Sechzehn minus Acht

Mackie DL 806 Digitaler achtkanaliger iPad-Mixer im Test

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Mackie DL 806 Digitaler achtkanaliger iPad-Mixer. Auch wenn viele professionelle Live-Tontechniker in diesem Punkt sicher vehement widersprechen würden, sind acht Eingangskanäle besonders bei überschaubaren Setups mehr als genug. Dies dachte sich wohl auch der Hersteller Mackie und schickte mit dem DL 608 den kleinen Bruder des bereits 2012 vorgestellten DL 1608 ins Rennen.

(Bild: Dieter Stork, Archiv)

Stop! Inwieweit rechtfertigt sich eigentlich ein Gerätetest, wenn sich der Proband offensichtlich gegenüber dem etwas über ein Jahr älteren Bruder lediglich durch das Fehlen von acht Eingangskanälen und einem demzufolge günstigeren Preis hervortut? Im Falle des neuen Mackie DL 806 gibt es zumindest ne – ben einem Mehr an Platz auf der Geräteoberfläche im darunter verborgen werkelnden Software- und DSP-Unterbau einiges an Innovation und Evolution zu entdecken. Seit dem Test des DL 1608 in KEYBOARDS 5.2012 katapultierte Mackie seine Master-Fader-App für Apples iPad von Version 1.2 in mehreren Updatezyklen bis auf die zur Drucklegung aktuelle Version 2.1.1, wobei im gleichen Zug auch die Firmware der DL-Mischer eine deutliche Optimierung erfuhr. Produktpflege wird eben in Woodinville seit jeher großgeschrieben, besonders wenn sie, wie bei den Digitalmixern DL 1608 und DL 806, einen integralen Bestandteil des Gesamtkonzepts stellt.

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Gesichtskontrolle

Neben Konzept und Software teilt das DL 806 vor allem das gleiche kompakte Gehäusedesign mit seinem 16-kanaligen Wegbereiter. Abgesehen von 18 Chassis-Bohrungen (8 x XLR-Buchsen, 8 Potis plus 2 Aux-Outs) weniger gehen die Modelle optisch glatt als eineiige Zwillinge durch. Die Rolle der zentralen Bedieneinheit kommt beim DL 806 einem Apple iPad mit zugehöriger Master-Fader-App zu, wobei sich (via WiFi) ebenfalls bis zu zehn Einheiten parallel nutzen lassen.

Das Pult bietet acht Eingangskanäle, wobei vier davon jeweils mit Standard-XLR-Buchsen (Ch. 1 – 4) und vier mit XLR/Klinke-Combos ausgestattet wurden. Wer sich fragt, weshalb letztere (Combo-)Ausstattung nicht allen Eingängen zuteil wurde, dürfte die wahrscheinlichste Begründung im Themenbereich der Kosteneffizienz finden. Dank einer global zuschaltbaren Phantomspannung findet am DL 806 vom Kondensatormikrofon über Synthesizer bis hin zu E-Gitarre und Bass so ziemlich alles Anschluss, was bei kleinen Combos und Bands zum Mischen so anfällt.

Bei den Preamps setzt Mackie nach wie vor auf die bewährten und qualitativ hervorragenden ONYX-Mikrofonvorverstärker in Kombination mit hochwertigen 24-Bit-AD/DA-Wandlern aus dem Hause Cirrus Logic. Die Aux-Ausgangssektion des digitalen 8- Kanalers begnügt sich mit vier einzelnen Ausgängen (beim DL 1608 sind es sechs), was meiner Meinung nach im Verhältnis zum Eingangsangebot aber mehr als in Ordnung geht.

Je nach iPad-Version wählt man das passende Pult aus. Das DL 806 (und auch das DL 1608) lässt sich wahlweise mit einem klassischen 30-Pin-Dock-Connector oder einem Lightning-Port für iPad-Modelle ab der 4. Generation ordern. Alternativ lassen sich neuere Geräte aber auch mittels „Lightnig zu 30-Pin“-Adapter (Apple Zubehör) betreiben.

Wunschkonzert

Auch wenn die (via iTunes App Store) mitgelieferte Master-Fader-App bereits von Anfang an in puncto Funktionalität wenig Anlass zur Kritik bot, existierte doch unmittelbar nach Verkaufsstart des ersten DL-Mischers bereits eine kleine, aber feine Liste mit damals noch nicht enthaltenen Wunsch-Features. Die wohl am meisten vermisste Funktion war die Möglichkeit, zwei Mono-Eingangskanäle zu einem Stereo-Link-Pärchen zu koppeln. Seit Version 2.1 der App und einer gekoppelten Firmware-Aktualisierung wurde aus diesem frühen Wunsch nun handfeste Wirklichkeit. Vor allem Keyboarder und Synth-Spieler dürften dank dieses Updates aufgeatmet haben, lassen sich doch ab jetzt auf benachbarten Kanälen anliegende Stereosignale mit nur einem Fader regeln. Danke Mackie!

Auch die in jedem Kanal zur Verfügung stehenden EQ- und Kompressor-Einheiten wurden einer deutlichen Überarbeitung unterzogen. So wurden sowohl der 4-Band-EQ als auch der grafisch komfortabel manipulierbare Kompressor um je eine Vintage-Variante erweitert. Während beim EQ (zumindest optisch) eine Anlehnung und Orientierung an klassischen Pultec-Modellen vorzuliegen scheint, lässt sich beim Vintage-Kompressor das Vorbild klar im Umfeld der zahlreichen „Urei 1176 FET“-Modellvarianten mit deren gewohnt geradlinigen Bedienung (Input, Output, Attack, Release, Ratio) finden.

Aufklappbares Seitenmenü mit Mute-Gruppen-Kontrolle, Delay- und Reverb- Stummschalte sowie einem Tap-Tempo „Hot“-Button (Bild: Dieter Stork, Archiv)

Ebenso spannend ist die Tatsache, dass es sich bei den Vintage-Modellen nicht nur um einen optischen GUI-Trick zu handeln scheint, da sich im Direktvergleich (durch simples Umschalten) sowohl beim EQ als auch beim Kompressor zwischen den Betriebsmodi auch ein klanglicher Unterschied bemerkbar macht. Ob diese Eigenschaft schließlich dem aufgrund der Herangehensweise unterschiedlichen Parameter-Repertoire geschuldet ist oder ob sich unter der Haube wirklich zwei komplett eigenständig agierende Algorithmen über den Sound hermachen, lässt sich zumindest aus Sicht des Anwenders nicht genau klären. Dankenswerter weise werden die Einstellungen in den technisch überschneidenden Parametern beim virtuellen Gerätewechsel weitgehend übernommen, was einem möglichen A/B- Vergleich in der Praxis sehr entgegenkommt.

Ein nützliches Gate sowie zwei interne Einschleifwege für Effekte mit (tap-baren) Delay- und Reverb-Programmen runden den virtuellen Channelstrip ab.

Zusätzlich zum graphischen 31-Band-EQ und dem Kompressor-Modul steht ab der aktuellsten Software-Version 2.1 auch den Ausgangskanälen (L/R, Aux 1 – 4) das parametrische 4-Band-EQ-Plug-in (bekannt aus den Eingangskanälen) zur Verfügung. Und um das Glück perfekt zu machen, gesellen sich auch hier für den Fall der Fälle noch die Vintage-Pendants hinzu. Auf den Ausgängen lässt sich ab sofort zur Laufzeitanpassung ein Delay von bis zu 350 ms Verzögerung realisieren und sogar unter Berücksichtigung der Umgebungstemperatur ins Setup einbinden.

Memories 

Was die DLs aus dem Hause Mackie letztlich wirklich auf den Thron der professionellen Pragmatiker hebt, sind die mittlerweile umfangreichen Total-Recall-Funktionen. Neben Kanal-Presets lassen sich ebenfalls komplette Shows und einzelne Showszenen als Snapshot speichern und bei Bedarf aufrufen. Beim Snapshot-Erstellen können außerdem „Kanal Safes“ (geschützte Kanäle) definiert werden, die nicht mit in die Sicherung übernommen werden sollen.

Im Zeichen der Vintage-Welle: Vintage Kompressor à la 1176 und Pultec-style „Analog“-EQ-Alternativen, die nicht nur optisch und virtuell-haptisch überzeugen können (Bild: Dieter Stork, Archiv)

Ab der aktuellen Softwareversion lassen sich darüber hinaus über ein aufklappbares Seitenmenü auch Mute-Gruppen definieren und schalten. Zusätzlich steht hierüber eine gesonderte Mute-Option für alle Delay- und Hall-Programme zur Verfügung, ergänzt um einen Schnellzugriff auf die globale (auffordernd blinkende) Tap-Tempo-Funktion (für einen mitgroovenden Delay-Effekt). Bei diesem wohlüberlegten und praxisgerechten Funktionsumfang bleibt eigentlich kein größerer Wunsch auf dem Weg zum perfekten Band-Mix mehr offen. Funktionell zwar eher nebensächlich, aber im Sinne der Völkerverständigung spricht Mackies Master-Fader-App ab Version 2.1 neben der internationalen Verkehrssprache Englisch nun auch Französisch, Spanisch, Deutsch und Chinesisch!

Der Drummer hört sich nicht!

Auch das Aux/Monitor-Konzept des DL 806 sticht aus herkömmlichen Handhabungsweisen dank der iPad-Kontrollsoftware hervor. Denn dort, wo man bei Kompaktmixern erfahrungsgemäß für den Monitormix auf das Justieren vieler kleiner Aux-Send-Potis angewiesen ist, bietet das GUI der App für jeden Aux-Ausgang ein komplettes virtuelles Mischpult, mit dem sich der Signalanteil jedes einzelnen Mono- oder Stereo(!)-Kanals präzise der jeweiligen Monitorsumme zuführen lässt. Führt man sich an dieser Stelle noch einmal die maximal parallel mögliche Anzahl von bis zu zehn iOS-Geräten (wahlweise mit MasterFader-App oder der für iPhone optimierten My-Fader-App ausgestattet) via WLAN-Netzwerk vor Augen, erkennt man, dass Mackie das Thema „Personal Monitoring“ mit dieser Option auf ein völlig neues Level gehoben hat.

Um die tabletisierte Band auf der Bühne vor größeren Mix-Unfällen zu bewahren („Ooops, ich wollte eigentlich nur meinen Monitor runterdrehen …“), bietet Mackie die Vergabe bzw. Sperrung von Zugriffsrechten an. So wird im Ernstfall sichergestellt, dass beispielsweise der Gitarrist (Aux 4) nur seinen eigenen Monitor („Gitarre muss lauter …“) regelt, und nicht mal ausversehen in den Mix des Sängers rutscht. Wer auf Nummer sicher gehen will, aktiviert auf seinem iPad vor der Show noch die optionale Code-Sperre, um die gewählte Zugangsbeschränkung komplett vor unerwünschten Änderungen zu schützen.

Verkabeln leicht gemacht: das wohl aufgeräumteste Anschluss-Panel der 8-Kanal-Mischer-Klasse (Bild: Dieter Stork, Archiv)

Noch ein praktischer Hinweis zum Schluss: Da weitreichende Master-Fader-Updates meist auch ein Update der Geräteinternen DSP-Software/Firmware nach sich ziehen und dieser Vorgang meiner Erfahrung nach ein paar Minuten in Anspruch nimmt, sollte vom schnellen Update wenige Augenblicke vor dem Gig eher Abstand genommen werden.

Fazit

Trotz umfangreicher Erweiterungen büßt Mackies DL-Konzept erfreulicherweise nichts von seiner intuitiven Bedienung ein. Ganz im Gegenteil! Das aktuelle Team aus Hardware und Software wird dank des Einsatzes der Ingenieure und Entwickler im amerikanischen Woodinville immer erwachsener und professioneller. In puncto Funktion und Komfort können selbst weitaus teurere Konsolen mit Tablet-Steuerung der Mackie DL-Serie immer noch nicht das Wasser reichen. Auch wenn es natürlich weiterhin in den Sternen steht, ob der Touchscreen jemals in der Lage sein wird, den Schieberegler gänzlich aus dem Mixer-Alltag zu verdrängen, so hat er sich mittlerweile zumindest einen Platz als gleichwertiger Partner gesichert. Ich für meinen Teil bin gespannt, was Mackie für seine Digitalmixer-Reihe zukünftig noch so alles in der Pipeline hat.

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