DPA 4560 Core – Binaural-Headset-Mikrofon im Test
Der Kopfhörer ist mittlerweile das Wiedergabemedium Nummer eins. Entsprechend steigt das Interesse an binauralem Sound, denn kopfbezogene Stereofonie ermöglicht ein dreidimensionales Klangerlebnis ohne zusätzliche Wiedergabekanäle – und somit ohne irgendwelchen Aufwand für den Konsumenten. DPA hat sich dieses Trends angenommen und ein binaurales Mikrofon entwickelt, das ohne einen Kunstkopf auskommt, indem es des Anwenders Rübe als Trennkörper verwendet.
Binauraler Sound ist alles andere als neu: Ein erstes Patent wurde bereits 1925 eingereicht. Richtig ins Rollen kam die Sache jedoch erst Mitte der 1970er, als die Hi-Fi-Welt nach der Stereo-Revolution ungeduldig den nächsten großen Durchbruch erwartete: Quadrofonie war kurzzeitig populär, aber auch Aufnahmen in binauraler Technik. Denn gerade hatte die Firma Neumann ihren ersten Kunstkopf entwickelt, den KU80, der sich über die nächsten Jahre als Standardwerkzeug für binaurale Aufnahmen etablierte; vor allem beim Rundfunk, wo man damit vor allem Hörspieleproduzierte. In der Musikproduktion konnte er sich nicht so recht durchsetzen, denn die Aufnahmen waren nicht so recht lautsprecherkompatibel. Dieses Manko wurde beiden Nachfolgemodellen behoben.
Für die meisten Anwender sind solche Kunstkopfmikrofone aber viel zu teuer. Was liegt da näher, als die Mikrofone am eigenen Kopf anzubringen? Auch diese Idee ist nicht neu; bereits in den 1970ern gab es das Kopfbügelmikrofon MKE 2002 von Sennheiser; Anfang der 2000er waren die »Originalkopfmikrofone« (OKM) von Soundman äußerst populär. Nun greift der dänische Hersteller DPA diese Idee wieder auf.
Inaugenscheinnahme
Das DPA4560 Core besteht aus zwei der bekanntermaßen hochwertigen Miniatur-Mikrofonkapseln des dänischen Herstellers an einem extrem leicht gebauten Kopfbügel. Letzterer besteht nur aus zwei dünnen Drähten, die aber sehr formstabil sind. Der in der Größe verstellbare Kopfbügel wird am Hinterkopf angebracht und findet Halt durch die Ohrbügel, welche der Anwender um seine Ohrmuscheln legt, sodass die am Ende angebrachten Mikrofonkapseln in der Ohröffnung Platz finden. Je Mikrofonkapsel gibt es einen kleinen und einen etwas größeren Windschutz aus Schaumstoff, der gleichzeitig als Polster dient, sodass das Tragen des DPA4560 keineswegs unangenehm ist. Zur Klarstellung: Die Mikrofonkapseln werden nicht in die Ohröffnung gezwängt, sondern sollen dort nur locker zu liegen kommen.
Die dünnen Kabel der Mikrofone münden in der Mitte des Kopfbügels in einem dickeren, gewebeummantelten Kabel. Zur Zugentlastung dient eine Klammer, die man im Nackenbereich am Kragen des Kleidungsstücks anbringt. An seinem anderen Ende mündet das etwa einen Meter lange Kabel in zwei dünnen, dennoch robusten Drähten mit verschraubbaren »Micro Dot«-Steckverbindern. Für diese bietet DPA verschiedene Anschlusslösungen an. Für das DPA4560 empfiehlt der Hersteller die XLR-Steckverbinder vom Typ DAD6001-BC mit linearem Frequenzgang. Alternativ lassen sich auch die DAD-4099-BCmit eingebautem Low-Cut verwenden. Alternativ lässt sich statt eines üblichen Fieldrecorders ein iPhone verwenden; dafür bietet DPA ein Miniatur-Audio-Interface an, das MMA-A. Neben einem Lightning-Anschlusskabel liegt diesem auch ein USB-A-Kabel bei, um einen Mac- oder Windows-Computer anzuschließen – was für ein binaurales Mikrofon aber unpraktisch wäre, da man es ja primär mobil einsetzen wird. Wer möchte schon mit einem aufgeklappten Notebook durch Wald und Wiesenhüpfen? Das MMA-A lässt sich aber auch für andere DPA-Mikrofone verwenden, etwa Headsets.
Technische Performance
Die Mikrofonkapseln des DPA4560 Core sind in Elektret-Technik gefertigt, d. h., ihre Polarisationsspannung ist in der Kapsel »eingefroren«, was gerade für Miniaturkapseln ungemein praktisch ist, weil ein Gleichstromwandler entfallen kann, der ja zusätzlichen Platz beanspruchen würde. Eine Spannungsversorgung – entweder P48-Phantomspeisung oder über das MMA-A – benötigen die Mikros dennoch für die eingebaute Impedanzwandler-Schaltung.
Die Kapseln haben Kugelcharakteristik und weisen bis etwa 4 kHz einen sehr linearen Frequenzgang auf. Darüber steigt die Kurve allmählich um etwa 3 dB an. Die Abweichungen der beiden Kapseln, die ich im oberen Frequenzbereich messen konnte, dürften z. T. der Schwierigkeit einer genauen Positionierung beider Messung geschuldet sein; die Kapseln sind ja nicht für eine Stativmontage ausgelegt. Der stehende Einbau der winzigen Schallwandler macht die Richtcharakteristik etwas gleichmäßiger, weil der Schall so fast durchgängig off-axis aufgenommen wird. Da die Kapseln so winzig sind, ist ihre Höhendarstellung auch off-axis ausgezeichnet. Der Übertragungsbereich reicht bis über 20 kHz.
Die Empfindlichkeit ist mit 20 mV/Pa angegeben; das ist ein beachtlicher Pegel für solch winzige Kapseln. Somit lässt sich das DPA4560 auch an einfachen Mikrofonvorstufen wie denen in üblichen Mobilrekordern rauscharm betreiben. Das Eigenrauschen der Kapseln spezifiziert der Hersteller mit 23 dB-A. Für ein Studiomikrofon wäre das ziemlich viel, aber für ein Mikrofon, mit dem man primär Atmos aufnimmt, ist der Wert unbedenklich, denn hier wird das Mikrofonrauschen vom viel höheren Umgebungsrauschen maskiert. Der Grenzschalldruckpegel beträgt 126 dB SPL (bei max. 1 % THD) bzw. 129 dB SPL für kurzzeitige Spitzen. Das sollte für alle üblichen Anwendungen genügen.