Aus dem Land des guten Tees

Novation Summit – Hybrider Polysynth im Test

Anzeige
(Bild: Dieter Stork)

Hersteller Novation, beheimate auf dem insulanen Königreich des guten Tees und Whiskeys, präsentiert einen bemerkenswert ausgewachsenen Kosmopoliten bi-timbral-polyfoner Art.

Anstatt sich bei der Namensgebung für den aktuell doch recht inflationär gebräuchlichen Begriff „Summit“ zu entscheiden, hätte man sich natürlich auch eindeutig zweideutig bei David Lynchs bekanntestem Serienmachwerk bedienen können. Der neue Synthesiser (ja, im Commonwealth schreibt man das mit drei ‚s‘) fußt nämlich im Wesentlichen auf der Verdoppelung des bereits seit 2017 erhältlichen (bitte an dieser Stelle die von Bob Humid in KEYBOARDS-Ausgabe 2+3/2017 verfasste, umfänglich lesenswerte Betrachtung des Peak jetzt sofort noch einmal mit einer Tasse gutem Kaffee in der Hand vorwärts und dann noch einmal rückwärts genießen!) Desktop-Poly-Synths Peak aus dem Hause Novation. Dass es sich hier aber nicht nur um ein Two-In-One-Produkt plus Tastatur handelt, verrät schon ein erster flüchtiger Blick über die Oberfläche. Hier möchte jemand ganz nach oben …

Anzeige

Analog-Digital!

Dem Beispiel seines Desktop-Vorgängers folgend, basiert auch der Summit auf einer geschickten Kombination digitaler Oszillatortechnik und analoger Filterphilosophie. Das klangliche Herz des ebenfalls aus der Feder von Synth-Legende Chris Hugget (WASP, OSC OSCar, BassStation) stammenden Instruments stützt sich auf eine customisierte FPGA (Field Programmable Gate Array)-Prozessoreinheit. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen DSPs beruht mitunter in einer deutlich höheren Taktung und einer damit einhergehend gesteigerten Vielseitigkeit – auf nur einem Chip. Neben der Modulationsmatrix des Summit wurde hier auch die Verwendung findende „New Oxford Oscillator“-Technologie verortet, welche sowohl virtuell-analoge NCOs (Numerically Controlled Oscillators) als auch Wavetable-Wiedergabe realisiert.

Ein wesentliches Merkmal, welches diesen digitalen Oszillator von vielen anderen unterscheidet, ist zum Beispiel ein durch extremes Oversampling erreichtes und über die menschliche Wahrnehmungsgrenze verschobenes Aliasing, wodurch sich die Grundwellenformen in einer ausgesprochenen Reinheit und selbstredend auch verstimmungsfrei wiedergeben lassen. Der 24 MHz schnelle FPGA generiert im Falle des Summit (und natürlich auch des Peak) Bitstream-basierte Wellenformen in subtraktiver, FM- und Wavetable-Synthese und traut sich dabei erfolgreich auch an die Simulation analoger Klangvarianzen und Instabilitäten heran.

Seine wahre Lebendigkeit zieht der Summit aber aus seiner analogen Signalweiterleitung samt VCAs sowie dem auf Huggets OSCar-Synthesizer basierenden Dual-Filter, welches sich zwischen sechs 12-dB-Varianten aus Hoch-,Tief- und Bandpass sowie einer gestackten 24-dB-Flanke hin und her schalten lässt.

Ausgesprochen kontaktfreudige Rückansicht inklusive USB (MIDI), MIDI-Trio,  Switch/Pedal x 2, CV-In, Audio-In, AUX- und Main-Out (Bild: Dieter Stork)

Warum Qualität nicht wieder einmal groß schreiben?

Ohne ihn überhaupt gehört zu haben, kann dem Summit, zumindest was die Fertigungsqualität angeht, bereits die Zugehörigkeit zu den ganz Großen seines Faches bescheinigt werden. Zum ultrarobusten Stahlgehäuse gesellen sich hochwertigste Fader, Knöpfe und Regler, welche dem 16-stimmigen Polysynth sowohl die Haptik als auch die Attitüde eines echten Profi-Instruments verleihen. Dazu kommt eine 61-tastige, Aftertouchfähige Klaviatur, die exakt das vermittelt, was man von einem Oberklasse-Synthesizer erwartet.

Viele werden es zudem zu schätzen wissen, dass im Gegensatz zum Peak das Netzteil wieder ins Gerätegehäuse wandert und wir es rückseitig nun mit einer robusten vertrauenserweckenden Kaltgerätesteckdose zu tun haben. Zusätzlich zum obligatorischen Stereo-Main-Ausgang wurde dem Summit auch noch ein AUX-Ausgang spendiert, welcher gleichberechtigt zu Ersterem zur getrennten Ausgabe beider Stimmen/Parts genutzt werden kann. Damit nicht genug, Novations Premium-Synth verfügt über einen Stereo-Eingang, mit welchem externe Signale und Klangerzeuger mittels der internen Filter- und Effekt-Sektion bearbeitet und sozusagen zugemischt werden können.

Dass MIDI und USB bereits seit Jahren als Standard-Setup vorausgesetzt werden, dürfte niemanden mehr überraschen, aber auch der CV-Eingang ist mittlerweile wieder ein gern gesehener Gast bei Klangerzeugern jeglicher Art. Der Summit macht hier erfreulicherweise ebenfalls keine Ausnahme.

Blick durch das OLED-Fenster: Willkommen in der (Mod-)Matrix! (Bild: Dieter Stork)

Übersicht ist alles!

Wer von der Aufgeräumtheit des Peak begeistert war, wird den Summit lieben! Waren beim konzeptuell monotimbralen Vorbild noch einige interessante Features in den Menütiefen der Modulationsmatrix „versteckt“, wandern mit der Tastatur-gebundenen, zweifach multitimbralen Überarbeitung dankenswerterweise wieder viele Features in den Direktzugriff der Bedienoberfläche. So wurde beispielsweise die FM-Fähigkeit der Klangerzeugung inklusive Modulationsquellenwahl direkt zwischen die Steuerung der drei Oszillatoren und die Dual-Filtersektion gelegt. So macht Frequenzmodulation einfach noch mehr Spaß. Auch die globalen LFOs Nummer 3 und 4 wurden vom Peak übernommen und ihre Bedienung innerhalb des Panels an die der ersten beiden angegliedert. Mit der Integration der Arpeggiator-Kontrolle auf die Oberfläche des umfangreichen Synthplaneten geht darüber hinaus ein weiterer Wunsch vieler Peak-O-Nauten in Erfüllung. Mit den Parametern Gate, Type, Rhythm und Octave im Sofortzugriff lassen sich so im Handumdrehen und maximal intuitiv ausgefallene Arp-Organismen kreieren. Dazu gesellen sich noch ein regelbarer Post-Filter-Overdrive sowie die HP- und LP-Filterbarkeit des Oszillator-Noise.

Hochwertige digitale Oxford-Oszillatoren mit Zugang zu Sinus, Sägezahn, Dreieck und Puls sowie knapp 60 Wavetable-Instanzen, zu denen sich auch noch umfangreiche FM-Fähigkeiten hinzugesellen: Was will man mehr? (Bild: Dieter Stork)

Aber auch Weglassungen können ein echter Konzeptgewinn sein: So dürfte die Einsparung des Encoders zur Patch-Auswahl besonders denjenigen zur Wohltat gereichen, die durch Berührung desselben beim Schwestergerät Peak schon des Öfteren den soeben in mühevoller Detailarbeit kreierten „Patch ihres Lebens“ unwiederbringlich ins Nirwana des Vergessens katapultiert haben.

Schön gelöst wurde die bei einem Polysynth unumgängliche Multimode-Auswahl, welche sich einmal in die reine Part-Auswahl (A/B oder AB) und die Modi Layer, Split und Dual gliedert. Auch wenn die ersten beiden selbsterklärend seien sollten, darf erwähnt werden, dass man es im Split-Mode prinzipiell mit sage und schreibe zwei unabhängigen (und aufgebohrten) Peaks zu tun hat. Wer den Summit mit einem Sequenzer-Setup kombinieren möchte, wird diese Möglichkeit bei der täglichen Arbeit sehr zu schätzen wissen, aber auch live ist dieses Feature natürlich aus für jeden nachvollziehbaren Gründen ausgesprochen nützlich.

Bleiben wir für einen Moment beim Thema Dual: In der analogen Filtersektion hat sich nämlich auch etwas getan. So lassen sich die beiden zusammen 24 dB Flankensteilheit formenden, 12dB/Oktave liefernden Filter unter Wahl aus drei seriellen und sechs parallelen Konfigurationen (LP > HP, LP > BP, HP > BP, LP+HP, LP+BP, HP+BP, LP+LP, BP+BP und HP+HP) bequem aufsplitten – eine Aufteilung ,die sich via Menü auch über die Modulationsmatrix ansteuern lässt.

Eine zusätzliche Delay-Stufe erweitert zudem die insgesamt drei verfügbaren Envelope-Einheiten (Amp & 2x Mod) zu einer ausgewachsenen DAHDSR (sprich: Delay/Attack/Hold/Decay/Sustain/Release)-Hüllkurven-Zentrale.

Resonante und drivefähige Charakter-Filterbank der Spitzenklasse – nicht nur für Interna! (Bild: Dieter Stork)

Effektiert!

Besondere Aufmerksamkeit gilt auch der dem Summit mit auf den Weg gegebenen Effektsektion, welche als deutlich mehr denn nur als Dreingabe verstanden werden will. Die exquisiten Hall- und Delay-Algorithmen fanden bereits in Verbindung mit dem Peak mit ihrer deutlich mehr als durchschnittlichen Performance zu Recht lobende Erwähnung. Chorus, Overdrive sowie die 16 verschiedenen Sync-Stufen des Delays schmälern den Eindruck in keinster Weise. Zudem muss deutlich auf die Tatsache hingewiesen werden, dass die Effektsektion analog zu den verfügbaren Patches ebenfalls doppelt, will heißen als Dual, vorliegt. Dazu kommen die großzügigen Modulationsmöglichkeiten, welche über Verschaltung in der Matrix bereitstehen.

What is that sound?

Klanglich ist der Novation Summit ein unglaublich flexibles Sounddesign-Tool, welches die Vorzüge analoger und digitaler Klangformung gekonnt miteinander verquickt. Analoge Lo-Fi-Sounds darf man von diesem intelligent designten Instrument zwar nicht erwarten, jenseits davon deckt er aber so ziemlich alles ab. Hinzu kommt eine unerschöpfliche Fülle an Modulationsmöglichkeiten, Filtervarianten der Extraklasse sowie eine Top-Side-Bedienung, wie sie eigentlich nicht mehr viel intuitiver und flexibler sein kann. Zudem beweist der Polysynth unzweifelhaft, dass Oszillatoren weder analog noch digital sein müssen, um höchsten Ansprüchen zu genügen – sie müssen einfach nur wie im Falle von Peak und Summit sensationell gut sein!

(Bild: Dieter Stork)

Fazit

Es verlangt schon nach einer perfiden Mischung aus bösem Willen und/oder Geschmacklosigkeit, Novations Summit nicht zu mögen. Das Hybridkonzept des Peaks geht hier nicht einfach nur doppelt auf, es hebt Chris Huggets Design auf ein komplett neues Level. Wer mit diesem Synth nicht zum Ziel kommt, ist wirklich selber schuld. Auch wenn es vielleicht noch ein wenig früh ist, von einem modernen Klassiker zu sprechen: Das Zeug dazu hat er allerdings bereits jetzt.

Hersteller: Novation
Internet: www.novationmusic.com
Preis: ca. 2.000,– Euro

Unsere Meinung:

+ hybrider Polysynth der Spitzenklasse
+ Flexibilität
+ Verarbeitungsqualität
+ Sound

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.