Die Akte Steiner
Nyle A. Steiner gehört zwar nicht zu den ganz großen Größen unter den Synthesizer-Ingenieuren, doch speziell in der Modularszene ist sein Name gut bekannt. Denn das sogenannte Steiner-Filter wurde von mehreren Eurorack-Herstellern nachgebaut. Mit offizieller Genehmigung von Nyle Steiner ist über die Webseite “Analogue Realities” ein Teil der Unterlagen zugänglich.
Nyle Steiner verbinden viele natürlich mit dem Blaswandler EVI (Electronic Valve Instrument), einem Trompeten-ähnlichen Controller zur Ansteuerung eines analogen Synthesizers. Nachdem er diesen Controller einige Zeit im Alleingang vermarktete, kam es zur Zusammenarbeit mit Akai, woraus dann die EWI-Serie (Electronic Wind Instrument), mit dem Saxophon/Klarinetten-Controller, entstand. Das geschah dann aber schon bald ohne Steiners Mitwirkung. Er selbst hat das Konzept seines Trompeten-Controllers jedoch stetig weiterentwickelt.
Zusammen mit Dick Parker entwickelte Nyle Steiner in den 1970er Jahren verschiedene Synthesizer, die hierzulande jedoch kaum zu finden sind, denn Steiner-Parker vertrieb seine Produkte nur in den USA. Das bekannteste Instrument ist sicherlich der monophone 3-VCO Synthesizer Synthacon, der heutzutage zu den gesuchtesten Sammlerstücken gehört. Weiterhin gab es mit Microcon und Minicon zwei kleinere 1-VCO Synthesizer, einen Sequenzer und sogar ein Plate Reverb. Das aufwendigste Projekt war das Synthasystem Modular, das nur auf Bestellung gebaut wurde. Hier wurden ausschließlich diskrete Bauteile verwendet, IC-Chips fanden bei den Schaltungen keine Verwendung.
Steiners einflussreichste Entwicklung war das nach ihm benannte Filter. Dieses Multimode-VCF unterscheidet sich von anderen Schaltungen dadurch, dass es drei separate Eingänge für Low-, Band- und Highpass besitzt, so dass drei unterschiedliche Signale (oder drei Mal das gleiche Signal) mit den verschiedenen Filtermodi parallel bearbeitet werden können. Die theoretische Abhandlung dazu, aus dem Jahr 1974, befindet sich ebenfalls in dem Online-Archiv. Darin sind nicht nur die dazu gehörenden Berechnungen und Schemata enthalten, sondern auch mehrere Varianten aufgeführt, wie man das Konzept anwenden kann.
Eine modernen Umsetzung des Steiner-Filters ist das Doepfer-Modul A-101-1. Doepfer verwendet allerdings eine Vactrol-basierte Schaltung und hat das Filter um eine Bandsperre (Notch) erweitert. Auch im Arturia Minibrute bzw. Minibrute 2 wurde eine Variante des Steiner-Filters verwendet.
Weiterhin sind Fotos, Service-Unterlagen und Schaltpläne in dem über 4 GB großen Archiv zu finden. Wenn man die Unterlagen nutzen möchte, wird um ein Credit gebeten und bei kommerzieller Nutzung kann man sich mit Nyle Steiner offenbar problemlos einigen. Bei Rückfragen ist der Betreiber des Archivs erreichbar.
Über diesem Link kommt ihr zum Analogue Realities-Archiv.
Und hier findet ihr die offizielle (aber nicht ganz aktuelle) Nyle Steiner-Homepage.