MOTU UtraLite mk5 – USB-Audio-Interface im Test
Der US-Hersteller MOTU ist seit jeher bekannt für hochwertige Audio-Interfaces zu hochattraktiven Preisen. Einen ganz besonderen Platz im inzwischen mächtig angewachsenen Portfolio nimmt die UltraLite-Serie ein. Seit nunmehr 15 Jahren werden unter diesem Namen Interfaces angeboten, die im leicht transportablen Kompaktformat ein Maximum an Konnektivität bieten. Für die fünfte Generation verspricht der Hersteller weitere Verbesserungen in allen Bereichen, u. a. einen sensationellen Dynamikumfang von 125 dB und noch schnellere Treiber – zum gewohnt günstigen Preis.
Erster Eindruck: Das UltraLite mk5 wurde auch optisch überarbeitet. Der kantige, etwas hemdsärmelige Look mit dem Charme einer alten Dampflok ist einem moderneren Design mit abgerundeten Ecken gewichen. Das mag technisch irrelevant sein, aber ein Desktopgerät, das man ständig vor der Nase hat, darf gerne ein bisschen schick aussehen! Einen zweiten Sympathiepunkt ergattert das UltraLite mk5 dafür, dass es mit einem gedruckten Handbuch ausgeliefert wird. Wo gibt’s das heute noch?
Inspektion
Trotz seiner enormen Funktionaltität im Kompaktformat von 220 x 175 x 45 mm wirkt die Front des UltraLite mk5 angenehm aufgeräumt und übersichtlich. Ganz links bieten zwei Combobuchsen direkten Zugriff auf die ersten beiden Eingangskanäle. Steckt man einen XLR-Stecker ein, landet man im Mikrofoneingang, steckt man einen Klinkenstecker ein, gelangt man in den Line/Instrument-Eingang. Eine Line/Instrument-Umschaltung gibt es übrigens nicht; die beiden Klinkeneingänge haben immer eine hohe Impedanz von 1 Megaohm, was für Gitarren- und Bass-Pickups optimal ist, und in aller Regel auch für Line-Quellen bestens funktioniert – Ausnahmen sind manche Übertrager-Ausgänge, vor allem von älteren Geräten, die eine niedrigere Anschluss-Impedanz erwarten.
Neben den beiden Combobuchsen befindet sich der Kopfhörerausgang. Der darüber angeordnete Pegelsteller regelt nicht nur die Kopfhörerlautstärke, sondern auch den Pegel der rückseitigen Main-Outs, an die man üblicherweise seine (aktiven) Monitorlautsprecher anschließt. Beim Pegelsteller handelt es sich um einen Endlos-Drehregler; durch einen kurzen Druck auf den Knopf wird der Regler wahlweise dem Kopfhörerausgang oder den Main Outs zugeordnet. Hält man den Knopf länger gedrückt, dient er außerdem als Ein-/Ausschalter.
Auch die beiden Knöpfe daneben sind mehrfach belegte Endlos-Dreh-Encoder. Primär dienen sie als Gain-Regler für die ersten beiden Inputs. Die Regelung erfolgt mit digitaler Präzision in 1-dB-Schritten, was einen präzisen Links/Rechts-Abgleich sehr erleichtert. Für sehr hohe Eingangspegel lässt sich über darunter liegende Buttons eine Vordämpfung (Pad) um 20 dB aktivieren, um Übersteuerungen entgegenzuwirken. Zur Spannungsversorgung von Kondensatormikrofonen lässt sich die 48V-Phantomspeisung pro Kanal separat zuschalten.
Zusätzlich dienen die beiden Endlos-Dreh-Encoder der Gerätesteuerung. Drückt man den rechten Knopf, werden diverse Einstellungen und Optionen im Display angezeigt, die sich durch Drehen anwählen und über einen zweiten Druck selektieren lassen. Mit einem Druck auf den linken Knopf gelangt man wieder zurück. Allzu oft wird man diese Menüsteuerung nicht benötigen, denn die allermeisten Einstellungen kann man übersichtlicher in der Mac/PC-Steuersoftware einstellen. Im Normalbetrieb dient das Monochrom-Display als Pegelanzeige für alle analogen Ein- und Ausgänge – und davon gibt eine ganze Menge!
Die Rückseite wird vollständig von Ein- und Ausgangsbuchsen eingenommen. Wie üblich ist die Anordnung von rechts nach links: Hier sehen wir sechs weitere Analogeingänge in Form symmetrisch beschalteter Klinkenbuchsen. Macht zusammen mit den frontseitigen Eingängen acht analoge Eingangskanäle. Es folgen zehn weitere Klinkenbuchsen für ebenso viele Line-Outputs. Die ersten beiden sind, wie angesprochen, als Main-Outs für den Direktanschluss von Monitorboxen vorgesehen. Über die Steuersoftware CueMix 5 lassen sich dem Volume-Regler wahlweise weitere Line-Outs zuordnen, sodass man sogar ein Surround-Setup aus bis zu zehn Lautsprechern ansprechen könnte! Auch digitale Audioanschlüsse gibt es, nämlich S/PDIF-In und -Out im koaxialen Format sowie ein Paar Lichtleiteranschlüsse, das wahlweise im ADAT- oder S/PDIF-Modus betrieben werden kann. Trotz des knappen Platzes wurde auch auf MIDI-In und -Out nicht verzichtet, was Freunde von Vintage-Synths ohne USB-Anschluss entzücken dürfte. Die Verbindung zum Hostrechner läuft über USB. Trotz des modernen Type-C-Steckverbinders arbeitet die Schnittstelle mit USB-2.0-Protokoll. Bus-Speisung ist bei einem so umfangreich ausgestatteten Audio-Interface kaum möglich; die Stromversorgung erfolgt daher über ein handliches Steckernetzteil. Der Steckverbinder am Gerät sitzt zwar einigermaßen fest und hat einen Druckpunkt; eine Verriegelung, die unabsichtliches Herausziehen verhindert, gibt es jedoch nicht. Die Netzteilzuleitung ist mit ca. 150 cm etwas kurz, und die beigelegten USB-Kabel – eins mit USB-A- und eins mit USB-C-Gegenstecker – sind inkl. Stecker nur 100 cm lang – etwas knapp, wenn der Rechner unterm Tisch steht.
Die Bandbreite der USB-2.0-Schnittstelle genügt für alle Ein- und Ausgangskanäle bei 44,1 bzw. 48 kHz. Bei doppelten Abtastraten (88,2 bzw. 96 kHz) arbeitet die ADAT-Schnittstelle im S/MUX-Modus, d. h., es gibt statt acht nur noch vier Ein- und Ausgangskanäle. Bei vierfachen Abtastraten (176,4 bzw. 192 kHz) fallen sowohl die ADAT-Schnittstelle als auch S/PDIF komplett weg, und auch die internen Effekte (s. u.) verabschieden sich weitestgehend (bis auf die 3-Band-EQs, mit denen sich bei Bedarf die Ausgänge entzerren lassen).
Treiber und Software
Das MOTU UltraLite mk5 ist class compliant und lässt sich unter macOS ab 10.11 prinzipiell ohne Treiberinstallation betreiben. Mehr Funktionalität und optimale Treiberperformance verspricht MOTUs Treibersoftware, die mindestens macOS 10.13 voraussetzt. Auch Big Sur und die neuen M1-Macs werden bereits unterstützt. Auf PC-Seite wird Windows 10 vorausgesetzt. Die Treiberinstallation lief auf beiden Plattformen problemlos. Zum Softwarepaket gehört neben den Treibern MOTUs eigene DAW-Software Performer in der Lite-Version, inklusive 6 GB Loops verschiedener Anbieter. Da sich das UltraLite mk5 class compliant verhält, lässt es sich übrigens auch am iPad nutzen.
Auf meinem MacBook Pro 15 Pro (late 2016, 4x 2,7 GHz, 16 GB RAM, Catalina) lief der MOTU-Treiber ab dem kleinsten Puffer-Setting von 32-Samples ohne Dropouts mit Ein- und Ausgangslatenzen von je 1,27 ms. Im DIVA-Test (siehe Kasten »Latenz-Benchmarking «) ließen sich alle 16 Voices erst ab dem 64-Samples-Setting ohne Aussetzer spielen. Als Ein- und Ausgangslatenzen vermeldete Cubase Pro 1,995 ms – ein sehr guter Wert! Das kleinste Puffer-Setting des Windows-Treibers ist 16 Samples, wobei es hier noch einen Eintrag »Safety Offsets« gibt, den man gerade in den untersten Einstellungen auf »Default« belassen sollte. Cubase Pro meldet eine Eingangslatenz von 0,96 ms und eine Ausgangslatenz von 3,53 ms. In diesem Setting schafft mein Studio-PC mit Achtkern-Prozessor (Intel Core i9 9900K, 64 GB RAM, Windows 10 64 Bit) bereits die maximal möglichen 16 DIVA-Voices. Auf weniger leistungsstarken Rechnern kann man die Puffer auf bis zu 64 Samples vergrößern, ohne dass die Roundtrip-Latenz über die magische Marke von 10 ms ansteigt. Somit darf man auch den Windows-Treibern eine flotte, praxisgerechte Performance bescheinigen.
Mit den Treibern wird auch MOTUs neue Steuersoftware CueMix 5 installiert, über die sich alle Funktionen übersichtlich einstellen lassen. U. a. lassen sich bis zu sechs Monitoring Mixes anlegen, sodass jeder Musiker seinen eigenen Kopfhörermix haben kann. Mit einem iPad lässt sich der sogar drahtlos aus der Ferne nachregeln, etwa aus der Vocal Booth. MOTU bietet CueMix 5 nämlich auch als iOS-App an. Diese erfordert allerdings mindestens iOS 13.5, weshalb ich SOUND & RECORDING 04.2021 33 die App auf meinem betagten iPad Air nicht testen konnte. Eine Android-Version der App gibt es übrigens nicht.
CueMix 5 bietet für jeden der analogen Eingänge einen 4-Band-EQ sowie eine Dynamics-Sektion mit Gate und Kompressor. Für alle Kanäle gemeinsam gibt es einen Reverb. Dessen Send-Pegel werden nicht im Channelstrip eingestellt, sondern über einen eigenen Reverb-Mixer – was anfangs etwas verwirren mag, aber für das Touchscreen-optimierte Design durchaus Sinn macht. Der Reverb kann mit einem externen Hallgerät oder guten Plug-ins nicht mithalten; er klingt aber deutlich dichter und geschmeidiger als die Reverbs älterer MOTU-Audio-Interfaces. Vermisst habe ich Channel-Link, um benachbarte Eingangskanäle – inklusive EQ und Dynamics – zum Stereopaar zu verkoppeln. Das sollte möglichst bald nachgereicht werden.
Messwerte
Gespannt war ich auf die Audioperformance, da MOTU über die letzten Jahre oft sehr beeindruckende Werte lieferte. Das UltraLite mk5 macht keine Ausnahme! Für die AD-Wandler verspricht der Hersteller eine Dynamik von 120 dB; für die DA-Wandler sogar 125 dB. Im Loop-Test, d. h. nach DA und AD-Wandlung, kam ich »nur« auf 118,1 dB – was aber daran liegen dürfte, dass die Ein- und Ausgänge ein etwas unterschiedliches Pegelniveau haben, sodass für die Messung der Eingangspegel um 4 dB angehoben werden musste. Dabei wird natürlich auch das Grundrauschen angehoben. Aber selbst mit den 118 dB liegt das UltraLite mk5 satte 8 dB, über dem in S&R 10.2015 getesteten UltraLite AVB, das – bis auf die Netzwerkfähigkeiten – weitgehend dem Ultra-Lite mk3 entspricht.
Wirklich herausragend ist die unglaublich niedrige Gesamtverzerrung von 0,00008 %. Die »lauteste« Klirrkomponente K2 liegt bei –129 dBFS! Erwartungsgemäß sind die Frequenzgänge sehr eben, wobei das Ausgangsfilter in den höheren Abtastraten etwas weicher agiert, was dem Klang im tatsächlich hörbaren Bereich zugutekommt. Am unteren Ende des Spektrums ist kaum ein Abfall in den Bässen zu erkennen. Die Ausgänge sind gleichstromgekoppelt, reichen also bis 0 Hz, und können mit entsprechender Software sogar Steuerspannungen für analoge Synthesizer generieren.
Praxis
Auch der subjektive Höreindruck ist ausgezeichnet. Das UltraLite mk5 klingt sehr präzise und sauber. Das gilt nicht nur für die Wandler, sondern auch für die verbaute Analogelektronik. Die Mikrofon-Preamps arbeiten äußerst rauscharm; ihr Eingangsrauschen spezifiziert MOTU mit –129 dBu. Das ist ein sehr guter Wert, der im Höreindruck auch glaubhaft erscheint. Selbst in Verbindung mit pegelschwachen dynamischen Mikros wie dem Shure SM7B, die viel Gain erfordern, hält sich das Rauschen in Grenzen und wirkt nie störend. Der Regelbereich der Mikrofonvorstufen beträgt 65 dB in 1-dB-Schritten. Offenbar gibt es aber eine Sockelverstärkung von 9 dB, denn das maximale Gain ist mit 74 dB angegeben. Das ist ungewöhnlich viel für ein Audio-Interface und mehr als genug, selbst für Bändchenmikros und das oben genannte SM7B. Die Eingangsimpedanz der Mikrofon-Preamps ist im Datenblatt nicht angegeben; laut meinen Messungen beträgt sie 2,2 Kiloohm, was im üblichen Bereich liegt.
Sehr gut gefallen haben mir die Instrument-Inputs. Ihr Klang ist klar, brillant und sehr rauscharm. Beste Voraussetzungen für Amp-Modeling mit Guitar Rig & Co. Über CueMix 5 kann man das Signal aber auch bereits vor der Aufnahme mit EQ und Kompressor formen, was besonders für E-Bass interessant ist. Das Recording-Signal kann wahlweise vor oder hinter den Effekten abgegriffen werden.
Auch der integrierte Kopfhörerverstärker kann überzeugen. Das ist gerade bei mobilen Audio-Interfaces nicht immer der Fall. Seine Ausgangsimpedanz beträgt laut Hersteller weniger als 1 Ohm, sodass auch sehr niederohmige Kopfhörer optimal angesteuert werden können. Den Klang des Kopfhörerverstärkers habe ich als eher weich empfunden, ohne dass dabei an Präzision mangelte. Störgeräusche und Codec-Artefakte waren gut zu hören.
Praktisch ist, dass sich für jedes Ausgangspaar ein 3-Band-EQ aktivieren lässt. So lassen sich grobe Anpassungen an die Raumakustik machen; man könnte auch die Klangabstimmung des Kopfhörers etwas nachjustieren. Gerade, wenn man unterwegs ist und in fremden Räumen aufnimmt oder ersatzweise mit einem anderen Kopfhörer arbeiten muss, sind solche Möglichkeiten Gold wert. Sehr schön auch, dass sich der Pegel der Line-Outs sowie die Empfindlichkeit der Line-Ins regeln lässt. Das erleichtert das Einbinden externer Hardware enorm.
Fazit
Das UltraLite mk5 setzt die Tradition seiner Vorgänger erfolgreich fort. Es bietet auf kleinstem Raum umfangreiche Anschlussmöglichkeiten: zwei Mic/Line/Instrument-Inputs, sechs weitere Line-Ins, zehn analoge Ausgänge, dazu S/PDIF, ADAT und MIDI. Damit kann man ein gut ausgestattetes Projektstudio betreiben. Man kann es aber auch mühelos im Reisegepäck unterbringen und mobil arbeiten. Dabei gestaltet sich das Handling sehr angenehm. Die neue CueMix-5-Software bietet alles, was man in der Praxis benötigt, und ist angenehm übersichtlich gestaltet – sogar eine Fernsteuerung per iPad-App ist möglich.
Enorm aufgewertet wurde die Audioperformance: In der fünften Generation bietet das UltraLite Wandler in Mastering-Qualität. Das ist nicht nur angesichts der zahlreichen Ein- und Ausgänge erstaunlich, sondern auch im Hinblick auf den Preis: Das UltraLite mk5 ist mit nur 748 Euro gelistet. Da reibt man sich verwundert die Augen!
(Bild: Dr. Andreas Hau)
Hersteller/Vertrieb: MOTU / Klemm
UvP / Listenpreis: 749,– Euro / ca. 739,– Euro
Internet: www.motu.com; www.klemm-music.de
#Unsere Meinung:
+++ sehr gute Audioperformance
+++ übersichtliche Steuersoftware
+++ ausgezeichnetes Preis/Leistungs-Verhältnis
+++ flotte Treiber
– Netzeil-Zuführung und USB-Kabel recht kurz