Jan Lundgren

Transkription: It Was Good While It Lasted

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Nach dem langen, trüben Winter lechzen wir alle nach ein wenig Frühling mit frischen Gedanken und positiven Gefühlen. Zur Stimmungsaufhellung könnte Jan Lundgrens Song It Was Good While It Lasted (es war gut, so lange es dauerte) beitragen: ein eingängiger Song, klar strukturiert, mit einer guten Melodieführung, die sofort ins Ohr geht.

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Aufgenommen wurde der Song im Mai 2022 live im Rahmen eines Konzertes in der ACT Art Collection Gallery in Berlin. In diese Location lud der Produzent und Chef des ACT-Labels Siggi Loch den schwedischen Pianisten Jan Lundgren ein. Der brachte seinerseits seinen Landsmann den Bassisten Hans Backenroth mit – beide hatten vorher noch nie zusammen gespielt. Der Konzertmitschnitt wurde als The Gallery Concerts II – Jazz Poetry veröffentlicht. Eine wichtige Rolle spielt auch der Alfred Brendel Steinway-Flügel, auf dem der klassische Meisterpianist Alfred Brendel früher seine Konzerte in der Berliner Philharmonie spielte. Dementsprechend formidabel klingt der Flügelsound, und der prägnante Kontrabass-Sound von Hans Backenroth ergänzt den Gesamtsound des Duos so, dass damit nicht nur Jans Songs, sondern auch Mozarts Lacrimosa sowie der Beatles Evergreen She’s Leavin Home und der Jazz-Standard Stella By Starlight überzeugend klingen.

Jan Lundgren ist ein stilistisch äußerst vielseitiger Pianist. Mit seinem Trio brachte er das preisgekrönte Album Swedish Standards mit Bearbeitungen von schwedischen Volks- und Kirchenliedern heraus. Ein weiterer Meilenstein war das Album Mare Nostrum mit dem Akkordeonisten Richard Galliano und dem Trompeter Paolo Fresu. Dann widmete er sich der Renaissance-Musik mit einem Kammerchor und präsentierte sich im Duo mit dem Bassisten Georg Riedel. Jan gehört indessen in Reihe der stilbildenden schwedischen Pianisten Jan Johansson, Bobo Stenson oder Esbjörn Svensson. Eine seine besonderen Fähigkeiten spiegelt sich in den klaren Formen wider, in denen er den Essenzen der jeweiligen Stile nachspürt und das wirklich Wesentliche herausarbeitet.

Hans Backenroth ist einer der führenden schwedischen Bassisten, er ist auf über 150 CDs zu hören und spielte mit internationalen Größen wie Kenny Barron, Eddie Harris oder Toots Thielemanns zusammen, wobei das nur einen Bruchteil seiner Aktivitäten widerspiegelt. 2009 veröffentlichte er seine erste Solo CD Bassic Instinct, und 2021 erhielt er für seine Veröffentlichung Parker’s Mood zahlreiche Preise. Sein phänomenales Timing und sein kongeniales Einfühlungsvermögen sorgen dafür, dass sein Terminkalender prall gefüllt ist.

Zurück zum Song

Das Eingangsmotiv der ersten beiden Takte wird wiederholt und mit vielen kleinen wohl überlegten Details weiterentwickelt. Die Grundform des viertaktigen Vamps (Takt 1–4) wird in Takt 5–8 variiert und steuert über Bb7 und A7 (Doppel-Dominante) die zu G zurückführende Dominante an; dies geschieht allerdings nicht über D7, sondern über Ab, der allerdings nicht als Tritonus-Substitution Ab7 daherkommt, sondern mit der großen Septime offener klingt. Schritt für Schritt wird das Thema komplexer: Der vierte Vamp (Takt 13–16) bekommt einen II-V-I-Baustein spendiert (Ebm7-Ab7-Dbj7), der über Gb7 zum B-Teil führt. Alles ist gut durchdacht, es wirkt locker und organisch – in Takt 27 wird das Thema mit zusätzlichen II-V-Bausteinen zur Vollausbaustufe gebracht.

Die Form ist wie häufig bei einem Jazzstandart: A-A-B-A. Improvisiert wird auf einer etwas reduzierten Form. Der C-Part (Solo), gekennzeichnet durch kleine Wiederholungszeichen in Takt 31 und 52, wird zunächst vom Piano (notiert) und dann vom Bass (nicht notiert) als Solo-Changes gespielt. Das Comping besteht aus Piano Voicings und Bass-Elementen, sodass es sich für eine Pianosolo-Darbietung eignet. Sollte der Song im Duo oder Trio gespielt werden, würden die Bass-Elemente durch Akkordchops und Flächen ersetzt werden. Die Solo-Form wird leicht verändert: Aus 16 A-Part-Takten werden 14 C1-Part-Takte, und ein B-Part (C2) komplettiert den Solo-Abschnitt. Der Rhythmus der Akkordwechsel auf »1« und »2u« wird in diesem Part nicht so streng eingehalten, so wird der zweite Akkord oft auch auf die »3« gesetzt. Die Changes sind im Vergleich zum A-Part ein wenig ausgedünnt, einige Zwischen- und Durchgangsharmonien fehlen.

Das Solo ist recht bluesig gehalten – besonders im C2-Part darf man sich über entsprechende Licks in Db freuen. Das Ende des Songs ab Takt 68 wird rubato gespielt und mit einem kräftigen Kick abgeschlossen. An einigen Stellen befinden sich Spielanweisungen wie non legato oder portato, die darauf hinweisen, dass diese Stellen (wie einige andere auch) nicht gebunden gespielt werden, sondern rhythmisch »luftig« wirken – ganz im Sinne der lockeren Grundintention des Songs.

Die Transkription findest du in der Sound&Recording-Ausgabe 2/2023. Hier kostengünstig herunterladen. 

 

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