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Rami Jaffee: Der Keyboarder der Foo Fighters im Interview

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Dave Grohl and Rami Jaffee (Bild: Ashly Covington / Alamy Stock Photo)

Mit Concrete and Gold legten die rastlosen Foo Fighters um Frontman Dave Grohl bereits ihr neuntes Studioalbum vor. Seit 2018 kann sich die Band mit Rami Jaffee zudem über einen ungemein kompetenten neuen Mitstreiter freuen.

Rami Jaffee ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Als Gründungsmitglied der Wallflowers und gefragter Studiomusiker kann er auf eine langjährige Karriere zurückblicken, zu der die Foo Fighters nun ein weiteres Kapitel ergänzen. Wir sprachen mit Rami über seine Musik, Hammond-Orgeln und darüber, was es bedeutet, ein echter Foo zu sein.

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Wer hat dich inspiriert, Musiker und im Speziellen Keyboarder zu werden?

Verrückterweise wurde ich von einem Gitarristen dazu inspiriert: Adam Siegel von der Punkband Excell, mit dem ich zusammen aufgewachsen bin. Wir waren knapp 10 Jahre alt, als er mir eines Tages sagte, ich solle endlich aufhören, nur über Musik zu lesen, und stattdessen endlich anfangen, selber welche zu machen. Ab diesem Zeitpunkt begann ich, von mir selbst als »Musiker und Keyboarder« zu sprechen.

Wie bist du bei Dave und den Foo Fighters gelandet?

Ich habe Dave vor 15 Jahren an Heiligabend über einen gemeinsamen Freund in Virginia kennengelernt. Er meinte zu mir, dass das ja wohl nur ein Zeichen sein könne, mich hier zu treffen, da er aktuell im Rahmen der Aufnahmen zu In Your Honour über eine zweite reine Akustikplatte nachdachte, bei deren Planung mein Name schon ein paar Mal gefallen sei. Anschließend fragte er mich noch für eine spezielle Unplugged-Tour an. Schließlich führte es dazu, dass ich bei den kommenden Alben immer mal hier und da einige kleinere Parts zusteuerte, aus denen mit der Zeit immer größere Parts und ganze Songs wurden. So fand ich meinen Platz in der besten Band, die ich kenne.

(Bild: Samon Rajabnik)

Wie sieht dein Bühnen-Setup bei den Foos aus?

Das variiert stark! An dem Punkt, an dem ich mich gerade in meinem Leben befinde, habe ich die Möglichkeit, mich von so vielen alten und neuen Keyboards inspirieren zu lassen. Darunter sind natürlich auch persönliche Dauerbrenner, wie das Mellotron, aber auch viele eher beliebig hinzugekommene Geräte, mit denen ich mein Setup immer mal wieder auffrische. Zu den Instrumenten, die auf jeden Fall etwas länger bei mir bleiben werden, gehören aktuell ein Yamaha reface CS, die Roland Mini-Boutique-Synths und ein paar Boss-Effektpedale.

Als ich noch bei den Wallflowers spielte, war es ein absolutes Muss, die Bühne nicht ohne eine echte Hammond zu betreten, aber mit den Foos ist es schon eher das Mellotron, das ich nie zu Hause vergessen würde. Es liefert für unsere Gigs einfach alle wichtigen Sounds. Erst gestern sagte Taylor zu mir, dass er sich darüber wundere, warum ich mich auf der Bühne denn nicht mit mehr verrückten Synths und Elektronik umgebe. Seitdem muss ich jetzt die ganze Zeit an Rick Wakeman und sein Cape denken − also hütet euch vor meinen zukünftigen Setups!!!

Soweit ich weiß, bist du ein riesen Hammond-Fan, der sich, wie du selbst beschreibst, auch nicht davor scheut, eines dieses riesen Biester mit auf Tour zu nehmen. Wie würdest du deine Beziehung zu diesem Instrument beschreiben?

Die Hammond B3 − mit Leslie − ist mein absolutes Hauptinstrument! Ich habe nach eigenen Schätzungen bestimmt schon 10.000 Stunden spielenderweise mit diesem Instrument verbracht. Immer wieder werde ich von Künstlern gefragt, ob ich auf ihrem Album spiele − aber nur mit der Hammond! Es ist für mich aber auch einfach eines der großartigsten und klanglich flexibelsten Instrumente. Eine Hammond passt einfach zu jeglicher Form von Musik. Wegen der Obsession für dieses Instrument habe ich fast meine pianistischen Fähigkeiten eingebüßt. Es fühlt sich einfach um Längen einzigartiger und viel mehr »badass« an als jedes andere erhältliche Keyboard.

(Bild: Brantley Gutierrez)

Was denkst du über digitale Emulationen einer Hammond? Gibt es da irgendwas, das aus deiner Sicht live mithalten kann?

Das ist wirklich eine interessante Frage, da es ja mittlerweile auch eine Menge an Simulationen von unterschiedlichsten Herstellern gibt, die nun endlich auch über Drawbars verfügen. Wenn man schon mal eine echte Hammond B3 gespielt und es genossen hat, mit den Zugriegeln Sounds zu kreieren, wird man bei den meisten Emulationen feststellen, dass die Einstellungen nicht eins-zu-eins übertragbar sind. Wenn man stattdessen seine Ohren benutzt, kommt man in den meisten Fällen schon sehr dicht an seinen Wunschsound heran. Rolands Umsetzung zum Beispiel macht beim Spielen wirklich viel Spaß, aber auch das Nord Electro macht in Sachen Emulation einen sehr guten Job!

Ich denke, dass auf alle Reissues und Digital Remakes von echten Analogklassikern das Gleiche zutrifft: Man muss als Keyboarder seine Ohren benutzen, um den Sound zu bekommen, den man möchte. Das Gleiche gilt somit auch für Plug-ins.

Wenn man sich die Zeit nimmt, sich einmal in Ruhe mit dem echten Instrument auseinanderzusetzen, wird man auch in der Lage sein, diesen Sounds mithilfe einer Emulation sehr, sehr nahe zu kommen. Es ist wirklich traurig, dass sich viele Musiker heutzutage damit zufriedengeben, irgendein Preset anzuwählen, um dann völlig ahnungslos fortzufahren. Ich werde sogar paranoid, wenn es um Presets von berühmten Produzenten geht. Denkbar, dass diese überhaupt nichts damit zu tun haben oder einen riesen Spaß hatten, auf Anfrage etwas abzuliefern, das alles tut, aber nicht ihre Produktionsgeheimnisse verrät. Ich glaube, ich würde es nicht anders machen …

Auf welche Art würdest du deine eigene Herangehensweise an Musik beschreiben?

Ich habe relativ früh verstanden, dass ich, um ein guter Musiker zu werden, erst einmal ein guter Zuhörer werden muss! Traurigerweise hören sehr viele talentierte Instrumentalisten nur sich selber zu, sei es auf der Bühne oder im Studio. Ich weiß nicht, woran das liegt, vielleicht liegt es an einem uninspirierten Umfeld von Mitmusikern oder am Sich-selbst-Verlieren im eigenen Ego. Wie auch immer, manchmal kann das trotzdem klappen, wenn der Rest der Band Zurückhaltung übt und den Idioten unterstützt anstatt gegen ihn zu arbeiten.

Im Studio versuche ich immer, so zu spielen, als wäre es das erste Mal. Es geht darum, sein komplettes Herzblut mit hineinzulegen und sich nicht zu viele Gedanken zu machen. Das führt in der Regel immer zu einem viel kreativeren Ergebnis, als wenn man einfach mal wieder versucht, seine Lieblings-Licks und Hooks an den Mann zu bringen. Stattdessen halte ich es für enorm wichtig, sehr genau auf den Ton seines Keyboards, den Sound des Songs, den Gesang und auch auf die Handschrift des Künstlers im Allgemeinen zu hören. Es ist ein magisches Paket mit vielen unterschiedlichen Zutaten, das trifft auch auf den einfachsten Rock-Song zu.

Das Beste ist es natürlich, wenn man es schafft, dieses Wissen zurückzustellen, um zu vermeiden, dass man am Ende zu viel forciert. Ein guter Instinkt hat mir bisher immer mehr gebracht als stures Üben. Oh … und ich hatte natürlich auch immer scheiß viel Glück! Ha!

Was ist das Besondere, mit den Foos zu spielen? Kannst du uns einen Einblick in den Vibe dieser Band geben?

Eine Besonderheit bei den Foo Fighters ist die Tatsache, dass wir uns alle auf hingebungsvollste Art der Improvisation verschrieben haben. Es kann sein, dass wir wenige Minuten vor Showbeginn noch mal schnell eine Coverversion einbauen oder einfach einmal eine Jamsession spontan vor tausenden von Zuschauern in einen unserer Songs integrieren. Wenn Bands bekannter werden, bemerke ich oft diese aufkeimende paranoide Angst davor, etwas Unperfektes abzuliefern, was schließlich dazu führt, dass man anfängt, sich live wie im Studio genau ans Script zu halten. Aber wie jeder von uns aus der Perspektive des Musikfans unglücklicherweise weiß, entstehen die schönsten Momente während eines Konzerts in Situationen, in denen sich die Band komplett im Augenblick verloren hat.

Wie ich gehört habe, bist du als Musiker ziemlich beschäftigt. Wie findest du neben den Foos noch Zeit für andere Projekte wie die Alternative Band Gunash?

Ich war schon immer daran interessiert, bei möglichst vielen unterschiedlichen Projekten mitzumachen. Ich betreibe terminlich schon einen ziemlichen Aufwand, um Konzerte, Studiojobs oder die Mitwirkung in Special-Super-Bands für Award-Shows oder größere Event unterzubringen. Es ist zudem aufregend, wenn beispielsweise deine Lieblingsproduzenten anrufen und fragen, ob du auf einer ihrer neusten Platten mitspielen willst. Ich habe früher immer nur davon geträumt, mal mit Künstlern wie Johnny Cash oder Neil Diamond zusammenzuspielen, mittlerweile durfte ich reihum mit so viel mehr großartigen Musikern arbeiten.

Ich genieße auch die musikalische Zeit mit meinen Lieblingsmenschen wie Jessy Greene oder Johnny Kaplan oder dem deutschen Musiker Benjamin Rose, mit dem ich in den letzten Jahren viele Projekte bestritten habe. Auf Facebook findet ihr im Prinzip so etwas wie mein Tagebuch aller Projekte, in die ich involviert bin.

Nebenbei unterhältst du ja auch noch ein eigenes Studio in LA mit deinem Kollegen Ran Pink …

Ran Pink und ich haben mit Fonogenic das beste Studio der Welt kreiert − ich darf das sagen, denn ich habe schon in fast allen anderen aufgenommen! (lacht) Es ist ein ganz spezieller Ort! Ran und ich haben schon die verrücktesten Acts produziert, darunter Billy Gibbons, Jill Scott, The Hollywood Vampires und natürlich die Foo Fighters.

Ich selber nehme natürlich auch gerne da auf, weil alle meine Lieblingsinstrumente dort spielbereit verfügbar sind.

Das Coolste an Fonogenic ist die Integration eines Clubs, in dem wir schon die wildesten Partys mit den unterschiedlichsten Live-Bands gefeiert haben. Und der Eintritt ist immer frei! Als jemand, der in LA aufgewachsen ist, war es mir angesichts der über die Jahre abflauenden Musikszene immer wichtig, auch unbekanntere Bands zu unterstützen. Ich frage gezielt bekannte Acts an, ob sie mit weniger bekannten Künstlern und Newcomern an einem gemeinsamen Abend spielen. Das werden dann manchmal bis zu acht Bands pro Nacht!

Weil ich nun mehr und mehr international unterwegs bin, habe ich mir im Übrigen auch in anderen Ländern ein paar interessante Studios ausgeguckt, in denen ich aufnehmen kann, wenn ich in der Gegend bin. Darunter sind zum Beispiel die Sonic Vista Studios auf Ibiza oder auch die Art Farm in Köln. Mithilfe meines Apogee Quartet mache ich aber auch immer wieder mal eines der zahllosen Hotelzimmer oder eine Backstage-Umkleide zum Aufnahmeraum.

Rami Jaffee rocking the keys (Bild: Ashly Covington / Alamy Stock Photo)

Es scheint, als hättest du immer sehr an dich selbst und deine Fähigkeiten geglaubt. Was kannst du jüngeren Musikern mit auf den Weg geben?

Es kostete mich zehn Jahre − quer durch meine Teenagerzeit bis in die 20er −, um diesen starken Glauben an mich abzuschütteln und ein offenerer Mensch zu werden. Manchmal ist blindes Vertrauen nützlich, wenn man jedoch älter − und weiser − wird, merkt man, dass Vertrauen etwas Kostbares ist. Wenn man in Hollywood groß wird und auf eine Schule geht, in die vor dir schon Slash und die Red Hot Chili Peppers gegangen sind, die allesamt früh erfolgreich wurden, redet man sich ein, dass man ja schon aufgrund des gleichen Wohnorts Erfolg haben muss.

Nach zahllosen Bands mit Demo-Deals und Fast-Plattenverträgen in den 80ern beschloss ich irgendwann, mit dem Versuchen aufzuhören und dem Machen anzufangen. Wenn das Universum einmal begriffen hat, dass du Musiker sein willst, komme, was wolle, wird es dich mit Erfolg auf die eine oder andere Weise belohnen.

Mein Ratschlag an junge Musiker ist: Finde coole Typen, mit denen es sich menschlich lohnt zu spielen, und »shut the fuck up«, wie schlecht das Business und andere Dinge sind, die du nicht kontrollieren kannst! Zudem sollten Bands das größte Geheimnis des Erfolgs beherzigen: BLEIBT ZUSAMMEN! Ich weiß, das klingt einfach, wenn man es so betrachtet, aber wenn man einfach mit den gleichen Typen möglichst viele Konzerte vor möglichst vielen Leuten spielt, wird das zu einem positiven Ergebnis führen. Dabei ist es egal, wie man klingt oder welche Art von Musik man spielt! Das Problem ist oftmals, dass sich Bands trennen, bevor sie in ihrer Gegend Spuren hinterlassen haben. Sich dann mit neuen Leuten zu umgeben und einen neuen Stil auszuprobieren, dekonstruiert dann zusätzlich alles, was man bis dahin geschafft hat. Ich weiß, kein Künstler steht auf so ein väterliches Gerede wie meins, aber wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß … verdammt!

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Mein Unplan im Moment ist es, an einem Ort bleiben! (lacht) Meine unmittelbare Zukunft wird mit einer unfassbaren Welttournee gefüllt sein zusammen mit dieser »Band of my Brothers«.

www.foofighters.com

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