Sir Audio Tools StandardGATE – Plug-in im Test
StandardGATE ist das neuste Gate-Tool der deutschen Software-Schmiede SIR Audio Tools. Wenn man den Namen liest, lässt sich vermuten, dass man sich hier auf die Grundfunktionen eines Gates beschränkt. Das ist allerdings weit gefehlt. Das StandardGATE beherrscht viele Techniken, Übersprechen zu reduzieren, ungewollte Quellen leiser zu machen oder die wichtigen Signalanteile weiter hervorzuheben. Durch seine Features ist es außerdem auch ein kreatives Sounddesign-Tool.
Das Design der GUI würde ich zwar als konservativ, dafür aber als aufgeräumt, übersichtlich und ohne grafischen Schnickschnack bezeichnen. Zusätzlich ist sie skalierbar und kann in unterschiedlichen Farbgebungen erstrahlen. Im Fokus der GUI steht die grafische Darstellung des Analyzers, der unter anderem im zeitlichen Verlauf darstellt, welche Anteile des Signals gegated oder eben durchgelassen werden.
Praxis: Dazu arbeitet das StandardGATE in den drei unterschiedlichen Modi Gate (Standard Gate), Duck (Ducking per Sidechain) und Upward (Upward Expansion), die man über ein Dropdown-Menü unter dem Analyzer anwählen kann. Im Analyzer selbst lassen Threshold und Tolerance per Drag&Drop ihrer jeweiligen Kennlinie verschieben, die je nach Modus anders funktionieren.
Im Gate Mode werden alle Signale, die unter dem Threshold liegen, leiser oder komplett ausgeblendet; alles, was über dem Threshold liegt, kommt durch. Im Duck-Modus wird die Lautstärke des Signals nur dann reduziert, wenn ein ausgewähltes Sidechain-Signal über den Threshold kommt. Im Upward-Mode werden alle Signalanteile, die über dem Threshold liegen, lau- ter. Alles, was darunter liegt, bleibt auf dem Ausgangspegel. Wie weit die Lautstärke reduziert oder erweitert werden soll, bestimmt in allen Modi der Parameter Range.
Als Sidechain kann im Duck-Mode entweder ein internes oder externes Signal ausgewählt werden. Ein sehr cooles Feature ist der EQ für das Sidechain-Signal, mit dem definiert werden kann, bei welchem Frequenzbereich das Gate angesteuert wird und greift.
Außerdem gibt es die Gate-typischen Parameter wie Attack, Hold, Release, Ratio und Knee. In dieser Sektion befindet sich ein Regler, der vom Entwickler mit »detector« bezeichnet wird. Dieser bestimmt das Verfahren, das die Lautstärke des Eingangssignals ermittelt, welches danach vom Gate-Threshold genutzt wird. Hier stehen Peak, RMS Window sowie RMS Decay und Transient zur Auswahl.
Bei Peak betrachtet der Threshold das Signal zu einem bestimmten Zeitpunkt. Schon kurze Signale können hier das Gate öffnen. Das ist eigentlich der Standard, mit dem Gates grundsätzlich arbeiten, und reicht für die typischen Anwendungen aus.
Spannend ist RMS! Hier wird die Eingangslaut- stärke über einen vom User definierten Zeitraum ge- mittelt. Der Threshold betrachtet also eine durch- schnittliche Lautstärke statt der Lautstärke zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wer sich in die Thematik der unterschiedlichen Methoden weiter einlesen möchte, dem empfehle ich einen Blick in das sehr übersicht- liche Manual auf der Website von SIR Audio Tools.
Es gibt außerdem eine Filter-Sektion mit De-Bleed (High Shelf EQ). Die funktioniert besonders gut, um etwa die Hi-Hat aus dem Snare-Signal zu ziehen, Low-pass und Reso LP bearbeiten die tiefen Signale sowie High-Pass und Reso-HP hohe Signale. Auch einen Look- ahead, der auf Transienten achtet, gibt es hier. Er kann zwischen 0 und 1.000 ms eingestellt werden.
Am unteren Rand der GUI befinden sich noch die Einstellungen zu Oversampling – ×1 (aus), ×2, ×4 oder ×8 – sowie die Detection Channel Modes (All, Mid, Side, Left/Right), die angeben, von welchem Signal das Gate getriggert wird. Sie ermöglichen, dass nur die Mono(Mid)- oder nur die Seiten-Informationen (Side) einer Stereo-Spur oder auch nur der linke oder rechte Kanal das Gate triggern.
Das Gate kann zu kreativen Effekten auch von MIDI- Signalen angesteuert werden. Und zum Schluss gibt es auch noch einen Dry/Wet-Regler.
Fazit: Der Name StandardGATE soll wohl ausdrücken, dass SIR Audio Tools damit einen neuen Standard am Markt etablieren will. Der Umfang der Features und die Möglichkeiten, so detailliert auf verschiedene Parameter wie beispielsweise RMS Window Zugriff zu haben, macht das Tool nicht nur zu einem Schweizer Messer in der Drum-Bearbeitung, sondern auch zu einem ausgefuchsten Sounddesign-Werkzeug, mit dem man jede Menge Spaß haben kann. Und für einen Preis von nur 49 Euro ist dies ein absoluter No-Brainer.
Preis: 49€
Web: https://www.siraudiotools.com
Unsere Meinung:
+++ Preis/Leistungs-Verhältnis
++ Grafischer Analyzer
– Design der GUI