MFB Tanzbär – Analoger Drumcomputer
Braucht die Welt noch analoge Drumcomputer? Kann der Berliner Bär tanzen? Gewichtige Fragen, zu denen der folgende Test Auskunft geben kann.
Drumcomputer aus dem Hause Manfred Fricke Berlin haben lange Tradition. Der neue Tanzbär ist das bisher komplexeste Exemplar aus MFBs umtriebigem Entwicklungsbüro. Äußerlich ziert den Tanzbären der „neue“ und deutlich wertigere MFB-Look, also ein lackiertes Alugehäuse und Echtholz-Seitenteile. Das dicht bepackte Bedienfeld ermöglicht kompakte Abmessungen. Der Tanzbär ist ein Leichtgewicht, steht aber dennoch sicher auf einer geeigneten Unterlage. Die Qualität der zahlreichen Bedienelemente – so viel sei schon vorweg genommen – lässt nichts zu wünschen übrig. Das Konzept des Tanzbären ist schnell erklärt: echt-analoge Klangerzeugung für 17 Instrumente mit Einzel- und Stereosummen-Outs, Pattern-basierter Stepsequenzer mit Lauflichtprogrammierung, MIDI – soweit ist das gute alte Hausmannskost. Bei genauerer Betrachtung offenbaren sich jedoch zahlreiche weitere und sehr interessante Features, die einiger Erklärung bedürfen …
Der Tanzbär liefert einen äußerst stimmigen und runden Gesamtsound. Die zahlreichen Tasterkombinationen und LED-Rückmeldungen zur Darstellung der Betriebsmodi und Funktionen wollen verstanden und verinnerlicht werden, bevor der Tanzbär sein Spaßpotenzial voll entfalten kann.
Nach Anwahl von Record-Mode und Instrumentenspur können individuelle Sound-Einstellungen pro Step programmiert werden. Auch die Realtime-Aufnahme der Parameter ist möglich.
Die wichtigsten Instrumente lassen sich — zumeist paarweise — über separate Ausgänge abnehmen. Sie verschwinden dabei aus dem Summensignal: sehr gut!
Klangerzeugung
Die Klangerzeugung bietet mit zwei Bassdrums, Snare, Rimshot, Becken, Hi-Hat, Claves, Clap, je drei Toms und Congas sowie Cabasa und Maracas eine reichliche Sound-Auswahl. Alle Instrumente besitzen zwischen einem (Rimshot, Maracas) und sieben Parametern (BD1), die sich direkt über das Bedienfeld erreichen lassen. Fünf Instrumente verfügen über einen weiteren Parameter, der mittels Taster-Kombination zugänglich wird. Ein interner, nicht programmierbarer Mixer regelt die Lautstärken der Instrumente auf der Stereosumme und den Einzel-Outs. Letztere führen meist pro Buchse zwei Signale, man verwendet dort also Insert-Kabel zum Anschluss. Die schwergängigen Mixer-Potis erweisen sich in der Praxis als recht nützlich: Man verstellt nicht versehentlich die Lautstärken.
Sequenzer
Key-Feature des sehr leistungsfähigen Sequenzers ist die Möglichkeit, auf jedem Step eigene Klangeinstellungen für jedes Instrument zu programmieren – Jomox’ Xbase 09 hat es seinerzeit vorgemacht. Zudem lassen sich pro Step drei Accent-Stufen bestimmen. Das ist jedoch längst noch nicht alles: Einige weitere Funktionen sind für einen Lauflicht Sequenzer eher untypisch und somit unbedingt erwähnenswert:
Bei Kicks, Snare und Toms/Congas sorgen simple LFOs, die sich pro Step aktivieren lassen, für eine Modulation der Tonhöhe – perfekt für Wobbelbässe und D&B-Kicks. Eine Flam-Funktion erlaubt die Auswahl von 16 Schlagfolgen, die sich jedem Step beliebig zuordnen lassen. Sie liefern vier Trigger in Abständen zwischen kurzen Flams und 64telRolls. Zusätzlich existiert eine Beat-Repeat-Funktion, wie sie von der MPC bekannt ist. Sie lässt sich vor allem beim Livebetrieb des Sequenzers nutzen. Leider beträgt deren Auflösung maximal 16tel-Noten. Die Shuffle-Funktion des Tanzbären erlaubt die Auswahl von 16 unterschiedlichen Intensitäten pro Spur. Zusätzlich lassen sich komplette Spuren leicht gegeneinander verschieben. Das funktioniert leider nur über MIDI-Controller. Dank frei bestimmbarer Pattern-Längen bis zu 32 Steps (mittels A/B-Umschaltung) und vier Scalings können alle gängigen Metren, auch triolische, programmiert werden. Bei Bedarf kann man einzelnen Spuren verschiedene Längen zuweisen – ein sehr flexibles Konzept, welches komplexe Beats zulässt. Die Patterns lassen sich in 144 Speicherplätzen sichern. Auf einen aufwendigen Song Mode wurde zugunsten einer einfachen, für den Livebetrieb bestimmten Pattern-Verkettungsfunktion verzichtet.
Last, but not least bietet der Sequenzer zwei weitere Spuren, die programmierte Notenfolgen im Bereich von drei Oktaven über MIDI oder CV/Gate wiedergeben können. Internen steuern sie zudem zwei simple Synthesizerstimmen, die bei der schnellen Aufzeichnung von Ideen sehr gute Dienste leisten.
CV, MIDI und mehr
Die gerade angesprochenen Noten-Tracks senden CVs und Gates. Spur 2 stellt sogar eine zweite Spannung für die Filtersteuerung eines angeschlossenen Synthesizers zur Verfügung, wobei sich die Gate-Polaritäten invertieren lassen. Parallel gibt der Tanzbär Note Ons und Tonhöhen aller Spuren via MIDI aus und empfängt Controller für seine Sound Parameter. Via Learn-Funktion können den Instrumenten MIDI-Noten zugewiesen werden. Sie reagieren alsdann auch auf Velocity Daten; der Tanzbär lässt sich also bei Bedarf als Drumsound-Expander „missbrauchen“. Bezüglich Synchronisation hat der neue MFB ebenfalls einiges zu bieten. Auf der analogen Seite finden sich Buchsen für Clock und Start/Stop. Sie können wahlweise als Einoder Ausgang arbeiten. Dem Clock-Out lässt sich ein Teiler zuschalten. Selbstverständlich beherrscht der Tanzbär auch MIDI-Clock-Sync in beiden Richtungen. Die Ausstattung des Tanzbären wirkt somit rundum vollständig.
Sound
Die mit Sicherheit spannendste Frage lautet: Wie klingt’s? Wer MFBs kleine 808-Variation namens „522“ kennt, hat eine ungefähre Vorstellung von dem, was der Tanzbär klanglich zu leisten vermag. Den typischen TR-808- verwandten Grund-Sound mit seinem weichen, aber dennoch höchst präsenten Charakter versteht auch der Tanzbär rundum überzeugend zu liefern. Alle Instrumente besitzen hohe Präzision und reichlich Pfund in tiefen Frequenzbereichen. Der Charakter ist dabei hörbar weniger „brutal“ und massiv als etwa der einer Jomox Xbase.
Verglichen mit dem kleinen Bruder MFB 522 besitzen die meisten Instrumente des Tanzbären mehr Parameter und damit eine wesentlich höhere klangliche Flexibilität. Herausragend sind Kick und Clap. Erstere beherrscht holzig-kompakte Standard-Kicks ebenso gut wie superlange Subbässe und knallig-agressive Techno-Kicks. Die Parameter sind effizient gewählt und brauchbar skaliert. Der Clap überzeugt mit durchsetzungsfähigen Klatschmaschinen-Sounds à la Simmons Claptrap und knackigen Knackser-Sounds – toll! Die Snare liefert ebenfalls eine sehr variable und interessante Soundpalette, erreicht aber nicht ganz den Punch der übrigen Instrumente. Alle Instrumente harmonieren hervorragend miteinander und produzieren einen äußerst stimmigen und runden Gesamtsound, der auch live und im Mix kaum Durchsetzungsschwierigkeiten haben dürfte – der Tanzbär klingt absolut überzeugend und wie aus einem Guss. Diesen Eindruck unterstützt der Sequenzer, dessen präzises Timing und rhythmische Flexibilität (Shuffle, Track-Delay und Flams/ Rolls) sich ebenfalls höchst positiv auf den Sound des Gerätes auswirken.
Das ist nicht ernst gemeint, oder? Ich bin zufällig wegen des Namens darüber gestolpert und habe ein Youtube-Video darüber angeschaut. Zuerst dachte ich, das Kästchen stammt aus den sechziger Jahren, aber nein: das, was hier in einem Holzgehäuse präsentiert wird und klanglich an “Taschenrechnermusik” erinnert, ist offenbar ein gar nicht mal so billiges und halbwegs aktuelles Gerät. Das Demovideo treibt Tränen der Rührung und der unfreiwilligem Komik in die Augen und wirft die Frage auf, wie einsam man sein muss, um aus dem Plop, plop, bumm ploing ein Schlagzeug heraus zu hören. Und wenn ich diese Taste drück, spielt er ein kleines Musikstück, sang schon Kraftwerk… Mit dem Klang eines Drumcomputers hat das etwa so viel zu tun wie Nokias “Snake” vom 6110 mit einer Playstation 5. Kann es sein, dass das Kästchen am 1.4. Premiere hatte? Ich bin fassungslos…
Es ist halt ein analoger Drum-Computer. Das ist natürlich ein Unterschied zu einem Alleinunterhalter Keyboard oder eine Orchester-Sample Library. Der Sound ist den Genres geschuldet, die solche Analog-Sounds noch verwenden. Und da gibt es einige.