Korg Kronos im Test – Music Workstation
Bereits mit OASYS zeigte Korg, welche Power ein All-in-One-System entfachen kann, wenn bei den einzelnen Komponenten keine Kompromisse gemacht werden. Als neue Generation dieses Konzepts profitiert der Kronos von den Eigenschaften des Open Architecture Synthesis Systems, allerdings zu einem deutlich geringeren Preis, mit dem der Kronos in der aktuellen Workstation-Szene abräumt …
Hardware-Workstations gelten nach wie vor als Arbeitstiere und werden von vielen Livekeyboardern computerbasierten Lösungen vorgezogen. Ein Computer ist nun mal kein Musikinstrument, das für den Einsatz auf der Bühne konzipiert ist. Dennoch haben Softwarelösungen in vieler Hinsicht der Hardware den Rang abgelaufen, vor allem wenn es um Vielfalt in der Klangerzeugung und hohe Auflösung und Detailreichtum gesampelter Instrumente geht. Bewegten sich die Weiterentwicklungen der Wellenformspeicher bei Workstations im dreistelligen Megabyte-Bereich, sprechen wir beim Kronos nun von zig Gigabytes. Eine neue Technologie macht’s möglich.
Sample-Streaming per SSD
Warum immer mehr teuren RAM einbauen, wenn man die Sounddaten direkt in Echtzeit abrufen kann? Korgs Lösung heißt „Virtual Memory Technology“, die auf einem Solid State Drive basiert: Geräuschlos und verschleißfrei, da keine schnell rotierenden Platten genutzt werden, bieten SSDs gegenüber Festplatten den Vorteil erheblich schnellerer Zugriffszeiten. Wenn man beim Kronos in die Tasten haut, signalisiert eine fröhlich blinkende Disk-LED, dass die Samples, die gerade einen herrlichen Konzertflügel erklingen lassen, in Echtzeit in die Oszillatoren eingelesen werden. Umfangreicher gestalten sich auch die Sounds, die hier zum Einsatz kommen können.
Die beiden Grandpianos sind in vielfachen Dynamik-Layern gesampelt, mitsamt allen Klangdetails, wie dem Aufsetzen und Abheben der Dämpfer oder dem Aufschwingen der Saiten im Haltepedal – alles Ton für Ton und (!) völlig ohne Loops in den Sustain-Phasen – ganz so, wie man es von den angesagten Software-Flügeln kennt.
Außerdem werden sämtliche Akustikumgebungen berücksichtigt, wie offener Resonanzraum, geschlossener oder halbgeschlossener Deckel, oder auch weiteren Zwischenstufen zwischen geöffnetem und geschlossenem Deckel. Ebenso kann man zwischen dem Stereomix von Spieler zu Hörerposition umschalten. Gesampelt wurden dafür Konzertflügel von Steinway und Yamaha. Solch ein Flügel ist dann auch ca. 5 GB groß. Software-Anwendern mag das zunächst ein müdes Lächeln abringen, allerdings hat man beim Kronos nicht auch nur den geringsten Eindruck von Latenz. Polyfonie-Engpässe? Keine Spur. Dabei besitzen die Sounds Direktheit und Präsenz – für Livekeyboarder, die mit den Limitierungen herkömmlicher Workstations vertraut sind, ist das hier eine neue Klangdimension. Großartig!
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Äußeres des Korg Kronos
Man muss wirklich nur ein paar der ca. 1.700 Sounds und Combinations anspielen, um diese erstklassige Klangqualität festzustellen. Und Streaming-Instrumente dieser „SGX-1 Premium Grand“ genannten Abteilung sind dabei noch lange nicht alles. Im Kronos werkeln insgesamt neun (!) Synthese-Engines – wie beim OASYS finden wir hier eine RAM-basierte Sampling-Sektion, Physical-Modeling-Engines für Saiteninstrumente, analoge Synthesizer, eine CX3-Tone wheel-Orgel bis hin zu Wavestation, Polysix und MS-20. Aber schalten wir noch mal einen Gang zurück und schauen uns das Ganze mal von außen an.
Anspielen konnten wir die 61er-Version des Kronos, es wird aber ebenso Ausführungen mit 73 und 88 Tasten geben – beide übrigens mit Hammermechanik. Ins Auge sticht das 8″-Touch-View-Display, dessen hochauflösende Grafik edel anmutet – wie übrigens das komplette Instrument mit seiner matt anthrazitfarbenen Oberfläche, den in glossy Schwarz gehaltenen Seitenteilen und Bedienelementen, die mit weißen LEDs illuminiert sind – keine Schnörkel, dafür unterstreicht ein klares ansprechendes Design den professionellen Charakter des neuen Korg-Instruments.
Links vom Display befinden sich die meisten Controller und Steuerfunktionen, so z. B. für den Drumtrack und die KARMA-Sektion (bekannt von OASYS und M3), Schieberegler für Lautstärkemix und Tone-wheel-Drawbars, Drehregler für Echtzeit-Controller und Syntheseparameter, Joystick, Ribbon-Controller, Switches – kurz: Wenn man schon mal eine Korg-Workstation unter den Fingern hatte, kommt man hier sofort zurecht. Das gilt ebenso für die Architektur von PROGRAMS und COMBINATIONS, aber auch hier gibt’s wichtige Neuigkeiten …
Polyfonie & Setlists des Korg Kronos
In bis zu 128 Set-Listen inkl. 128 Speicherplätzen pro Liste lassen sich die gewünschten Favoriten aus dem gesamten Klangangebot festhalten und in Reihe schalten. Sei es für die Studioarbeit, für Sounddesign oder verschiedene Liveband-Projekte etc. – für jede Anwendung kann man die gewünschten Programs, Combinations oder Songs in einen bestimmten Speicherbereich organisieren, um schnell darauf zugreifen zu können. Das Umschalten erfolgt direkt, ganz gleich von welchem Modus (Program, Combi, Song) aus wohin geschaltet wird. Und dies – und hier kommt das Wunder – unterbrechungsfrei!
Man kann einen Akkord halten, auf den nächsten Setlist-Eintrag schalten und spielt einfach weiter, ohne dass irgendwo Noten abgeschnitten würden, was selbst bei komplexen Performances funktioniert. Das lässt auf eine hohe Polyfonieleistung schließen, und in der Tat kann man hier aus dem Vollen schöpfen. Die Leistung errechnet sich zwar immer aus der jeweiligen Kombination von Synthese-Engines, diese aber weisen Polyfoniegrenzen zu, von 40 Stimmen beim Plucked Instrument STR-1 oder dem MS20EX bis zu 140 Stimmen bei der Sampling-Sektion oder gar 200 Stimmen bei der Vintage-Orgel CX-3.
Keyboards 01/16 – Live On Stage
In der neuen Keyboards-Ausgabe widmen wir uns zunächst dem Live-Spielen auf elektronischen Instrumenten, stellen danach Yamahas neuen Montage vor und machen dann noch einen Ausfallschritt zu Arranger Workstations und stellen zwei Topmodelle führender Hersteller vorstellen. Quasi als Gegenpol zu den großen Geräten, werfen wir außerdem noch einen Blick auf die kleinen Tasten von rucksack-tauglichen Synthies, die nicht nur Spaß machen sondern auch als klangliche (und optische) Ergänzung zur Keyboardburg fungieren. Zuletzt hat sich Wolfgang Wierzyk Sweet Lucy von Raul de Soulza & Gerorge Duke vorgenommen und säuberlich transkribiert.
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Vintage-Sounds des Korg Kronos
Ein wichtiges Themengebiet, das Korg jüngst mit dem SV-1 erfolgreich bereichert hat. Im Kronos finden wir allerdings wiederum eine neue Technologie vor, die die berühmten E-Pianos sehr gut nachbildet. Die EP-1-Engine basiert zwar auf gesampeltem Material, dieses aber wird so zusammengefügt, dass die Sounds sich ohne hörbare Velocity-Switches spielen lassen. Die Instrumente werden mit liebevoll gestalteten Bedienoberflächen der Vintage-Geräte nachempfunden, wobei sich auch die klassischen EffektGeräte als Insert-Effekte einbinden lassen. Die mitgelieferten Presets wurden in Zusammenarbeit mit berühmten Keyboardern erstellt, darunter Herbie Hancock, George Duke, Jeff Lorber u.v.a. – wen wundert’s, dass diese Sounds auf Anhieb überzeugen? Auch hier übrigens keine Spur von geloopten Samples, die virtuellen Tines und Reeds klingen ganz natürlich aus und erzeugen auch die typischen Nebengeräusche etc. Vintage-Orgel-Sounds steuert das CX-3-Modul bei, das im Vergleich zur gleichnamigen Combo-Orgel von Korg nochmals überarbeitet wurde und in Details noch feiner klingt. Tonewheel-Orgel- und insbesondere B3-Liebhaber kommen hier voll auf ihre Kosten, inklusive Chorus/Vibrato, Percussion und bis ins kleinste Detail editierbaren Rotary-Effekten. Beim Spielen greift man intuitiv richtig zu den Schiebereglern, die nun in umgekehrter Richtung – eben wie Zugriegel – funktionieren.
Production-Tools des Korg Kronos
Als Klassiker der modernen Musikproduktion gibt es den HD-1 High Definition Synthesizer. Hier handelt es sich um den samplebasierten „Motor“, mit dem der Kronos einer klassischen Workstation am ähnlichsten ist. Aber auch hier Komfort, soweit das Auge reicht. Eigene Samples kann man neben den Korg-eigenen in den Formaten Wav und Aiff sowie SoundFont 2.0Akai S1000/3000 importieren. HD-1 stellt bis zu 1 GB Speicher zur Verfügung, wobei ein Teil des Speichers für die bereits installierten Sampling-Extensions benötigt wird. Hierbei handelt es sich um eine riesige Sound-Library mit folgenden Erweiterungen:
EXs1 – ROM Expansion
EXs2 – Concert Grand Piano
EXs3 – Brass & Woodwinds
EXs4 – Vintage Keyboards
EXs5 – ROM Expansion 2
EXs6 – SGX-1 German D Piano
EXs7 – SGX-1 Japanese C Piano
EXs8 – Rock Ambience Drums
EXs9 – Jazz Ambience Drums
Auch hier ist sehr gute Klangqualität angesagt. Den Sounds spürt man die jahrelange Erfahrung des Herstellers an, alles ist auf den möglichst intuitiven Einsatz beim Arrangieren und Komponieren eingestellt. Dennoch lassen sich die Sounds bei Bedarf weitreichend editieren. Neben einem riesigen Angebot an Effekten steht einem hier prinzipiell die Klangarchitektur zur Verfügung, die man aus der Korg OASYS kennt und deren Bedienung dank des scharf abbildenden Riesendisplays übersichtlich und schnell von der Hand geht. Und hatte ich schon die Ladezeiten für Samples erwähnt? Ach ja, stimmt: dank SSD-Technik gar nicht erwähnenswert.
Synthesizer
Ebenfalls sampling-basiert ist das Wavesequencing. Damit gelingen Sounds wie mit der guten, alten Korg-Wavestation, nur eben mit entsprechend aufgebohrter Engine. Vektorsynthese per Joystick gibt’s natürlich auch. Aber dies geht grundsätzlich mit allen Synthese-Engines, die sich irgendwie im Combi-Mode verknüpfen lassen. Und auch dabei kann man – was vermuten Sie? – aus dem Vollen schöpfen, denn echte Synthesizer, solche also, die ihre Sounds in Echtzeit berechnen und nicht aus Wavetables auslesen, gibt es reichlich.
Darunter spezielle Synthesekonzepte wie der auf die Simulation von Saiteninstrumenten spezialisierte STR-1 und folgende Analog-Modeling-Synthesizer: – AL-1: ein klassischer Analog-Synth mit vielseitigen Möglichkeiten: zwei Oscillatoren, Suboszillator, Ringmodulation und FM, zwei seriell und parallel verschaltbare Multimode-Filter mit je vier Charakteristiken, fünf Envelopes und vier LFOs pro Stimme sowie eine flexible Modulationsmatrix (AMS), – PolysixEX & MS20EX: bekannt und beliebt aus der Legacy Collection – hier jedoch hinsichtlich der Klangqualität noch ein wenig aufgebohrt, – MOD7: Waveshaping VPM-Synthesizer nennt es Korg.
Mit der Mischung aus Variable Phase Modulation und Waveshaping Ringmodulation lassen sich Klänge zaubern, die Yamahas FM-Synthese sehr ähnlich sind. Die „7“ in der Namensgebung deutet diese Verwandtschaft wohl auch an. Hier können sogar via SYSEX abgelegte „alte“ DX7-Sounds geladen und authentisch abgespielt werden … plus eben von viel mehr. Es ist bemerkenswert, wie umfangreich die Synthesizer zu editieren sind; vor allem MOD7, STR-1 und Wave-sequencing sind etwas für ausgesprochene Tüftler und stellen ein weites Betätigungsfeld für professionelle Sounddesigner dar. Man darf mit Fug und Recht auf ein weitreichendes Angebot an Klangfutter für den Kronos spekulieren. Der Soundhersteller Karo-Sounds hat bereits angekündigt, seine OASYS-Soundsets für den Kronos zur Verfügung zu stellen.
Effekte
Insgesamt besitzt der Kronos 16 Effektsektionen, 12 davon sind Insert-Effekte, die man zur Klangbearbeitung in die Soundprogrammierung einbinden kann. Während die Insert-Effekte spezielle Aufgaben übernehmen können, arbeiten die weiteren Sektionen übergreifend als Haupteffekte, dabei gibt es je zwei Master- und Total-FX, außerdem noch eine EQ-Sektion. Egal ob bei der Klangprogrammierung, der Feinabstimmung der Combis oder im Song-Betrieb – pro Effektsektion stehen bis zu 185 Effekttypen und knapp 800 Effektprogramme zur Wahl. Selbstverständlich lassen sich eigene Kreationen speichern. Interessant für dynamische Effektbearbeitungen sind die beiden Stereo-Effekt-Busse mit Sidechain-Möglichkeiten. Die Klangqualität reiht sich lückenlos in das Gesamtkonzept des Kronos ein: hochwertig.
Karma
Die Karma-Sektion hat Korg nach Erscheinen des gleichnamigen Instruments in den nachfolgenden Workstations glücklicherweise weiterleben lassen. KARMA ist so etwas wie ein Meta-Arpeggiator und der wohl musikalischste Pattern-Generator, der je erfunden wurde. Musikalische Motive jedweder Art – seien es GitarrenRiffs mit Strumming oder Single-Notes, Synth-Arpeggio-Muster inklusive Controller-Animationen oder Drum-Patterns –fließen aus den bis zu vier Karma-Modulen (Combi oder Song) an die zugewiesenen Parts und erzeugen auf intelligente Weise variierende Begleitmuster. Mittels der Echtzeitregler kann man dann während der Wiedergabe jederzeit eingreifen und beispielsweise das Grooveverhalten verändern oder die Dichte der Patterns steuern. Es macht riesigen Spaß, mit diesen Karma-Grooves zu jammen – eine fast unendliche Inspirationsquelle und das Echtzeit-Sequenzer-Eldorado schlechthin für Liebhaber und LivePerformer klassischer EM.
Ausblick
Die Vorteile des Kronos sind massiv. So machen etwa die Streaming-Technologie für aufwendige Sampling-Instrumente und die größte Auswahl an Synthesemodulen, die es jemals in einem Instrument gab, den Kronos zu der am besten klingenden, flexibelsten und leistungsfähigsten Workstation, die es je gab. Ein harter Brocken für die Mitbewerber. Gespannt sein darf man auf den ausführlichen Praxistest, den wir schnellstmöglich nachliefern werden. Ich jedenfalls kann es kaum abwarten, den Kronos im Teststudio zu haben.
Einen ausführlichen Korg Kronos Test findest du hier:
https://www.keyboards.de/equipment/korg-kronos-music-workstation-fuer-live-und-studio-einsatz/
Ich hatte mal einen Kronos und habe ihn nach zweimaligem Umtausch zurückgegeben.
Das OS ist im grunde von 1993. Es wurde zwar um große Samples und viel HD Platz ergänzt, die Dateinamenlänge liegt aber immer noch bei 73. Versucht man sinnvolle Ordnerbenennungen mit langen sprechenden Namen, die das Linux OS eigentlich zur Verfügung stellt, so schreibt der Kronos inkonsistenten Kram auf die PLatte und die geleistete Arbeit und erstellten Samples und Patches gehen verloren. Das Ding ist ein schön klingender Schrotthaufen! Ein ständiger Griff zum Handbuch wird einem hier Zwangsweise zur Gewohnheit! Mal ganz davon abgesehem das die RH3 Tastatur inkonsistente velocity Werte erzeugt und man nicht besonders feinfühlig auf ihr spielen kann. Ein PC oder Mac mit K4/5 Tastatur von Physis kann fürs gleiche Geld wesentlich mehr. Aber der Zeitgeist ist ja im Moment für “Hardware” und “Analog”. Es soll sogar Leute geben die Plattenspieler und Vinyl für authentisch halten und dafür Geld zum Fenster rausschmeißen. rofl
Vielen Dank für diesen Kommentar. Dem kann ich aus meiner Erfahrung nur beipflichten. Die RH3 Tastatur ist leider nur Schrott.