Was sich an Portis und Synths mit SMFs, MP3s und Co. anstellen lässt
Integrierte Song-Player gehören insbesondere an Portable MIDI-Keyboards schon zur Grundausstattung. Doch in immer mehr Synthesizer- und Stagepiano-Modellen finden sich auch leicht zu bedienende SMF- und Audiotrack-Abspielmöglichkeiten. An Keyboards ab der unteren Mittelklasse kommen vielfältige Edit-Funktionen dazu, die zu einem kreativen Umgang mit Playbacks einladen – und GM-Einheitsgedudel den Kampf ansagen.
Mit SMFs und Audioplaybacks möchten Keyboarder heute in ganz unterschiedlichen Situationen arbeiten. Längst geht es dabei um mehr als die klassische Pausenmusik-Anwendung – was aber nicht heißen soll, dass es für Alleinunterhalter nicht äußerst praktisch ist, für diesen Fall allerlei Songs gleich direkt an ihrem Tasteninstrument verwalten zu können. Immer mehr Keyboarder – Einsteiger wie Wiedereinsteiger – nutzen die Möglichkeit, zu Übungszwecken, aber auch zwecks Inspiration zu MIDI-Songs oder Audiotracks zu jammen. Und insbesondere wenn die (eigenen) Songs auch als entsprechend vorbereitete SMFs zur Verfügung stehen, brauchen Bands nicht gleich die nächste Probe platzen zu lassen, wenn der Drummer oder der Gitarrist mal nicht kommen können.
Letztere Szenarien auf die Bühnensituation übertragen bedeuten, dass MIDI- oder Audiotracks hier die unkomplizierte und oft preiswertere Backing-Lösung gegenüber dem Einsatz von rechnergesteuerten Harddisk-Tracks darstellen können. Duos oder Trios klingen via Backing-Tracks wie größere Besetzungen. Und sie eröffnen auch die – dezentere – Einsatzmöglichkeit, noch ein paar mehr Keyboardparts einspielen zu lassen, als sie ein einzelner Musiker gleichzeitig spielen könnte.
Alles im Zeichen von MIDI
Mit Blick auf die verschiedenen Anwendungsszenarien für das Arbeiten mit Backing Songs wird schnell klar: Solche Songplayer-Features sind nicht nur als Portable-Keyboard Funktionen interessant, sondern passen genauso ins Konzept von Digitalpianos – und zu Digitalsynthesizern auf Sample-ROM-Basis, die ein breites, universelles Soundspektrum ab – decken, also weitgehend als „All-in-One-Instrumente“ eingesetzt werden sollen.
Roland ist hier, was den Synthesizerbereich angeht, im Moment noch Vorreiter. Den mit dem Expander Sonic Cell eingeführten Multi-Format-USB-Player – also für MIDI- (SMFs, Karaoke) und Audiofiles (WAVs, MP3s) – findet man auch in den aktuellen, preiswerten Juno Synthesizern Rolands. Synthesizer-Workstations in unterschiedlichen Preisklassen – seien es Korg Kronos, M3 und M50, Roland Fantom-Modelle oder Yamahas Motif- sowie MOX-Serien – bieten immerhin die Möglichkeit, recht schnell aufs GM-Playing umswitchen zu können; entsprechende Soundsets sind ab Werk mit an Bord. Audiofiles direkt vom USB-Stick abzuspielen klappt hier aber eher umständlich – vor allem ist diese Funktion selten darauf ausgerichtet, dass man gleich zur Wiedergabe live spielen kann.
Audiomaterial wiederzugeben, ist in den Top-Synthesizer-Workstations stattdessen über die Audiospuren ihrer Sequenzer vorgesehen. Diese komplexen integrierten Recording-Werkzeuge sind die eigentliche Stärke, um individuell auf das Instrument zugeschnittene Backing-Tracks zu erstellen. Auf die Schnelle Sounds für die 16 Spuren eines General-MIDI Songs neu zuzuweisen oder gar mal eben ein paar MP3s abzuspielen, ist hier meist spontan nicht ohne weiteres möglich.
Gerade was die unkomplizierte Nachbearbeitung von SMFs mit On-Board-Mitteln und auch das schnelle Audio-Songplayback anbelangt, sind aktuelle Portable-Keyboards deutlich besser mit entsprechenden Funktionen ausgestattet als die Synthesizer-Workstations.
Diese Entwicklung rührt tatsächlich von der ursprünglichen Idee her, dass der Alleinunterhalter in den Spielpausen Songs zur Hintergrundberieselung vom Keyboard selbst kommen lassen will. Weil hier, mit Ansteigen der Preisklasse, auch mehr Wert auf die nötige Hard- und Software zur Verwaltung großer Song-Libraries gelegt wird, haben die Playback-Möglichkeiten der Top-Portis in den vergangenen Jahren eine zunehmend professionellere Basis erhalten.
SMFs können heute bereits viele, nur wenige grüne Scheine teure Einsteiger-Portis wiedergeben. Doch erst ab Instrumenten der unteren Mittelklasse – ab etwa 700 bis 800 Euro – lassen sich solche Files soundtechnisch so aufwerten, dass sie einen Klang deutlich über GM-Niveau produzieren.
In dieser Preisklasse ist abermals Roland Vorreiter mit den GW-Keyboards, dem Prelude sowie dem neuen BK-5 (Expandervariante: BK- 7m), die allesamt den Multi-Format-USB-Player an Bord haben. Preislich darüber liegen Yamahas PSR-S710 und S910 sowie die Tyros-Keyboard Flaggschiffe. Während sich Korgs Pa-Keyboards der Mittelklasse auf das SMF-Playing beschränken (Ausnahme: Pa800 plus optionalem MP3-Board), besitzt das Top-Keyboard Pa3X die Funktionalität des hauseigenen Multi-Format-Players MP10Pro.
Integrierte SMF- und/oder Audioplayer findet man darüber hinaus in verschiedenen Home- und Stagepianos. Gut mit in den Proberaum oder auf die Bühne nehmen kann man zum Beispiel Rolands FP- und RD-Pianos, Yamahas CP-5 oder Kawais MP-Modelle. Hier sind die Song-Edit-Funktionen aber recht spärlich gehalten. MIDI-Songparts mit anderen Klängen zu belegen ist hier meist nicht vorgesehen. Im Vordergrund steht bei den Stagepianos bezogen auf die Backing-Anwendung ganz klar das Livespiel zur Playback-Begleitung.
Music Don’t Stop! Mit Wiedergabe- und Anpassungsmöglichkeiten für MP3 und MIDI-Files liegen Korgs Top-Arranger-Keyboards und der 2010 erschienene Media Player MP10 (links) weit vorn.
Das Doppelsequenzer-Konzept (unten der Pa3X Musikant) war bereits bei den Vorgängermodellen ein Alleinstellungsmerkmal, das unterbrechungsfreie Wiedergabe und das Überblenden von Songs bietet.
SMF-Tracks pimpen
Dank Direkt-Play-Funktionen kann man sich an den meisten Portables das Laden von SMFs zunächst sparen. Erste Anlaufstelle zur Klangoptimierung sind auch hier die Mixer Menüs.
Neben dem Neuzuordnen von Sounds sowie dem Abmischen von Lautstärken und Panorama-Positionen lassen sich schon in aktuellen Portis der unteren Mittelklasse weitere GMLevel-2-Parameter wie Filter-Cutoff oder Effektintensitäten schnell verändern. Sehr praktisch: Die in den Mixer-Menüs der Portables ausgeführten Änderungen können in der Regel gleich direkt am Keyboard im MIDI-File gesichert werden. Außerdem stehen zusätzlich zum MIDI-Song-Playing auf 16 Spuren noch Registration-Speicher für die Tastaturklänge zur Verfügung, die gleichzeitig eingesetzt werden können; aktuelle Portis arbeiten also meist mit höherer als 16-facher Multitimbralität. Daher reicht es hier, die zu ersetzenden MIDI-Spuren zu muten und für die zum Playalong passenden Live-Sounds eine Registrierung zu programmieren.
Gerade bei den professionellen Arranger Workstations lohnt sich ein Ausflug in die Tiefen des internen Sequenzers, um das Beste aus einem SMF herauszuholen. Allerdings muss man sich dann von der Kompatibilität verabschieden: Denn die nativen Sounds und Effekte eines Top Keyboards passen in der Regel ebenso wenig in das enge GM-Standard-Korsett wie die nach dem Pimpen benötigte Polyfonie.
Sängern bieten die Top-Keyboards dank integrierter Vocal- und Harmonizer- Effekte weitere Features auch im Hinblick auf Playalongs.
Einstellungen für die Vocal-Effekte werden nämlich ebenfalls gleich mit im Datenbank Eintrag oder der Registrierung gesichert. Einem SMF kann per Sequenzer noch eine „stumme“ Spur mit Steuerakkorden für den künstlichen Background-Gesang hinzugefügt werden (die Harmonizerspur wird meist auf MIDI-Kanal 15 oder 16 gelegt). Das Transponieren des Songs in die bevorzugte Stimmlage, das rasch im Mixer erledigt ist, muss übrigens niemanden davon abhalten, die Tastatur-Sounds in einer ganz anderen Tonart zu spielen. Wer in einer Besetzung mit Schlagzeuger spielen möchte, sollte via Sequenzer eine weitere Percussion-Spur für das Timing erstellen und sie auf einen Einzelausgang routen. (Das gilt natürlich ebenso für den Fall, dass das Playback von einer Synth-Workstation kommt.) Alternativ könnte man in der MIDI-Drum-Spur auf Kanal 10 auch einzelne Drum-Instrumente muten und diese Spur dann als Click-Track benutzen. Es empfiehlt sich, das Metrum über Kopfhörer einzig an den Drummer auszugeben, um somit die Verantwortung fürs „Tight-Spielen“ in bewährten Händen zu lassen und ein Timing Chaos zu vermeiden.
Workstations und Top-Keyboards lassen ein Tuning auch von SMF-Drumkits bis hin zu jedem einzelnen Instrument zu (hier ein Screen des Yamaha Tyros4).
Für ein Audio- oder MIDI-Backing lässt sich an aktuellen Portable-Keyboards wie dem Roland BK-5 schnell die passende Registrierung sichern.
Vielfach besteht auch der Wunsch, ein MIDI-File einfach in einen Style umzuwandeln, um den Song völlig frei selbst zur Begleitautomatik nachspielen zu können.
Eins zu eins kann so eine „Konvertierung“ nicht funktionieren, weil man es hier mit zwei völlig verschiedenen Dingen zu tun hat: Wer versucht, sich seinen lang bearbeiteten MIDI-Song mit maximal acht Spuren, ohne Akkordprogressionen und unterteilt in mehrere geloopte Sektionen ohne Überleitungen vorzustellen, erhält eine ungefähre Vorstellung von der nicht unkomplizierten Prozedur, aus dem Song einen Style zu generieren, der ja erst dann harmonisch reagieren soll, wenn man einen Akkord spielt. Top-Keyboards bieten zu genau diesem Zweck so genannte Style-Converter-Funktionen an. Auch damit ist aber längst nicht auf Knopfdruck aus einem Song ein Style gemacht. Die Converter funktionieren eher wie „integrierte Schritt-für-Schritt-Anwendungen“; die Fein – arbeiten müssen immer noch manuell in den Style-Edit-Menüs erledigt werden.
SMF-Tuning: Das bringt’s
Wenn das eigene Instrument schon mehrere frei zuweisbare Effektblöcke bietet, ist es kein Luxus, besonders wichtigen Songparts mit einem eigenen DSP nachzuhelfen.
Beispiele für den Verzicht wesentlicher Effekte in General-MIDI-Songs sind die Rockgitarre samt mitgesampelter Verzerrung oder die B3- Orgel inkl. mitgesampeltem Leslie-Effekt. Wer stattdessen die echten Distortion- und Rotary Effekte seines Synths oder Portis nutzt oder ein E-Piano mit System-Chorus noch zusätzlich durch einen Phaser sowie das Clavinet durch einen WahWah schickt, kann so schnell selbst einfachste GM-Sounds deutlich aufwerten. Am effektivsten auf den Gesamtklang wirkt sich meist der Austausch von Drumkits, Gitarren und Solosounds aus. Besonders bei der Auswahl Letzterer driften die Geschmäcker am stärksten auseinander – denn ob man eine Gesangslinie instrumental mit „Voice Oohs“ oder stattdessen mit einer „Muted Trumpet“ abspielen lässt, macht einen großen Unterschied.
Nicht wenige Instrumente lassen sogar den Austausch einzelner Drum-Instrumente innerhalb eines Kits zu. Damit ist man noch flexibler und kann wirklich die erdigste Bassdrum und die knackigste Snare im Backing einsetzen. Daneben bringen es oft auch vollere Flächensounds mit mehr Bewegung und fettere Bässe als im Original-SMF vorgesehen. Standard-Funktionen der On-Bord-Mixer sind die Zugriffe auf das Tuning, die Stereo- Panorama-Position und die Transponierung einzelner Songparts. An Top-Portis macht sich auch der Gebrauch der Part-EQs bemerkbar, wenn eine Spur nicht „durchkommt“. Ziel beim Schrauben an diesen Parametern: das SMF vom Sound her größer, transparenter und knackiger zu gestalten.
Eine Feinarbeit, die sich darüber hinaus häufig lohnt, ist es, Volume-Controller- und -Velocity-Werten in den Sequenzer-Edit-Abteilungen zuleibe zu rücken. Der Grund: Wird beispielsweise ein undynamisch und „laut“ eingespieltes GM-Saxofon durch ein sehr dynamisch auf die Anschlagstärke reagierendes „Premium Sax“ ersetzt, erklingt letzteres dann vielleicht ausschließlich fortissimo. Den Velocity-Wert für diesen Songtrack leicht abgesenkt, und das Ergebnis kann sich wahrscheinlich wieder hören lassen.
Marker setzen und variieren
In den Mixer-Menüs der Keyboards – hier das eines Korg Pa500 – lassen sich nicht nur hochwertigere Klänge auf die GM-Spuren legen, sondern auch viele weitere Soundparameter einstellen.
Yamaha bietet an seinen PSR-Modellen ab dem S710 eine „Song Auto Revoice“-Funktion, auf deren Basis sich GM-Tracks weitgehend automatisch wertigere Sounds zuweisen lassen.
Dank der Marker-Funktionen der internen Songplayer oder Sequenzer von Synths oder Portis wird die Reihenfolge der Songteile variabel.
Wem beim Spiel zum Backing-Track mal ein paar Takte völlig daneben gehen, der wird sich wünschen, schnell noch mal zur vorigen Strophe zurückspringen zu können. Manchmal würde man aber auch gern die Spannung dadurch erhöhen, dass man eine Bridge spontan verlängert. Oder der Refrain könnte ruhig noch ein paar Mal wiederholt werden, weil das Publikum gerade begeistert mitgeht … Solche Möglichkeiten eröffnen Song-Position-Marker, die viele On-Board-Sequenzer oder Player bieten. Mit dieser Funktion lassen sich Abschnitte eines Songs markieren, zwischen denen dann beliebig mit den Transportertasten eines Players hin und her gesprungen werden kann. Die Vorgehensweise ist einfach: Man lädt einen Song, startet die Wiedergabe und stoppt den Song für gewöhnlich an einer Stelle, die mit einem Marker versehen werden soll. An manchen Instrumenten muss man nun Taktpositionen als Zahlenwerte eingeben, an anderen werden die Markierungen schon mittels Doppelklick auf die Marker-Taster gesetzt. Über Letztere kann man anschließend mitten im Song auf die markierten Positionen zurückspringen. Ist noch eine Loop-Funktion vorhanden, lässt sich auch eine Songschleife zwischen zwei Marker Punkten realisieren, die dann bei Bedarf in Echt – zeit eingesetzt werden kann – zum Beispiel für ein ausgedehntes Solo im Song.
Audio-Playalongs nutzen
Backing-Tracks in den Audioformaten WAV und/oder AIFF sowie MP3 kann man vor allem in denjenigen Instrumenten unkompliziert einsetzen, die explizit einen entsprechenden Player besitzen.
Zwar gelingt das reine Abspielen direkt vom USB-Stick auch an Synthesizer Workstations wie der M3, den Motifs oder Fantoms; doch die Möglichkeit, Keyboard-Parts live dazu zu spielen, ist entweder begrenzt oder gar nicht erst vorhanden. Stattdessen sind diese Instrumente darauf ausgelegt, Audio- und MIDI-Material im Rahmen von Sequenzersongs professionell mit MIDI-Tracks zu synchronisieren. Außerdem fallen hier jeweils lange Ladezeiten für das Audiomaterial an, weil es nur in speziellen RAM-Speicherbereichen für die interne Weiterverarbeitung zur Verfügung steht. Kurzum: Hier fährt man schlichtweg besser damit, einfach seinen externen MP3-Player mit bewährter Bedienoberfläche an den heute meist vorhandenen Line-Eingang der Synth-Workstation anzuschließen, wenn man schnell Audio-Playalongs mit am Start haben will.
Mittels Song-Position-Markern – hier die des Yamaha Tyros2 – lassen sich Songteile des Playalongs bei Bedarf in Echtzeit strecken – gut für Soli oder mitreißende Refrains
Die Audiosong-Wiedergabe per Direct-Play vom USB-Stick gehört aktuell nur bei den Roland-Juno- und -Jupiter-Synthesizern zum Konzept, ansonsten ist sie ein vor allem bei den Portable-Keyboards sowie Stagepianos beliebtes Feature.
Die Audio-Song-Wiedergabe per DirectPlay vom USB-Stick gehört aktuell nur bei den Roland-Juno– und -Jupiter-Synthesizern zum Konzept, ansonsten ist sie ein vor allem bei den Portable-Keyboards sowie Stagepianos beliebtes Feature.
Auch hier programmiert man sich am besten eine Registrierung mit passenden Livesounds zum MP3- oder WAV-File. Verschiedene Instrumente bieten – genau wie für SMFs – die Verknüpfung von Audiosong und Registrierung an, manche sogar in Form von Datenbankspeicherplätzen, die noch weitere Schnellregistrierungen (One-Touch-Settings für einen Style), Phrasen für Multi-Pads und weitere Einstellungen enthalten können (Yamaha, Korg).