Experimental VA-Wavetable-Synthesizer

Test: Modal Electronics Carbon8

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Modal Electronics Carbon8 Synthesizer
Modal Electronics Carbon8 im Studio (Bild: Joker Nies)

Der Synthesizer Modal Electronics Carbon8 ist nun doch Realität geworden. Nachdem Modal Electronics letztes Jahr in Konkurs geraten war, haben inzwischen diverse Umstrukturierungen zum Erfolg geführt und einen Neustart ermöglicht. Momentan arbeitet man noch an einer neuen Website, sodass man derzeit das Manual samt Editor zum Carbon8 per E-Mail Anfrage erhält.

Die Gene des Modal Electronics Carbon8

Schon rein äußerlich ist die Verwandtschaft mit anderen Produkten von Modal Electronics sofort zu erkennen. Die Anordnung der Bedienelemente entspricht genau der des Cobalt8 mit 37er-Tastatur, wenngleich deren Funktionen etwas unterschiedlich sein können.

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Das Alugehäuse mit Kunststoff-Seitenteilen und der schicken 4 mm Front in grau-silber ist robust gebaut und mit 5,9 kg kein Leichtgewicht. Dazu trägt sicher auch die stabile und bestens spielbare Fatar-Tastatur bei. Sie ist anschlagdynamisch, verfügt über Aftertouch, ist aber leider nicht MPE-fähig – die Klangerzeugung des Carbon8 aber schon.

Der Kern des Modal Electronics Carbon8 beruht auf VA-Synthese-Algorithmen, die mit der heute verfügbaren Rechenleistung auch die subtilsten Eigenschaften der virtuell erzeugten elektronischen Vorbilder abbilden können.

Modal Electronics Carbon8 Synthesizer rear
Die Anschlüsse des Carbon8: Neben Stereoausgang und Kopfhöreranschluss findet man auch Eingänge für Sustain- und Expression-Pedal, sowie Sync In/Out und einen Audioeingang in Mini-Klinkenbuchsen. (Bild: Modal Electronics)

Flexible Wellenformen

Diesen modernen Qualitäten der VA-Synthese begegnen wir schon im Herzen der Klangerzeugung, bei den Oszillatoren. Zwei VCOs können auf 56 Wellenformen, Core-Types genannt, zugreifen. Hier sind sowohl alle Standard-Wellenformen als auch eine reiche Auswahl an komplexen Spektren zu finden. Dabei berechnet der Modal Electronics Carbon8 alle Parameter in Echtzeit. Sämtliche Wellenformen sind dynamisch veränderbar. Dafür ist der Contour-Parameter zuständig. Je nach Wellenform und deren Eigenschaften, kommen hier verschiedene, für diesen Wellenform-Typ optimal geeignete Parameter zum Einsatz.

Lassen wir also die Wellen lebendig werden und bewegen den Contour-Regler oder lassen einen Modulator, wie einen Sinus LFO auf den Contour Parameter einwirken. Bereits ohne Einsatz eines Filters, kann man so bei einigen Core-Types eine Art Filterwirkung erzeugen, indem man zwischen Oberton-armen zu Oberton-reichen Positionen blendet. Daher kann man das Filter des Modal Electronics Carbon8 auch als Allpass-Filter oder als Ladder Adjustable Phaser verwenden, ohne die Kontrolle über den Obertongehalt zu verlieren.

Als Nächstes kommen wir zum XCore. Hier handelt es sich um einen der Oszillator-Sektion nachgeschalteten Cross-Modulator. In allen Versionen wird Oszillator zwei moduliert. Bei einigen der Varianten dient OSC 1 als Modulator, bei Anderen wird ein spezieller unsichtbarer OSC eingesetzt und OSC 1 ist anderweitig einsetzbar. Hier findet man Ringmodulator und Amplituden-Modulation, Hardsync und Phasedistortion, die das Timbre noch einmal drastisch verändern können.

Filter-Vielfalt im Modal Electronics Carbon8

Auch in der Filtersektion zeigt die VA Synthese ihre Power und Qualität. Hier hat man die Wahl zwischen 34 Filterformen. Neben zwei 12dB State-Variable Modellen gibt es sechs Dual-Peek Varianten und gleich 26 Ladder-Filter. Diese sind als Tief-, Band- und Hochpässe mit 6, 12, 18, und 24 dB Cutoff verfügbar.

Der Clou bei allen Filter-Typen: sie haben einen weiteren Parameter, Warp. Das bedeutet für die State-Variables, dass man sich vom Tiefpass durch den Bandpass zum Hochpass bewegen kann. Bei den Dual-Peak Modellen, bestimmt Warp den Anstand zwischen den Peaks, während bei den vielen Ladder-Varianten, der Drive des Filters geregelt wird.

Modal Electronics Carbon8 Synthesizer top
Genügend Regler zum Schrauben während einer Performance (Bild: Modal Electronics )

Damit ergibt sich einiges an ungewöhnlichen Klangbewegungen. Gerade bei den Dual-Peak Filtern, bewirkt eine dynamische Veränderung durch LFO oder Envelope Generator interessante Vocal-ähnliche Effekte. Man kann den Drive der Ladder-Filter auch mal dynamisch steuern, aber in den meisten Fällen wird man hier einen statischen Wert einstellen. Bei steigendem Drive nimmt die Resonanz langsam etwas ab, während der Filter den Pegelverlust durch die Vollresonanz wieder aufholt und das Klangbild sich verdichtet und leicht anraut.

Modulationen und Spielhilfen

Modulationen machen das Klangbild lebendig. Dafür stehen acht frei belegbare Slots bereit. An interne Quellen kann man hier zwischen 3 LFOs, Modulation Envelope Generator (MEG), Note, Velocity, Expression, Aftertouch und den vier Richtungen des Joysticks wählen. Dieser ersetzt beim Carbon8 Pitch-Bend- und Modulations-Rad. Dabei kann er natürlich diese Funktionen ersetzen, bietet aber auch die Möglichkeit für alle vier Richtungen eigene Modulations-Ziele zu wählen. Dazu kommen als festgelegte Quellen noch Standards wie, Note, Joystick Y+, Aftertouch und Velocity.

Wer ein externes MPE-fähiges Keyboard besitzt, kann auch dessen spezifischen Möglichkeiten nutzen. Mehr als 50 Ziele und damit fast jeder Parameter des Modal Electronics Carbon8 kann auf diese Weise moduliert werden. Von den drei LFOs ist der erste Global wirksam, während LFO 2 und 3 polyphon arbeiten.

Die drei Envelope-Generatoren sind gleich aufgebaut und bestechen mit üppigen 8 Verlaufsformen, von Snappy bis Linear Long. Damit kann jeder der Drei eine optimale Hüllkurve für AEG-, FEG- und MEG-Anwendungen erzeugen.

Der Editor

Der Modal Electronics Carbon8 kommt wie seine Geschwister mit einer App, die automatisch jedes Modal-Instrument erkennt und als übersichtlicher Editor und Preset-Manager äußerst praktisch ist. Hier hat man nicht nur alle Parameter und Modulations-Slots im Überblick, sondern sieht auch Abbildungen der Wellenformen und wie diese sich durch den Contour-Parameter verändern. Ebenfalls sehr hilfreich und gut zu bedienen ist die Preset Verwaltung. Hier werden nicht nur die 499 Speicherplätzen (299 Werkspresets) verwaltet, sondern auch die Einstellungen von Sequenzer und Effekten.

Modal Electronics Carbon8 Synthesizer Editor
Der Editor für den Modal Electronics Carbon8 schafft Übersicht und verwaltet alle Klänge, Sequenzen und FX-Parameter. (Bild: Joker Nies)

Fazit zum Modal Electronics Carbon8

Man darf Modal Electronics gratulieren. Sie haben nicht nur eine wirtschaftliche Krise gemeistert, sondern auch noch einen neuen Synthesizer auf den Markt gebracht, der ihren anderen Produkten in nichts nachsteht.

Der Modal Electronics Carbon8 hebt sich durch seine spezielle Form der VA-Synthese ab, bei der alle Parameter in Echtzeit berechnet werden. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Klänge gestalten, erweist sich, dank des übersichtlichen Designs und des hilfreichen Editors als reine Freude, die sowohl Einsteigern als auch Klangtüftlern begeistern wird.

Am besten man überzeugt sich selbst von den Qualitäten des Modal Electronics Carbon8, die 299 Factory Presets sind dafür eine gute Grundlage für eigene Entwicklungen.

Vorteile
+ große klangliche Bandbreite
+ enormen Auswahl an Oszillatoren und Filtern
+ gutes, übersichtliches Design

Nachteile
– Beschriftung könnte etwas kontrastreicher sein

Link zum Modal Electronics Carbon8 bei MUSIC STORE professional

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