Ensoniq ASR-X: Die unterschätzte Sampling-Groove-Waffe?

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Things That Go Boom… Sample-Drumcomputer-Geheimtipp ASR-X

Der Ensoniq ASR-X genießt unter Produzenten und Musikern einen besonderen Ruf. Viele sehen in ihm eine der am meisten unterschätzten Groove-Maschinen aller Zeiten. Doch was macht dieses Gerät so besonders, und warum gilt es vor allem in der Hip-Hop-Szene als Geheimtipp?

Kraftvoller Sound mit Charakter

Gerade Musiker aus der Hip-Hop-Szene schätzen den ASR-X wegen seines druckvollen und charakterstarken Sounds. Die leichte Rauheit des Klangs verleiht den Produktionen eine besondere Note, die sich mit Software-Plug-ins oft nur schwer nachbilden lässt. Ensoniq wollte mit der 1997 erschienenen ASR-X die Dominanz japanischer Hersteller im Bereich der Sampling-Drumcomputer durchbrechen, insbesondere die Marktführerschaft von Akai mit den MPC-Modellen. Der direkte Konkurrent war damals die Akai MPC-2000. Dank seiner innovativen Features und dem kraftvollen Sound hat der ASR-X bis heute einen besonderen Platz in der Musikwelt.

Ensoniq-ASR-X Bedienfeld
Foto: Bernhard Loesener

Unverwechselbares Design & Bedienung

Optisch unterschied sich der ASR-X deutlich von der Konkurrenz. Anstatt auf das klassische 16-Pad-Layout à la Akai zu setzen, entschied sich Ensoniq für eine einoktavige Mini-Tastatur mit fünfeckigen, anschlagsdynamischen Pads. Diese Anordnung erfordert zwar etwas Eingewöhnung, bietet aber eine interessante Alternative zur herkömmlichen Pad-Bedienung.

Das Gehäuse besteht aus robustem schwarzem Stahlblech, was dem Gerät eine hohe Langlebigkeit verleiht. Allerdings fehlen Plus/Minus-Taster und ein Zahlenfeld, wodurch die Werteingabe etwas umständlich werden kann. Beim Gebrauchtkauf sollte man darauf achten, dass die Encoder einwandfrei funktionieren, da sie über die Jahre oft verschleißen. Ersatzteile gibt es bei www.syntaur.com.

Sound-Engine & Speichermöglichkeiten

Der ASR-X arbeitet mit einer 32-stimmigen, samplebasierten Klangerzeugung und nutzt 16-Bit/44,1-kHz-Sampling (unterstützt AIFF und WAV). Die hochwertigen Wandler arbeiten mit 20 Bit (A/D) bzw. 18 Bit (D/A) und sorgen für einen warmen, druckvollen Klang.

Gespeichert wird entweder auf Diskette oder via SCSI auf eine externe Festplatte. Viele Nutzer rüsten das interne Diskettenlaufwerk gegen einen HXC-Disc-Simulator um, sodass Samples und Daten bequem auf SD-Karte oder USB-Stick gespeichert werden können (www.hxc2001.com). Die Basisversion des ASR-X wurde mit 2 MB RAM ausgeliefert, lässt sich jedoch mit Standard-SIMMs auf bis zu 32 MB erweitern (die Pro-Version sogar auf 64 MB).

Resampling: Kreative Freiheit ohne Grenzen

Eine der stärksten Funktionen des ASR-X ist das intuitive Resampling. Damit lassen sich Samples mit Effekten, Sequenzer-Grooves, Echtzeit-Drumming auf den Pads und sogar externes Audiomaterial direkt aufnehmen und weiterbearbeiten. Diese Möglichkeit macht den ASR-X zu einem wahren Kreativ-Kraftwerk.

Synthese & Filtersektion

Die Syntheseabteilung des ASR-X basiert auf der Technologie der Ensoniq ASR-Sampler und der MR-Serie. Samples lassen sich umfangreich editieren, wobei flexible Loop-Optionen und eine subtraktive (digitale) Synthese-Engine zum Einsatz kommen. Zu den Highlights zählen:

  • Drei fünfstufige Hüllkurven
  • Ein LFO mit 18 Wellenformen
  • Modulations-Matrix mit 12 Quellen & 23 Zielen
  • Unterstützung für Transwaves (Wellenformsätze)

Die Filtersektion besteht aus einem einpoligen und einem zweipoligen Multimode-Resonanzfilter, die hintereinandergeschaltet sind und eine breite Palette klanglicher Anpassungen ermöglichen. Für ein Digitalfilter der 90er Jahre klingt es erstaunlich organisch und ist den damaligen Akai-Filtern sogar überlegen.

Ensoniq ASR-X Bedienfeld 2
Foto: Bernhard Loesener

Effekte: Studio-Qualität an Bord

Die Effektsektion des ASR-X basiert auf einem hochwertigen Ensoniq-Prozessor, der auch im teuren DP/Pro-Multieffektgerät verwendet wurde. Im Vergleich dazu nutzte der ASR-10 lediglich den etwas schwächeren DP/4+ Chip.

Zu den 40 Insert-Effekten gehören:

  • EQ, Reverb & Chorus
  • Autowah & Decimator
  • Distortion & Vocal Morph-Formantfilter
  • Acht globale Reverb-Typen

Die Effekte sind auch heute noch absolut brauchbar, auch wenn lange, hochwertige Hallfahnen nicht erwartet werden sollten.

Der Sequencer: Schwachpunkt mit Einschränkungen

Der größte Kritikpunkt am ASR-X ist sein 16-Spur-Sequencer. Gerade in frühen OS-Versionen war das Timing problematisch, und auch die späteren Updates (zuletzt Version 2.67, erhältlich bei www.syntaur.com) konnten die Performance nicht vollständig optimieren. Bei komplexen Arrangements kann es zu Timing-Schwankungen kommen. Das kleine zweizeilige Display macht das Song-Arrangement zusätzlich mühsam. Wer den ASR-X nutzen möchte, sollte ihn daher lieber mit einem externen Sequencer oder einer DAW kombinieren.

ASR-X Rückseite
Foto: Bernhard Loesener

Fazit: Ein echter Geheimtipp mit Charakter

Der Ensoniq ASR-X ist auch heute noch ein hochgradig kreatives Tool, das für seine exzellente Klangqualität und Resampling-Möglichkeiten geschätzt wird. Sein warmer, druckvoller Sound macht ihn besonders für Hip-Hop- und elektronische Musik attraktiv. Der typische „amerikanische“ Klang mit knackigen Bässen und satten Mitten hebt ihn von anderen Samplern seiner Zeit ab.

Kein Wunder also, dass der ASR-X von vielen als Geheimwaffe angesehen wird. Zu den bekanntesten Nutzern gehören RZA (Wu-Tang Clan), Timbaland, Don Cannon, Young Jeezy, Twista, Beanie Sigal und Oddisee. Wer auf der Suche nach einem einzigartigen Sampler mit Charakter ist, sollte sich den ASR-X unbedingt genauer ansehen!

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