GEWA UP400 – Homepiano im Test
GEWA platziert ein neues Instrument namens UP400 an der Spitze seiner Homepiano-Flotte. Zu dessen Highlights zählen ein integriertes 3-Wege-Soundsystem und ein Touchdisplay als virtuelles Bedienfeld, außerdem der neue Sound »Vienna Grand«. Wie schlägt sich das UP-Flaggschiff damit in der Praxis?
Mit dem UP400 greifen die Vogtländer die obere Mittelklasse der Homepianos an. Die Optik mit Vorderbeinen, fast lückenloser Rückwand, ausziehbarer Tastaturabdeckung und dem Notenpult auf dem Pianodach ist recht zeitlos und gefällig. Verglichen mit dem UP380G/WK (Test in KB 5+6. 2018), über dem der Hersteller das teurere 400er in seiner Modellflotte platziert, fallen sogleich die oberen schmalen Lautsprecheröffnungen im Gehäuse auf.
Und im Unterbau des UP400, über der Dreier-Pedaleinheit, befinden sich zwei nach vorne abstrahlende Bass-Lautsprecher. Davor wird ein magnetisch am Ständer haftender, leichter Abdeckrahmen angebracht, dessen schwarzes Gewebe allerdings pfleglich behandelt werden sollte.
Generell ist die Verarbeitung aber auf ziemlich gutem Niveau und toppt die des UP380. So ist das Gehäuse des UP400 solider verarbeitet, insbesondere die Rückseite. Besser gelöst ist auch die Verkabelung der Pedaleinheit, die wie die »Subwoofer-Einheit« mit Metallsteckern erfolgt. Nach dem Zusammenbau sind diese Kabelverbindungen gut im Piano versteckt.
Montiert werden muss das insgesamt rund 70 Kilo schwere Instrument von zwei Personen. Der Aufbau dürfte jedem gelingen, der schon einmal einen Schraubendreher benutzt hat. Das UP400 ist in mattem Schwarz oder Weiß sowie in einer Rosenholz-Version zu haben. GEWA ruft für alle drei Farbvarianten einen Listenpreis von 2.690 Euro auf.
Wie heute an Homepianos üblich, liegt das zentrale Bedienfeld des UP400 links neben der Tastatur. Erstmals an einem GEWA-Instrument kommt dazu ein Touchscreen zum Einsatz, sodass keine weiteren Funktionstaster mehr benötigt werden. Rechts neben der Tastatur gibt es lediglich noch den On/Off-Button sowie einen Volume-Schieberegler.
Mit vier Favorites, die aus den insgesamt 42 Tastatursounds frei wählbar sind, begrüßt der Homescreen des UP400 den Spieler. Die Klangstruktur und auch die meisten Sounds selbst entsprechen größtenteils der Auswahl im UP380, doch einen wichtigen Unterschied gibt es bei den Presets der Gruppe »Piano«: Am 256-stimmigen UP400 gibt es neben dem bekannten Multisample vom größten Steinway-Konzertflügel, dem D-274, ein neues Bösendorfer-Multisample als weiteren Hauptklang. Der jeweilige Klangcharakter beider Flügel kommt auch in der digitalisierten Form der Sounds noch gut zum Tragen, sodass dem Spieler hier zwei sehr unterschiedlich anmutende Klänge an die Hand bzw. unter die Finger gelegt werden. Der »Hamburg Grand« genannte Steinway ist der vollmundigere, wuchtigere Klang von beiden, insbesondere mit aufgebohrten Saiten- und Dämpferresonanzeffekten, deren Intensität einstellbar ist. Neu am UP400 sind zudem einstellbare Tasten- und Pedalgeräusche.
Das hellere »Vienna Grand«, der Bösendorfer, wurde mit breitem Stereo-Image gesampelt, ein schöner, brillanter Klang, der aber längst nicht nur bei klassischer Klaviermusik seine Stärken ausspielen kann – eine wirklich gelungene Premiere in einem GEWADigitalpiano! Beide Sample-Sounds spielen technisch auf hohem Niveau: Mit sechsfachem Velocity-Layering reagieren sie sehr dynamisch und ausdrucksstark. Äußerst gelungen ist die realistische Sustain-Phase, für die jeweils ungelooptes Samplematerial zum Einsatz kommt. Sowohl den Hamburger als auch den Wiener Flügel gibt es neben der universellen in einer »Bright«- und einer »Mellow«-Variante. Zusammen mit den Tuning-Möglichkeiten für Saitenresonanzen und Co. ergibt das eine große Bandbreite an Klangvariationen für unterschiedliche Spielarten. Komplettiert wird die »Piano«-Bank durch das »Upright Piano« als dem klavierartigeren Sound und das mittenbetonte »Rock Grand«, die sich auch im UP380 finden.
Aus letzterem Modell kennt man auch alle weiteren UP400-Sounds, lediglich die Einsortierung in die Soundbänke differiert leicht. »E-Piano« bietet fünf Einträge – mit einem Fender Rhodes plus einem Dyno-Rhodes-Sound, Wurlitzer, DX7-E-Piano und einem Clavinet ist die Vintage-Abteilung gut aufgestellt. »Strings & Choir« versammelt drei realistische Streicherensembles sowie Pizzicato, zudem drei authentische Chöre.
»Synth« ist mit vier der gebräuchlichsten Pad-Sounds bestückt, die eher dezent gehalten und vor allem zum Layern gedacht sind.
Zur Gruppe »Organ« zählen zwei tolle Kirchenorgeln sowie vier Hammond-B3-Sounds in unterschiedlichen Registrierungen.
»Bass & Guitar« bietet neben dem obligatorischen Kontrabass, alternativ auch mit Jazzbecken gelayert, drei universelle E-Bässe sowie »Steel String-« und »Nylon String Guitar« – allesamt nicht herausragend, aber brauchbar.
Die Gruppe »Others« ergänzt Vibra- und Marimbafon, Celesta und ein französisches Akkordeon sowie ein herausragendes Cembalo.
Geblieben ist es bei den beiden Master-Effektblöcken, einem Reverb-Effektblock mit sechs Room- und Hall-Typen sowie dem Chorus-Block, der auch Tremolo mit Panorama-Modulation, Phaser und Rotary mit Slow/fast- sowie Distortion-Regelung bietet und somit die E-Pianos und natürlich die B3-Orgeln bereichert. An Bord ist darüber hinaus ein 4-Band-Equalizer, der ebenfalls aufs Gesamtsignal wirkt.
Die Anzahl der Registration-Speicher (Combinations) wurde gegenüber dem UP380 am großen Bruder von 18 auf acht reduziert. Allerdings verwalten sie am UP400 jeweils drei anstatt zwei Parts. Für jeden der drei Sounds kann eine Tastatur- oder auch eine Velocity-Zone definiert werden, und auch Lautstärke sowie Oktavlage lassen sich anpassen. Insgesamt ein tolles Feature. Was als Wunsch am UP400 offenbleibt, wäre ein zusätzlicher Effektblock gewesen, der sich pro Part aktivieren und deaktivieren lässt. Denn weil alle vorhandenen Effekte als »Master« fungieren, wirken sie stets auf alle drei Parts, der Rotary-Effekt im Orgel-Piano-Layer beispielsweise also auch aufs Piano. Immerhin werden innerhalb der Registrierungen Master-Effekt-Einstellungen mitgespeichert.
Die Fatar-Tastatur mit Holzteilen – GEWA kooperiert seit vielen Jahren mit dem italienischen Klaviaturenbauer – ist angenehm schwer gewichtet und mit einer Hammermechanik ausgestattet. Die Repetition ist gut, ebenso die Griffigkeit dank mattierter Decklagen. Die Abstimmung der Flügelsounds auf die Tastatur ist GEWA sehr gut gelungen. Das UP400 lässt sich ausdrucksstark spielen. Fünf Dynamikkurven von »Soft 2« bis »Hard 2« gibt es für die schnelle Anpassung ans eigene Spiel. Integriert wurde zudem GEWAs User Calibration Tool, mit dem der Spieler jede einzelne Taste softwareseitig nachjustieren kann. Ganz neu konzipiert wurde die interne Soundanlage des UP400. Das eingebaute Wiedergabesystem arbeitet mit einer 24-Watt-Verstärkerleistung pro Kanal sowie sechs Lautsprechern: je zwei 122-Millimeter-Subwoofer, 100-Millimeter-Midranger und 13-Millimeter-Tweeter. Gegenüber dem des UP380 klingt es nicht nur voluminöser und räumlicher, sondern vor allem auch deutlich durchsichtiger und brillanter, woran natürlich die vorderen Gehäuseöffnungen großen Anteil haben.
Der integrierte Songplayer versteht sich sowohl auf MIDI als auch auf Audio. Die 128 rein zum Abspielen von GM-Songs vorgesehenen Klänge reichen für die GM-Level-1-Kompatibilität aus. Der obligatorische MIDI-Recorder ist für schnelle Einspielungen gut, der MIDI-Player besitzt ein nettes Loop-Menü, um Song-Passagen zu Übungszwecken in der Schleife laufen zu lassen. Das Metronom mit seinen acht Taktarten und zehn zum Jammen geeigneten Begleitrhythmen kennt man vom UP380. Songs können via USB-Stick gesichert werden. Die passende Buchse befindet sich neben den beiden Kopfhörereingängen links unter der Klaviatur.
Audio-Files im MP3-Format spielt das UP400 ebenfalls vom USB-Stick ab. Audio-Recording ist nicht vorgesehen, und WAV-Files lassen sich noch nicht laden, aber laut GEWA soll ein künftiges OS-Update WAV-Unterstützung bringen. Über eine Aux-In-Buchse (Stereo-Miniklinke) sowie via Bluetooth kann zudem Audio von mobilen Zuspielern über das Wiedergabesystem abgespielt werden.
Das Anschlussfeld auf der Rückseite bietet Line-Ausgänge für den Betrieb an einer externen Anlage, einen zusätzlichen Klinkenanschluss für ein Sustain-Pedal, MIDI-In und -Out sowie USB-to-Host. Nettes Detail: Eine magnetisch haftende Abdeckung schützt alle diese Buchsen vor Staub und lässt einzig den Anschluss für ein zweipoliges Kaltgeräte-Netzkabel frei.
Die gut gelöste Touchdisplay-Bedienung ist ein Highlight. Die Bedienungsanleitung benötigt man selten, denn alle wesentlichen Funktionen lassen sich rasch und intuitiv finden. Den Bedienkomfort hat der deutsche Hersteller damit im Vergleich zu seinen anderen Pianos noch einmal deutlich erhöht, und auch vielen Konkurrenzprodukten aus Japan hat das neue GEWA hier einiges voraus.
Fazit
Mit zwei hochwertigen Flügelklängen, einer überzeugenden Tastatur und dem neuen Wiedergabesystem im UP400 macht GEWA einen deutlichen Sprung in Richtung obere Mittelklasse der Homepianos. Auch der Preisunterschied zum Modell UP380WK ist damit qualitativ voll gerechtfertigt. Die übrige Soundauswahl ist – wenn auch nicht jeder Sound das hohe Niveau der Piano- und Vintage-Keyboard-Klänge halten kann – insgesamt gelungen. Und die zusätzlichen Song-Player-Features schließlich nimmt man ebenfalls gerne mit.
Hersteller/Vertrieb: GEWA MUSIC GmbH
Internet: www.gewamusic.com
Preis: 2.690,– Euro
Unsere Meinung:
+ hochwertige, dynamische Flügelsounds
+ gute Tastatur
+ komfortable Bedienung
+ kraftvolles Wiedergabesystem
– kein Part-Effektblock für Registrations