Interessante neue Sample-Libraries Bläser-Drama, Bass und Metall
Es gibt eine neue Ergänzung der Drama Toolkit Library-Reihe im eigenen Plug-in. Das erste British Drama Toolkit (BDT) ist bereits vor einigen Jahren als erster Teil der Reihe erscheinen. Es hat dieselbe Grundidee wie das neue „Brass & Reeds“ aber mit einem anderen Klangschwerpunkt. Ähnlich verhält es sich beim später erschienenen „Contemporary Drama Toolkit“.
Beim ursprünglichen BDT gab es noch eine klangliche Lücke, um alle
orchestralen Klangbereiche abzubilden. Diese schließt nun der neu
erschienen zweite Teil. Das erste BDT hatte seiner Zeit ausschließlich
Streicher (als Ensemble und als einzelne Instrumente) und einige
Blasinstrumente (Flöten und Klarinette) mit an Bord. „British Drama Toolkit –
Brass & Reeds“ (BDT2) erweitert die Palette nun weitere Bläser (z. B.
Saxofon, Tuba, Sopranflöte (Recorder), Flügelhorn und Oboe).
Aber das Konzept ist geblieben, wenn auch trotzdem vieles neu ist.
Die Grundidee der Drama Toolkits beruht darauf, dass den Abstufungen der
Velocity-Range (bis zu drei) unterschiedliche Artikulation zugeordnet sind,
anders, als es „normalerweise“ üblich ist. Es liegt hier beispielsweise auf der
untersten Anschlag-Ebene eine Art Textur-Layer, der den Evolutions nicht
unähnlich ist. Auf der mittleren Ebene findet man die zum ausgewählten
Patch passenden Soft-Layer des Instruments und die oberste VelocityRegion beherbergt den Loud-Layer, der z. B. für Solo-Melodien verwendet
werden kann. Es gibt auch eine Reihe kuratierter Kombi-Patches, die
verschiedene Instrumente auf diese Weise vereinen.
Diese ungewöhnliche Nutzung der Velocity-Layer scheint im ersten Moment
etwas merkwürdig und bedarf tatsächlich einer angepassten Spielweise. Es
ermöglicht aber ein sehr schnelles Erstellen von einem in sich stimmigen
Gesamtklang beispielsweise aus gehaltenen Akkorden in dem Textur-Layer
und gespielten Melodien mit den intensiveren Anschlägen. Das kappt
erstaunlich gut und spart Zeit beim Entwickeln und „Sketchen“ von Tunes.
Und das mit einem Ergebnis, das man aber wunderbar weiterverwenden
kann – anders als vielleicht bei einem Piano-Sketch, das man erst später
ausgearbeitet und arrangiert hat. Allerdings ist der „Instant Score“, wie ihn
Spitfire Audio bewirbt, nur eingeschränkt realistisch. Eine solide und
stimmige Grundlage kann man aber gut erstellen. Leider ist die „VelocityKurve“ zwischen die einzelnen Patches unterschiedlich und zudem
festgelegt. Etwas mehr Flexibilität wäre hier schön gewesen!
Einzelne Instrumente haben zusätzlich quasi ganz normale Patches mit
teilweise ungewöhnlichen, aber zum Sound der Library passende
Spielweisen. Darunter sind viele kleine Perlen zu finden.
Es gibt ansonsten die für die Spitfire Plug-in üblichen Einstellungen und
Regler. Beim Reverb z. B. findet man sieben unterschiedliche IRs zur
Auswahl, Attack, Release und Tightness lassen ebenso anpassen wie auch
der Mix aus den zwei Mikrofonsignalen Tree und Close.
Eines der Unterschiede zu den früheren Toolkits ist, dass das neue Drama
Toolkit erstmals auf das Spitfire-eigene Plug-in setzt. Eigentlich bin ich nicht
unbedingt ein großer Fan dieser Engine, doch zumindest für diese Reihe
bietet sich das großzügige und modernere Interface an.
Die beiden BDT-Libraries ergänzen sich natürlich klanglich wunderbar und
haben beide auch einzeln ihren Platz, da sie unterschiedliche Moods
abdecken. Auch das Contemporary Drama Toolkit soll gut dazu passen, sind
sie doch alle in Zusammenarbeit mit dem britischen Komponisten Samuel
Sim entstanden.
Abbey Road Orchestra – Metal Percussion
„Letzter Akt für das Schlagwerk beim modularen Orchester“
Auch beim Abbey Road Orchestra (ARO) von Spitfire Audio geht es weiter.
Die neue Reihe der detaillierten Libraries soll am Ende ein modulares
Orchester bilden und wie erwartet schließt der britische Hersteller den
Bereich „Percussion“ mit dieser dritten Library ab. Die noch fehlende
Klangwelt der metallischen Percussion wurde gewohnt kleinteilig und
hochaufgelöst aufgenommen und es wird eine große Auswahl an tonalen
und atonalen Instrumenten angeboten.
Es ist die bisher umfangreichste Sample-Sammlung des neuen Orchesters,
denn mit rund 135 GB an Daten ist sie noch mal ein gutes Drittel größer als
die ersten beiden bereits mächtigen Pakete. Im Hinblick auf die sicherlich
noch größeren nächsten Libraries von Streich- oder Blasinstrumenten hoffe
ich inständig, dass Spitfire eine Lösung findet, auch nur Teile einer Library
installieren zu können, so wie es die Mitbewerber Orchestral Tool und Vienna
Symphonic Library bereits vormachen.
Wer es bei Spitfire Audio etwas kleiner (und günstiger) möchte, aber den
Abbey Road Sound sucht, findet mit den „Orchestral Foundations“ eine
günstige Alternative für den Einstieg.
Die vorherigen Teile des AROs haben wir bereits hier und hier vorgestellt und mit der
Konkurrenz verglichen.
Hersteller: Spitfire Audio (https://www.spitfireaudio.com/british-drama-toolkit-brass-and-reeds)
Plattform: eigenes Plug-in
Preis / Größe: 199 € / 8 GB
Besonderheiten: ungewöhnliche, aber inspirierende Anordnung der Klang-Layer per Dynamik für unkompliziertes Sketchen
Hersteller: Spitfire Audio (https://www.spitfireaudio.com/abbey-road-orchestra-metal-percussion)
Plattform: eigenes Plug-in
Preis / Größe: 449 € / 135 GB
Besonderheiten: detailreiche perkussive Instrumente aus Metall, tonal und atonal, viele Artikulationen
Wrongtools – Nodal und With The Lows
“Tiefe Töne aus dem hohen Norden“
Die noch recht junge norwegische Sample-Schmiede findet immer mehr
Fans für ihre teilweise etwas ungewöhnlichen und sehr schönen Libraries.
Und das Portfolio wachst stetig. Einiges davon haben wir bereits in unseren
Übersichten der Samples Libraries 2022 vorgestellt.
In der letzten Zeit hat sich der Hersteller dem tiefen Klangspektrum
zugewandt und dieses in zwei sehr unterschiedlichen Libraries realisiert.
Eher klassisch und doch anders kommt zum einen „Nodal“ daher. Ein
Kontrabass-Quartett, das in der schönen Konzerthalle „Fartein Valen“ im
norwegischen Stavanger in fünf Mikrofonsignalen aufgenommen wurde.
Diese kann man einzeln über individuelle Outputs in der DAW verwenden.
Insgesamt bekommt man über 80 Patches (normale Artikulationen und
gestaltete Presets (im Bonus-Ordner) aus über 2000 Samples. Man findet
zwischen den Patches verschiedene Spielweisen wie Short und Harmonics
oder Sul Tasto, aber auch spannende Kreationen mit Namen wie Raining
Plastic und Tender Thunderous. Neben dem natürlichen Klang der
Instrumente werden hier die Signale mit den eingebauten Effekten teilweise
wild verdreht oder man erstellt selbst synthetische Klanglandschaften mit
dem XY-Pad, bis die Membran wackelt. Subtilere Modulationen und sich
sanfter wandelnde Flächen sind aber auch möglich. Die Library eignet sich
so für Sounddesign-Zwecke ebenso wie auch für die klassische
Verwendung. Allein verwendet klingt sie wunderschön und steht für sich. Sie
kann aber auch als lebendiger Layer für etwas „glattere“ Libraries anderer
Entwickler eingesetzt werden und diese bereichern.
Laut Hersteller wird diese Library erst der Anfang sein, den auch die anderen
Streichinstrumente sind als Ergänzung geplant – neben vielen anderen
Releases. Einer davon sind bereits als „Feathered Strings“ erhältlich und ist
ebenfalls eine Empfehlung.
„With the Lows“ dagegen kümmert sich um das synthetische Low-End. In
über 220 Patches, die aus den über 4400 Samples von 26 analogen Quellen
entstanden sind, findet man alles, was das Subwoofer-Herz begehrt. Als
„Instrumente“ dienten dabei neben analogen Synths und Modular-Systemen
auch Audio-Oszillatoren und altes Test-Equipment. Alles auch wieder mit
dem Twist von Wrongtool – die mit dem „Sculpt Tool“ für feine bis feiste
Anpassungen und Modulationen und Abwechslung sorgen. Einige Sounds
können auch in höheren Registern beispielsweise als Arps überzeugen.
Die Patches teilen sich in neun Kategorien auf, die auf die schönen Namen
wie Taped, Meaty, Sweep, Pure und Shorts hören.
Das Ziel bei den Aufnahmen, die durch einen Neve-Pre-amp etwas
zusätzlichen Charakter bekommen haben, war einfach: Es sollten sofort
nutzbare und befriedigende Patches entstehen, die aber weiterhin tweakbar
sind und sich gut in orchestrale Arrangements einfügen. Das ist doch
gelungen, würde ich sagen!
Einen Kritikpunkt habe ich aber noch immer: Trotz des besonderen Charmes
des Signature-Interfaces wünsche ich mir manchmal etwas mehr Übersicht
und eine dauerhaft eingeschaltete vergrößerte Ansicht, die bisher nur
optional separat ausgewählt werden kann. Ansonsten freue ich mich auch
viele weitere Releases von Wrongtools.
Hersteller: Wrongtools (https://wrongtools.com/kontakt-instruments/double-bass-quartet/), (https://wrongtools.com/kontakt-instruments/with-the-lows/)
Plattform: Kontakt (ab 6.4.2 Vollversion)
Preis / Größe: 149 € / 59 € / 4.2 GB / 5.6 GB
Besonderheiten: ungewöhnliche Streicher und kreative Bässe mit vielen Effekt-Optionen
Autor: Thomas Schimmack