Boss DR-880 – Drumcomputer mit Bass-Sounds und Gitarreneingang
(Kurztest von 04/2005) Bei einem neuen Dr. Rhythm Drumcomputer sind die Erwartungen immer ziemlich groß, denn eine z. T. ehrfurchtgebietende Ahnenreihe blickt auf uns herab.
Da sind nicht nur fast schon klassische Boss Geräte wie der DR-55 oder der silberne DR-110 (Acid Loops beider Modelle finden sich hier), sondern auch geschichtsträchtige Maschinen wie die TR-Reihe von Roland. Gitarristen und Bassisten können einen Eingang für Gitarren- oder Bass-Signale nutzen und haben einen tollen Partner zum Jammen oder Arrangieren von Songs, wenn der Drummer mal unpässlich ist oder wegen Liebeskummer das Timing nicht halten kann. Neben den Drum Sounds gibt es auch eine Bass-Begleitsektion.
Äußeres
Beim ersten Anblick des stabilen silbernen Plastikgehäuses fällt auf, dass es etwas größer ist als beim Vorgänger (27 × 24 cm). Das Display fällt ebenfalls sehr großzügig aus und lässt sich auch aus weiterer Entfernung gut ablesen. 20 gut spielbare anschlagdynamische Buttons dienen als Schlagflächen. Die Bedienoberfläche ist vorbildlich, alle Elemente sind da, wo man sie erwartet, und man kann auch ohne Handbuchstudium sofort loslegen. Vier Potis erlauben den Direktzugriff auf die wichtigsten Mixeinstellungen wie Gitarren-Input, Drums, Bass-Part und Gesamtlautstärke. Betätigt man die Tempotaste, kann man das Tempo eintappen oder manuell mit dem Endlosrad eingeben.
Mit Anschlüssen wurde nicht gegeizt: Rückseitig verfügt die Maschine über einen Stereoausgang, der zusätzlich auch als Cinch-Version vorhanden ist, zwei Einzelausgänge und einen S/P-DIF-Ausgang. Zwei Fußschalteranschlüsse (für bis zu vier Fußschalter), MIDI-Ein- und Aus- gang sowie ein USB-Anschluss sind ebenfalls vorhanden. Über USB kann man MIDI-Files vom Computer übertragen, um diese zur Pattern-Erstellung zu nutzen. Der USB-Port kann auch als MIDI-Interface fungieren und zum Speichern der Programmdaten im Computer gebraucht werden. Praxisnah ist die Zugentlastung für das Kabel des externen Netzteils. Kopfhörerausgang und Eingang für die externen Signale wurden vernünftigerweise an der Vorderseite angebracht. Batteriebetrieb ist leider nicht vorgesehen.
Programmierung
Wer Pattern selbst erstellen will, kann sie mit den Pads im Realtime- oder Step-Modus eingeben oder im EZ-COMPOSE-Modus vier einzelne Tracks (Hi-Hat, Kick/Snare, Percussion und Bass) blitzschnell mit dem Alphadial und den CursorTasten bei laufendem Sequenzer auswechseln, wobei aus verschiedenen Kategorien gewählt werden kann. Auch zwei Fills (lang und kurz) lassen sich supereinfach aus dem Preset-Vorrat selektieren. Dies kommt jedem entgegen, der mal eben eine Idee mit dem passenden Groove unterlegen will, ohne alles von Grund auf neu programmieren zu müssen. Weiter verändern lassen sich die Pattern mit Hilfe des GROOVEMODIFY-Menüs mit folgenden Funktionen:
Shuffle-Programmierung mit den Parametern Auflösung, Prozenteingabe und Intensität.
Velocity Modify: hiermit kann man zwölf verschiedene Anschlagsdynamik-Templates aufrufen und ihre Intensität regeln.
Ghost-Note–Programmierung: In dieser Abteilung werden 20 straighte und 20 geshuffelte Pattern-Vorlagen für Ghost-Notes (die Königsklasse der Natur-Drumprogrammierung) zur Verfügung gestellt. Noch nie war es so einfach, realistisch klingende Grooves zu erstellen! Ein Grid-Display erleichtert den Überblick bei der Programmierung. Die Auflösung des Sequenzers (Kapazität: 30.000 Noten) liegt bei 96 ppq, und der Tempobereich geht von 20 bis 260 BPM. Pattern-Material ist zuhauf an Bord: Es gibt 500 (!) Presets und 500 User-Speicherplätze. Die volle Punktzahl muss man für die Rock-Presets vergeben, die die überwältigende Mehrzahl ausmachen. Hier merkt man deutlich, dass die Pattern von echten Drummern eingespielt wurden; fast alle Genres vom Rockabilly bis Death Metal werden kompetent abgedeckt.
Die R’n’B- und Funk-Pattern sind okay. Nur zum Teil gelungen sind die „elektronischeren” Stile wie HipHop, Drum’n’Bass oder Techno. Gute UK-Garage- oder aktuelle Techno-Grooves sucht man vergeblich; unfreiwillige Komik versprühen die Drum’n’Bass-Patterns. Manche Elektronik-Grooves klingen eher so, wie sich ein Rockmusiker, der 1994 zum letzten Mal in der Disco war, sich diese Genres vorstellt. Die angepeilte Zielgruppe ist allerdings nicht der Elektronikproduzent oder DJ, sondern eher der klassische Band-Musiker.
Die Pattern lassen sich zu Songs verketten, wobei viele Copy- und Edit-Parameter zur Verfügung stehen.
Drumsounds
Die 32fache Polyfonie reicht für die meisten Standardsituationen völlig aus. Nur wenn man die Bassbegleitung mit opulenten Akkorden versieht, kann es mal eng werden. Die Sounds stammen teilweise aus der SRX-Library von Roland, ein großer Teil der Natur-Drumsounds wurde aber völlig neu gesampelt. Gerade die neuen Sounds bestechen durch großen Realismus, decken eine große stilistische Bandbreite ab und gehören zur qualitativen Oberklasse. Auch in der Synthetikabteilung wird einiges geboten: Die Roland TR-Klassiker von TR-606 bis 909 sind natürlich vertreten (sogar Sounds des Vorläufers DR-110 haben es in das Sound-ROM geschafft), und es gibt eine Reihe guter und druckvoller HipHop- und Electro-Sounds. Allerdings fehlen ein paar aktuellere Samples wie z.B. Clicks’n’Cut-Sounds, FM-Artiges, Timestrech-Schnarrsounds oder bitratenreduzierte Effektklänge.
Im Kit-Edit-Menü werden (pro Sound) ein paar Parameter wie Level, Pan, Tune, Hüllkurven, Reverb, Insert-Effekt, Kompressor und ein 3-BandEqualizer bereit gestellt, die zum Bearbeiten von Standard-Drumkits sehr sinnvoll sind. Für unkonventionellere Klänge ist man damit aber nicht so gut ausgerüstet. Ich hätte mir zumindest noch einen Reverse-Parameter gewünscht.
Bass
Jedes Pattern hat eine Bassspur, die harmonisch transponiert werden kann. Im Chord-Progression-Menü lassen sich sehr komfortabel mehrtaktige Akkordschemata eingeben; auch hier gibt es eine Reihe von Templates. Die Bass-Patterns der DR-880 sind gut programmiert (insbesondere im Rock- und Popbereich) und lassen sich gut als Basis nutzen. 40 gut klingende Bass-Sounds aus allen gängigen Sparten stehen zur Verfügung, die auch durch einen gut klingenden Bass-Amp-Simulator geschickt werden können. Für die Synth-Bässe hätte ich mir noch ein Lowpass-Filter mit Resonanz gewünscht, aber auch in der Basssektion stehen die synthetischen Sounds (und Patterns) nicht so im Vordergrund.
Effekte
Mit der leuchtenden TSC-Taste lassen sich die (Summen-)Effekte, die aus einem parametrischen Stereo-Dreiband-Equalizer und einem Reverb bestehen, mit einem Tastendruck an- und ausschalten. An der Effekt-Qualität gibt’s nichts zu mäkeln, sie ist wirklich gut.
Die Effektsektion für den Gitarre/Bass-Eingang arbeitet mit der bekannten COSM-Technologie. Es gibt 45 Presets mit Gitarren-Multi-Effekten (auch für Akustik-Gitarre), fünf mit Bass-Effekten sowie 50 User-Presets. Die Saitenfraktion wurde außerdem mit einem chromatischen Tuner beglückt. Die Input-Effekte (die den Boss-Bodenmultis GT-6 und -6B entsprechen) sind wirklich eine tolle Zugabe und können auch für Keyboarder, die ihren Sounds etwas mehr Dreck und Biss verleihen möchten, sehr nützlich sein.
Fazit
Die DR-880 ist mehr als eine Rhythmusmaschine. Vor allem für Bandmusiker ist das Gerät ein tolles Kompositions- und Arrangierwerkzeug mit äußerst realistisch klingenden Natur-Drum-Patterns. Die innovative und wirklich supereinfache Bedienoberfläche verkürzt trotz großem Funktionsumfang den Weg von der Idee zum Hörergebnis erheblich. Kostenlos mitgeliefert wird eine hochwertige Effektsektion, die sich auch allein nutzen lässt, da man den Input auch auf die Einzelausgänge routen kann. Der Preis geht angesichts des Gebotenen in Ordnung, ein Mitbewerber mit ähnlichen Funktionen ist momentan nicht in Sicht. Eine Maschine wie die Adrena-Linn, die ebenfalls Gitarreneffekte bietet, hat ein etwas anderes Konzept. Auf meiner Wunschliste steht noch eine Version, bei der der Elektronikmusiker mehr im Vordergrund steht, und bei der Effekte wie Lowpassfilter und Bitratenreduzierung sowie Realtime-Eingriffmöglichkeiten mit an Bord sind.
Konzept: Drumcomputer mit Basssounds und integrierten COSM-Effektenm Gitarre/ Bass-Input und Digital-Ausgang
Hersteller / Vertrieb: Roland
Internet: www.rolandmusik.de
UvP / Straßenpreis: 499,– / ca. 450,– Euro
+ einfache Bedienung
+ Bassbegleitung
+ viele hochwertige Presets aus dem Rock- und Popbereich
+ übersichtliche Bedienoberfläche
+ Gitarre/Bass-Eingang mit COSM-Effekten
– wenig überzeugende Elektronik-Presets
– kein Batteriebetrieb
Die Beschreibung hier wie zu erwarten, nur positiv, dabei gibt es doch so vieles was negativ aufstößt und in die Zeit 2018 nicht passt.
Es fehlt gsnz vorn ab ein PC-Editor für das erstellen und ändern von Pattern. Der eingebaute Editor ist von detailverliebten Ingenieuren erstellt und entbehrt jeder Ergonomie.
Der Netzanschluss ist nur mit dem mitgelieferten Netzteil möglich, Der sonst bei allen anderen Geräten genormte BOSS Anschluss passt nicht.
Pattern zu erstellen ist extrem zeitaufwendig. Einen Song zu erstellen fast undenkbar. Ich habe beides mehrfach ausprobiert.
Vom Entwicklungsstand passt das Gerät eher Anfang der 90er Jahre, dagegen sind de Sounds relativ gut.
Zum professionellen Arbeiten ungeeignet. Zum Üben zu minimalistisch.
Preis – Leistung > zu teuer. Schade.
Hallo Werner,
Deine Kritik ist sicher nicht ganz unbegründet, allerdings ist das Gerät auch nicht von 2018, sondern von 2005 – ebenso der Test (Keyboards 4/2005). Gerade auch in Sachen Bedienung sind die Geräte heute auch wesentlich intuitiver zu bedienen, als die von vor 10, 15, 20 Jahren.
Lieben Gruß
Dem kann ich nur zustimmen. 2020 scheinen einige Hersteller immer mehr in die Sopfwaremolttenkiste zu greifen wie Akai und Zoom. So wird es heute eher noch schlechter. Ein Drumeditor für den Computer wäre wirklich toll gewesen aber die Software von 2005 würde wohl heute kaum noch laufen. So ist das ganze Softwarezeug auch mehr als ernüchternd. So ist es ganz fein alles im Gerät zu haben und von Computern und deren Betriebssystem unabhängig zu sein. Das Programmieren eines Stückes dauer wirklich etwas, ist aber auch nicht sonderlich kompliziert oder gar unmöglich. Wenn ein Drummer ein STück einübt, braucht der aber auch etwas. Der Boss belohnt einen aber mit einem fantastischen Zuspiel, wenn man gut programmiert hat und die Velocity Werte nicht alle auch 100 % gesetzt sind. Ich finde der klingt super und sehr authentisch. Als Jambegleiter eignet sich mehr der Alesis SR18, den ich auch habe. Klingt gut aber kommt für mich an den Boss nicht dran. Er klingt irgendwie dumpf. Der Boss ist kein so guter Begleiter. Schade, dass es den dr880 nicht mehr gibbet. Bis auf den Alesis gibt es somit gar keinen Drumcomputer mehr, wenn ich das richtg überblicke. Der TRIO+ ist eine feine Sache aber leider nur mono und eben auch nicht programmierbar. Auf der Ebene des TRIO hat Boss auch nachgelegt und nicht schlecht, wie ich finde. Da geht das ein oder andere einfacher aber eben leider auch nicht editierbar. Covern geht somit mit beiden nicht authentisch. Aber wenn ein Basser oder Drummer mal keine Ideen hat, sind die beiden letzeren Geräte auch sehr zu empfehlen. Schade, dass Boss das Thema Drumcomputer nicht weiterentwickelt sondern eingestellt hat. Der Zoom ARQ ist ganz interessant. Wird aber zur Zeit auch eingestampft. Mir hat das Ding zu viel geflimmert. Live mal ganz spannend aber at home eher nervig.
Auch wenn dass Gerät von 2005 ist, ist der Speicher für den Preis ein Witz. Wenn der Speicher sich als voll meldet kommt man an kein Menü mehr ran, was auch grottig ist. Jetzt kann man nur noch löschen. Speichererweiterung? Fehlanzeige! Gebrauch wird der Dr 880 völlig überteuert angeboten. 2005 waren Speicher sehr billig. Dass Boss das Gerät über mehr als ein Jahrzehnt nicht ein Stück verbessert hat oder Software anbot, die das Programmieren erleichtert, ist eigentlich unverschämt. Das sie auch keinen Nachfolger in der Lage waren zu konstruieren, ist armselig. Es werden nur noch Livestyle- bzw Boutique -Geräte produziert.
In der Tat ist das Gerät aus heutiger Sicht veraltet und es ist bedauerlich, dass es keine vernünftige Edit-Software für die Maschine gibt. Klanglich macht die Drumbox z.T. immer noch eine ganz gute Figur, aber die Bedienung ist unkomfortabel und die Gebrauchtpreise sind meist zu hoch…
Also an das Programmieren des DR880 habe ich mich gewöhnt und es geht fix. Am Computer geht das auch nicht besser. Es ist auch der einzige Drumcomputer bei dem das geht. Das mit den Ghost Notes ist Unsinn. Die kann man nicht gezielt einstellen und werden über einen Taster aktiviert, der die GN dann überall reinhaut. Man muss die Ghost Notes schon selbst programmieren, wenn es gut werden soll. Also gar kein Vorteil, sondern nur Marketing für Ahnungslose. Ghost Notes sind einfach nur kurze Aufschläge. Was aber ein enormer Nachteil ist, dass der Speicher viel zu klein und nicht erweiterbar ist. Das hätte man für den absurden Neupreis von 500 Euro auch damals schon viel besser gekonnt. Komplexe Songs bekommt man hier nicht viele programmiert. Bei mir waren es nicht mal 10. Alles nur events, die brauchen kaum Speicher. Daran sieht man wie unverschämt mickrig der Speicher ist. Wenn die Meldung kommt, dass der Speicher voll ist, geht gar nichts mehr, nicht mal mehr einzelne Noten löschen. Dann heißt es komplett raus und den Song löschen. Das ist ein schlimmer Programmierfehler, wenn das Betriebsystem selbst keinen Speicher mehr hat, um Befehle auszuführen. Der DR 880 wird z. Zt. gebraucht von 250 – über 400 Euro gehandelt. Ich kann aus meiner Erfahrung mit dem Gerät nur davon abraten es zu kaufen. Zumal, wie bei mir, nach ein paar Jahren nur noch die Hälfte des Displays beleuchtet wird. Welches bis zum Totalausfall dieses keine Seltenheit ist. Ersatz gibt es dafür nicht! Das Limit läge für mich darum bei 100 Euro, schon allein wegen des Alters. Es war und ist leider auch das einzige Gerät, in dem man Noten (Events) programmieren kann. Als Alternative für einen Drum Computer mit natürlichem Schlagzeug wären nur die von Alesis zu nennen. In denen man aber nur Pattern programmieren kann aber nicht die Noten. Man muss sie live einspielen und wenn man kein Schlagzeuger ist, kann man komplexe Songs (wie z.B. beim Covern) damit nicht erstellen. Beim Live Einspielen muss man sich für ein Quantsierung entscheiden. Und wenn man mal daneben liegt, wird es Mist und man fängt von vorne an. Es ist ein ständigen rumprobieren mit der Quantisierung. Editieren kann man nix. Ein Drum zu programmieren geht dann nur noch auf dem Computer, der ist dann aber nicht so mobil und komfortabel zu bedienen. Warum Boss das Gerät nicht verbesser hat und eingestampft hat, sondern stattdessen immer Kinderspielzeug auf den Markt wirft, ist mir ein völliges Rätsel.