Sounddesign – Donnerwetter erzeugen
Eines der spektakulärsten natürlichen Geräusche auf unserer schönen Erde dürfte wohl zweifellos ein kräftiger Donnerschlag sein. Gleichzeitig beeindruckend sowie furchteinflößend ist dies ein Sound reiner Naturgewalt, und daher wird er umso lieber in Musik, Filmen und Games verwendet. Schauen wir uns also in dieser Ausgabe der Sounddesign-Reihe an, was wir bei einer Gewitteraufnahme so alles beachten müssen.
Gleich das Allerwichtigste vorweg: Sicherheit ist wichtiger als jede noch so spektakuläre Aufnahme. Denkt bei einer Gewitteraufnahme nicht nur darüber nach, wie ihr euer Equipment schützt, sondern vor allem darüber, wo ihr euch selber in Sicherheit bringen könnt!
Nachdem das geklärt ist, müssen wir uns direkt dem unpraktischsten Faktor einer Gewitteraufnahme stellen: Es ist eine Laune der Natur. Daher lässt sich schwierig vorausahnen, ob es wie aus Eimern schüttet, dabei aber nur unmotiviert rumpelt, oder es ein wahres Dauerfeuer an Donnerschlägen gibt und die Geräuschkulisse um einen herum gar nicht mehr richtig zur Ruhe kommt. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, jedes Gewitter „mitzunehmen“ und zu schauen, wie sich das Spektakel entwickelt.
Leider hat ein Gewitter auch noch eine zweite, äußerst lästige Komponente – den Regen. Nicht nur ist er tödlich für unsere Ausrüstung und muss daher dringend ferngehalten werden, er ist gleichzeitig auch noch ein erheblicher Störfaktor in der Aufnahme denn generell klingt Regen wie ein Rauschen.
Vorbereitung der Aufnahme
Bei der Auswahl des Aufnahmestandorts sollten wir uns also folgende Fragen stellen:
Wo ist die eigene Person und das Equipment bestmöglich geschützt ohne gleichzeitig zu viel direktes Signal zu verlieren? Die vermutlich einfachste Lösung ist hier ein geöffnetes Fenster eines Hauses oder Autos, durch das das Mikrofon nach draußen gerichtet wird. Je nach Windrichtung und -stärke kann das Mikrofon eventuell sogar ein wenig durch das Fenster hindurch gehalten werden.
Wie kann ich den Einfluss des Regengeräuschs möglichst geringhalten? Ein Ansatz sind hier gerichtete Mikrofone, die man gen Himmel zeigen lässt, für eine eventuelle Stereomikrofonie ist das allerdings nicht die beste Lösung. Besser ist auch hier wieder die Wahl des richtigen Aufnahmeortes. Eine Wiese beispielsweise dämpft das Prasseln deutlich besser ab als ein Betonplatz. Unbedingt vermeiden sollte man größere Plastik- oder Metallflächen wie beispielsweise Wintergärten oder Blechdächer. Diese erzeugen sehr laute, störende Geräusche, die sich im Nachhinein auch nur schwierig entfernen lassen.
Extrem wichtig ist auch ein vernünftiger Windschutz. Mit einem Schaumstoffaufsatz kommen wir bei einem halbwegs ordentlichen Gewitter schon nicht mehr allzu weit, daher sollte es ein Fellaufsatz sein, optimalerweise um einem Korb bzw. Blimp.
Ansonsten gilt für die Aufnahme vor allem noch ein vernünftiges Einpegeln. Wichtig: genug Headroom lassen! Ein Donner kann verdammt laut sein und das wollen wir verzerrungsfrei abbilden. Wer in seinem Recorder über analoge Limiter verfügt (oder über eine Funktion, die eine zusätzliche Aufnahme bei niedrigerem Pegel durchführt) der sollte diese zur Sicherheit noch mit hinzuschalten.
Editing
Die Aufnahme ist im Kasten und mit viel Glück ist es die optimale Aufnahme mit dem optimalen Gewitter geworden. Wenn ja, herzlichen Glückwunsch, in der Regel wird das aber nicht der Fall sein zumal der zeitliche Verlauf des Gewitters meistens nichts mit dem Kontext zu tun hat, in dem wir es einsetzen wollen. Daher wird es wahrscheinlich auf eine Library an Gewitteraufnahmen hinauslaufen. Generell ist es daher keine schlechte Idee, bei einem nahenden Gewitter einfach mal einen Recorder aufzustellen und die Aufnahme für später zu archivieren.
Da uns hauptsächlich der Donner interessiert und sich dieser sehr gut in der Wellenform identifizieren lässt, ist das Durchhören einer Gewitteraufnahme gar keine so zeitaufwändige Angelegenheit. Wer erst mal Material sammelt und sich noch nicht weiter mit dem Editing der einzelnen Donnerschläge beschäftigen will, der sollte die jeweiligen Bereiche in der Aufnahme zumindest mit entsprechenden Markern versehen, um den Bereich später schneller anfahren, überprüfen und exportieren zu können. Eine saubere Benennung der Marker inkl. Kommentar hilft außerdem, spezielle Donnergeräusche schneller zu identifizieren.
Trockenlegung
Nachdem wir die einzelnen Donner isoliert haben, gilt es, sie bestmöglich vom Regen zu befreien. Wer über keinerlei Spezialtools verfügt, der kommt hier mit einem einfachen Shelf EQ schon recht weit. Einfach die Höhen absenken und die Frequenz so weit heruntersetzen, dass genug Regen entfernt, der Donner aber noch möglichst unangetastet ist.
Wer hingegen einen De-Noiser in seinem Arsenal hat, der darf ihn genau jetzt hervorholen denn Regen ist ja prinzipiell eine Art von Rauschen. Der Spectral De-Noiser aus iZotope RX kann hier beispielsweise hervorragende Arbeit leisten, um einen Großteil des Rauschens sauber zu entfernen.
Wer es mit einem sehr prasselnden Regen oder allgemein mit einzelnen sehr lauten Regentropfen zu tun hat, der sollte vor den De-Noiser noch einen De-Clicker schalten da der De-Noiser hier oft nicht darauf reagiert. Falls kein De-Clicker vorhanden ist, so kann bei einzelnen Tropfen auch ein Transient Designer / Envelope Shaper helfen.
Wichtig ist, es auch hier nicht zu übertreiben denn der eigentliche Donner sollte klangmäßig keinen Schade nehmen. In der Regel wird es ja eh so sein, dass der Donner später in Verbindung mit anderen Sounds oder eventuell sogar einem neuen Regenbett eingesetzt wird und die verbleibenden Regelanteile somit maskiert werden.
Sounddesign & Spielbarkeit
Ein wenig mehr Aggressivität kann man dem Donner verleihen, indem man mit einem Multiband Distortion wie dem Steinberg QuadraFuzz 2 oder dem FabFilter Saturn den Bereich zwischen ca. 250hz und 600hz leicht boostet. Dabei sollte man aber auf hörbare Verzerrungen verzichten – es gilt lediglich, diesen Bereich zu betonen und ganz leicht anzurauen.
Wer nun einige Donnersounds gesammelt hat und auch über ein gelooptes Regenbett verfügt, der könnte diese Files jetzt in einen Sampler mappen und mit dessen Hilfe das Gewitter spielen. Denkbar wäre eine Steuerung des Regenvolumes über das Modwheel – die einzelnen Donnersounds sollten hingegen auf die Velocity reagieren. Mit ein bisschen zusätzlichem Finetuning wie zusätzlichen Filtereinstellungen oder diversen Zufallsfunktionen, kann man sich so sein eigenes Gewitterinstrument bauen und jederzeit ein wahres Donnerwetter performen.
Viel Spaß beim Experimentieren!