Behringer Synth DeepMind 12 im Test
Mit dem Unternehmen Midas aus Manchester, UK integrierte Uli Behringers Music Group 2009 einen ausgesprochen erfahrenen Hersteller von Mixerkonsolen und Audio-Hardware in das eigene Portfolio. Vor drei Jahren begann das Team um Pete Sadler schließlich in seiner Freizeit mit der Entwicklung eines Synthesizers auf Basis eines digital gesteuerten Analogklassikers.
Kennern dürfte bereits beim ersten Blick auf die Oberfläche des DeepMind 12 die konzeptuelle Nähe zu Rolands Juno-106 aufgefallen sein, und tatsächlich begann die Entwicklung von Behringers erstem Polysynth in enger Anlehnung an die klanggewordenen Familienmitglieder der römischen Göttin. Nach ersten Prototypen begann sich das Design aber bereits deutlich über die Quelle der Inspiration hinaus weiterzuentwickeln. So wurden über die Zeit neben einer sinnvollen Stimmverdoppelung ein zweiter, ebenfalls digital gesteuerter Oszillator, eine Arpeggiator-/ Sequenzer-Einheit sowie eine umfangreiche Effektsektion integriert. Das zwölfstimmig polyfone und klangerzeugungsseitig fast ausschließlich auf diskreten Schaltungen basierende Instrument bietet zudem großzügige acht Soundbänke mit jeweils 128 Speicherplätzen.
Was die umgebende Hülle des Ganzen angeht, hat Behringer mit der Wahl eines soliden Metallgehäuses und zwei schmucken Seitenteilen aus Massivholz zumindest schon so einiges richtig gemacht. Aber hält das Innere, was die Fassade verspricht?
Unmittelbar nach Einschalten des DeepMind 12 heult mir ein erster Downer in Form von zwei rückseitig verbauten Lüftern entgegen. In Rücksprache mit der Entwicklungsabteilung in Manchester stellt sich jedoch heraus, dass man diese via Software für 90% aller Anwendungssituationen auch beruhigt ausschalten kann. Wie es scheint, handelt es sich bei der des Entwicklungsprozesses von erheblicher Bedeutung war, nun allerdings aufgrund optimierter Schaltungen nur noch für den Betrieb in tropischen Breitengraden oder direkt unter einem heißen Bühnenspot von erhöhter Relevanz ist.
Analog zum Paten ist auch bei Behringers erstem Seriensynth ein Großteil der Parametersteuerung über Slide-Encoder realisiert. Beim Testgerät fällt auf, dass diese in puncto Gängigkeit eine gewisse Toleranz aufweisen.
Angesichts der Preiskategorie und der Tatsache, dass die Fader verschiedener klassischer Synths durchaus ähnliche Verhaltensweisen aufzeigen, wollen wir dem Ganzen aber nicht zu viel Bedeutung zumessen.
Wie sich die Hardware des DeepMind 12 im Dauereinsatz schlägt, wird sich ohnehin erst im Laufe der nächsten Jahre zeigen. Dass Behringer seinen Debüt- Klangerzeuger mit einer dreijährigen Garantie ins Rennen schickt, ist in dieser Beziehung zumindest schon einmal ein vertrauenserweckendes und investitionssicherndes Statement.
Einen ebenfalls positiven Eindruck hinterlässt die verbaute Tastatur mit monofonem Aftertouch, welche sich wirklich hervorragend und solide spielen lässt.
Apropos spielen: Wie klingt der Gute denn nun? Um es schon einmal vorwegzunehmen: Er klingt trotz soundphilosophischer Verwandtschaft nicht wie eine Kopie des Junos, obwohl er unbestritten einige Charaktereigenschaften mit Rolands Modellreihe teilt.
Beim ersten Anspielen kamen mir spontan Umschreibungen wie »weich«, »glatt« oder wahlweise »ohne Ecken und Kanten« in den Sinn. Aber bedeutet das zwangsweise eine Abwertung? Keineswegs! Der Deep-Mind 12 will gefallen − nicht polarisieren.
Unterschiedlicher Meinung darf man beim Einsatz der internen Effektbatterie aus dem Hause TC Electronic und Klark Teknik (mittlerweile ebenfalls Music Group) hinsichtlich der Werks-Presets sein. Hier wollte man natürlich zeigen, »was geht«, was dann für meinen Geschmack hier und da ein wenig puristischer hätte ausfallen können. Da die Regelung der vier Effekt-Slots mit ihren zehn verschiedenen Routing-Optionen pro Preset via einem unter dem Display untergebrachten Direktzugriff denkbar einfach und praxisgerecht umgesetzt wurde, ist die Entschärfung oder Verstärkung der effektiven Zugabe ein Kinderspiel.
Die Effektabteilung mit ihren über 30 Algorithmen lässt sich durchaus als potente klangbildende Maßnahme verstehen, die über den Charme einer bloßen Dreingabe weit hinausgeht. In Verbindung mit der relativ mächtigen Modulationsmatrix mit insgesamt acht Slots, 22 Modulationsquellen sowie den über 120 Routingzielen ist diese sogar als eine der wesentlichen Klangformungselemente des Deep-Mind 12 anzusehen.
Als eigentliche Quelle des Klangs outet sich beim vorliegenden Probanden das bereits erwähnte Doppel der digital gesteuerten Oszillatoren, bei denen sich DCO 1 mit einem spartanischen Setup aus Sägezahn, Rechteck und Pulsweitenmodulation um die charakterliche Basis kümmert und sich mit der ebenfalls stimmbaren Rechteckwelle des DCO 2 tonal modulieren lässt. Als Modulationsquelle lassen sie sich allerdings nicht verwenden. In der Praxis stehen im Übrigen verschiedenste Betriebsmodi wie Unison (2/3/4/ 6/12), Mono (2/3/4/6/12) sowie Poly-6 und Poly-8 zur Verfügung. Somit lassen sich auch die Verhaltensweisen anderer klassischer Synthesizer emulieren. Über den angegliederten Noise-Level-Fader lässt sich zudem noch etwas Dreck ins Signal mischen.
Die integrierten LFOs bieten prinzipiell von Sinus, Dreieck, Rechteck, Sägezahn (up & down), Sample & Hold bis zu Sample & Glide alles, was man sich wünschen kann. Die zum Tempo synchronisierbaren LFOs lassen sich zudem bequem auf Pulsweite, Filter, Modulation oder die Stimmung der DCOs routen. Einen One-Shot-Mode bleibt der gute DeepMind 12 allerdings noch schuldig.
Die Filtereinheit bietet ein resonanzfähiges Low-Pass- Filter mit schaltbarem 2- und 4-Pol-Betrieb (12 oder 24 dB Flankensteilheit pro Oktave), ergänzt um ein Hi-Pass-Filter mit aktivierbarem Bass-Boost. Bei Letzterem handelt es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um eine vom Juno übernommene Default-Schaltung, welche beim DeepMind 12 nun optional auch deaktiviert bzw. aktiviert werden kann. Die Filtersektion des DeepMind 12 klingt insgesamt sehr musikalisch mit einem ausgesprochen angenehmen Obertonverhalten. Enveloped! Mit VCA, VCF und MOD stehen dem Instrument insgesamt drei identisch ausgestattete Hüllkurven zur Verfügung, die sich auf Basis zahlreicher Trigger-Quellen (Tastatur, LFO oder Sequenzer) nahezu überall hin routen lassen. Aufgrund der zwingenden Umschaltung lässt sich in der Praxis dabei natürlich immer nur eine Hüllkurve auf einmal bearbeiten, was aber mit Hinblick auf die bereits gut gefüllte Oberfläche durchaus zu verschmerzen ist. Einen Abholmodus gegen Parametersprünge besitzt der DeepMind 12 glücklicherweise ebenfalls.
Eine Arpeggiator- und Sequenzer-Sektion gehört auch beim DeepMind 12 zum guten Ton. Neben Akkorden lassen sich bis zu sechsoktavige Arpeggien auf Basis von editierbaren Patterns mit bis zu 16 Steps realisieren, die natürlich auch dem Clock-Divider zum Opfer fallen dürfen. Beim Sequenzer handelt es sich nicht um einen klassischen Notenrecorder, sondern eigentlich um eine Daten-Automation für Controller-Werte, die sich zum Beispiel via Mod-Matrix auf das Tuning der DCO-Einheit routen lässt. Auf diese Art lassen sich aber natürlich auch schöne Filterfahrten generieren.
Die Bedienung des DeepMind 12 geht insgesamt wirklich ausgesprochen leicht und selbsterklärend von der Hand. Über die vorhandenen Edit-Buttons gelangt man schnell in die entsprechenden Untermenüs, über welche sich eine wahre Flut von Parametersteuerungen ausführen und definieren lässt. Auch wenn es sich beim verbauten Display bei Weitem nicht um das hochauflösendste unter der Sonne handelt, lassen sich auch grafische Elemente wie Wellenformen noch recht passabel ablesen. Hier gäbe es bei einer möglichen Revision technisch gesehen noch ein wenig Luft nach oben. Schön und praktisch untergebracht ist die vom Juno übernommene Steuerung von Volume und Portamento direkt über den spektakulär orange illuminierten Wheels für Pitch- und Modulations-Kontrolle.
Für die Live-Anwendung des DeepMind 12 hätte ich mir allerdings noch ein paar User-Preset-Speicherplätze mit Direktzugriff über programmierbare Buttons gewünscht. Dies wäre eine wirklich schöne Alternative zur Dreh-Encoder-Navigation durch die acht Soundbänke des Synths. Für die Nutzung im Studio spielt dies natürlich keine größere Rolle.
Wirklich interessant ist im Übrigen die Möglichkeit, mittels WiFi-Verbindung und VR-Ausstattung aus 3D-Brille und Datenhandschuh die Parametersteuerung des DeepMind 12 im virtuellen Raum zu zelebrieren. Eine eindrückliche Demo dieses Features erhielten wir bereits im Januar auf der NAMM-Show in Kalifornien. Inwieweit sich diese Praxis auch abseits von Bühnenshows als Bedienoption durchsetzen wird, bleibt natürlich abzuwarten.
Insgesamt ist Behringer mit dem DeepMind 12 ein wirklich ansehnliches Erstlingswerk geglückt, welches sich nicht nur sehen, sondern auch hören lässt und im Gegensatz zum Preis dabei nicht mit Features spart.
Die Ankündigung von Firmeninhaber Uli Behringer, dem DeepMind 12 eine ganze Flotte von Synthesizermodellen folgen zu lassen, lässt in jedem Fall aufhorchen. Es bleibt spannend!
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