Der passende Retro-Hall für Vintage-Synthesizer?

Audiopunks Telefunken Echomixer – modernes Federhall-Plug-in

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Audiopunks Telefunken Echomixer
Audiopunks Telefunken Echomixer – GUI

Audiopunks Telefunken Echomixer ist ein Plug-in, das den passenden Nachhall für Vintage-Synthesizer (oder entsprechend analog anmutenden Plug-ins) liefert. Stilecht ist da natürlich der charmant-raue Klang eines Federhalls. Bisherige Plug-ins waren qualitativ eher wechselhaft, vor allem fehlte Tiefenstaffelung und die gefühlte Interaktion mit dem Quellmaterial. Die aktuelle Generation ist diesbezüglich jedoch vielversprechend.

Audiopunks Telefunken Echomixer

Am Anfang der Aufnahmetechnik war Hall ein „Luxus-Gut“, das nicht separat verfügbar war. Hall als künstlich erzeugter Effekt entstand über einen Umweg: Ende der 1930er Jahre nahm Laurens Hammond – Erfinder der legendären gleichnamigen Orgel – ein Federhall-Konzept für einen entsprechenden Effekt zu Hilfe. Die Hammond war seinerzeit als „Heim-Kirchenorgel“ gedacht, die Kundschaft wünschte sich Kathedralen-artigen Nachhall auch in den eigenen kompakten vier Wänden. Hammond hatte von den Bell Labs gehört, dem großen Telefondienstleister in den USA. Zu Testzwecken wollte die Firma Signalverzögerungen bei Ferngesprächen simulieren. Kurzerhand wurde ein Apparat mit Spiralfedern konstruiert, Hammond machte eigene Experimente, er optimierte auch die Auswahl der Spiralfedern – das ergab den ersten klassischen, gleichzeitig noch „monströsen“ Federhall. Später entstanden kompaktere Varianten, wie sie bis heute noch in vielen Gitarrenverstärkern als „Add-On“ zum Einsatz kommen.

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Ein Federhall mit Germanium-Transistoren

Der Telefunken Echomixer war ein früher Vertreter des Federhalls. Das 1961 auf den Markt gebrachte Gerät richtete sich ursprünglich an semi-professionelle Nutzer, um mehrere Signalquellen mit dem integrierten Mischpult (drei Kanäle) per Fader zu kombinieren. Die Kanäle 2 und 3 können per Regler mit dem integrierten Federhall versehen werden. Innen sind drei Verstärker für die Eingangssignale vorhanden, sowie ein Ausgangsverstärker, mit damals populären DIN- und 3-Pol-Anschlüssen versehen. Der Echomixer war in Hammerschlag lackiert und erinnert mit rund 40 cm Breite an einen größeren Controller. Ursprünglich kostete das Gerät 299 D-Mark – für den Hi-Fi-Bereich seinerzeit noch recht teuer.

Telefunken war in Sachen Entwicklung weit vorne und beispielsweise für das erste Tonbandgerät verantwortlich, die Firma stattete auch den Rundfunk aus. Im Hi-Fi-Segment war eigentlich „klarer“ Klang das Ziel, beim starken Anfahren der Verstärkung – die Schaltung ist mit Germanium-Transistoren und Ausgangsübertrager ausgestattet – entsteht warme, mitunter kräftige Verzerrung, dazu ein rauer, leicht scheppernder Halleffekt, der jedoch weit vom typischen „Boink“-Surfgitarren-Hall entfernt ist. „Clean“ bleibt der Effekt weitgehend seidig nahe der Ästhetik einer Hallplatte, trotzdem mit dem typischen Federhall-Charme ausgestattet. In den letzten Jahren ist das Gerät zwar gebraucht immer wieder zu finden, allerdings sind die Preise – wie bei manch beliebtem Vintage-Gerät – stark gestiegen, auf mittlere dreistellige Summen.

Virtuelle Version von Audiopunks

Eine virtuelle Umsetzung ist naheliegend. Ob das Ergebnis auch überzeugt? Gerade simulierter Analog-Hall fügt sich nur selten organisch ans Quellmaterial an, stattdessen wirkt das Ergebnis matschig, mit reduzierter Tiefenstaffelung – während die komplexe Hallfahne eines gut gewarteten Originals die wahrgenommene Tiefenstaffelung des Gesamtsignals mitunter erhöht.

Durch Zufall wurde ich auf das kürzlich veröffentlichte Plug-in des Pariser Anbieters Audiopunks aufmerksam. Vor rund zehn Jahren hatte ich ein analoges „Echomixer“-Exemplar selbst mehrmals verwenden können. Beim Test des Plug-ins in verschiedenen Mischungen machte sich Begeisterung breit. Im Gegensatz zu früheren Federhall-Plug-ins (unter anderem Faltungshall-Antworten in „Altiverb“ von Audioease) „saß“ das Ergebnis etwa auf Gitarren, Drums und Synth-Signalen gut im Mix, bereicherte und erweiterte die Mischung, ohne zu matschen. Der Klang wurde tiefer, nicht flacher. Das machte neugierig, den Firmengründer Nao Mjigal zu befragen.

Audiopunks Nao Mjigal
Audiopunks-Firmengründer Nao Mjigal (Foto: Audiopunks)

Audiopunks ist eine junge Firma und das im Dezember 2023 veröffentlichte Plug-in Telefunken Echomixer war ihr erstes Produkt. Mijgal war beruflich zuvor in der Pro-Audio-Branche unterwegs, er arbeitete jahrelang als Team-Manager und „Head of Content“ bei dem Anbieter “Mix with the Masters”, der Seminare mit Profi-Mischern veranstaltet. „Ich kam dadurch in Kontakt mit Audio-Marken, Synth- und Plug-in-Herstellern. Die Idee zum Telefunken Echomixer-Plug-in hatte ich bereits vor fünf Jahren. Damals wollte ich ein Vintage-Exemplar kaufen, aber da es sehr selten war, konnte ich zunächst keines bekommen. Währenddessen informierte ich mich weiter über Konzept und Historie: Besitzer hatten das Gerät teilweise modifiziert, um die Möglichkeiten zu erweitern – als handverdrahtetes Gerät war das recht einfach machbar. Die Nutzer verketteten zum Beispiel die Kanäle miteinander. Durch die interne Verstärkung mit Germanium-Transistoren war auf die Art spannende Verzerrung möglich. Innen ist eine Hammond-Hallspirale verbaut – gerade in dem Zusammenspiel können reizvolle Klangfarben entstehen. Mir schien das eine sehr gute Plattform für ein Plug-in.“ Er holte die für ihn passenden Leute ins Boot, darunter zwei Entwickler in Teilzeit und einen 3D-Grafiker, der fast in Vollzeit für ihn arbeitet. „Meiner Meinung nach gibt das Plug-in als ‚Debüt‘ die klangliche Richtung vor, in die ich mit Audiopunks gehen möchte – etwas ‚esoterischere‘ Spezialisten, die von größeren Firmen übersehen werden, weil sie sich auf bekanntere Studio-Standards konzentrieren.“

Mehrere Exemplare als Grundlage

Wie gingen sie die digitale Umsetzung an? „Ich hatte selbst zwei Exemplare, und im Team waren weitere vorhanden. So konnten wir auch Modifikationen nachvollziehen. Die verschiedenen Exemplare waren recht konsistent, wenn sie gut gewartet waren. Ein Ingenieur in Ungarn, der für mich arbeitet und Vintage-Equipment wartet und verkauft, schickte mir alte Schaltungsdiagramme, um mir das Konzept dahinter zu vermitteln. Das Ziel bestand im Ergebnis, wie ich es vom analogen Hall kannte – entweder durch Nachempfinden der individuellen Bauteile durch Algorithmen [ein Ansatz, den Universal Audio beispielsweise bei vielen UAD-Plug-ins nutzt, d. Autor] oder durch Sound-Design, bis wir sicher wären, dass es in mehreren Szenarien gleich klingt. Wir fragten uns: ‚Was fehlt uns bisher beim Modeling von Federhall?‘ Normalerweise ist der Ausklang nicht sehr lang. Der Hall ist zunächst sehr intensiv, ebbt dann aber schnell auf seltsame Art ab, er ‚stoppt‘ praktisch. Ich dachte mir – wenn der Nachhall elf Sekunden lang sein soll, dann sollte das Modell auch elf Sekunden lang ausklingen, ohne einen anderen digitalen Nachhall ‚dranzubasteln‘. Uns war klar, dass Rechenleistung in der Zukunft noch steigen würde, es bestand also kein Grund, uns von vornherein zu begrenzen. Trotzdem sollte das Plug-in nicht zwingend ein ‚CPU-Fresser‘ sein.“

Telefunken Echomixer Hardware
Blick auf verschiedene der analogen Echomixer, die für Audiopunks als Grundlage zur Plug-in-Entwicklung dienten (Foto: Audiopunks)

Faltungshall plus Algorithmen

Wirklich ins Detail gehen, wie die Umsetzung technisch aussieht, möchte er nicht, nur so viel: „Es ist eine Art von Faltungshall [Konzept der mathematischen Faltung, das aus einem verhallten sowie einem trockenen Signal den Unterschied ausrechnet und auf andere Ergebnisse anwendbar macht, allerdings statisch im Ausklang bleibt, d. Autor] im Zusammenspiel mit Algorithmen. Den Faltungshall haben wir selbst von Grund auf entwickelt, um die langen Ausklänge zu ermöglichen. Dazu kommen zusätzlich Eingriffsmöglichkeiten, die sonst nicht vorhanden wären – wie die Federspannung, für kürzeren oder längeren Nachhall durch mehr oder weniger Spannung. Dazu Pre-Delay sowie weitere Hallspiralen als Alternative. Die Verzerrung ist ein Code, der in den Faltungshall eingreift, um den Klang zu ergeben, wie er bei einem modifizierten Echomixer entsteht. Wir haben auch ein Problem des Originals behoben: Wenn du die Kanäle B und C aussteuerst, während der Hall des zweiten Kanals eingeschaltet ist, ist der Nachhall ‚out of Phase‘. Unserer Meinung nach klang das nicht gut. Es ging uns nicht darum, alles vom Original zu übernehmen, nur weil es dort so war. Daher haben wir den Fehler aus unserer Sicht korrigiert. Andere ‚glückliche Zufälle‘ haben wir übernommen.“

Audiopunks Telefunken Echomixer GUI 2
Zusatzfunktioen im Audiopunks Telefunken Echomixer

Internes Oversampling der virtuellen Germanium-Verstärkung

Eine grundsätzliche Herausforderung: „Verzerrung digital nachzubilden, ist schwierig. Du musst mehrere Layer übereinanderschichten, wenn du ein brauchbares Ergebnis erreichen möchtest.“ Dabei setzen sie zum Beispiel auf die Möglichkeit, Oversampling zu aktivieren. Dazu wird intern zur Berechnung des Effekts die Auflösung hoch gesetzt, und am Ausgang wieder herabgesetzt. Das soll unter anderem dazu dienen, Rundungsfehler zu minimieren – und so einen „analogeren“ Klang zu erzeugen. Die Möglichkeit werde bei manchen populären Plug-ins nicht verwendet, so Mijgal. „Es entsteht so viel Aliasing [Artefakte durch ‚falsche‘ digitale Verzerrung, d. Autor], sodass das Ergebnis weit weg vom Original ist.“ Oversampling braucht mehr Rechenleistung und kann beim Echomixer-Plug-in nach Bedarf skaliert werden. „Das Oversampling haben wir nur in der Preamp-Stufe realisiert, nicht beim Nachhall – aufgrund der Länge und der Prozessorleistung, die bereits benötigt wird, wäre Oversampling hier Wahnsinn. Es sollte generell keinen riesigen Unterschied machen, außer, wenn Distortion aufgedreht ist, und die drei Kanäle hintereinander gekoppelt sind. Bei 16x verschwinden alle möglichen Aliasing-Artefakte – das bietet sich beispielsweise für Offline-Rendering an, wenn ansonsten bereits viele Plug-ins im Mix im Einsatz sind und viele Ressourcen beansprucht werden.“ Das Plug-in kann mit jeder Sample Rate arbeiten, die interne Faltungshall-Antwort arbeitet mit 96 kHz. Ob der Klang per Oversampling am Ende tatsächlich als besser wahrgenommen wird, hängt von der Umsetzung der einzelnen Hersteller ab – hier müssen jeweils die eigenen Ohren entscheiden.

Aktuell zum Einführungspreis erhältlich

Das Plug-in Audiopunks Telefunken Echmixer ist direkt beim Hersteller erhältlich, derzeit noch zum Einführungspreis von 99 Euro (Normalpreis 129 Euro). Mittlerweile ist mit dem „Great British Spring Reverb“ (Einführungspreis 49 Euro, Normalpreis 79 Euro) noch ein speziellerer Nischen-Kandidat im Portfolio hinzugekommen. Gegen Ende des Jahres soll laut Mijgal ein aufwendiger Kompressor veröffentlicht werden.

Unter diesem Link findet ihr das Plug-in Telefunken Echomixer bei Audiopunks.

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