All About Schmidt

Ein Besuch bei EMC Schmidt Synthesizer

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In der Musikinstrumentenbranche werden außergewöhnliche Projekte nicht selten von kleinen Teams oder gar von »Einzeltätern« erfolgreich gestemmt. Auch der mittlerweile legendäre Schmidt Synthesizer macht da keine Ausnahme. Wir wollen alles von und über Schmidt wissen.

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Hin und wieder taucht am Horizont ein Instrument auf, dessen Werdegang nicht von findigen Marketingstrategen sorgfältig vorherbestimmt wurde. Ein Instrument, dessen alleiniger Daseinszweck zunächst die Erfüllung eines Traums zu sein scheint: der persönliche Wunschtraum eines soundbesessenen Technik-Freaks. Ein solches Instrument ist der Schmidt-Synthesizer. Einst als One-Man-Projekt in die Wege geleitet, hat sich das schwergewichtige Klangmonster seit seiner Vorstellung auf der Musikmesse 2011 zum Wunschtraum unzähliger Sound-Freaks entwickelt. Seitdem ist viel über »den Schmidt« geschrieben, geredet, philosophiert und spekuliert worden. Und dennoch dürfte die Wunderkiste aus der fränkischen Provinz noch längst nicht all ihre Geheimnisse preisgegeben haben. Grund genug, all jene ans Mikro zu bitten, die sich für den Werdegang und den Erfolg dieses Ausnahme-Synthesizers verantwortlich zeichnen. All about Schmidt …

Stefan Hund − der Starthelfer

Fragen wir zunächst Stefan Hund, seines Zeichens Betreiber der Vertriebsfirma EMC und eine der wichtigsten Personen »hinter den Kulissen«. Als Vertrieb u. a. für Moog Music und Mellotron hat Stefan von Hause aus eine gewisse Affinität zu außergewöhnlichen Instrumenten. Mit dem Schmidt Synth hat auch er sich einen Traum erfüllt und die Realisation eines Ausnahmeinstruments fast von Beginn an mit begleitet. Wie haben Stefan und Stefan zueinander gefunden?

Schmidt Synthesizer
Stefan Hund (Bild: Karin Baumann)

Stefan Hund, EMC: »Um 2007 erzählte mir Rudi Linhard (legendärer Moog-Service-Spezialist; Anm.d.Red.) über den ehemaligen MAM-Konstrukteur Stefan Schmidt (u. a. »MB33«; Anm.d.Red.). Er wäre gerade ›am basteln‹, und das Projekt sei sehr vielversprechend. Ein Besuch lieferte das erste und nachhaltige Aha-Erlebnis: Inmitten eines filmreifen Entwickler-Chaos befand sich die Platine eines monofonen Synths. Bei der Vorführung dieses Drahtverhaus blieb uns buchstäblich die Luft weg. Wir sagten: ›Wow − geil! Mach unbedingt etwas daraus. Und mach doch mal zweistimmig.‹ Stefan machte, und die Begeisterung wuchs.

In der Folgezeit überlegte ich mir, wie man sicherstellen könnte, dass die vielversprechenden Anfänge nicht im Sande verlaufen würden. Ich beschloss, die schwierige Anfangsphase zu finanzieren, und stellte Stefan Schmidt in Aussicht, ihn bei der Entwicklung eines marktfähigen Produktes zu unterstützen. Wir holten zunächst den großartigen Software-Ingenieur und Physiker Matthias Nagorni ins Boot, um Stefan bei der Entwicklung des immer komplexer werdenden Synths zu unterstützen. Axel Hartmanns Designbox steuerte schließlich das Gehäusedesign bei, Analogspezialist Achim Jerominek kümmerte sich um die anstehende Fertigung.

Auf der Musikmesse 2011 war es dann endlich soweit − wir konnten einen funktionierenden Prototypen vorführen. Bei dieser Gelegenheit kam Axel Fischer (aka »Fichotron«; Anm.d.Red.) auf uns zu und bot an, die weitere Finanzierung bis hin zur Serienreife mit zu tragen und das Marketing zu übernehmen. Der Rest ist sozusagen Geschichte.

Rückblickend finde ich es spannend, dass wir anfänglich gar nicht wirklich wussten, wo die Reise hingehen sollte. Wir hatten keine Ahnung, was genau Stefan Schmidt da letztlich ausbrüten wird, waren aber überzeugt, dass es geil werden würde. Und wir haben recht behalten …« (lacht)

Axel Fischer − der Marketing-Mann

Wenn auch erst zu einem recht späten Zeitpunkt in das Projekt eingestiegen, darf sich auch der Münchner Synthesizer Connaisseur Axel Fischer aka Fichotron als einer der tragenden Kräfte hinter dem Schmidt-Projekt sehen. Nicht zuletzt seiner Beteiligung verdankt das Instrument den Weg zur Serienreife.

Schmidt Synthesizer
Axel Fischer (Bild: Axel Fischer, Stefan Schmidt)

Axel Fischer: »Ich bin ein Riesen-Fan von analogen Polysynths, und so war mir das Schmidt-Projekt natürlich nicht entgangen. Als ehemaliger KEYBOARDS-Autor, Initiator der Webseite Oszillator.de und stolzer Besitzer eines der ersten Moog Voyager hatte ich zudem einen guten Draht zu Rudi Linhard und Stefan Hund. Als ich auf der Frankfurter Musikmesse 2011 den Schmidt-Prototypen zum ersten Mal sah und hörte, war ich komplett von der Rolle. Stefan suchte seinerzeit Mittel und Wege, um die Serienproduktion anzugehen, und wir haben schnell zueinander gefunden. Meine gute Vernetzung in der Synth-Szene und nicht zuletzt ein Erfahrungsschatz als Projektmanager in einem großen Unternehmen halfen uns bei der Realisation des Vorhabens.

Nachdem wir im weiteren Verlauf des Jahres 2011 viele Freunde und erste potenzielle Kunden gewinnen konnten, hat das Instrument bei der NAMM-Show 2012 richtig abgeräumt: Hans Zimmer hat den dort gezeigten Prototypen direkt vom Stand weggekauft und dadurch für einen sehr positiven Effekt gesorgt. Nicht zu vergessen auch der Input von Achim Jerominek: Als Analog- und Vintage-Spezialist hat er wesentlich zur technischen Serienreife des Schmidt beigetragen. Heute kümmert er sich um die Montage und Qualitätskontrolle.

Sound und Konzept des Schmidt haben mich rundum überzeugt und begeistert − das Ding ist einfach total outstanding! Ich habe nie daran gezweifelt, dass es einen Markt für ein solches Instrument gibt. Mittlerweile verkaufen wir die dritte 25er-Serie, und die Nachfrage ist ungebrochen. Verglichen mit Mainstream-Produkten sind das selbstverständlich verschwindend geringe Stückzahlen, aber der Schmidt soll ja auch ein sehr exklusives Instrument bleiben.«

Die ersten Gehversuche − noch monofon
Der vierstimmige Prototyp

Axel Hartmann − the Look

Seinen Look hat der Schmidt-Synth keinem geringeren als Axel Hartmann zu verdanken − seines Zeichens verantwortlich für das Design zahlreicher Synth-Ikonen wie etwa Waldorf Wave und Microwave sowie für mehrere MoogInstrumente. Axel Hartmann erinnert sich …

Axel Hartmann: »Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten war hier das komplette Gerät mitsamt Bedienkonzept schon weitestgehend fertig. Stefan Hund sagte zu mir: ›Verpack’ das mal schön.‹ So ergaben sich einige sehr spannende Optionen, etwa die Trennung von Technik-Rack und Bedienfeld − ähnlich dem Fairlight oder Synclavier. Man hätte sich dann ein erweiterbares System mit variabler Voicecard- Anzahl vorstellen können.

Letztlich wurde jedoch eine einfachere Lösung notwendig und die Vorgaben exakter: Stefan (Hund) wünschte sich einen eher klassischen Look mit viel Holz. Aufgrund der Größe des Bedienfeldes bot sich ein schräges Panel an − zunächst feststehend geplant, dann beweglich realisiert à la Minimoog. Wichtige Vorgabe beim Gehäusedesign war zudem der Verzicht auf Spezialteile − vor allem aus Kunststoff. Das hätte bei einer solch kleinen Auflage die Kosten immens erhöht. Zudem sollten alle Teile entsprechend solide und auch nach Jahren noch verfügbar sein.

Unser In-House-Konstrukteur Stephan Gries hat die Prototypen gebaut, die Gehäuse der Seriengeräte werden von der renommierten deutschen Firma Rüffel gefertigt. Diese sind u. a. für Wersi und Kemper tätig und besitzen viel Erfahrung mit dem Bau von hochwertigen Musikinstrumenten.«

Stefan Schmidt − das Mastermind

Last but not least kommt die Hauptfigur zu Wort − Stefan Schmidt himself erzählt über sein »Baby« und den langen Weg dorthin.

Schmidt Synthesizer
Stefan Schmidt (Bild: Karin Baumann)

Stefan Schmidt: »Alles hat angefangen mit einer kleinen Heimorgel und ein paar Jahren Orgelunterricht. Ich muss damals wohl so etwa 10 Jahre alt gewesen sein. Dann bin ich auf Kirchenorgel umgestiegen. Allerdings hat mich die Technik der Instrumente schon damals am meisten interessiert − besonders, wenn Strom vonnöten war.

Zur elektronischen Musik hat mich mein mittlerweile leider verstorbener Schulfreund Jürgen Haible gebracht. Er spielte mir seinerzeit Oxygen und Equinoxe von Jean-Michel Jarre vor − diese Art von Musik hat mich auf Anhieb begeistert, im Gegensatz zur bis dato für mich eher langweiligen Orgelmusik. Jürgen begann damals, eigene Module zu entwickeln bzw. nachzubauen, und ich habe versucht, es ihm gleichzutun. Meine erste eigene Entwicklung war schließlich ein kleiner Analog-Vocoder. Das erste marktfähige Produkt war 1993/94 der Braintec Transistorbass 3. Später wurde daraus der MAM MB33.

Aus der Sicht des Entwicklers erscheinen mir die 1970er- und 80er-Jahre als die spannendste Phase der elektronischen Instrumente. Analogtechnik erreichte da ihren Höhepunkt und wurde sehr bald um neue Möglichkeiten wie FM und PCM- bzw. Sample-Technik ergänzt. Es gab wirklich »Neues«. Heute wird eher Altbewährtes neu verpackt, kombiniert und vor allem immer günstiger produziert. Das heißt jedoch nicht, dass keine guten Instrumente mehr entwickelt werden. Das Potenzial steckt vielmehr in der Bedienbarkeit bzw. dem User-Interface. Der Spaßfaktor eines Instruments ist enorm wichtig. Deshalb habe ich auch von einer Modulationsmatrix im Schmidt Synth abgesehen. Mit eigenen Modulatoren in allen Modulen ist man irgendwie immer ein Stück »näher« dran am Sound.

Zwei Gehäuseentwürfe von Axel Hartmann

Begonnen habe ich mit dem Schmidt-Synth etwa 2004, jedoch nicht immer durchgängig daran gearbeitet. 2009 war der erste polyfone Prototyp fertig, allerdings noch ohne Gehäuse. Nach der Präsentation 2011 verbrachten wir noch drei Jahre damit, das Gerät serienreif zu machen. Rückblickend war der Übergang vom Prototyp zum serienreifen Produkt der schwierigste Part. Dazu war letztendlich ein extrem hoher Durchhaltewillen erforderlich. Glücklicherweise sind alle Beteiligten am Ball geblieben und haben Großartiges geleistet!

Die Konzeption des Gerätes hat sich im Laufe der Entwicklungsphase stetig gewandelt. Zuallererst hatte ich einen Moog-Taurus-Clone im Kopf, und diese Idee hat sich immer weiter gewandelt − teilweise weil man bestimmte Ideen verwerfen muss − sei es aus technischen Gründen oder weil der Sound einfach noch nicht stimmt.

Ein eher kleines Display − aber vielleicht wirkt das ob der schieren Größe des Schmidt-Synth auch nur so …
Das Innenleben des Schmidt-Synths

Eines führt dann zum anderen: Das 24-B-Filter hat einen sehr druckvollen Sound, ist jedoch vergleichsweise unflexibel. Also mussten noch Multimode-Filter her. Als großer Fan von Flanger/Phaser-Effekten mussten es dann aber auch gleich vier davon sein, um solche Sounds realisieren zu können. Nun hatte ich also eine enorm leistungsfähige Filterbank. Um die aber richtig nutzen zu können, erschienen mir die ursprünglich vorgesehenen zwei Oszillatoren plötzlich nicht mehr ausreichend − und ich baute zwei weitere Oszillatoren ein. Mit Multi-PWM als Waveshaper-›Ersatz‹ und den speziellen Funktionen von Oszillator 4 als Quelle für noisige Sounds. Ehe ich mich versah, wucherte das Teil immer weiter und wurde immer komplexer. (lacht) Was hier und heute vor uns steht, war anfänglich noch nicht einmal im Ansatz so geplant.

Was weiter passieren wird? Sicher nicht noch ein solches Monster!«


Schmidt-Fans

Der Schmidt-Synth hat mittlerweile zahlreiche Fans mit unterschiedlichstem Background gefunden − vom Hobbymusiker bis zum Superstar ist alles vertreten …

Jean-Michel Jarre: »Ich bin wirklich begeistert. Es ist lange her, dass mich ein solches Projekt so sehr beeindruckt hat.«
Ty Unwin (Komponist und Musiker, u. a. tätig für BBC-Dokus und aktuell Musical-Director bei Midge Ure): »Ich besitze einen wirklich umfangreichen Synth-Park und habe so ziemlich alles ausprobiert. Dennoch ist der Schmidt für mich wirklich der beste Synth, der jemals gebaut wurde. Ich nutze ihn derzeit mehr als jedes andere Instrument.«
Matt Bellamy (Muse): »Ein Wahnsinns-Teil!«

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