HEDD Type 30 MK2 – 3-Wege-Midfield-Monitor im Test
Mit den MK2-Modellen bringt der Berliner Hersteller HEDD eine neue Generation seiner Studio-Monitor-Serie auf den Markt. Die im Januar 2021 vorgestellte MK2-Baureihe unterscheidet sich gegenüber der ersten Generation primär durch die Elektronik, in der jetzt ein komplett neues DSP-basiertes Filterkonzept eingesetzt wird.
Der bislang schon als VST-Plug-in verfügbare HEDD Lineariser ist jetzt direkt im Lautsprecher über das Filter-Setup verfügbar, und man kann zwischen dem Betrieb des Monitors als geschlossene Box oder als Bassreflexsystem auswählen – CoP Technology für »Closed or Ported« nennt man das bei HEDD. Möglich wird das zum einen durch mitgelieferte Plugs, mit denen die Ports dicht verschlossen werden können, und durch eine Umschaltung der Filterung passend zur jeweiligen Abstimmung. Beide Themen, phasenlineare Entzerrung sowie Bassreflex oder geschlossenes Gehäuse, sind ein wenig auch eine Glaubensfrage und mit Sicherheit viel diskutierte Themen in Kreisen der Tonschaffenden. Um an dieser Stelle für alle Geschmäcker etwas bieten zu können, ermöglicht man in allen Modellen der MK2-Serie jeweils beides und auch in beliebigen Kombinationen.
Aus akustischer Sicht besteht der Unterschied zwischen einem geschlossenen Gehäuse und einem mit Bassreflexport darin, dass es sich entweder als Hochpassfilter 2. Ordnung (closed) oder als Hochpassfilter 4. Ordnung (ported) verhält. Im Frequenzgang zeigt sich der Unterschied darin, dass das geschlossene Gehäuse früher beginnt, zu tiefen Frequenzen hin im Pegel abzufallen, dafür dann aber weniger Steil mit 12 dB/Oct fällt; das Bassreflexgehäuse fällt mit 24 dB/Oct ab. Die beiden Kurven für die Tieftöner in Abb.01 ermöglichen einen direkten Vergleich. Entsprechend verhält sich der Phasengang mit einer Phasendrehung von 180° für das geschlossene Gehäuse und von 360° für das Bassreflexgehäuse.
Das geschlossene Gehäuse bietet somit die Vorteile der geringeren Phasendrehung und der Möglichkeit auch sehr tiefe Frequenzen, wenn auch nicht mit so hohem Pegel, wiedergeben zu können. Durch ein entsprechendes Filter (Pol-Nullstellen Kompensation) kann das geschlossene Gehäuse auch zu sehr tiefen Frequenzen hin noch entzerrt werden. Bei einem Bassreflexgehäuse ist das nicht möglich, da der Treiber unterhalb der Abstimmfrequenz des Resonators nahezu unbedämpft läuft und sehr schnell mechanisch überlastet werden kann. Meist wird daher ein Bassreflexgehäuse noch durch ein zusätzliches elektrisches Hochpassfilter vor Überlastung unterhalb der Abstimmfrequenz geschützt, womit dann weitere Phasendrehungen einhergehen. Der Vorteil des Bassreflexgehäuses liegt in der höheren Sensitivity in einem Frequenzbereich um die Abstimmfrequenz. In Abb.01 zeigt sich der Gewinn in der Fläche zwischen der roten (Bassreflex) und der lila (geschl. Geh.) Kurve.
Beim zweiten Thema »Phasenlineare Entzerrung durch FIR-Filter « geht es häufig um einen Kompromiss zwischen der möglichen Filterlatenz und dem Frequenzbereich, der entzerrt werden kann. Starke Phasendrehungen zu tiefen Frequenzen bedingen einen Anstieg der Gruppenlaufzeit. Soll dieser kompensiert werden, kann das FIR-Filter das nur erreichen, indem alle anderen Anteile auf diese Laufzeit verzögert werden. Für die beiden Varianten der Type-30 gelingt die phasenlineare Entzerrung mit einer Filterlatenz von 15,6 ms für das geschlossene Gehäuse bis 40 Hz hinab und für das Bassreflexgehäuse bis 70 Hz. Der Unterschied entsteht, weil das Bassreflexgehäuse eine stärkere Phasendrehung erzeugt und somit auch einen größeren Anstieg der Gruppenlaufzeit. Soweit zur Theorie.
Bestückung und Elektronik
Realisiert werden die diversen Filter in der Type-30 MK2 mit einem Analog Devices Sharc DSP vom Typ ADSP-21479. Als Verstärkermodule werden in den MK2-Modellen unverändert die bekannten ICE-Power-Module eingesetzt. Ein 300 AS1-Modul mit Netzteil versorgt die beiden Tieftöner und zwei weitere 300 A1 Add on Cards den Mitteltöner und den Hochtöner. Die maximale Leistung der Endstufen wird von ICEpower mit 300 W an 4 Ohm und 150 W an 8 Ohm angegeben. Bei den Konustreibern setzt man bei HEDD auf Honeycomb Sandwich-Membranen mit neuen Harzen als Bindematerial, mit denen laut Hersteller die Membransteifigkeit um den Faktor 3 erhöht werden konnte. Selbstverständlich verfügen die Konustreiber auch über Aluminiumdruckgusskörbe und hinterlüftete Schwingspulen. Die Antriebe sind mit Ferrit-Magneten ausgestattet, die, solange das Gewicht keine Rolle spielt, kleine Vorzüge in puncto Antriebskraft und thermische Kapazität gegenüber Neodym-Chassis haben. Der AMT ist dagegen mit einem Neodym-Magneten bestückt, der hinter der Membran liegt und dessen magnetischer Kreis sich über die schmalen Stege vor der Membran schließt. Das Waveguide am AMT passt das Abstrahlverhalten im Übergangsbereich zum Mitteltöner an und steigert gleichzeitig auch noch die Sensitivity ein wenig.
Auffällig ist das besonders massive und schwere (21,5 kg) Gehäuse der Type-30 MK2. Der Grund liegt in der äußerst massiven Gehäusekonstruktion mit einer 38-mm-Front und 22- bzw. 28-mm-Seitenwänden mit zusätzlichen Verstrebungen und einem separierten Volumen auf der Rückseite für die Elektronik. Insbesondere ist Letzteres hervorzuheben, weil sich viele Hersteller die Trennung vom akustisch aktiven Volumen des Tieftöners und dem Raum für die Elektronik sparen, womit sich das Gesamtvolumen verringern und Kosten einsparen lassen. Dem steht jedoch gegenüber, dass einige elektronische Bauteile wie Kondensatoren auch Mikrofonie-Effekte ausbilden können und, ganz pragmatisch betrachtet, dauerhafte Vibrationen auch zu technischen Problemen und Ausfällen führen können.
Aus dem Messlabor…
… unter reflexionsfreien Bedingungen stammen die folgenden Messungen zum Frequenzgang, zum Abstrahlverhalten und zu den Verzerrungswerten. Der Klasse-1-Messraum erlaubt Messentfernung bis zu 8 m und bietet Freifeldbedingungen ab 100 Hz aufwärts. Alle Messungen erfolgen mit einem G.R.A.S 1/4″-46BF-Messmikrofon bei 96 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung mit dem Monkey-Forest Audio-Messsystem. Messungen unterhalb von 100 Hz erfolgen als kombinierte Nahfeld-Fernfeldmessungen.