Obwohl er mit sehr guten Klangeigenschaften aufwartet, gehört der Octave Cat zu den weniger bekannten Synthesizern der siebziger Jahre. Bekanntheit erlangte er erst vor Kurzem durch den Klon von Behringer. Erwähnt man den Namen der amerikanischen Firma, so kommt entweder gar keine Reaktion oder es heißt „Jo, hab ich schon mal gehört, wurden die nicht von Arp wegen eines Plagiats verklagt?“
Gegründet wurde die Firma Octave 1975 von dem US-amerikanischen Ingenieur Carmine Bonnano. Als erstes brachte Octave einen monofonen Synthesizer namens Cat heraus, bei dessen Konzept vieles (z.B. Duofonie, Hüllkurvendesign, Keyboardschaltung, Bedienpanel etc.) ein wenig an den erfolgreichen ARP Odyssey, dessen erste Version schon 1972 auf den Markt kam, erinnerte. Was ARP aber wirklich nervös machte, war die Tatsache dass der Preis mit ca. 400,- US-Dollar weit unter dem Preis für einen Odyssey (ca. 1.000,- US Dollar) lag, ihm aber in Sachen Sound und Leistungsfähigkeit durchaus ebenbürtig war. Tatsächlich prüfte ARP (die ja selbst das Moog-Kaskadenfilter kopiert hatten und deshalb Ärger mit Moog bekamen), welche juristischen Möglichkeiten es gäbe, um gegen Octave vorzugehen (es gab z.B. den Vorwurf, Octave hätte Schaltungen aus den Serviceunterlagen des Odyssey kopiert und für das Design des Cat verwendet). ARP schaffte es aber nie, ein Verfahren mit einer Verurteilung von Octave zu erwirken. Gerüchte, dass ARP die Firma mit einem Prozess in die Pleite getrieben hätte, sind definitiv falsch.
Octave brachte in Folge noch mehrere Variationen des Cat heraus, hatte damit aber nie den ganz großen Erfolg wie ARP mit dem Odyssey. Trotzdem gab und gibt es bis heute viele Musiker, die den Octave Cat gerne einsetzen. Dazu gehören z.B. Devo, Rod Argent, Dave Greenslade, OMD, Loaded, das legendäre Dust Brothers-Produzententeam und die Chemical Brothers. 1980 fusionierte Octave mit der New Yorker Firma Plateau (ab jetzt hieß die Firma „Octave Plateau“) und die Entwicklung eines Polyfonen Synthesizers wurde ins Auge gefasst. Das Ergebnis war der 1983 auf den Markt gekommene Analogsynth Voyetra Eight, der Features wie achtstimmige Polyfonie, Aftertouch, Velocity, zweikanaliger On-Board-Sequenzer, Arpeggiator und MIDI bot, aber trotz guter Klang-Eigenschaften kein großer Erfolg war, was neben dem hohen Preis und der etwas undurchsichtigen Bedienung auch daran lag, dass digitale Synths wie Yamahas DX 7 das Maß aller Dinge wurden. Ab 1986 verlegte sich die jetzt in „Voyetra“ umbenannte Firma auf die Programmierung von MIDI-Software und Mitte der neunziger Jahre schloss sie sich mit Turtle Beach zusammen.
Äußeres
Die Katze wohnt in einem stabilem schwarzen Blechgehäuse mit Holzseitenteilen. Diese sind sehr seventiesmäßig noch mit einer weißen Kunststoffleiste verziert, die sich bei den alten Geräten allerdings als Achillesferse entpuppt (siehe Testgerät). Das abgeschrägte, großzügig dimensionierte Bedienpanel mit den Moogartigen Potikappen erinnert von seiner Struktur her ein wenig an den ARP Odyssey und ist mit vielen Fadern ausgestattet (die Faderkappen unseres Testmodells sind aus Metall und nicht wie im Original aus Plastik). Die Fader werden bei den älteren Modellen gerne etwas schwergängig. Die (natürlich nicht anschlagsdynamische) Tastatur umfasst drei Oktaven und lässt sich ganz gut bespielen. Spielhilfen im eigentlichen Sinne gibt es nicht, man muss sich mit einem Pitchfader auf der linken Seite begnügen; in der Mitte des Faderwegs befindet sich eine „Dead Zone“ um leichter in die Ausgangs-Pitch zurückzufinden.
Rückseitig bietet der Octave Cat außer dem Low- und High-Audioausgang einen Fußschalteranschluss für die Aktivierung der Portamento-Funktion, eine Buchse für die Steuerung der Filtereckfrequenz durch ein Fußpedal, einen Eingang für externes Audiomaterial und einen CV/Gate Interface in Form von zwei Stereo-Klinkenbuchsen. Hier muss man sich mit einem Y-Kabel behelfen, wenn man es nutzen will. Der Gate-Trigger arbeitet übrigens mit nicht standardgemäßen 7,5 Volt, so dass der Cat nicht ganz problemlos mit externen Geräten kommuniziert. Für die ganz frühen Geräte, die nicht mit CV/Gate-Anschlüssen ausgestattet sind, bietet Kenteon eine Nachrüstung an (www.kenton.co.uk).
Klangarchitektur
Die beiden spannungsgesteuerten Oszillatoren des Octave Cat erzeugen die stufenlos mischbaren Wellenformen Sägezahn, Triangel und modulierbare Pulswelle (VCO 1) sowie Sägezahn und Rechteck und lassen sich synchronisieren. Darüber hinaus verfügt jeder Oszillator über einen Rechteck-Suboszillator (der Odyssey hat keinen Suboszillator!). Die VCOs sind über einen weiten Bereich mit Grob- und Fine-Poti und dem ARP-ähnlichen Oktavewahlschalter (+- 2 Oktaven ) stimmbar und lassen sich (im Gegensatz zum Odyssey) crossmodulieren. Außerdem bietet der Cat eine Portamento-Funktion und einen Noisegenerator mit White Noise, der auch via Sample & Hold als Modulationsquelle fungieren kann.
Der Synth lässt sich auch duofon spielen; allerdings ist der Begriff hier ein wenig irreführend, denn es sind nicht zwei komplette Stimmen aktivierbar, vielmehr kann man (wie auch beim Odyssey) mit der Tastatur im Poly-Modus das Intervall der beiden Oszillatoren steuern.
Das Lowpassfilter arbeitet mit 24 dB Absenkung pro Oktave und kann mit dem Resonanzparameter auch zur Eigenschwingung angeregt werden. Die Filtereckfrequenz lässt sich zur Generierung heftigerer Effektsounds von VCO 1 modulieren. Das Hüllkurvendesign erinnert an den Arp Odyssey: Eine – auch für perkussive Sounds ausreichend schnelle – ADSR-Hüllkurve und eine zweistufige AR-Hüllkurve stehen für die Modulation von Lautstärke, Cutoff und Oszillatorfrequenz beider VCOs zur Verfügung. Ein Gate-Modus liefert auf Wunsch eine Orgelhüllkurve. Als weitere Modulationsquellen dienen ein LFO mit Sinus-Wellenform und ein Sample & Hold-Generator, die auf Filter-Cutoff und auf die Frequenz der Oszillatoren (auch einzeln) geroutet werden können.
Sound
Klanglich kann der Octave Cat voll und ganz überzeugen und spielt in der Top-Liga mit. Er liefert von kraftvollen Leads bis zu drückenden Bässen die ganze Bandbreite der typischen Analogsounds, die wir so liebgewonnen haben. Darüber hinaus sind dank Noisegenerator, Oszillatorsync und Crossmodulation auch geräuschafte und ungewöhnliche Klänge machbar. Die Pitch-Hüllkurve macht auch simmonsartige Drumsounds problemlos realisierbar („Piuuuu“).
Vieles am Konzept der Katze erinnert zwar an den Odyssey, aber er ist definitiv keine Kopie, denn er klingt anders, obwohl er ihm durchaus ebenbürtig ist. Der Klangcharakter des Odyssey ist ein wenig „hohler“ (das ist nicht abwertend gemeint) und eleganter, während der Cat „brummiger“ und „dreckiger“ klingt und in Sachen Wärme in Richtung Minimoog tendiert. Schon der Sound der unbearbeiteten Oszillatoren ist toll und sehr organisch. Dank der wuchtigen Suboszillatoren bleiben im Bassbereich keine Wünsche offen.
Etwas nachteilig für den Bühnenmusiker ist die Oszillatorendrift; die VCOs des Octave Cat brauchen ca. 20 Minuten „Aufwärmzeit“ und müssen immer mal wieder nachjustiert werden. Andererseits bringt das natürlich auch Leben in den Klang.
Modellvarianten
Katzen haben ja bekanntlich mehr als ein Leben und so gibt es auch einige Modellvarianten des Octave Cat:
Unser Testmodell gehört der ersten Gerätegeneration an, bei der die Technik noch diskret aufgebaut ist. Diese Bauweise wird mit einem breiten und grungigen Sound belohnt.
-1977 kommt die SRM-Version Revision A heraus. Das Kürzel steht für „Series Revision Model“, wobei unklar ist, ob die drohende Klage von Arp eine zusätzliche Motivation für die Überarbeitung des Synths war. Die größte Veränderung ist die neue Filtersektion, die jetzt auf der Basis eines SSM 2040 Chips arbeitet, die man auch im frühen SCI Prophet 5 findet. Die LFO-Abteilung wurde mit einem schnelleren LFO und einer Delayfunktion ausgestattet. Eine weitere Neuerung ist die „2-Note Memory-Funktion“, die verhindert, dass die Oszillatoren im Poly-Modus gestackt werden, wenn nur eine Note gespielt wird.
– Bei der SRM Revision B wird der Filterchip SSM 2240 durch den SSM 2044 ersetzt.
– Im selben Jahr erscheint mit dem Kitten eine kleinere Version des Cat, die ähnlich wie der Arp Axxe (im Gegensatz zum Odyssey) nur einen Oszillator bietet. Dafür ist er aber mit zwei Suboszillatoren ausgestattet, die ihn zu einem guten Basssynth machen.
– 1978 bringt Octave den Cat SRM II auf den Markt, der mit einem chipbasierten, stimmstabileren Oszillator und Verbesserungen beim CV/Gate – Interface ausgestattet ist. Jeder der beiden Oszillatoren kann bei diesem Modell separat angesteuert werden.
Außer den genannten Modellen gibt es auch einige Übergangsvarianten mit einer Kombination der Features.
Zubehör
Für den Cat war ungewöhnlich viel Zubehör erhältlich:
-Am bekanntesten ist wohl der ziemliche teure „Catstick“, der als Modulation-Controller fungiert und einen Joystick, vier VCAs und zwei LFOs an Bord hat.
– Ab der ersten SRM Version bot Octave Nachrüstsätze mit denen der Synth u.a. mit einem Ringmodulator ausgestattet werden kann.
Sowohl die Octave Cats als auch das Zubehör wird vor allem in Europa selten angeboten. In den USA kann man bei der Suche nach einem neuen Haustier da eher mal Glück haben.
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