Test: Ketron EVENT 61 – Arranger-Keyboard
Mit der Keyboard-Workstation Ketron EVENT 61 krönt das italienische Unternehmen die Entwicklung seiner Arranger-Serien, die seit jeher einen unverwechselbar individuellen Weg einschlagen und die eigenen Instrumente in vielen Punkten von der Konkurrenz abheben. Trotz der mittlerweile deutlich über 40-jährigen Geschichte des Unternehmens standen die Ketron-Arranger-Systeme lange Zeit im Schatten der Mitbewerber, aus welchem nun aber spätestens die Modelle der Oberklasse deutlich hervortreten. Spot on!
Grundsätzliches zum Ketron EVENT 61
Schon bevor man den Einschaltknopf zum ersten Mal drückt, verrät bereits die Haptik des Gehäuses, dass es sich beim Ketron EVENT 61 um ein echtes Premium-Instrument für den regelmäßigen Bühneneinsatz handelt. Ein solides Blechchassis trifft hier auf robuste Seitenteile aus Aluminium und eine allgemeine Fertigungsqualität, die unmittelbar ein gutes Gefühl vermittelt.
Unterstrichen wird dieser Eindruck von einem für die Ausmaße nicht gerade geringen, aber noch tragbaren Gewicht von 14,8 kg (beim 61-Tasten-Modell). Erfreulicherweise setzt man bei Ketron schon des Längeren auf die Integration klassischer Pitch- und Modulationsräder, die sich auch beim EVENT ergonomisch ins Oberflächendesign einfügen und dabei praxisgerecht von einer Rotary-Speaker-Steuerung (inklusive Artikulations-Doppelfunktion) flankiert werden.
Rechts und links vom ausgezeichnet ausgeleuchteten Touch-Display gruppieren sich linker Hand 9 und auf der rechten Seite 6 farblich variabel beleuchtete Fader, von denen sich das 9er-Set auch als Zugriegel-Abteilung für die integrierten Orgelsounds nutzen lässt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist zunächst der als Masterfader im Mixer-Block (die 6 Fader auf der rechten Seite) „versteckte“ Main-Volume-Regler – eine zunächst eigenwillig erscheinende, aber andererseits auch konsequent durchdachte Umsetzung.
Insgesamt präsentiert sich das Layout der Oberfläche ausgesprochen praxisgerecht und speziell für die Bedürfnisse von Live-Musikern optimiert. Die 61-tastige halbgewichtete Tastatur mit Aftertouch lässt sich ausgezeichnet bespielen, was uns auch schon zum Wesentlichen führt:
Sound & Samples
Mit dem EVENT-Modell führt Ketron ein besonders für die akustischen Instrumente relevantes Artikulationsfeature ein, welches in der Lage ist, den Ausdruck der Sounds über zusätzliche Samples mit Variationen wie Glissandi anzureichern. Die in zehn Gruppen organisierten knapp 460 Factory-Presets lassen sich mit bis zu 1.280 User Presets umfangreich erweitern. Was nach kurzer Zeit bereits auffällt, ist die Tatsache, dass Ketron auch bei der Klangästhetik einen markant eigenen Weg einschlägt. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, die Sounds des EVENT sind allesamt von höchster Qualität und erfüllen im Rahmen von Arrangements auch in puncto Durchsetzungskraft sämtliche Erwartungen. Allerdings sollte man seinen Ohren nach langjähriger Yamaha- oder Korg-Klang-Sozialisation ein paar Tage umfangreiche Eingewöhnung gönnen.
Im Auslieferungszustand deckt Ketron bereits alle wesentlichen Brot & Butter Sounds ab. In diesem Zusammenhang lassen sich vor allem die E-Pianos sowie E- und Akustik-Gitarren lobend hervorheben. Insgesamt ist feststellbar, dass sich viele Sounds ästhetisch eher in Richtung „fertig gemischte Pop-Produktion“ bewegen, wodurch der Realismus punktuell mal mehr, mal weniger hinter die Funktionalität zurückfällt. Beispielsweise bringen einige Samples von Akustikinstrumenten (gut hörbar beim Grand Piano) im trockenen Zustand ein wenig mehr Raumanteil mit, als man dies von anderen eher solo-instrumental orientierten Libraries gewohnt ist. Was allerdings zu jeder Zeit passt, ist die Gesamtabstimmung der Sounds im Verbund mit der hoch entwickelten Arranger-Begleitung des EVENT.
Echte Musiker im Paket?
Mit dem Ketron EVENT 61 wird ein langgehegter Traum von Arranger-Keyboardern endlich Realität. Seit den ersten ernst zu nehmenden Entertainer-Instrumenten der 80er- und 90er-Jahre ging es stetig darum, Styles und Sounds so realistisch wie möglich klingen zu lassen und in dieser Hinsicht weiter zu optimieren. Schließlich hatte jeder den Wunsch, die gespielten Songs möglichst so erklingen zu lassen, dass sie den favorisierten Hit-Aufnahmen gefährlich nahekamen. Diese Schallmauer hat Ketron mit seinen Real Styles nun final eingerissen. Denn diese virtuelle Bandbegleitung basiert auf echten, sich den Akkordfolgen anpassenden Audio-Recordings.
Bei Schlagzeug, Bass und Akkordbegleitung (z. B. Akustik-Gitarre) handelt es sich nämlich um echte Aufnahmen und nicht um gelayerte Einzelton-Samples und auch einzelne Solo-Begleitinstrumente innerhalb des Arrangements (etwa ein Saxofon oder eine Harmonika) kommen in zusammenhängenden Audio-Tracks in zahlreichen und flexibel agierenden Varianten. Das Ergebnis klingt dann auch exakt so authentisch wie eine gut aufgenommene und abgemischte Band-Produktion. Vor allem bei den Solo-Begleitinstrumenten merkt man eindrücklich, wie fein sich nicht nur die Harmonik, sondern vor allem auch die melodischen Elemente an die Akkordfolgen anschmiegen.
Fazit
Bei der Entwicklung des Ketron EVENT 61 wurde wirklich ganze Arbeit geleistet. Auch wenn sich Switcher mit einer gewissen Lernkurve konfrontiert sehen werden, bietet das Gesamtpaket zur Wiedergutmachung einige einzigartige Features (wie die zusätzlich zu den klassischen MIDI-Varianten integrierten Real Styles), die das Instrument klar von der Konkurrenz absetzen. Ferner gibt es den Italiener neben der hier besprochenen Variante mit 61 Tasten auch noch in einer 76er- sowie einer Expander-Version (EVENT-X) mit identisch funktionalem Umfang.
Ketron EVENT 61 bei MUSIC STORE professional
Preis: 4.698,- €
Vorteile
+ Konzept
+ Sound
+ Real Styles (Audio-basiert)
+ Tastatur
+ Display
Nachteil
– hoher Preis