Circuit-Bandits!

Analogue Solutions: Mr Hyde & Dr. Strangelove im Test

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(Bild: Bob Humid)

In Großbritannien züchtet der halunkige Tom Carpenter kleine, fiese, gemeine, aber auch mächtige Taschenbösewichte in unterirdischen Sound-Enklaven: SynthBlocks, diese aufs Perfideste vernetzbaren Klangverbrecher und Soundschurken, treten in immer größerer Zahl aus ihrem konspirativen Schatten hinaus in die Welt, um als Botschafter des analogen Filterterrors alle ehrbaren Elektronikmusiker in den hypnotischen Sog ihres saturierten Despoten-Sounds zu ziehen! Wird die Welt diese wilden Modulationen überleben?

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Es wird Zeit zu handeln. Unser Testdossier in dieser Ausgabe beschäftigt sich daher mit den beiden ersten Exemplaren dieser elektronischen Niedertracht. Mr. Hyde & Dr. Strangelove, beide der sogenannten Bande der SynthBlocks zugehörig, sind versierten Verbrechensbekämpfern keine Unbekannten und halten die Welt mal wieder in Atem. Sie sind klein, chic, komplett analog und verfügen über individuelle Schaltungs- und Wandlungstricks, die man nur in den schmutzigsten Stromtrassen dieser Welt erlernen kann. Typischerweise kommen die kleinen Desktopsignalprozessoren vollanalog daher, beherrschen aber auch einige Lo-Fi-Digitaltricks.

Mr. Hyde

Wenn Jeckyl nicht hinguckt, ist Mr. Hydes Stunde gekommen. Der kleine Rote verfügt zwar nur über einen monofonen Eingang und teilt ebenfalls lediglich mono aus, aber unterschätzen sollte man ihn deswegen noch lange nicht. Er wird als analoge Filter-Effektbox im Rahmen subtiler bis brachialer Filter- und Modulationseinsätze verwendet und überrascht immer wieder gerne mit unerwarteten klanglichen Hakenschlägen.

SynthBlocks wurden von Carpenter entwickelt, um einerseits alle möglichen DAW-Signale einzufangen und zu pimpen, andererseits können sie auch Instrumente gezielt vorverstärken, wo dies notwendig erscheinen sollte. Daher verfügt auch Hyde über ein analoges 12-dB-Multimodefilter mit Low-, High- und Bandpass sowie den Analogue-Solutions-typischen »cremigen« Notch-Filtern. Resonance mit sogenanntem »Boost« führt hier bis zur Selbstoszillation des Filters. Zusätzlich gibt es einen LFO mit Dreieck und Pulswelle, der sogar einen Range-Knopf besitzt, der allzu tiefe Oszillationen in hörbare Bereiche hoch multipliziert. Geschickt eingesetzt, kann ein geübter Klangverbrecher aus einer Subbassmodulation nach und nach ein kreischendes Ungetüm emporzwirbeln, das in seinem Textur-, Frequenz- und Signaturverhalten niemals langweilig wird.

Ein typischer Einsatzpunkt für Mr. Hyde ist sicher auch die »Analogifizierung« von schüchternen Audio-Plug-ins, im Straßenjargon auch als »Anfetten« bekannt. Drei Miniklinken-Ins erlauben das Einpatchen externer Module à la Eurorack und Konsorten, wenn die Gang mal wieder Verstärkung braucht.

Bei unseren ersten Versuchen schickten wir unseren halbmodularen, aber nahkampferprobten Agenten Bastl Kastle durch die Schaltkreise des Mr. Hyde und staunten nach einigen Klangverzwirbelungen nicht schlecht. Ein hinter einen eher stark Lo-Fi und obertonarm frequenzmodulierenden Kastle gesteckter Mr. Hyde, katapultiert die Signatur und Klanggewalt des resultierenden Signals in völlig neue und komplexe Höhen. Da helfen nur Klischee-Definitionen: Dick, breit, organisch und griffig klang der Kastle plötzlich, sobald er mit einer satten Prise Mr. Hyde gewürzt wurde.



№5/6 2017

  • Editorial
  • Facts & Storys
  • Modular Kolumne
  • EVANESCENCE
  • Im Gespräch mit Lars Eidinger
  • HÄMMERN MIT DEN GRANDBROTHERS
  • Reisen & Neuanfänge: Lucy Rose
  • Keys4CRO: Tim Schwerdter
  • Klangbastler Enik & Werkzeugmacher Gerhard Mayrhofer
  • Bei Klavis in Brüssel
  • BACK TO THE ROOTS: AKAI MPC X
  • Dexibell Combo J7
  • DICKES BRETT: POLYEND SEQ
  • Mr. Hyde & Dr. Strangelove jagen Dr. No
  • Visionäre: MIDI In My Head!
  • DIE ELKA-STORY
  • Transkription: Michael Wollny
  • Impressum
  • Inserenten, Händler
  • Das Letzte − Kolumne


… & Dr. Strangelove: oder wie ich lernte, dem Ringmodulator aus dem Weg zu gehen

Synth – Blocks treten niemals alleine auf. Organisierte Banden arbeiten nun mal gerne im Rudel, um ihre Macht zu demonstrieren und zu autorisieren. Dr. Strangelove ist da keine Ausnahme. Er ist der ideale Sidekick zu Rüpeln wie Mr. Hyde. Als Wissenschaftler, Bombenbauer und Experte für radioaktive Sounds besitzt er aber mit dem Fallout-Regler die Kontrolle über die Grundfrequenz eines mächtigen analogen Ringoszillators, der luxuriöserweise zwei Audiospeisungen hat.

Solange Dr. Strangelove die Kontrolle über seine rechte Hand behält, lassen sich auch gerne mal Stereosignale wie Vocals in gewohnt metallisch-kringelnder Manier verfremden, wobei die hier gebotene Klangqualität alles übertrifft, was ich bisher hinsichtlich simpler Ringoszillatoren gewohnt war zu hören. Manchmal hat man schlicht das Gefühl, man höre einen Vocoder, was natürlich nicht ganz weit weg hergedacht ist. Die wildesten Modulationen klingen hier noch fett, stabil und »just there«, ohne im Präsenzbereich zu nerven. Sobald man noch das Lo-Fi-Echo dazu mischt, ist man endgültig im BBC Radio Workshop gefangen oder zum Dalek mutiert.

Während die meisten eingestellten Soundverbiegungen in Dr. Strangelove also schnell charmantschrullig und extrem retro klingen, wie, sagen wir mal, eine sehr dramatische Szene in Forbidden Planet, lässt es sich mit der unter »Regeneration« zu findenden Delay-Sektion, in der drei Minipotis namens Half Life, Rate und Mix angeordnet sind, moderner werkeln. Hier kann das rückkoppelnde Delay in Bereiche gedreht werden, die durchaus an modernere Syntheseformen erinnern.

Dass übrigens wieder ein bis in den hörbaren Bereich modulierender LFO mit an Bord ist, versteht sich bei so einem Kaliber von Bösewicht natürlich von selbst.

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(Bild: Bob Humid)

Debriefing und Fazit

In der ersten Testcharge waren Mr. Hydes Gummifüße noch etwas zu mittig angeordnet, sodass er bei wilden Klangverbiegungen durchaus mal an der Seite abhob. Tom Carpenter hat hier schon nachgebessert, und siehe da: Dr. Strangelove steht feist, frech und stabil auf jedem Tisch. Überhaupt ist die Verarbeitung dieser kleinen Tischwunder sehr gut.

Über den Klang kann man nur geschmacklich streiten. Ich bin ja bekanntlich überhaupt kein Analogpurist, aber wenn es analoge LFOs, Ringoszillatoren und Lo-Fi-Delays sein müssen, dann bitte in dieser hervorragenden und breitbeinigen Klangqualität, die sich Analogue Solutions selber vorschreibt. Naja, wäre da nur nicht der stolze Straßenpreis von ca. 279,− Euro, der der voll analogen Bauweise geschuldet ist und daher mitnichten als Wucher auftritt.

Was die Gefahreneinschätzung des SynthBlock-Syndikates betrifft, ist final nur eine Annahme schlüssig: Sie sind hier, und sie werden bleiben, und bald modulieren sie vielleicht auch deinen Block, dein Rack, deinen Synth oder gehen mit deiner Freundin ins Kino. Ich empfehle daher kurzerhand, der Synth – Blocks-Gang beizutreten. Allein um der neuen Möglichkeiten willen. 😉

+++ Sehr gute Verarbeitung

+++ Breites Einsatzspektrum – von der DAW-Kette bis hin zu Modular-Synthesizern

+++ Guter, schöner, fetter analoger Sound

+ Faires Preis-Leistungsverhältnis

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