Grp Synthesizer A4 – monofoner Analogsynthesizer
Nachdem die italienische Firma Grp im Sommer 2009 ihren ersten kommerziell erwerblichen Analogsynthesizer, den Grp A8, vorstellte, kam Ende letzten Jahres das nicht minder beeindruckende Nachfolgemodell auf den Markt: der Grp A4. Seine enorme analoge Klangfülle und die vielseitigen Möglichkeiten sind sicher ein Grund dafür, dass die ersten Stückzahlen aus der Serienproduktion beim deutschen Vertrieb Hieber Lindberg sofort ausverkauft waren.
Der Grp-A8-Synthesizer, sozusagen der große Bruder des A4, war jedoch nicht das erste Gerät der 2009 in Rom gegründeten Firma, die ihre hochwertigen Instrumente in Handarbeit herstellt. „Wir haben bereits vorher andere Produkte hergestellt, aber sie blieben nur Prototypen, die wir aus Spaß bauten und natürlich auch, um sie selber zu spielen – wie im Fall des Grp A3 und des Grp A6“, so der Hauptentwickler Paolo Groppioni. Ihr erstes offizielles Produkt wurde schließlich im Gründungsjahr der Firma veröffentlicht und fand Abnehmer in Europa und den USA, darunter auch Hans Zimmer aus Los Angeles. Mit der Entwicklung des Grp A4 war es nun das Ziel, Fans des analogen Sounds ein günstigeres und kleineres Gerät als den A8 zu bieten, ohne auf Qualität und Leistung zu verzichten. Dabei ist der A4 in einigen Punkten sogar vielseitiger.
Best of both Worlds
Auf den ersten Blick erscheinen sowohl der Grp A8 als auch der „wilde Analoge“, wie Enrico Cosimi von Grp das neue Instrument gerne nennt, aufgrund ihrer Größe und der Anzahl der Bedienelemente wie modulare Systeme, sie sind jedoch komplett vorverdrahtet. Auch wenn dieses Konzept natürlich gewisse Einschränkungen mit sich bringt, so bieten diese beiden Synthesizer eine Fülle an kreativen Möglichkeiten, die kaum Wünsche offen lassen und die durch ihre große Übersichtlichkeit zudem schneller und intuitiver zu bedienen sind. Zu seiner Grundaustattung gehören drei VCOs, zwei Suboszillatoren, ein Noise Generator, ein Ringmodulator, zwei VCFs, zwei EGs sowie zwei LFOs, die in der Konstellation bereits ein beachtliches Klangbild liefern. Mit den Modulen Sample & Hold/Noise, External In (inkl. Envelope Follower), Auto Pan und Stepsequenzer haben wir bereits die Standardausstattung vieler Synthesizer hinter uns gelassen. Und auch ein separates Patchfeld wurde in den A4 integriert, das für CV-Steuerungen der Oszillatoren, Filter, des VCAs, der AftertouchFunktion und des Sequenzers zuständig ist. Zu den besonders interessanten Details, die den A4 so einzigartig machen und auf die wir im Laufe des Berichts näher eingehen werden, gehören die neue Loop-Funktion der Hüllkurvengeneratoren – dem einen oder anderen bereits vom EMS VCS3-Synthesizer bekannt –, die Möglichkeit der Phaseninvertierung vieler Modulationsquellen, die neue Distortion-Einheit und der Routing/Direct-Out-Schalter der Filter-Sektion.
Praxis
Auf den ersten Blick mag der A4 manchen vielleicht etwas komplex erscheinen, er ist aber dank seiner klaren Struktur schnell zu durchschauen. Alles orientiert sich im Prinzip am Layout eines klassischen Synthesizers, ohne Tricks und versteckte Doppelfunktionen. Dennoch muss man sich schon ein bisschen Zeit nehmen, um die vielen Kombinationsmöglichkeiten dieses Synthesizers auszuloten. Denn die haben es wirklich in sich, und man möchte dann eigentlich gar nicht mehr mit dem SoundSchrauben aufhören – fantastisch. Ebenso darf man die klanglichen Ergebnisse bezeichnen, was für die hohe Qualität der Komponenten das Konzept des gesamten Systems spricht. Was man allein mit den Oszillatoren so anstellen kann, lässt jeden Synthesizerliebhaber schwach werden. Das VCO/Sub-OSC-Kombinat sorgt für eine fulminante Basis, wohingegen dank Ring- und Frequenzmodulation auch sehr harsche Klangspektren aus dem A4 nur so heraussprudeln. Zur Tonhöhenmodulation (FM) stehen pro Oszillator zwei Pfade zur Verfügung: Über FM1 lassen sich sage und schreibe elf Modulationsquellen über einen Drehschalter anwählen, deren Intensität durch einen AMT-Regler eingestellt, in der Phase invertiert (REV/NOR) und des Weiteren zwischen den Betriebsarten EXPonentiell und LINear umgeschaltet werden können.
Einer solchen Vielfalt an Wahlmöglichkeiten in Form der 11-fach-Drehschalter werden wir an anderen Stellen immer wieder begegnen. Hier stehen neben den zwei LFOs, den jeweils zwei anderen VCOs auch Noise, S&H, EG1&2 und – eines der Features, die den A4 besonders auszeichnen – Aftertouch, Modulationsrad und Velocity zur Verfügung. So können also dynamische Modulationen erzeugt werden, indem man zum Beispiel den Druck auf eine gehaltene Taste erhöht oder die Anschlaggeschwindigkeit variiert. Der zweite FM-Weg ist dahingegen recht puristisch mit nur einem LFO-1-Regler einstellbar. Die Filter-Sektion ist eines der Highlights des A4: Neben einer getrennten Lautstärke- und Distortion-Regelung für jedes Filter, die im übrigen auch ein Novum darstellt und sehr zu empfehlen ist, gibt es einen unscheinbaren Schalter namens ROUTING/DIR OUT. Auf Routing geschaltet kann man ganz klassisch entscheiden, ob man nur das 24-dB-LPF oder das 12-dB-Multimode-Filter benutzen möchte oder beide in Serie oder parallel geschaltet werden sollen. Wenn man nun den Schalter auf DIRect OUT legt, wird die 24-dB-LP-Filtereinheit direkt auf den linken Output und der 12-dB-Multi – mode-Filter auf den rechten Output gelegt. Somit lassen sich schöne Stereoklangbilder erzeugen – nicht zuletzt auch durch die umfangreicheren Modulationsmöglichkeiten der Filter. Mit insgesamt sechs gleichzeitig nutzbaren FMWegen – für jedes Filter separat! – sollte hier keine Langeweile aufkommen.
Nächstes Highlight ist für mich eindeutig der Sequenzer, der vom Grp-A8-Synthesizer übernommen wurde. Viele sind sogar der Meinung, dass er einer der besten analogen Stepsequenzer ist, die je gebaut wurden. Aufgrund der großen Nachfrage wird er voraussichtlich als Standalone-Version entwickelt, ein genauer Zeitpunkt hierfür steht jedoch noch nicht fest. Seine komplette Beschreibung würde wohl den Rahmen sprengen, hier also eine Zusammen – fassung der wichtigsten Features: Der Sequenzer bietet zwei Spuren (ROW A/B) mit jeweils acht Steps, die je einen CV-Regler, einen GATEON/OFF-Switch und einen End-Step/Nor/SkipSchalter beherbergen und im 16×1-Mode zu einer langen Spur umfunktioniert werden können. Pro Spur stehen zusätzlich noch ein GlideRegler, ein Range-Switch (Oktavenumfang × 2, 4 oder 8) und ein Quantizer zur Verfügung, die für weitere Klangformungen herangezogen werden können. Um vielseitige Sequenzen programmieren zu können, findet man diverse Clock-Divider-Parameter, Step-Repeat- und Sequenzer-Modes (also Abspielrichtungen wie Forward, Backward, Pendulum, Alternate oder Random, um nur einige zu nennen). Durch diesen Aufbau sind bereits zahlreiche Experimentiermöglichkeiten offen – gelegt, zumal auch die Spuren beziehungsweise einzelnen Steps zur Modulation der SequenzerClock-Geschwindigkeit, der Frequenz von VCO-1, -2 und -3, der PWM von VCO-1, -2 und -3 sowie der Filter genutzt werden und wahlweise die Hüllkuren antriggern können. Ein zusätzlicher PW-Regler erlaubt die Einstellung der globalen Notenlänge der Steps, womit man eine Legatooder Staccato-Spielweise simulieren kann. Um Klangverläufe zu steuern oder zu programmieren, bedient sich der A4 der klassischen Tools LFO und Envelopes, die es allerdings auch in sich haben. So lässt sich die LFORate z. B. vielseitig beeinflussen (Keyboard, EG1&2, LFO2, AFT T, MOD W, S&H, Env Foll sowie SEQ A/B/A+B, A und B), wie auch der LFO verschiedensten Modulationszielen zugewiesen werden kann. Die per Regler direkt verknüpften Modulationsziele sind im musikalischen Sinne sehr sinnvoll gewählt, man kann natürlich noch mehr über das Steckfeld herausholen. Beim Arbeiten mit dem A4 fällt immer wieder auf, das die Integration der einzelnen Module äußerst gelungen ist. Man kann mit diesem Synth extrem komplexe Klangexperimente machen und unendliche Modulationsverknüpfungen erstellen. Egal ob liebliche Klangmalerei, funky Synth-Sequenzen oder krassester Lärm: Der A4 verbindet all das mit einer exzellenten Klangqualität.
Die Feature-Liste:
- MIDI/CV Die Ansteuerung des 18 kg schweren A4 erfolgt über CV/Gate oder das integrierte MIDI-Interface, über das sich weitere interessante Performance-Möglichkeiten mittels Velocity, Aftertouch, dem Modulationsrad und MIDI-Clock umsetzen lassen.
- Voltage Controlled Oscillators Drei analoge Oszillatoren mit jeweils sechs Wellenformen: Sinus, Dreieck, Sägezahn, Puls und den zwei Mischformen Dreieck/Sägezahn und Sägezahn/Puls, die an den Minimoog-Synthesizer erinnern lassen. VCO-1 und -2 ist jeweils ein Suboszillator nachgeschaltet, der Rechteckschwingungen generiert und entweder eine oder zwei Oktavenlagen tiefer wiedergegeben wird als die im entsprechenden VCO eingestellte Tonhöhe. Die Oszillatoren bieten flexible Modulationsmöglichkeiten (siehe Abschnitt „Praxis“).
- VC Low Frequency Oscillator 1 Dies ist der Haupt-LFO des Synthesizers und stellt fünf Wellenformen zur Auswahl: Puls, auf- und absteigender Sägezahn, Dreieck und Sinus. Die Frequenz des LFOs lässt sich durch elf Quellen entweder im REV- oder NOR-Mode modulieren, was zahlreiche und mitunter recht ungewöhnliche Modulationen erlaubt.
- Low Frequency Oscillator 2 Der LFO-2 ist eine kleinere Version des LFO-1 und moduliert grundsätzlich die vier Ziele VCO, PWM, VCF 24 dB/12 dB und VCA in den Geschwindigkeiten fast, mid und slow, die mit einem separaten Regler noch feinjustiert werden können.
- Mixer Neben den Lautstärke-Anteilen der OSCs und SubOszillatoren finden sich hier Regler für Noise und die Ringmodulation, wobei die Signale von VCO-2, VCO-3 und Ext.-In genutzt werden können.
- EXT IN – ENV FOLL Dieses unscheinbare Modul mit nur zwei Reglern – Input Gain und Gate Threshold – birgt einige Überraschungen, denn neben der Integration externer Audiosignale in den Signalpfad des Synthesizers lassen sich dank integriertem Envelope-Follower auch Steuerspannungen und Gate-Signale aus dem Pegelverlauf ableiten.
- Stepsequenzer Der Stepsequenzer besteht aus zwei Reihen mit je acht Steps. Mit den Funktionen Gate, End Step oder Skip lässt sich die Schrittfolge während der Fahrt beeinflussen, wobei grundsätzlich zwischen zwei Betriebsarten gewählt werden kann, in welchen die 8er-Reihen entweder parallel oder der Reihe nach (16 Steps) gespielt werden. Der Regler dient zur Justage der Tonhöhe.
- Sample & Hold – Noise Bei vielen Synthesizern findet man Sample&Hold als vereinfachte LFO-Wellenform. Beim A4 hingegen gibt es ein echtes S&H-Modul mit zahlreichen Möglichkeiten der Modulation und Steuerung von zufälligen Klangprozessen.
- Envelope Generator 1 Die beiden Hüllkurven sind den Sektion Filter und Amplifier zugeordnet und bieten weit mehr Möglichkeiten als gewöhnliche ADSR-Generatoren. So können etwa Sustain-Time und -Level getrennt justiert werden, und im AUTO-Mode lassen sich Loops zwischen 1 ms und 20 Sekunden realisieren.
- Voltage Controlled Filter Nicht nur optisch die größte Sektion im A4 – flexi – belste Klangformung wird möglich durch ein LowpassFilter mit 6, 12, 18 oder 24 dB Flankensteilheit sowie ein Multimode-Filter mit den vier Betriebsarten 12 dB Highpass, 6 dB Bandpass, 12 dB Lowpass und Notch. Ein Novum ist die Möglichkeit, Lautstärken und Distortion der beiden Filter-Eingänge separat zu regeln.
Fazit
Auch wenn der Grp A4 nicht wie ein klassischer Modularsynthesizer alle Optionen offen lässt und man vielleicht die eine oder andere Funktion vermissen mag, so ist er in seinen Möglichkeiten doch sehr flexibel, vielseitig und gut durchdacht. Und nicht zuletzt ist es der Klang, der ihn zu einem Juwel unter den Analogsynthesizern macht– hier empfiehlt es sich, die Audiobeispiele auf www.keyboards.de anzuhören, um sich selbst ein Bild machen zu können. Die ersten 50 Einheiten des Grp A4, der in Deutschland exklusiv über Hieber Lindberg in München erhältlich ist, ist bereits ausverkauft – eine weitere limitierte Auflage, die voraussichtlich die letzte sein wird, ist dieses Jahr zu erwarten. Wer am Kauf eines A4 interessiert ist, wendet sich an Hieber Lindberg oder direkt an den Hersteller über dessen Website.
Konzept: Halbmodularer, monofoner Analogsynthesizer mit umfangreicher Ausstattung Oszillatoren: 3 × VCO (plus 2 × Sub-OSC), Noise, Ext.-In
Filter: Lowpass: 6, 12, 18, 24 dB, Resonanz Multimode: Bandpass (6 dB), Highpass, Lowpass, Notch (je 12 dB), Resonanz Modulationsquellen: 2 × LFO, S&H, Stepsequenzer, 2 × Envelope, Env-Follower (Ext.-In)
Hersteller/Vertrieb: Grp Synthesizer / Hieber Lindberg, München
Preis: € 4.460,–
Internet: www.grpsynthesizer.it / www.hieber-lindberg.de