Sonible Smart:Limit – Software-Limiter im Test
Nach smart:EQ und smart:comp stellt die österreichische Soft- und Hardware-Schmiede Sonible nun einen intelligenten Limiter namens, wie soll es auch anders sein, smart:limit vor. Wir sind also gespannt, was sich das Team aus Graz diesmal für ausgefeilte Manöver ausgedacht hat.
Das Plug-in wird ab Windows 10 bzw. Mac OSX 10.9 unterstützt und mit den Schnittstellen VST/VST3, AAX und AU ausgeliefert. Der Limiter arbeitet mit allen gängigen Abtastraten zwischen 44,1 und 192 kHz und kommt sogar mit 5.1-Surround-Material zurecht. Eine Standalone-Version ist nicht inkludiert. Obwohl unter den Systemanforderungen ein iLok aufgelistet ist, genügte es im Test, die Software über den »iLok License Manager« zu autorisieren.
GUI und Workflow
Die grafische Oberfläche ist, trotz der anfangs erschlagend wirkenden Informationsflut, sehr übersichtlich und clever konzipiert. Das gesamte Fenster lässt sich sogar auf eine beliebige Größe skalieren. »Gain« und »Limit« sind als separate Linien direkt über eine Wellenformanzeige gelegt. Auch »Attack« und »Release« sind hier zu finden. Die rechte Seite ist mit einer großzügig gestalteten Sektion zur Überwachung von Lautheit und Dynamik ausgestattet. Im unteren Bereich findet man das »Distortion Monitoring «, vier Drehregler – die sogenannten »Sound Shaping Tools« – sowie eine Schaltfläche namens »Quality Check«. Wie schon von smart:EQ her bekannt, besitzt auch der Limiter eine Learn-Funktion, die wir uns nun in Aktion ansehen.
Im Betrieb
Zum »Anlernen« sollte man idealerweise den lautesten Song-Part, etwa den letzten Refrain, als Loop wiedergeben. Sobald der stilisierte Record-Knopf gedrückt wird, analysiert smart:limit nun das Programmmaterial auf eine Vielzahl von Parametern hin. Es dauert etwa fünf Sekunden, bis das erste Ergebnis präsentiert wird. Die durch den Limiter vorgeschlagenen Einstellungen hängen mitunter stark von dem jeweiligen Preset ab. Neben »Universal« gibt es auch genrespezifische Presets, etwa für EDM, HipHop oder Classic. Auch ein für Sprache optimiertes Preset ist mit an Bord. Alternativ lässt sich ein Referenz-Track als Vorlage analysieren, welcher entweder über das Menü oder per Drag&Drop auf das Plug-in-Fenster geladen wird.
Nach einem »klassischen« Vollgas-Preset für die CD sucht man übrigens vergeblich. Wie wir sehen werden, hat smart:limit andere Qualitäten. Dementsprechend ist auch kein »Dither« mit an Bord.
Der Limiter arbeitet sehr exakt mit sehr transparentem Klang. Für die meisten Streaming-Plattformen setzt der Limiter die Grenze bei –1 dBFS. Interessant ist auch, dass im Falle von längeren Attack-Zeiten keine Pegelspitzen über dem Wert »True Peak« auftreten.
Hat man an den Einstellungen im Nachhinein etwas geändert, kann man mit einem Klick auf die Schaltfläche »smart:state« neben der Preset-Liste wieder auf die von smart:limit vorgeschlagenen Einstellung zurückkehren – und das, ohne einen neuen Learn-Prozess zu starten.
Lautheits-Messung und Metering
Doch woran orientiert sich der Prozessor eigentlich? Nun, viele Jahre galt bei der Musikproduktion »0 dBFS« als anzustrebender Peak-Wert. Um eine möglichst hohe Lautheit zu erzwingen, drückte man das Audio-Material durch Erhöhen des Input-Gains gegen diese Obergrenze des Limiters. Dieses »Überfahren« von Pegelbegrenzern kann in der Welt des Webs jedoch genau das Gegenteil bewirken, da heutige Content-Provider die Lautstärke buchstäblich herunterdrehen, um ein möglichst konsistentes, »gleich lautes« Programmmaterial über einen langen Zeitraum hinweg zu gewährleisten. Ganz nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht! Diese »Lautheitsnormalisierung« ermöglicht das Hören verschiedenster Programminhalte auf Spotify, YouTube usw., ohne dass der Nutzer ständig am eigenen Lautstärke-Regler nachjustieren muss.
Warum sollte man bei einem reinen Streaming-Release also übertriebene Limiter-Settings verwenden? Was übrigbleiben würde, ist im Extremfall ein zusammengepresstes Stück Musik mit schwachen Transienten und ohne jegliche Lebendigkeit.
Auf der rechten Seite von smart:limit befindet sich deshalb eine Sektion für die Messung und Visualisierung der Lautheit. Im Gegensatz zum Peak- und RMS-Pegel ist besonders der LUFS-Wert ausschlaggebend. Dieser Wert setzt die sogenannten »Loudness Units«, also die Lautheit ins Verhältnis zum Peak-Signal (»Full Scale«) – definiert durch den EBU-128-Standard.
Für die Messung und numerische Darstellung gibt es hier drei verschiedene Modi, welche man bereits von anderen Plug-ins, kennt: »Integrated«, »Short Term« und »Momentary«. Jeder Modus betrachtet jeweils unterschiedliche Zeitfenster für die Messung.
Der Zielwert, den smart:limit anpeilt, beispielsweise –14 dBFS, hängt in erster Linie vom ausgewählten »Publishing Target« ab. In einem Drop-Down-Menü werden diverse Streaming-Plattformen wie Spotify oder Tidal sowie viele der gängigen Broadcast-Standards, also EBU R128 oder Netflix, aufgelistet. Es gilt also, die Balance zwischen der Dynamik und Lautheit auf möglichst elegante Art zu halten. Hier kommt das sogenannte »Loudness and Dynamics Grid« ins Spiel.
Die vertikale Achse stellt die Lautheit, gemessen in LUFS dar, während die horizontale Achse die Dynamik in dB widerspiegelt. Beide Achsen werden zudem mit je einem Histogramm versehen, um auch den zeitlichen Verlauf bzw. die Häufigkeit der einzelnen Werte übersichtlich darzustellen. Auf dem Raster ist ein Fadenkreuz zu sehen, das den aktuellen Wert der beiden Parameter anzeigt. Top!
Fein-Tuning
Nach einem abgeschlossenen Learn-Prozess stehen vier Drehregler zur Verfügung, die bei vielen der dynamischen Kollegen eher weniger gängig sind: »Style« gibt die Art des Limitings vor. Steht der Regler eher in Richtung »Soft«, wird ein möglichst subtiles und vorsichtiges Vorgehen erzielt, während eine Drehung in Richtung »Hard« eine etwas aggressivere Gangart einleitet und unter Umständen sogar leichtes Pumpen herbeiführen kann. Der zweite Drehregler »Saturation« ermöglicht eine Erhöhung der Lautheit durch Sättigung – ohne Änderung des Peak-Signals. »Balance« hingegen kümmert sich um die Feinjustierung der Frequenzverteilung. Angelehnt an den smart:EQ kann dieser Regler Resonanzen etwas glätten und somit zu einem detaillierteren und offenerem Klangbild beitragen. »Bass Control« verdichtet etwas den tieffrequenten Anteil und verleiht dem Material mehr Substanz.
Qualitätskontrolle
Das Histogramm, die Bargraphen und »Limit Line« geben bereits eine aussagekräftige Rückmeldung über die Aktivitäten des Prozessors. Des Weiteren kann man links unten eine Sektion namens »Distortion Monitoring « ausklappen. Hier zeigt ein Echtzeit-Analyzer jene Frequenzbereiche in Rot an, die einen hohen Verzerrungsgrad aufweisen. Gerade im Pop- und Rock-Bereich kann eine gewisse Verzerrung zum Klangbild gehören, signalisiert das »Distortion Monitoring« allerdings zu starke Artefakte, kann man durch einen geringeren Input-Gain oder niedrigeren Saturation-Wert entgegenwirken – eine super Idee, leider ist das Fenster etwas klein ausgefallen.
smart:limit bietet keinen A/B-Vergleich, aber dafür gleich acht kleine Schaltflächen, mit denen sich verschiedene Einstellungen speichern und abrufen lassen.
Eine wichtige Funktion aktueller Limiter ist die Möglichkeit, lautstärkenkompensiert abzuhören. Sonible integriert das mit der Schaltfläche »constant gain«. Ist diese aktiviert, passt der Limiter automatisch den Ausgangspegel an, sodass sich etwaige Artefakte und Nebenwirkungen der Dynamikeingrenzung objektiver begutachten lassen.
Extrem praktisch ist die Schaltfläche direkt daneben: »delta«. Ist diese aktiv, wird nur der abgesenkte Anteil wiedergegeben. In smart:limit lässt sich somit im Programmmaterial der eine oder andere zu spitz ausgefallene Transient aufspüren und gegebenenfalls schon im Mix entschärfen, um den Limiter zu entlasten.
Fazit
Für Tonschaffende, die häufig für den Broadcast- und Streaming-Bereich abliefern müssen, ist smart:limit ein hochinteressantes Werkzeug. Durch den gut durchdachten Learn-Modus und die Genre-Presets ist es ein Leichtes, die passende Balance zwischen Lautheit und Dynamik zu finden. Die aussagekräftigen Metering-Tools bieten zudem eine erstklassige optische Rückmeldung über jegliche Signalpegel und deren Bearbeitung. Klanglich überzeugt der Prozessor durch seine hohe Transparenz und Detailtreue, und mit den vier »Sound Shaping Tools« gelingt der letzte Schliff im Handumdrehen.
Hersteller: Sonible
Download-Preis: ca. 129,– Euro
Internet: sonible.com
Unsere Meinung:
+++ sehr transparenter Klang
+++ erstklassige Visualisierung
+++ Learn-Funktion
+++ »Delta« und »Constant Gain«
+ zahlreiche Zielwert-Presets