MXR Drumcomputer Model 185 (*83)
Bei Gitarristen hat das Kürzel MXR einen guten Klang, denn selbige Firma versorgt die Saitenzupfer seit Jahren mit bonbonfarbigen Bodentretern, die teilweise Kultstatus genießen. Im Folgenden widmen wir uns allerdings dem MXR Drumcomputer 185.
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass MXR auch andere Instrumente wie z. B. Drumcomputer herstellte. Keith Barr, der 1984 Alesis in Kalifornien gründete, betrieb seit Mitte der 70er-Jahre in New York seine Firma MXR, die in den 80ern von Jim Dunlop übernommen wurde. Man munkelt, dass Synthesizerlegende Tom Oberheim bei MXR eine Zeit lang als Entwicklungsingenieur gearbeitet hat. Möglicherweise war er auch bei der Entwicklung des dem Oberheim DMX nicht ganz unähnlichen MXR Drumcomputers Model 185 nicht ganz unbeteiligt. Das Model 185 wurde 1983 auf der NAMM Show Chicago vorgestellt und kostete stolze 3.700,– DM, was aber für eine Drum-Maschine mit Samplesounds damals relativ günstig war. Die Linndrum z. B. kam zu einem wesentlich höheren Preis in den Handel. Eine der bekanntesten Produktionen, in der die Maschine eingesetzt wurde, ist Pat Benatar’s Hit „Love Is A Battlefield“.
Drumcomputer für 3000 Mark
Es wurde noch ein Nachfolgemodell entwickelt, das mehr Samplespeicher an Bord hatte, für jedes Instrument einzeln regelbare Tune- und Akzent-Funktion bot und bei dem mitsamt Pattern auch eine Tempoinformation abgespeichert werden konnte. Dieses wurde auf der NAMM des nächsten Jahres vorgestellt und war für 3.000,– DM zu haben. Dass man bei MXR noch viele Ambitionen in gitarrenfremden Revieren hatte, beweist die Tatsache, dass 1984 auch ein Gerät namens „Digital Recording Programmer“ angekündigt wurde, mit dem man Soundchips für die Drumcomputer brennen konnte. Diese Maschine kam aber nie wirklich auf den Markt, da die Marktnische mittlerweile von Konkurrenzprodukten wie dem Simmons SDS Eprom Blower und dem Oberheim Prommer, (mit dem auch Chips für die MXR Maschinen gebrannt werden konnten) belegt war.
Das fast sechs Kilo schwere Gerät ist mit edlen Seitenteilen aus Holz ausgestattet und in einem Gehäuse aus dickem, dunkelgrau lackiertem Stahlblech untergebracht. Auffälligstes Merkmal der Maschine sind die 14 Fader auf der Oberseite des Gerätes. Tja, das gibt’s heute nicht mehr. Man weint ja schon fast vor Dankbarkeit, wenn an einem aktuellen Gerät vier einsame Potis prangen. 12 der Fader dienen der Lautstärkeregelung der Instrumente, die anderen zwei sind für das Tempo und das Tuning der Sounds zuständig. Letzteres kann nur für alle Sounds gleichzeitig vorgenommen werden. Rechts befindet sich eine „Drum Input“ benannte Sektion, die zwölf, nicht anschlagempfindliche Pads zum Einspielen der Samples umfasst, die vom Design her an die Linndrum und die Oberheim DMX erinnern.
Der ominöse Steuerungsbereich
Die daneben liegende „Control“-Abteilung bietet alles Notwendige zur Pattern- und Song-Programmierung sowie eine Akzentund eine Start/Stop-Taste. Vier LEDs sind den Tasten für Record-, Pattern- und Song Modus sowie der Start/Stop-Taste zugeordnet. Links befindet sich ein Zahlenfeld und das vierstellige Display, das eigentlich aus zwei zweistelligen Leucht-Displays besteht. Auf der Rückseite findet man außer dem Stereoausgang zwölf Einzelausgänge inklusive des Metronomausgangs. Die Instrumenten-Fader sind bei Belegung des entsprechenden Einzelausgangs wirkungslos. Dann gibt es zwei ominöse 15-polige Stecker, so genannte 15-Pin Molex. Der eine ist dazu da, die MXR Sounds mit externen Geräten anzutriggern, während an dem anderen das Trigger-Signal des Cowbell-Samples anliegt, um damit z. B. einen Synthesizer mit Gate-Anschluss
anzusteuern. Neben dem Netzschalter bietet die Rückseite noch zwei Fußschalterbuchsen für die Start/Stop- und die Akzent-Funktion und zwei Anschlüsse für die damals übliche Datenspeicherung auf Tape. Die Buchse FROM TAPE dient außerdem zur Synchronisierung der MXR-Maschine mit einem Clock-Signal. Bis zu 100 Patterns lassen sich im Realtime- und Step-Modus eingeben und zu maximal 100 Songs verketten. Die höchstmögliche Pattern-Länge beträgt 99 Beats. Eine Besonderheit verbirgt sich hinter den Tasten „ACC“ (= Accuracy) und „SHIFT“; mit ihnen kann man eine rudimentäre Humanizing-Funktion aktivieren, mit der gezielte Ungenauigkeiten produziert werden. In der Praxis ist das allerdings nicht mit den Möglichkeiten heutiger Drumcomputer zu vergleichen und die Ergebnisse wirken etwas plump. Aber trotzdem war die MXR die erste Rhythmusmaschine überhaupt, die eine solche Funktion an Bord hatte. Eine Swing-Funktion fehlt leider. Die höchste Quantisierungs-Stufe sind 32stel. Zur Editierung der Patterns und der Songs stehen diverse Deleteund Copy-Möglichkeiten zur Verfügung. Auf Step-Ebene können einzelne Schläge gelöscht werden.
Die 15-Pin Molex-Stecker dienen dazu, die MXR Sounds mit externen Geräten anzutriggern und einen Synthesizer mit Gate-Anschluss anzusteuern.
Die Sample-Rate liegt bei knackigen 8 Bit. Woran liegt das eigentlich, dass die heute erhältlichen Bitraten-Reduzierer auf Software Basis nie so klasse klingen wie alte Sampler und Drumcomputer? Die Sounds der MXR sind jedenfalls crunchy und durchsetzungsfähig und erinnern z. T. an die Oberheim DMX. Schön sind die Snare, Kick und die Rim, lediglich der Clapsound enttäuscht etwas. Schade ist auch, dass das Tuning nur für alle Sounds gleichzeitig möglich ist. Die Maschine könnte das ideale Geschenk für denjenigen sein, der schon alles hat, denn hierzulande ist sie äußerst rar. Sie ist mit einer Oberheim DMX vergleichbar, hat aber einen etwas anderen Klangcharakter. Für einen gut erhaltenen MXR Drumcomputer werden mittlerweile bis zu 400 Euro verlangt.
Das Gerät bietet folgende Features:
- achtfache Polyphonie
- 24 8-Bit Samples: Bass Drum, Snare, Rim, Closed HiHat, Open HiHat, Crash, drei Toms, Clap, Woodblock, Cowbell.
- Metronom
- 100 Pattern mit je 99 Beats
- 100 Songs (100 Patterns Song-Länge)
- Tempo von 40 bis 240 BPM
- Human Factor
- Realtime- und Step-Programmierung
- 1/32 Quantisierung
- Kassetten-Interface zur Speicherung der Songs und Patterns
- Stereoausgang
- 12 Einzelausgänge (incl. Metronomausgang)
- Trigger-Eingänge Trigger-Ausgänge
- Sync Eingang
- Humanizing-Funktion
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Das sind die Themen dieser Ausgabe:
- Sampletalk mit And.Ypsilon (Die fantastischen Vier)
- Tobias Enhus spricht über sein Synclavier
- Die Groove-Mutter: Yamaha RS7000
- Real Samples – Historische Tasteninstrumente digitalisiert
- Software-Sampler am Rande der Wahrnehmung
- Korg DSS-1 als Hardware-Plug-in
- Cinematique Instruments – Filmreife Sample-Instrumente
- Groovesampler in der Praxis
- Die Mellotron-Story
- Vintage Park: Fairlight CMI
- Transkription – Ten Sharp: You