliziert‘. Und die nächste: ‚mach, dass sich jeder angesprochen fühlt‘. Sicher gehört auch das irgendwie dazu. Doch es geht doch gegen den inneren Poeten, wenn dabei ausgelatschte, längs bequem zubetonierte Pfade befahren werden. Viel besser: Authentizität! Ehrlichkeit! Kreativität!
(Authentisch? Keine Ahnung… aber Käptn Peng ist super)
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Musik ist zum Produkt geworden, dass sich den Kundenwünschen anpasst und angleicht. Das war auch schon einmal anders. Heute hört man einen Song so, wie man ein Stück Zahnseide benutzt: man freut sich am Ergebnis, aber das Ding selbst landet irgendwann in der Tonne. Und findet meist nicht mehr zurück. Vielleicht liegt in dieser Haltung der Hörer auch der Hund begraben.
Musiker müssen Geschichten erzählen. Nicht unbedingt ihre eigenen – aber mit dem Ziel, die Welt ein kleines bisschen zu verändern, besser zu machen. Das wäre doch was. Um die Frage in der Überschrift aufzugreifen: was gibt es eigentlich noch zu sagen? Das weiß ich auch nicht. Denn das bleibt Aufgabe der wirklich guten Songwriter.
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Schade, dass es hier mehr oder weniger nur über Textinhalte und “Ankommstyle “geht.
In der Musik sollte es doch vor allem um Musik gehen; über den kompositorischen Einfall, der die Seele ein wenig “hüpfen” lässt.
Hallo Florian,
natürlich gehen Musik und Text immer miteinander einher (ausgenommen Instrumental Musik 🙂 ) – ich denke das sollte eigentlich allen klar sein. Und wohl gerade deswegen hat sich unser Kolumnist dieses Thema vorgenommen. Zumindest sind mir persönlich auch viele Texte einfach zu flach, zu nichtssagend oder einfach nach 3-minütigem-drüber-philosophieren schon derart ausgeschlachtet, dass da nicht mehr dran hängen bleibt, als an einem Kojotenaas, über dass 10 hungrige Löwen und Geier hergefallen sind.
Und daher gehört zum “Seele hüpfen lassen” auch immer ein guter Text, was niemals bedeutet, dass die Musik vernachlässigt werden darf.
Mit Gruß
die Keyboards Redaktion