ARP Odyssey – Sounds of Funkyness
Neben dem allgegenwärtigen Minimoog bekam der als kleiner Bruder des ARP 2600 konzipierte Odyssey nicht einmal die halbe Aufmerksamkeit, dafür klingt er aber mindestens doppelt so cool!
Der Siegeszug des Minimoog-Konzepts inspirierte natürlich viele andere Hersteller, aus ihren Synthesizer-Schaltkreisen Musiker-taugliche elektronische Instrumente zu entwickeln. ARP brachte 1972 den kleinen Odyssey heraus, der in vielen Punkten Ähnlichkeiten mit dem Minimoog aufweist, aber deutliche Akzente setzt. Wichtiger Punkt: Das Teil ist nicht wie der große Bruder ARP 2600 in einem sperrigen Kasten mit externer Tastatur untergebracht, sondern einem handlichen und dank Kunststoffbauweise leichten Gehäuse.
Des Weiteren kann der ARP Odyssey ebenso klassische Synth-Sounds − gut, er nölt nicht gleich so schlammig wie ein Minimoog, aber fett und vor allem bissig kann auch der Odyssey. Ein wesentlicher Unterschied zum Minimoog: Der Odyssey ist klanglich wesentlich vielseitiger. Wenn es um krass modulierende Sounds oder Klangexperimente geht, verliert man beim Minimoog schnell die Laune − hier ist man beim Odyssey an der richtigen Adresse.
Stimmstabil, aber zickig. Das Problem mit der Stimmstabilität der Oszillatoren hatte ARP bereits vor Moog gelöst. Eine Macke des Mini sind die Oktavschalter der Oszillatoren, hier muss man u. U. immer etwas nachstimmen. Beim Odyssey dagegen wird die Tonhöhe der Oszillatoren über zwei Schieberegler (Coarse, Fine) eingestellt. Möchte man einfach den Grundton einstellen, kann sich der Odyssey dann schon mal etwas zickig verhalten − vor allem, wenn man ein älteres Gerät unter den Fingern hat, dessen Schieberegler nicht hundertprozentig in Schuss sind − das kann einen echt zum Wahnsinn treiben. Der Vorteil aber: Wer den Ringmodulator gerne einsetzt, freut sich über genau diese Fähigkeit, den gesamten Tonumfang mit nur einem Reglerschwenk zu durchfahren. Das bringt herrliche spektrale Sweeps hervor. Ein tolles Feature des Odyssey!
Und irgendwie doch anders. Wer das klassische Layout eines analogen Synthesizers kennt, wird beim Odyssey nicht unbedingt so intuitiv loslegen, wie er es gewohnt ist. Sucht man z. B. die Umschaltung von Sägezahn- auf Rechteck-Wellenform, wird man nicht in der Oszillatorsektion fündig. Dieser Schalter ist Teil der Mixer-Einheit weiter in der Mitte des Bedienfelds, wo man auch die Wahl zwischen Noise und Ringmodulation hat.
Die Revision-I-Version des Odyssey, auch »White-Face« genannt (hinten links), wurde zuerst hergestellt; aufgrund des 12 dB Lowpass-Filters klingt sie deutlich anders als Rev. II (hinten rechts) und III (vorne). Die »Black Face«-Revision II wurde zunächst für kurze Zeit auch mit einem 12-dB-Filter hergestellt, später dann mit 24-dB-Lowpass.
Mehr Flexibilität. Die Pulsweite wiederum wird aber beim Oszillator eingestellt, aber nicht per Wahlschalter wie beim Mini, sondern eben stufenlos. Außerdem hat der Odyssey eine Sample&Hold-Einheit an Bord, mit der sich sehr verrückte Modulationen erzeugen lassen. Wer die Bezeichnung »S/H« nicht kennt, hat bestimmt aber schon mal die treppenförmig rhythmischen Modulationen gehört, die damit möglich sind. Geschätzt in 80% der Fälle, wo in Film-Soundtracks Computer-Aktivität akustisch dargestellt werden sollen, hört man wirres Blibbern − das sind S/HModulationen auf der Oszillator-Tonhöhe. Schaltet man die Modulation aufs Filter, kann man schöne Filter/Resonanz-Grooves spielen lassen. Dabei klingt der Odyssey einfach nur funky!
Das Hauptfilter beim Odyssey ist ein Lowpass (je nach Revision mit 12-dB- oder 24-dB-Charakteristik, s. u.), er besitzt aber auch ein Highpassfilter, das in Kombination sehr gut zum Ausdünnen der Sounds dienen kann. Außerdem ist es natürlich gut für ultraelektronisch anmutende Sounds.
Auch die Amp-Sektion fällt etwas anders aus. Zu sehen am Regler VCA GAIN: Zieht man den Regler hoch, erzeugt der Synth einen Dauerton! Selbst gestandene Synth-Kenner halten das für einen Defekt, es ist aber so gewollt. Damit lassen sich wunderbar Drone-Sounds machen, wobei man beide Hände zum Schrauben am Sound frei hat. Zu diesem Konzept passt auch die LFO-Repeat-Funktion, die die ADSRHüllkurve in der LFO-Geschwindigkeit zyklisch auslöst – interessant für rhythmische Modulationen!
Beispielsounds:
https://soundcloud.com/keyboardsde/beispielsounds-arp-odyssey-korg
Drei Revisions. Der Odyssey wurde in drei Varianten gebaut, die sich nicht nur optisch voneinander unterschieden, sondern auch in der Art des verbauten Filters. Die erste Revision mit weißem Bedienpanel ist äußerst rar und besitzt ein resonanzfähiges 12-dBFilter, so auch ein paar der ersten Exemplare der darauf folgenden zweiten Revision mit schwarzem Panel. Bei Revision II wurde das Filter dann aber in einen 24-dB-Typ geändert. Der Klang des Filters ist nicht so ausdrucksstark wie das des Minimoog und klingt etwas neutraler, was zum flexibleren Konzept des gesamten Synthesizers auch besser passt, aber die Schaltung war patentrechtlich dem Moog-Filter zu ähnlich. Revision III bekam dann nicht nur den modernen ARP-Look mit orangefarbenen Schriftfeldern im Bedienfeld, sondern auch ein eigenes 24-dB-Filterdesign.
Kaugummi-Controller. Charakteristisch sowie selten sind die drei weißen Controller auf der linken Seite für Modulation, Pitch Up und Pitch Down. Die Controller sind druckempfindlich und nicht wirklich handlich wie Joysticks oder Wheels. Damit zu spielen ist gewöhnungsbedürftig. Apropos spielen: Die Klangerzeugung des Odyssey ist parafon ausgelegt, das heißt, er spielt sich grundsätzlich monofon, koppelt aber bei zwei stimmigem Spiel den zweiten Oszillator ab und transponiert entsprechend. Trennt man aufeinanderfolgende Töne nicht sauber, ist das Resultat ein leicht schmutziger Tonansatz, was sehr charakteristisch ist für den Odyssey. Sehr eigen übrigens ist auch die parafone Spielweise in Zusammenhang mit der Ringmodulation. Sehr funky, immer etwas schräg − ARP Odyssey eben!
№5/6 2017
- Editorial
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- DIE ELKA-STORY
- Transkription: Michael Wollny
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