Casio PX-5S Privia Pro – Stagepiano im Test
Gute Pianosounds, eine komfortabel spielbare Hammermechanik-Tastatur, robuste Verarbeitung – das sind wohl die Hauptmerkmale, die die meisten von einem Stagepiano erwarten. Außerdem wären da noch eine flexible Auswahl an unterschiedlichsten Klängen, Layer- und Masterkeyboard-Funktionen, integrierte Effekte sowie Speichermöglichkeiten, um einen möglichst reibungslosen Gig zu gewährleisten. Eine Überraschung ist das Privia PX-5S von Casio, das all das für kleines Geld bietet und sogar noch einige Extras parat hat.
Ein wichtiger Aspekt ist nicht zuletzt auch der leichte Transport des Instruments – und da kann das PX-5S sogleich punkten: Mit knapp 11 kg zählt das Instrument zu den Leichtgewichten seiner Klasse. Die Leichtbauweise des komplett aus Kunststoff gefertigten Gehäuses macht’s möglich. Es macht einen vertrauenerweckend stabilen Eindruck und ist sauber verarbeitet. Soll das Gerät oft transportiert, ist ein entsprechend verstärktes Case ohnehin Pflicht. Weniger schön allerdings ist das externe Netzteil.
Ein erster Blick über das Bedienfeld des PX-5S führt schnell zu vertrauten Dingen wie den einzelnen Sounds in der TONE-Tastergruppe sowie bereits organisierten Komplett-Presets, STAGE SETTINGS genannt. Hier findet man die klassischen Stagepiano-Combis, die man immer wieder braucht, aber auch so einige sehr komplexe und fette Layer, die demonstrieren, dass das PX-5S doch etwas mehr drauf hat als nur Piano und Strings. Ebenso findet man schnell heraus, dass die sechs Schieberegler und vier Potis auf der linken Seite des Bedienfeld wichtige Funktionen wie Effektstärke für Chorus, Delay und Reverb sowie einen Master-EQ steuern, wobei die Parameter je nach Preset variieren können.
Schon nach dem ersten Durchspielen einiger Sounds hat das PX-5S den ersten Test bestanden: Ich will auf jeden Fall wissen, was sonst noch in der Kiste steckt!
Klangbeispiel Casio PX-5S
https://soundcloud.com/keyboardsde/casio-privia-px-5s-stagepiano
Zonen & Tones
Die 256-fache Polyfonie der Klangerzeugung ist gut dimensioniert, denn das PX-5S bietet vielseitige Klangmöglichkeiten und 16-fache Multitimbralität.
In den Stage Settings können bis zu vier Zonen gleichzeitig über die Tastatur gesteuert werden, wobei es auf die Zusammensetzung der einzelnen Sounds ankommt. Layert man beispielsweise einen stereo gesampelten Pianosound mit einem aus zwei Oszillatoren gebildeten Pad, dann werden bei einem vierstimmigen Akkord 16 Stimmen verbraucht. Für klassische Stagepiano-Anwendungen kann man also schon mal sagen, dass die Polyfonie mehr als ausreichend ist. Allerdings bietet das PX-5S auch sogenannte HEX-Layer, die bereits schon aus sechs Elementen bestehen können; diesen zusätzlichen Stimmenverbrauch sollte man also grundsätzlich berücksichtigen.
Jede Zone sendet auch via MIDI Spieldaten, wobei zahlreiche Einstellungen zur Steuerung externer Geräte gemacht werden können: Program Change, Bank Select, Volume, Transpose, Octave Transpose etc. – hier vermisst man nichts.
Ebenfalls in den Parametern der Stage Settings findet man Einstellungen für sämtliche angeschlossene sowie die On-Board-Controller. Und mit 100 speicherbaren Stage Settings hat man genug Platz für eigene Patches, zumal sich sämtliche Einstellungen des PX-5S auf den Rechner oder auch einen USB-Stick übertragen lassen.
Mehr als “nur” Klavierspielen: Viele Sounds!
Mit ca. 340 Preset- und 220 User-Tones wird hier eine Auswahl geboten, die über den Stagepiano-Bedarf weit hinausgeht. Unterteilt nach Kategorien gibt es in vielseitiger Ausprägung Orgeln, Gitarren, Bässe, Drumsets, Strings, Brass, jede Menge moderner Synthsounds und – da war doch noch was – richtig: Pianosounds!
Das akustische Klavier ist ein mehreren Varianten vertreten, die jeweils auf einen Basissound zurückgreifen. Es handelt sich dabei um einen klaren, durchsetzungsfähigen Flügelsound, der mit einem schönen Stereo-Image gesampelt wurde. Mir gefällt die Dynamik des Sounds, mit der sich ausdrucksstark spielen lasst. In der Einschwingphase schön perkussiv und im Sustain kräftig – genau das Richtige, um sich in einer Band mit akzentuierten und fülligen Pianoparts durchzusetzen.
Auch an wichtigen Klangdetails wurde hier nicht gespart. So besitzt der Pianosound „Sympathetic Resonance“ und sogar auch Dämpfergeräusche, die in Verbindung mit dem Sustain-Pedal arbeiten. Mich stört dabei ein wenig, dass das Dämpfergeräusch einen tonhaften Anteil besitzt, was nicht immer vorteilhaft klingt. Die künstlichen Saitenreosonanzen im Haltepedal klingen im Vergleich zu anderen Instrumenten vielleicht etwas spröde, was aber im Zusammenspiel nicht weiter stört.
Die E-Pianos sind mit Fender-Rhodes- und Wurlitzer-Varianten sowie einigen FM-Pianos mit den üblichen Klassikern gut besetzt, wobei ich mir doch ein etwas smootheres Rhodes gewünscht hätte – trotzdem bieten die knapp 30 E-Pianos eine gute und geschmackvolle Auswahl.
Volle Punktzahl gibt’s für die Clavinets, sehr smackig und mit charakteristisch schmatzendem Klick im Release des Sounds. Auch hier übrigens sind immer die typischen Effekte wie Phase, Flanger, Wah, Distortion etc. gleich parat.
Die Pads-Abteilung wird in verschiedenen Bereichen wie Strings und Brass bedient, die interessantesten Sounds findet man im Bereich HEX-Layer. Da diese Sounds aus bis zu sechs Elementen bestehen können, klingen sie auch entsprechend detailreicher. Übrigens finden sich unter den insgesamt 50 HEX-Layer-Presets noch weitere Rhodes-Sounds, die nochmal eine Spur besser sind als die in der TONE-Gruppe – viel zu schade, um sie hier zu „verstecken“.
Die Stärke der HEX-Layer sind Synthesizersounds. Sie weisen alle eine gewisse Komplexität und Fülle sowie interessante Tricks der Soundprogrammierung auf, die auf Anhieb Spaß machen.
Die Sounds lassen sich außerdem weitreichend formen – der Druck auf den EDIT-Taster offenbart den Blick auf eine komplexe Synthesizerstruktur, bei der sich über Wellenformen, Filter, Amp, Envelopes. LFOs, Key- und Velocity-Range, Effekt-Sends etc. für jeden Tone alles justieren lässt, was man sich nur wünschen kann – Wow!
Weniger Spaß bereitet das Editieren über das winzige Display. Zumindest helfen die vier Drehregler, um zwischen den Parametern schnell zu navigieren.
Tastatur
Die 88er-Klaviatur spielt sich schön griffig, ist aber dabei nicht zu leichtgängig. Dank graduierter Gewichtung zwischen Bass- und Diskant-Bereich fühlt sich insbesondere der akustische Flügelsound recht authentisch an und lässt sich in der Dynamik effizient dosieren. Die Kunststofftasten sind mit einer künstlichen Ebony/Ivory-Oberfläche überzogen, die sich im ersten Moment etwas arg rau anfühlt – gewöhnungsbedürftig, aber es erfüllt voll und ganz seinen Zweck. Die Tasten fühlen sich rutschfest an, wirken aber kein bisschen stumpf.
Effekte
Die eingebauten Effekte verleihen den Sounds spürbar Dimension und Bewegung. Es gibt die drei Sektionen DSP, SYSTEM und MASTER, wobei letztere zum Abstimmen des Gesamtsounds mittels Kompressor und Equalizer zuständig ist. Die System-Effekte enthalten neben den drei parallelen Effekten Reverb, Delay und Chorus auch die Pedal- und Resonanz-Effekte für das akustische Klavier, die man hier in der Intensität regeln kann. Auch lässt sich das Dämpfergeräusch bei Bedarf ausschalten.
Die DSP-Abteilung sind die unterschiedlichsten Effekte untergebracht, so etwa Phaser, Flanger, Distortion, Ring Modulator, Enhancer, Auto Pan, Rotary, Auto-Wah, Pitch Shifter oder Multi-Chorus.
Arpeggiator, Phase, Song
Der Wow-Effekt einiger Stage Settings ist auf den Einsatz des Arpeggiators zurückzuführen, der dann oft Elemente des Pad-Sounds in Bewegung setzt. Die eingespeicherten 100 Presets halten neben klassischen Up/Down/Random-Funktionen jede Menge rhythmisch phrasierte Patterns bereit, die zu allem Überfluss auch noch voll editierbar sind und in weiteren 100 Speicherplätzen verewigt werden können.
Damit lassen wirklich tolle Performances mit Sequenzer-Charakter realisieren – und glücklicherweise gibt dafür es auch einen TAP-Tempo-Taster, um das PX-5S einfach und schnell an das Tempo der Band anzupassen.
Damit nicht genug, es gibt auch 1.000 Phrasen, in denen man beliebige Riffs aufnehmen kann, die als Loops oder One-Shots wiedergegeben werden können. Als Live-Tool finde ich den Arpeggiator praktischer, aber die Phrasen lassen sich sehr gut in Verbindung mit dem Song-Recorder nutzen, wenn man eine Idee entwickeln und schnell festhalten möchte. Dafür bietet der Sequenzer 16 Spuren, in denen 16 unterschiedliche Phrasen aktiv sein können. Insgesamt eine runde Sache also.
Fazit
Alle Achtung! Unter den Stagepianos setzt Casio mit dem PX-5S einen Akzent hinsichtlich Funktionalität und Klangvielfalt. Die hier gebotene Funktionalität mit weitreichender Editierbarkeit, Onboard-Arpeggiatoren, Phrasen- plus 16-Spur-Sequenzer sowie Masterkeyboard-Eigenschaften lässt so manche Mitbewerber blass erscheinen – und dürfte ihnen hinsichtlich des Preises die Zornesröte ins Gesicht treiben, denn günstig ist das PX-5S obendrein.
Sicherlich muss man in Sachen Roadtauglichkeit des Plastikgehäuses und auch hinsichtlich des Bedienkomforts Abstriche machen, aber unterm Strich bekommt man hier gute Sounds, eine ansprechend spielbare Tastatur und jede Menge Funktionalität für unschlagbar wenig Geld.
Pro und Contra
+ klanglich vielseitig
+ große Auswahl an Sounds
+ weitreichende Editiermöglichkeiten
+ geringes Gewicht
– Klangdetails Akustikpiano
Hersteller/Vertrieb
Casio
Casio PX-5S Privia Pro: UvP 1.099,– Euro / Straßenpreis ca. 700,- Euro