Der legendäre Hoover-Sound
Wer erinnert sich nicht an die frühen 90er-Jahre, als Techno-Hymnen mit dem berühmten Staubsauger-Sound nahezu in jedem Club liefen? Dieser ikonische Klang wurde später auch besonders häufig im Drum’n’Bass gesampelt und prägte dadurch ganze Musikstile. Der sogenannte Hoover-Sound wurde vor allem durch Tracks wie „Mentasm“ von Second Phase und „Dominator“ von Human Resource berühmt. Deshalb wird er oft auch als „Mentasm“- oder „Dominator“-Sound bezeichnet.
Der kreative Kopf hinter diesen bahnbrechenden Produktionen war Joey Beltram. Inspiriert von Pionieren wie Adonis und Chip E., veröffentlichte er seine ersten Tracks auf Labels wie Atmosphere Records und Trax Records. Besonders in Europa wurden seine Stücke populär, sodass seine bekanntesten Songs auf dem legendären R&S Records-Label erschienen.
Der Roland Alpha Juno-2 als Soundmaschine
Verantwortlich für den Hoover-Sound war der Roland Alpha Juno-2, ein analoger Synthesizer. Beltram und sein Partner Mundo Muzique nahmen den werkseitigen Preset-Sound „What The…!“, modifizierten ihn gezielt mit gegeneinander verstimmten Oszillatoren, sampelten ihn anschließend und veredelten ihn schließlich mit zusätzlichen Effekten. So entstand einer der markantesten Sounds der elektronischen Musik.
Neben Beltram nutzten viele andere Künstler den Alpha Juno-2 oder seinen Rack-Expander MKS-50, darunter The Prodigy, Faithless, Vince Clarke, Paul Hardcastle, Fatboy Slim, Howard Jones, Massive Attack, Coldcut, Bomb the Bass und Youth.
Design und Bedienung
Der Alpha Juno-1 erschien 1985 als Nachfolger der beliebten Juno-Serie und stellte somit eine Weiterentwicklung dieser Synthesizer-Reihe dar. Er kostete etwa 1.450 DM und folgte damit dem damaligen Trend einer digitalen Bedienoberfläche mit Folientasten, ähnlich dem Yamaha DX-7. Währenddessen bestand das Gehäuse aus stabilem Kunststoff an den Seiten sowie aus Stahlblech an der Oberseite, wodurch eine robuste Bauweise gewährleistet wurde.

Der Alpha Juno-2, der ein Jahr später erschien, brachte einige wichtige Verbesserungen mit:
- Fünfoktavige, gewichtete Tastatur mit Anschlagsdynamik und Aftertouch
- Cartridgeslot für Roland M-64C RAM-Cartridges (statt Kassetteninterface)
- MIDI-SysEx-Speicherung
Das zentrale Alpha Dial-Rad ermöglichte eine detaillierte Editierung, konnte aber bei großen Wertebereichen mühsam sein. Zusätzlich gab es vier „Tone-Modify“-Taster für schnellen Zugriff auf Filter-Cutoff, Hüllkurven-Release, LFO-Rate und Modulationstiefe.
Die Chord-Memory-Funktion ermöglichte das Abrufen bis zu achtstimmiger Akkorde mit nur einer Taste – ein Feature, das besonders für Techno, House und Rave inspirierend war.
Rückseitig bot der Alpha Juno-2:
- Stereoausgang & Kopfhöreranschluss
- MIDI In/Out/Thru
- Anschlüsse für Hold- und Lautstärke-Pedal
- Fußschalteranschluss für Portamento & Chord-Funktion

Klangerzeugung
Die Alpha-Juno-Serie war die erste Juno-Generation mit zwei Oszillatoren pro Stimme. Die digital gesteuerten Oszillatoren (DCOs) boten 14 Wellenformen, darunter:
- Sechs verschiedene Suboszillatoren
- Modulierbare Pulswellen
- Pulsbreitenmodulierbarer Sägezahn (selten bei DCO-Synths)
Weitere Features:
- Rauschgenerator
- 4-stufige Hüllkurven für VCA & VCF (invertierbar & perkussiv nutzbar)
- Resonanzfähiges 4-Pol-Lowpass-Filter (leider ohne Selbstoszillation)
- LFO mit Delay-Funktion
- Stereo-Chorus mit regelbarer Geschwindigkeit
Der Chorus-Effekt klang etwas dezenter als bei den Vorgängern Juno-6, Juno-60 und Juno-106, dafür aber weniger rauschend.
Programmer P-300: Knöpfchendrehen statt Menü-Tippen
Die digitale Bedienoberfläche des Alpha Juno-2 erschwerte das intuitive Sounddesign. Um das zu verbessern, brachte Roland den Programmer P-300 heraus. Dieses externe Steuergerät ermöglichte über MIDI SysEx direkten Zugriff auf alle Klangparameter. Leider ist der P-300 heute selten und teuer.
Klangcharakter und Stärken
Lässt man sich nicht von der unscheinbaren Optik täuschen, zeigt der Alpha Juno-2 seine klanglichen Stärken. Er eignet sich besonders für:
- Durchsetzungsfähige Bässe & Leads
- Synth-Powerchords
- Warme Strings & Pads
- E-Pianos und digitale Sounds
Im Vergleich zu seinen Vorgängern klingt der Alpha Juno-2 kühler und aggressiver. Wer jedoch die warme und organische Klangästhetik des Juno-60 oder Juno-106 erwartet, könnte enttäuscht sein. Acid-artige Sounds sind aufgrund der fehlenden Filter-Selbstoszillation ebenfalls nicht seine Stärke.
Dafür überzeugt er durch seine ausdrucksstarke Spielweise dank Velocity und Aftertouch. Die beiden DCOs mit den vielen Wellenformen ermöglichen eine breitere Klangpalette als ältere Junos.
Varianten der Alpha-Juno-Serie
Neben dem Alpha Juno-2 gab es noch weitere Modelle:
- Alpha Juno-1 – Vieroktavige Version ohne Anschlagsdynamik
- MKS-50 – 19“-Expander mit 128 Speicherplätzen
- HS-10 – Optisch veränderte Alpha Juno-1-Version
- HS-80 – Alpha Juno-2 mit eingebauten Lautsprechern

Fazit: Ein vielseitiger und unterschätzter Synth
Der Roland Alpha Juno-2 ist ein leistungsstarker Analog-Synthesizer, der sich durch einen ganz eigenen Soundcharakter auszeichnet. Dank seiner zwei DCOs, der vielfältigen Wellenformen und der Velocity-Steuerung bietet er eine hohe klangliche Flexibilität. Besonders für Techno, Rave und elektronische Musik stellt er daher eine interessante Wahl dar.
Da er nie zum Kult-Synth avancierte, ist er auf dem Gebrauchtmarkt noch erschwinglich – eine echte Empfehlung für Synth-Fans!
Ressourcen
Weitere Sounds, Handbücher und Tipps gibt es auf Apladial: http://www.alphadial.org/
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