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Crumar Multiman-S (*1977)

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Crumar Multiman-S (*1977) (Bild: Dieter Stork)

„La Familia“ ist in Italien ein zentrales Kulturmerkmal. Dies spiegelt sich auch in der Musikindustrie wider, deren familiäre Verflechtungen sich kaum entwirren lassen.

So ist z. B. Piero Crucianelli, der lange Zeit Elka leitete, bis die Marke von GEM übernommen wurde, der Bruder von Mario Crucianelli, dem Gründer der mittlerweile legendären Firma Crumar. Der Firmenname leitet sich übrigens aus Elementen des Nach- (CRUcianelli) und des Vornamens (MARio) ab.

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Die Firma Crumar gehört zu den bekanntesten italienischen Synthesizerherstellern: Zu ihren Produkten gehören u. a. der in Zusammenarbeit mit Bob Moog entwickelte monofone Synth Crumar Spirit, die Synthesizer DS 1 und DS 2, die unter dem Namen BIT herausgebrachten, polyfonen Synthesizer BIT ONE und BIT 99 und das digitale GDS-System. Crumar stellte außerdem noch Orgeln, etwas merkwürdig klingende „E-Pianos“ und Synthesizer, wie den Ende der siebziger Jahre erschienenen DS 2, her. Auch Effektgeräte, wie das skurrile, aber klangmächtige, mit Blas-Controller ausgestattete Analogfilter Masters Touch, das in Kooperation mit Nyle Steiner (von Steiner Parker) entstand, gehörten zum Crumar-Repertoire.

Ein großer Erfolg für die Firma war die Entwicklung der Gattung der Multikeyboards, die in den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren sehr beliebt waren. 1975 erschien der erste Multiman: Die Entwickler kombinierten eine Stringmachine mit einem einfachen polyfonen Synth für bläserartige Sounds und einer Bassund E-Piano/Harpsichord-Sektion. Vor allem von Rückenschmerzen geplagte Live-Keyboarder atmeten auf: endlich eine All-In-One-Wunderbox, die die Keyboard-Burg überflüssig machte.

Andere Hersteller, wie z. B. ARP mit seinem Quadra-Synth, folgten und brachten ebenfalls Multikeyboards heraus. 1977 kam mit dem Crumar Multiman-S eine verbesserte und leistungsfähigere Version des Multiman auf den Markt, die sich noch besser verkaufte. In den USA wurde das Gerät unter dem Namen Orchestrator vermarktet.

Crumar Multiman-S

Der Multiman-S ist fest in einem stabilen Holzgehäuse eingebaut und bringt stolze 15 Kilo auf die Waage. Das übersichtliche, mit Fadern ausgestattete Bedien-Panel befindet sich über dem nicht anschlagdynamischen Fünf-Oktaven-Keyboard. Die Tastatur bietet eine Splitfunktion mit festem Split-Punkt. Bei manchen Geräten kann das Keyboard übrigens wegen Kontaktproblemen nicht mehr voll funktionsfähig sein. Die Überholung ist aber mit Kontaktspray und etwas Geduld kein Problem. Fünf analoge Sounds (Brass, Piano, Clavichord, Cello, Violine) lassen sich mit Fadern für jede Keyboardhälfte individuell zusammenmischen. Für jeden Sound (pro Split-Sektion) steht ein Mute-Taster zur Verfügung.

Der Bass-Sound erklingt nur in der unteren Tastaturhälfte. Die Brass-Sektion bietet eine AD-Filter-Hüllkurve sowie ein Lowpass-Filter mit Cutoff und Resonanz, das bis zur Selbstoszillation gebracht werden kann. Die Cutoff-Frequenz lässt sich übrigens auch mit einem Fußpedal steuern. Alle Stimmen müssen sich allerdings ein Filter teilen. Die String-Abteilung kann mit einem EQ-Crossfader ein wenig bearbeitet werden, ansonsten werden die Strings durch die Mischung der Sounds Cello und Violin und den Release-Parameter geformt. Letzterer gehört zu den Pluspunkten des Gerätes, denn er ermöglicht schöne, weite Reverb-artige Streicherklänge.

Außer einem Master-Volume-Fader und einer Vibrato-Sektion mit Speed- und Depht-Regler gibt es an der Vorderseite noch einen leicht versenkten Pitch-Fader für die Gesamtstimmung; leider ist dieser nicht mittengerastert. Auf der Rückseite finden sich neben einem Summenausgang noch Einzelausgänge für Brass, Bass und Piano, Fußschalteranschlüsse für Sustain, Lautstärke und die Filtersteuerung des Brass-Sounds. Auch ein Fußbasspedal lässt sich anschließen. Einen Schaltplan für den Multiman-S kann man übrigens auf der Webpage zum YU-Modular-SynthProjekt (http://yusynth.net/MyOldGear.html) downloaden.

Sound

Der Stringsound überzeugt auf der ganzen Linie: Er ist voll, strahlend, kraftvoll und klingt typisch nach den goldenen Siebzigerjahren. Crumar-Strings besitzen aber einen etwas anderen Charakter als z. B. der Solina-Sound; Letzterer klingt eher seidig und zurückhaltend, während der Crumar-Sound körniger und etwas aggressiver ist. Der Brass-Synth ist zwar sehr begrenzt in seinen Möglichkeiten, eignet sich aber sehr gut zum Beimischen unter die Strings, dadurch werden diese noch mal gut unterfüttert.

Aber auch ohne Strings macht der warm und weich klingende Synth eine gute Figur, obwohl er nur auf einem Oszillator beruht und, wie die Strings, mit einer Frequenzteilerschaltung arbeitet. Dafür ist er (wie alle anderen Sounds, außer dem monofonen Bass) vollpolyfon und kann sogar mit einem Kaskadenfilter punkten, das vom Moog-Vorbild inspiriert wurde. Die anderen Sounds wie Piano, Clavichord und der monofone (sehr weit herunterreichende) Bass klingen allein ein wenig dröge, funktionieren aber in der Mischung mit Strings und Brass gut und lassen sich z. B. prima dazu einsetzen, die Attack-Phase energischer zu gestalten. Wie bei vielen Keyboards dieser Ära ist das Eigenrauschen der Klangerzeugung nicht unerheblich.

Crumar Performer

Einer der interessantesten Varianten des Multiman ist sicherlich der Crumar Performer. Er ist etwas kompakter, verfügt über ein 49-Tasten-Keyboard und versprüht mit seinen Holz-Seitenteilen eleganten Vintage-Sexappeal. Die Klangerzeugung bietet lediglich Strings und Brass und entspricht im Wesentlichen dem Multiman-S. Der Performer hat zwar weniger Sounds an Bord, die String-Sektion ist aber dafür mit einem 3-Band-EQ und neben dem Release–Regler auch noch mit einer einstellbaren Attack ausgestattet.

Das Manko des kleineren Tastaturumfangs wird durch eine einoktavige Transpose-Funktion ausgeglichen. Im Gegensatz zum Multiman hat der Performer außerdem einen LFO, der wahlweise die Tonhöhe (aller Sounds) oder die Cutoff-Frequenz des Filters modulieren kann. Ausgangsseitig ist der Synth mit Ausgängen für die Summe, den Brass-Sound, das ungefilterte Brass-Signal (für das Routing durch andere Filter oder Effekte) und einen Gate-Ausgang ausgerüstet. Es existieren außerdem einige Multiman-Derivate, die meist einen etwas anderen Funktionsumfang haben und mit weniger Sounds auskommen müssen, wie z. B. Brassman oder Stringman.

Zu den Multiman-Nachfolgern kann man außerdem Multiman-S 3 und auch spätere Modelle wie den Crumar Stratus und den Trilogy zählen. Die Crumar String- und Brass-Sounds des Multiman-S oder einer seiner Verwandten wurden von vielen Musikern auch im Studio eingesetzt; dazu gehören u. a. Manfred Mann, Klaus Schulze, Duran Duran (auf den ersten beiden Alben wurde der Crumar Performer extensiv verwendet), Stereo MCs, Sun Ra (Moment Of Silence, Disco 3000), Dave Greenslade (auf dem Album Time & Tide), Holger Czukay (Movies) und Peter Banks von der englischen Band After The Fire. Wer Platz- und Rückenprobleme hat, kann auch auf das VST-Instrument Virtual String Machine von G-Force zurückgreifen, das für 150 Dollar zu haben ist und außer dem Crumar Multiman noch andere Stringklassiker bietet.

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