Arturia Origin – Analog Modeling Syntheziser im Test
Die französische Firma Arturia gehört wohl zu den Softwareschmieden mit der größten Erfahrung, wenn’s um gut klingende Emulationen von Synthesizerklassikern geht. Jetzt geht’s um die Weltherrschaft im Hardwaresegment: Arturia bezeichnet den Origin 2011 vollmundig als den „most powerful synthesizer on the market“.
http://youtu.be/Ou3E5upGvVg
Den Arturia Origin gibt es sowohl als Desktop- als auch als Keyboard-Version mit klappbarem Bedienpanel. Er ist ein aufwendiger virtuell-analoger Synthesizer mit modularer Struktur, die es einem erlaubt, auf die Emulationen der Klassiker ARP 2600, Minimoog, Roland Jupiter-8 sowie Yamaha CS-80 zurückzugreifen und sich daraus modular seinen Traumsynth zusammenzustellen.
Das Design des Arturia Origin mit den weißen Metall- und den massiven Schichtholz-Oberflächen wirkt modern und eigenständig, dabei stilvoll und Musiker-affin. Man merkt, dass das Gerät nicht in China, sondern in Frankreich gefertigt wird, die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben und wirkt wertig, was auch das unter aktuellen Synthesizern recht hohe Gewicht der Keyboardversion von 18 kg unterstreicht. Wer mobil unterwegs sein will, greift daher besser zur Desktop-Variante. Bei der Keyboardversion muss man außerdem bedenken, dass man sie aufgrund der ungewöhnlichen Form bei zugeklapptem Panel nicht in ein Standard-Case packen kann.
Das Keyboard verfügt über eine sehr gut spielbare, gewichtete 5-Oktaven-Tastatur. Sie ist mit einem speziellen, duofonen Aftertouch ausgestattet, der sich mit einer Reihe von Parametern (High/Low Note Priority) den eigenen Bedürfnissen anpassen lässt. Als Spielhilfe kommt neben dem Pitch- und Modulationsrad ein wunderbar großzügig dimensionierter Ribbon-Controller zum Einsatz, der über der linken Tastaturseite liegt. Mittels Oktavschalter kann man die Oktavlage des Keyboards um zwei Oktaven nach oben und unten transponieren. Die Desktopversion sieht ebenfalls edel aus und verfügt über schön anzusehende Holzseitenteile und eine Frontblende aus Metall. Entfernt man diese, lässt sich der Origin auch in ein 19″-Rack schrauben.
Anschlussseitig bleiben kaum Wünsche offen: Auf der Rückseite finden sich symm. Stereoausgänge, acht Einzelausgänge, ein Kopfhöreranschluss, ein MIDI-Trio, USB, zwei Pedalanschlüsse, ein Digitalinterface (S/PDIF) und erfreulicherweise auch (ebenfalls symmetrisch) ein Stereoeingang für externes Audiomaterial. Abzüge in der B-Note gibt es nur für das externe Netzteil und die fehlende Zugentlastung beim Netzteil-Anschluss. Auch der Netzschalter liegt beim Keyboard etwas ungünstig hinter dem Bedienpanel.
Bedienpanel des Arturia Origin
Das Bedienpanel ist mit einem superstabilen und hochwertigen Metallscharnier am Keyboard befestigt. In zugeklapptem Zustand liegt es auf zwei Metallstützen auf der Kante vor der Tastatur auf. Die Bedienelemente sind sinnvoll und übersichtlich positioniert. Mit über 80 Tastern mit integrierter Status-LED und insgesamt 53 Drehreglern (davon 33 Encoder) gestaltet sich das Arbeiten mit dem Origin äußerst komfortabel.
Bei den direkt zugänglichen Parametern hat man eine wirklich gute Wahl getroffen. Man hat nicht nur die wichtigsten Kernparameter der Synthesizer-Layer (vertreten als separate Oszillator-, Filter-, LFO- und Hüllkurvensektionen) im Griff, sondern auch alle Lautstärkenverhältnisse, Effektanteile und den Stepsequenzer des Origin. Man merkt gleich, dass man hier nicht allein das Schrauben von Sounds im Visier hat, sondern vor allem das Performen der Sounds – sei es per Tastatur (bzw. MIDI bei der Desktop-Version) und/oder Stepsequenzer. Der untere Bereich des Panels ist für den großzügig dimensionierten Stepsequenzer reserviert. Für jeden der 16 Steps stehen ein Regler und ein Taster mit Lauflichtfunktion zur Verfügung. Drei Sequenzen mit bis zu 32 Schritten lassen sich programmieren. Ein Rate-Encoder ermöglicht direkten Zugriff auf die Master-Geschwindigkeit.
Synth Galore
Der Origin ist maximal 32-stimmig. Bis zu vier Sounds lassen sich layern und mit den zugehörigen Sequenzen in einem MultiProgramm abspeichern. Man kann im Modular-Menü flexibel beliebige Module kombinieren. Da wird einiges geboten: Bis zu neun Oszillatoren können zum Einsatz kommen, darunter neben Eigenkreationen auch Emulationen von den o. g. Klassikern ARP 2600, Minimoog, Roland Jupiter-8 und Yamaha CS-80. Außerdem hat man vier Wavetables vom SCI Prophet VS nachgebaut. Vintage-Orgelsounds lassen sich mit zwei Tonewheel-Modellen realisieren.
In der Filterabteilung kann man bis zu vier Filter aktivieren, darunter Emulationen der legendären Filter der obengenannten Synths und 1-, 2-, 4-Pole, Notch-, High- und Bandpass-Filter. Zur Modulation stehen ein dreispuriger Stepsequenzer, Arpeggiator, acht Hüllkurvengeneratoren (die auch mit der CS- 80-Charakteristik arbeiten können) und sechs LFOs (vier davon polyfon) bereit. Außerdem gibt es neben einem Ringmodulator auch eine schöne Emulation des raren Bode Frequenzshifters aus dem Moog Modularsystem – großartig!
Übrigens: Man muss nicht jede Synthesizerstruktur selber bauen, denn dank vorgefertigter Templates kann man einen Minimoog oder Jupiter-8 direkt anwählen – ein wirklich sehr praktisches Feature, von dem ganz sicher nicht nur Programmiermuffel profitieren. Wer darüber hinaus mit speziellen Modulverschaltungen Experimentieren möchte, hat hier freie Bahn. Eine wirklich außergewöhnliche Eigenschaft des Origin ist aber, die einzelnen Komponenten unterschiedlicher Synthesizer kombinieren zu können. Und dies ist dank des übersichtlichen Bedienkonzepts sehr einfach. Außerdem kann man von den zahlreichen (und guten) Presets ausgehen und damit eigene Sounds entwickeln.
Bis zu drei Effekt-Slots lassen sich seriell und parallel verschalten. Bei den Effekten finden sich neben Standardtypen auch Spezialitäten wie ein zusätzlicher Ringmodulator aus dem CS-80. Die Effektqualität ist gut bis durchschnittlich und geht für Onboard-Effekte voll in Ordnung. Wenn es beim Recording mal ein Edelhall sein soll, kann man externe Effekte bemühen.
Plus/minus
+ sehr gute Klangeigenschaften
+ edle Hardware
+ Ribbon-Controller
+ modularer Aufbau
+ gelungenes Bedienkonzept
– großes Gewicht der Keyboard-Version
– externes Netzteil