Roland Promo-Clips aus den 90ern
Die Neuzeit der elektronischen Musikinstrumente begann Mitte der 90er Jahre. Nach einer Zeit der technologischen und innovativen Stagnation brachten erst kleine Hersteller, und nachfolgend auch große Firmen, wieder “richtige” Synthesizer sowie Modularsysteme auf den Markt. Und es entstand die neue Sparte der Groove-Gear.
Dank der Promo-Videos, die für Präsentationen auf der NAMM oder der Musikmesse Frankfurt produziert wurden, kann man auf diese Epoche zurückblicken. Dabei finden sich Clips zu Geräten, die man eventuell noch besitzt oder die in der Zwischenzeit sogar Kultstatus erlangten, und ebenso Instrumente, die man schon längst aus dem Gedächtnis gestrichen hatte – in der Regel sogar zu recht. Während die Synthesizer aus den 70er bis 80er Jahren zu den unwidersprochenen Klassikern gehören, kann man sich fragen, ob sich die Teile aus den späten 90ern auch schon das Label “Vintage” verdient haben. Schließlich ist das nun bereits ein Vierteljahrhundert her (klingt doch deutlich mehr als “25 Jahre”, oder?).
Roland Promo-Clips aus den 90ern
Insbesondere Roland war bei den Promo-Videos fleißig zu Gange und versuchte sich zielgruppengerecht sogar im Rave-Look. Aber man sprang etwas zu spät auf den Techno-Zug auf und einige Produkte, die den neuen Sektor bedienen sollten, waren recht halbherzig geraten, weshalb sie alsbald wieder in der Versenkung verschwanden.
Auf dem Youtube-Kanal des auf Synthesizer spezialisierten, amerikanischen Händlers Perfect Circuit gibt es eine Playlist, auf der sich über 50 Videos dieser Art finden. Hier ein paar Beispiele:
Der Roland MC-303 gebührt der Verdienst, den Begriff “Groovebox” etabliert zu haben. Ansonsten wurde die kleine Silberkiste besonders anfangs von der Szene schief angesehen. Das Konzept war nicht zu Ende gedacht und dass die Zahl 303 für diesen Soundcanvas-Abkömmling gebraucht wurde, wurde als ein Frevel angesehen. Dennoch gelangten die Verkaufszahlen schnell in den 5-stelligen Bereich und bis heute hält sich eine treue Fangemeinde.
Mit der MC-505 brachte Roland eine große Version der Groovebox, die aber damals nicht an den Erfolg anknüpfen konnte. Doch heute wird sie als das bessere Tool angesehen und taucht auf dem Gebrauchtmarkt deutlich seltener auf. Man behält sie lieber, denn mit der MC-505 konnte man durchaus brauchbare Tracks kreieren. Andere Varianten des Groovebox-Konzeptes wie D2, MC-307 oder MC-09 waren hingegen aber ziemliche Flops.
Es gab mit dem JX-305 sogar eine Keyboard-Version der MC-505, wenngleich der Name auch mit der 303 liebäugelte. Aber nur wenige Künstler in der Szene wollte zu dieser Zeit eine Tastatur (oder konnten diese vernünftig spielen), so dass dieser Ausflug von Roland schnell beendet wurde. Dabei hatte das Keyboard mit Arpeggiator, Pattern-Sequenzer, LoFi-FX etc. durchaus einiges zu bieten – auch wenn es die dröge Präsentation nicht wirklich rüber brachte.
Etwas flippiger sah das schon die Promo zum EG-101 aus. Das war ein Versuch, das Arranger-Konzept von Entertainer-Keyboards auf Dance zu trimmen. Was hat man sich bei der Gestaltung damals bloß gedacht? Das unförmige Gehäuse mit integrierten Lautsprechern war aber nur einer der Missgriffe. Nicht editierbare Sounds und Drumkits, Preset-Phrasen, ein unzulänglicher Sampler und der Charme von Begleitautomatik wirkten schon damals skurril.
Die Sampling-Groovebox SP-808 war groß gedacht und wollte der MPC-Serie Konkurrenz machen. Doch wie sich mit der Zeit herausstellte, waren es die kleineren Nachfolger, die bei Beat-Makern, speziell im HipHop-Lager, gut ankamen. Die für damalige Verhältnisse große Speicherkapazität wurde durch ein integriertes ZIP-Laufwerk erreicht – ja, so lange ist das schon her. Aber auch sonst war viel drin: Resampling, Effekte (inkl. Voice Transformer, Vococder, Isolator, Space Echo), ein VA-Synthesizer, D-Beam Controller etc. Dennoch blieb der große Erfolg, auch beim Nachfolger SP-808EX, aus.
Auch in Richtung DJ streckte man seine Fühler aus. Im DJ-1000 ergänzten ausgewählte Isolatoren, Filter und Modulatoren den eigentlichen Scratch-Mixer. Per Tap-Taste/BPM-Eingabe ließ sich ein Tempo zur Synchronisation der Modulatoren und als MIDI-Clock-Out für angeschlossene Grooveboxen einstellen. Eigentlich eine clevere Idee, den Mixer als Quasi-Schnittstelle für Groove-Gear zu nutzen. Der DJ-Sektor wird bei Roland in der Aira-Sektion noch weitergepflegt, aber der große Wurf gelang leider nicht.
Unter diesem Link findet ihr die gesamte Playlist von Perfect Circuit, vielleicht entdeckt ihr hier ein Groove-Tool das ihr mal hattet oder immer noch besitzt?