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Roland Jupiter-50 – Synthesizer für Live-Keyboarder im Test

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Roland Jupiter-50_01
Der integrierte Song-Player/Recorder kann Audio-Playbacks von einem angeschlossenen USB-Stick abspielen oder darauf speichern.

Im Frühjahr 2011 stellte Roland den großzügig ausgestatteten und edel verarbeiteten Jupiter-80 vor. Ganz auf die Bedürfnisse von Live-Keyboardern zugeschnitten bietet der Roland Jupiter-50 eine riesige Vielfalt hervorragender Sounds, die mit wenigen Handgriffen ausgewählt, auf der Tastatur verteilt und anspielbereit sind. Allein sein Preis schreckt viele Spieler ab. Ist jetzt der kleine Bruder Jupiter-50 die Lösung?

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Bei einem Straßenpreis von etwa 2.200 Euro kostet der Jupiter-50 über 1.000 Euro weniger als sein großer Bruder und ist damit deutlich erschwinglicher. Dass einiges eingespart werden musste, liegt deshalb auf der Hand. Wir klären, ob sich das verschmerzen und das Instrument ohne faule Kompromisse in der Praxis einsetzen lässt – der Roland Jupiter-50 im Test!

Die Hardware des Roland Jupiter-50

Auch der Roland Jupiter-50 orientiert sich optisch am Vintage-Synthesizer Jupiter-8. Er besitzt die charakteristischen bunten Taster zur Klangfarbenauswahl. Das Instrument ist mit einer leicht gewichteten 76-Tasten-Klaviatur ausgestattet, die leider keinen Aftertouch bietet, sich aber sehr dynamisch spielen lässt. Das Gehäuse ist deutlich kompakter als beim Jupiter-80 (Test in KB 4.2011) und bei einem Gewicht von transportfreundlichen 11 kg im Gegensatz zu 18 kg auch leichter.

Dafür wurde jedoch wesentlich mehr Kunststoff verbaut als beim Großen. Das fällt insbesondere bei den silbernen Plastikseitenteilen auf. Ob diese auf Dauer den rauen Touralltag unbeschadet über stehen, wage ich zu bezweifeln. Immerhin besteht die Bedienoberfläche aus robustem Aluminium. Der Synthesizer bietet neben dem Rolandtypischen Hebel für Pitchbend und Modulation viele weitere Controller. Dazu zählen zwei Taster zum Aufrufen verschiedener Spielfunktionen, der D-Beam,  zwei Drehregler zum Steuern von Filter-Cutoff und -Resonanz sowie zwei Taster zur Kontrolle des Leslie-Effekts von Orgelsounds; außerdem gibt es Anschlüsse für Haltepedal und zwei weitere Fußpedale oder -schalter.

Die zahlreichen Taster und Bedienelemente auf der Oberfläche des Roland Jupiter-50 Keyboards sind überwiegend beleuchtet, was auf dunklen Bühnen von Vorteil ist. Sinn macht der Taster zum Deaktivieren des globalen Reverb-Effekts, da sich Hall-Effekte bei Konzerten und im Proberaum besser über das Mischpult für die gesamte Band wählen und justieren lassen. An der Rückseite gibt es die Anschlüsse für ein externes Netzteil (mit Zugentlastung), Kopfhörer, Haupt- und alternative Sub-Stereoausgänge sowie MIDI-In/Out.

Über USB-to-Host können mit einem Rechner nicht nur MIDI-Daten, sondern auch Audiosignale ausgetauscht werden. Daneben gibt es noch einen Audioeingang in Form einer Stereo-Miniklinkenbuchse samt dazugehörigem Lautstärkeregler, über den man nicht nur Playbacks eines angeschlossenen MP3-Players abspielen, sondern z. B. auch das Signal eines Mikrofons einschleifen kann. So kann der Jupiter-50 auch als USB-MIDI/Audiointerface verwendet werden. Rolands flexiblen USB-Song-Player findet man am Jupiter-50 links auf der Bedienoberfläche. Hier angeschlossene USB-Sticks können aber nicht nur zum Abspielen, sondern auch zur Aufnahme von Audiodateien verwendet werden. Ganz rechts finden sich die dazugehörigen Bedienelemente dieses Song-Players und Recorders. Abspielen lassen sich Dateien in den Formaten Wav, Aiff und MP3, während der Recorder Wav-Dateien (44,1 kHz, 16 Bit) abspeichert.

Mit dieser praktischen Funktion lassen sich z. B. auf der Bühne Backing-Tracks einfliegen oder im Proberaum Mitschnitte erstellen. Audiotracks können auch zusammen mit dem Keyboardspiel und einem Signal am Audioeingang neu aufgezeichnet werden. Klasse! Beim Abspielen ist es dank im Hintergrund arbeitender Time-Stretching- und Pitch-Shifting-Algorithmen n sogar möglich, unabhängig voneinander Geschwindigkeit und Tonhöhe der Audiodateien zu verändern.

Der Jupiter-50 besitzt ein mittelgroßes, monochromes Display, das jedoch nicht wie das des Jupiter-80 berührungsempfindlich ist. Statt – dessen geht die Bedienung herkömmlich per Funktions- und Cursor-Taster sowie Eingaberad vor sich. Schade, Korg hat jüngst mit dem Krome bewiesen, dass intuitiv zu bedienende Touchscreens auch in Mittelklasseinstrumenten möglich sind. Zwar lassen sich viele Funktionen des Jupiter-50 direkt über die zahlreichen Taster steuern, doch wenn es bei der Programmierung von Soundkombinationen und Synthesizerklängen ans Eingemachte geht, wird es schnell un- übersichtlich und kompliziert. Wer viel an seinen Sounds programmieren möchte, sollte deshalb von den Shortcuts Gebrauch machen, mit denen man direkt auf bestimmte Edit-Screens gelangt. Der Jupiter-50 ist übrigens nach dem Einschalten bereits in fünf Sekunden einsatzbereit. Im Fall eines ärgerlichen Stromausfalls im Konzert ist das Instrument also ruckzuck wieder spielbar.


№2/3 2017

  • Editorial
  • Facts & Storys
  • Modular Kolumne
  • Mit Mark Forster auf Tour
  • MANDO DIAO IM INTERVIEW
  • Amy Lives: Xanthoné Blacq
  • Ströme− Eurorack Clubbing
  • MARIO HAMMER & THE LONELY ROBOT
  • Peter Pichler: Bewahrer des Trautoniums
  • NONLINEAR LABS C15
  • AKAI MPC LIVE
  • GIPFELSTÜRMER: NOVATION PEAK
  • Auf Lichtung gesichtet: Bigfoot
  • Gute Vibes im Museum
  • DIE HOHNER-STORY
  • Transkription − Chuck Leavell: Song For Amy
  • Impressum
  • Inserenten, Händler
  • Das Letzte − Kolumne

Klangerzeugung des Roland Jupiter-50

Der Jupiter-50 stellt bis zu drei verschiedene Instrumental-Parts zur Verfügung. Diese SOLO-, UPPER- und LOWER/PERCUSSION-Parts können jeweils mit einem beliebigen Sound bestückt werden. Die drei Klänge lassen sich dann entweder übereinanderschichten und/ oder auf der Tastatur nebeneinander als Split verteilen. Eingespart wurde der eigenständige Lower-Part des Jupiter-80. Das Lautstärkeverhältnis der drei Parts kann über spezielle Schieberegler flugs angepasst werden.

Hat man eine gute Zusammenstellung gefunden, lässt sie sich als REGISTRATION in einem der 128 verfügbaren Speicherplätze ablegen. Als Soundfutter bietet der Jupiter-50 die gleichen Super-NATURAL-Tones samt Behavior-Modeling-Technologie wie der Jupiter-80. Die Klangerzeugung ist eine Mischung aus samplebasierter Synthese und Physical-Modeling. Ihr Clou besteht nicht nur in authentischen Klangfarben, sondern auch in der Reproduktion originalgetreuer Spielnuancen.

Im Fall der Super-NATURAL-ACOUSTIC-TONES werden die Artikulationen akustischer Instrumente wie Vibrato, Triller, Portamento und das Dynamikverhalten sehr realistisch nachempfunden. Alternative Spieltechniken wie z. B. Pizzicato bei einer Violine, Flageolett-Töne einer Gitarre oder Staccato bei Blasinstrumenten sind auf Knopfdruck temporär einsetzbar. Und auch das Überblasen eines Saxofons oder die automatische Umsetzung eines gespielten Akkords bei einem Gitarrensound als nacheinander angeschlagene Saiten ermöglicht diese Technologie, ohne dass sich der Keyboarder viele Gedanken darüber machen müsste, denn die Variationen sind fest im jeweiligen Sound implementiert und werden zum Teil direkt vom Keyboardspiel abgeleitet.

117 Super-NATURAL-Acoustic-Tones sind im Jupiter-50 enthalten. Es handelt sich eher um Presets, denn sie lassen sich nur geringfügig ver- ändern. Eine besondere Stärke des Jupiter-50 liegt im Bereich der synthetischen Sounds. 1.909 vorprogrammierte Super-NATURAL-SYNTH-TONES bieten ein weites Spektrum an SynthesizerKlangfarben jeglicher Couleur.

Von knackigen oder wabernden Bässen über weiche Pads und Synth-Strings sowie harte Brass-Sounds bis hin zu Sequenzen, Leads und Effektklängen steht alles Erdenkliche zur Verfügung. Und auf Wunsch kann man hier richtig tief in die Soundprogrammierung eingreifen: Die virtuell-analoge Klangerzeugung eines Synth-Tones ist mit der des Roland GAIA nahezu identisch: Es gibt bis zu drei Stränge mit jeweils einem Oszillator, einem Multimode-Filter, einem Verstärker und zwei LFOs. Für die Oszillatoren können nicht nur die klassischen Wellenformen wie Sägezahn, Rechteck, PWM, Rauschen usw. gewählt werden, sondern alternativ eines von 350 PCM-Samples. Unter ihnen finden sich auch digital anmutende und akustische Klänge, sodass die Klangerzeugung nicht allein auf die Simulation von Analog-Sounds beschränkt bleibt.

Für die Filter stehen beim Roland Jupiter-50 sieben Charakteristika zur Wahl: Hochpass, Bandpass, Bandsperre und vier verschiedene Lowpass-Varianten – allesamt alternativ mit 12 oder 24 dB Flankensteilheit. Mit Ringmodulator und Waveshaper können die Klänge ordentlich verwurstet werden. Oszillatorsynchronisation steht leider nicht zur Verfügung, aber unter den PCM-Wellenformen gibt es auch zahlreiche Sync-Sounds. Typische Schwankungen von Vintage-Synthesizern können mit dem Parameter „Analog-Feel“ imitiert werden. Richtig spannend wird es mit den LIVE SETS, in denen bis zu vier Tones zu fetten Sounds kombiniert werden können.

Diese können aus beliebigen Akustik- oder Synthesizerklängen zusammengesetzt sein, welche sich auch auf dieser Ebene bereits als Split bestimmten Tastaturbereichen zuordnen lassen. Man kann sie zudem mit vier Multi-Effekten weiter verbiegen. Die Effekte bieten dazu 76 vielfältige Algorithmen, mit denen neben klassischen Modulations-Effekten und Leslie-Simulation auch temposynchrone Delay- und Gate-Effekte sowie die Simulation von Klaviersaitenresonanzen erreicht werden.

2.321 vielfältige vorprogrammierte Live-Sets sind bereits an Bord. Sie stehen allerdings nur dem Upper-Part zur Verfügung. Den Solo- und Lower/Percussion-Parts können jeweils nur einzelne Tones ohne Multi-Effekt zugeordnet werden. Hier macht sich der Rotstift gegenüber dem Jupiter-80 bemerkbar, bei dem der Lower-Part mit dem Upper-Part identisch ist. In der Praxis ist dieser Umstand aber zu verschmerzen. Auch einzelne Tones klingen am Jupiter-50 schon voll und durchsetzungsfähig.

Dass die Klänge der Lower- und Solo-Parts jedoch ausschließlich mit dem globalen Reverb-Effekt veredelt werden können, muss man beim Anlegen einer Registrierung berücksichtigen. Einen E-Piano-Sound mit Phaser-Effekt etwa kann man nur als Upper-Part realisieren. Der Jupiter-50 kann maximal 128 Stimmen gleichzeitig erzeugen, was im Live-Einsatz selbst bei fetten Klangschichtungen meist ausreichen sollte.

Zur Generierung rhythmischer Notenmuster besitzt das Instrument einen ARPEGGIATOR mit 128 Preset-STYLES, der wahlweise den Upper- oder Lower-Part ansteuern kann. Eigene Styles lassen sich über importierte SM-Files erzeugen und im Jupiter speichern. Der Percussion-Part, dem man jeweils eines von 17 Drum-Sets zuweisen kann, wird aber leider nicht vom Arpeggiator angesprochen. Eine Rhythmusbegleitung ist also nur per externem Sequenzer möglich.

Zusätzlich ist im Roland Jupiter-50 eine HARMONY-INTELLIGENCE-Funktion integriert, die es ermöglicht, einzeln gespielten Melodienoten automatisch weitere Begleitstimmen hinzuzufügen. Die harmonische Grundlage hierfür muss der Keyboarder mit dem Akkordspiel der linken Hand vorgeben. Je nach gewähltem Preset-Typ lassen sich damit sehr volle, vielstimmig harmonisierte Melodien generieren. 17 verschiedene Typen z. B. speziell für Streicher, Chorgesang oder Bläsersätze stehen zur Verfügung.

Der Jupiter-50 in der Praxis

Insbesondere die synthetischen Sounds bieten eine enorme Vielfalt, die ihresgleichen sucht. Und was man nicht fertig programmiert vorfindet, kann man mit der GAIA-ähnlichen, üppigen Klangsynthese ohne Weiteres selber basteln – auch wenn die dezidierte Programmierung von Tones und Live-Sets aufgrund verschachtelter Displayseiten etwas schwerfällig ist. Abhilfe kann hier die kostenlos erhältliche Synth-Editor-App fürs iPad liefern, mit der Synthesizer-Tones sehr übersichtlich und intuitiv programmiert werden können. Ich hoffe aber, dass bald auch eine Editor-Software für Mac und PC erhältlich sein wird. Schnelle Sound-Anpassungen für alle Arten von Tones sind über die TONE-MODIFY-Funktion möglich. Synthesizerklänge können damit nur oberflächlich verändert werden. Im Fall der Akustik-Tones jedoch, die man ohnehin nicht tiefgehend editieren kann, werden damit spezielle Parameter wie z. B. die Stärke des Überblasgeräusches eines Saxofons zugänglich.

Besonders klasse ist diese Funktion bei dem Modell der Tonewheel Organ, da man hier Zugriff auf sämtliche Zugriegel und Percussion-Parameter erhält. Für mich vollkommen unverständlich ist der Umstand, dass man Tones im Solo- und Lower-Part nicht editieren kann – das geht immer nur im Upper-Part. Zwar kann man hier Tones umprogrammieren, abspeichern und sie anschließend im Solo- oder Lower-Part verwenden, doch das ist ein nerviger Umweg. Außerdem sind manche Tones – etwa die Tonewheel Organ – im Solo- und Lower-Part gar nicht verfügbar; und sie müssen natürlich ohne MultiEffekte auskommen.

Die Programmierung eigener Sound-Zusammenstellungen gestaltet sich dagegen vorbildlich. Über die zahlreichen speziellen Taster sind passende Sounds mit wenigen Handgriffen aufgerufen, Split-Punkte gesetzt, Lautstärkeverhältnisse angepasst und das Ganze als Registrierung gespeichert. Toll sind übrigens die ALTERNATE-Taster für Upper- und Solo-Part, über die sich beim Live-Spiel alternative Sounds abrufen lassen. Parameter für Transponierung und Oktavlage hat man ebenfalls über spezielle Taster im direkten Zugriff. Und die vom Jupiter-80 bekannte Tone-Bender-Funktion, mit der sich gleich mehrere Parameter eines Live-Sets auf einmal per Drehregler verbiegen lassen, erzeugen abgefahrene Morphing-Klänge.

Fazit

Der Jupiter-50 ist ein toller Synthesizer, der Keyboarder insbesondere im Live-Einsatz und im Proberaum mit allen wichtigen Sounds versorgt und sich dabei auch noch sehr praxisorientiert bedienen lässt. Dabei wurden fast alle entscheidenden Features des Jupiter-80 übernommen – und das zu einem deutlich geringeren Preis. Vor allem Synthesizer-Enthusiasten hat die Klangerzeugung des Jupiter-50 einiges zu bieten. Leider gestaltet sich die tiefgehende Soundprogrammierung schwierig. Sie wird erst durch das kostenlose Synth-Editor-App fürs iPad intuitiv möglich. Wer kein iPad besitzt, kann nur auf eine umfassende Editor-Software für Mac/PC hoffen.

Plus/minus

+ große Klangauswahl
+ ausdrucksstarke Akustikklangfarben
+ erstklassige Synthesizersounds
+ praxisorientiertes Konzept
+ schnelle Soundzusammenstellung

– komplizierte Soundprogrammierung
– zurzeit noch kein Editor für Mac/PC

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