beyerdynamic M88 TG, M201 TG und M160 im Test
In Zeiten des Zuhause-Arbeitens rücken Mikrofone in den Fokus, die mit problematischer Raumakustik besser zurechtkommen als Kondensatormikrofone, deren Detailtreue und Hellhörigkeit hier zum Nachteil gereicht. Und so erleben dynamische Schallwandler eine Renaissance, da sie einen trockeneren Sound mit weniger Störgeräuschen durch Lüfter und Straßenlärm versprechen. Trotzdem wünscht man sich natürlich hohe Klangqualität. Solch hochwertige dynamische Mikros baut seit jeher der Heilbronner Hersteller Beyerdynamic. Drei Klassiker aus dem Lieferprogramm haben wir uns näher angeschaut.
Beständigkeit ist eine weithin unterschätzte Tugend. Als 1963 Queen Elisabeth II Australien besuchte, gab es nur ein Mikrofon, das man ihrer Hoheit würdig erachtete: das M88 von Beyerdynamic, das ein Jahr zuvor vorgestellt wurde. Queen Elizabeth II ist noch immer im Amt, und das M88 kann man bis heute käuflich erwerben. Das M160 ist sogar noch etwas älter; es wurde bereits Ende der 1950er eingeführt. Somit ist das M201 das jüngste Modell in diesem Testreigen; eine genaue Datierung konnte ich nicht ermitteln, aber es muss irgendwann Mitte der 70er zur Welt gekommen sein. Damit sind alle unsere heutigen Testkandidaten älter als fast alles, was der Markt sonst zu bieten hat. Spoiler Alert: So lange kann sich kein Produkt behaupten, wenn es nicht gut wäre!
Hallo, Beyer!
Alle drei Mikros, die uns zum Test erreichten, kommen in schwarzen Pappkartons inklusive Etui, Stativklemme, gedruckter Anleitung und – ungewöhnlich für Produkte dieser Preisklasse – einem individuellen Messprotokoll mit Empfindlichkeit und Frequenzgang! Die Mikrofone selbst wirken wie aus dem Ei gepellt; ihr satiniertes Finish in Schwarz ist absolut makellos. Auch die haptische Anmutung macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Das ist »Made in Germany«, wie man es sich vorstellt, leider aber immer seltener bekommt. Umso erstaunlicher sind die günstigen Preise: Das M201 TG kostet im Handel rund 200 Euro, das M88 ist ab 279 Euro erhältlich, und selbst das teuerste im Bunde, das M160 kostet im Laden keine 500 Euro.
Schauen wir uns die drei Mikros mal im Einzelnen an:
Das M88 TG schaut aus wie ein Gesangsmikro. Der Mikrofonkorb ist nicht rund wie beim Shure SM58, sondern hat eine charakteristische Birnenform mit dem dicken Ende vorne/oben. Ein umlaufender Metallring trägt den Herstellerschriftzug in Weiß. Anders als bei den meisten Mikros lässt sich der Korb nicht abschrauben; im Servicefall kann durch Lösen der Schrauben am Ring der vordere Teil des Korbs abgenommen werden. Ob das jemals nötig wird, ist fraglich, denn das M88 TG wirkt äußerst robust. Ursprünglich konzipiert wurde das M88 als Universalmikrofon für alle Anwendungen. Als Gesangsmikrofon wurde es erst populär als Phil Collins in den 1980ern damit auftrat. Infolge seiner neuen Popularität als Gesangsmikrofon wurde der Mikrofonkorb umgestaltet. Ursprünglich bestand er aus einem feinen Metallgeflecht (ähnlich wie heute noch der des M160), in der späteren schwarzen TG-Version (für »Tour Group«), die bis heute aktuell ist, bekam der Korb ein gröberes, widerstandsfähigeres Metallgeflecht, das zur Reduktion der Poppempfindlichkeit mit Schaumstoff hinterfüttert ist.
Das M88 TG hat einen Tauchspulschallwandler mit Hypernierencharakteristik. Diese ist nicht nur auf lauten Bühnen aufgrund ihrer geringen Rückkopplungsneigung von Vorteil, sondern auch in akustisch suboptimalen Umgebungen, wie eben dem Homestudio, weil sie sehr fokussiert nach vorne gerichtet ist und wenig Raumklang mit aufnimmt. Anders als die normale Nierencharakteristik hat die Hyperniere eine kleinere Nebenkeule nach hinten. Diesen »Empfindlichkeitsschwanz « sollte man bei der Aufstellung mit bedenken: Die größte Schallauslöschung erreicht die Hyperniere in etwa 110–120 Grad zur Aufnahmeachse, d. h. schräg hinter dem Mikrofon.
Mit einer Empfindlichkeit von 2,9 mV/Pa ist das M88 TG ungewöhnlich »laut« für ein dynamisches Mikrofon. Es benötigt also keinen ultra-kraftvollen Mikrofonvorverstärker, zumal es für Nahmikrofonierung ausgelegt ist. Unser Testexemplar liegt mit gemessenen 2,5 mV/Pa ein wenig unter dem Wert im Datenblatt. Damit liefert es aber immer noch etwa 2,7 dB mehr Pegel als ein Shure SM58 bei gleicher Schalleinwirkung.
Das M201 TG deutet mit seiner Stäbchenform an, dass es sich um ein Mikrofon für die Instrumentenabnahme handelt. Setzt man den beiliegenden Schaumstoff-Windschutz auf, lässt es sich aber durchaus auch für Gesang und Sprache verwenden. Äußerlich gleicht das M201 TG einem Kleinmembran-Kondensatormikrofon, es arbeitet aber wie das M88 TG mit einem dynamischen Schallwandler nach dem Tauchspulprinzip.
Auch der Sollfrequenzgang könnte gut zu einem Kleinmembran-Kondensatormikrofon passen; so linear sind dynamische Mikrofone normalerweise nicht. Tatsächlich wurde auf elektronischem Weg ein wenig nachgeholfen: Im Innern begradigt eine passive Filterschaltung (»Saugkreis«) aus Kondensator, Widerstand und Festinduktivität den Kapselfrequenzgang in den Präsenzen. Eine ähnliche Filterschaltung (allerdings abschaltbar) findet sich übrigens auch im derzeit so beliebten Shure SM7B. Die ungewöhnlich hohe Linearität geht ein wenig zu Lasten der Empfindlichkeit; mit 1,2 mV/Pa ist das M201 TG relativ »leise«; das Testexemplar hält diesen Wert exakt ein. Auch das M201 TG arbeitet mit Hypernierencharakteristik.
Für das M160 gilt Gleiches – was hier sehr ungewöhnlich ist, denn es arbeitet mit einem Bändchenschallwandler. Auch Bändchen gehören zu den dynamischen Mikrofonen, denn »dynamisch« bedeutet in diesem Kontext, dass der Schall auf elektromagnetischem Weg durch Induktion (d. h. wie bei einem Fahrraddynamo) in ein elektrisches Signal gewandelt wird. Durch ihren Aufbau haben Bändchenschallwandler von Natur aus Achtercharakteristik, denn das Aluminiumbändchen im Magnetspalt wird von Schall von vorne und hinten gleichermaßen ausgelenkt. Schall von der Seite lenkt das Bändchen indes gar nicht aus.
Bei seinem Erscheinen war das M160 geradezu revolutionär: Die damals vorherrschenden Bändchenmikrofone wie das RCA 44 waren groß und schwer. Das M160 und sein Counterpart mit Achtercharakteristik, das ebenfalls bis heute erhältliche M130, waren im Vergleich geradezu winzig. Trotz der geringen Abmessungen und der deshalb viel kleineren Bändchensysteme erreichen das M160 und das M130 eine ähnliche Empfindlichkeit wie die damaligen großen Studiobändchen. Denn ihr Aufbau ist geradezu genial: Das Aluminiumbändchen ist nicht wie üblich durchgängig gewellt, sondern nur an den beiden Enden, während der mittlere Teil durch Längsrillen versteift ist. So bewegt sich das Bändchen kolbenförmig und wird über seine gesamte Länge gleichmäßig ausgelenkt. Konventionell gewellte Bändchen arbeiten weniger effizient, denn sie werden nur im mittleren Bereich weit ausgelenkt; die äußeren Bereiche tragen zum Ausgangssignal wenig bei. Außerdem sind bei M160 und M130 gleich zwei Bändchen hintereinander im Magnetspalt aufgehängt. Auch das erhöht die Effizienz des Schallwandlers.
Trotzdem liefern Bändchenschallwandler generell recht wenig Pegel, denn hier wird ja keine Spule im Magnetfeld bewegt, sondern nur ein (bzw. zwei) Streifen Aluminium. Damit überhaupt ein verwertbares Signal rauskommt, wird ein Übertrager benötigt, der das schwache Signal hochtransformiert. Üblich sind Übersetzungsverhältnisse von ca. 1:30. Den im M160 verbauten Übertrager fertigt Beyerdynamic selbst, und zwar nach einem patentierten System, das es ermöglicht, ungeteilte Transformatorbleche zu verwenden, was Signalverluste minimiert. Es ist und bleibt aber ein Bändchenmikrofon! Ein »heißes« Ausgangssignal darf man nicht erwarten. Im Datenblatt ist die elektrische Empfindlichkeit mit 1,0 mV/Pa angegeben. Das Testexemplar ist mit gemessenen 1,2 mV/Pa minimal »lauter«. Der im Datenblatt publizierte Sollfrequenzgang ist weitgehend linear bis auf eine minimale breitbandige Anhebung im Bereich der Hochmitten und einem ab 10 kHz allmählich abfallenden Höhenfrequenzgang.
Nachgemessen
Es passiert eher selten, dass ich Testgeräte bereits besitze. Aber da diese Mikros ja schon lange zum Inventar jedes gut sortierten Studios gehören, findet sich das Beyer-Trio auch in meinem Mikrofonschrank. So kam mir die Idee, die Exemplare aus meinem Bestand gegen die fabrikfrischen Testexemplare antreten zu lassen. Beim M201 und M160, die ich in doppelter Ausführung besitze, ist in den Messdiagrammen jeweils das ältere Exemplar zu sehen.
Um es kurz zu machen: Die heutigen Beyerdynamic-Mikros sind noch genauso gut wie meine älteren. Die Fertigungskonstanz ist hoch, zumal, wenn man bedenkt, dass es sich ja um dynamische Schallwandler handelt. Beim M201 TG sind die Plots sogar weitgehend deckungsgleich bis auf einen minimal früheren Tiefenabfall beim Testexemplar. Man könnte beide problemlos als Stereopaar verwenden, obwohl die Seriennummern im fünfstelligen Bereich auseinanderliegen. Überhaupt agiert das M201 TG ungewöhnlich linear für ein dynamisches Mikro: Von ca. 100 Hz bis etwa 15 kHz bleibt die Response in einem Toleranzschlauch von ±3 dB.
Auch die beiden M88 TG sind nahezu deckungsgleich. Kleinere Abweichungen gibt es zwischen 4 und 13 kHz, wo das brandneue Exemplar einen etwas glatteren Frequenzgang aufweist und ein bisschen brillanter klingt. Die Abweichungen sind aber kaum größer als bei ausgemessenen Stereopaaren, obwohl auch hier die Seriennummern im fünfstelligen Bereich auseinander liegen. Charakteristisch für das M88 ist eine breite Präsenzanhebung bei etwa 3 kHz. Der Tieftonbereich läuft etwas weicher aus als beim M201. Der Bass ist aber keineswegs dünn; gemessen wurde mit einem Abstand von 33 cm, wie er für Studio-Kondensatormikrofone üblich wäre. Dynamische Mikrofone positioniert man meist näher an der Schallquelle; hier gleicht der Nahbesprechungseffekt den Bassabfall aus.
Das M160 hat für ein Bändchenmikrofon einen sehr ausgeglichenen Frequenzgang. Bis etwa 2 kHz sind die Kurven meines älteren Exemplars und des brandneuen praktisch deckungsgleich. Zwischen 2 und 6 kHz weist das Testexemplar eine leichte Anhebung um etwa 2 dB auf, während mein älteres hier nahezu linear agiert. Eine weitere Abweichung zeigt sich oberhalb 10 kHz, wo das Testexemplar etwas mehr Brillanzen einfängt. Mein zweites Exemplar liegt übrigens genau zwischen diesen beiden Kurven. Auch hier kann man also von einer hohen Fertigungskonstanz sprechen.
Praxis
Die drei Beyerdynamic-Mikros sind in der Tat sehr gut für Aufnahmen in problematischer Raumakustik geeignet. Das liegt zum einen an ihrer Hypernierencharakteristik und zum anderen daran, dass sie für geringere Mikrofonabstände ausgelegt sind als typische Studio-Kondensatormikrofone. Ein zusätzlicher Faktor ist, dass dynamische Schallwandler, insbesondere Tauchspulmikrofone, etwas trägere Systeme sind als Kondensatorschallwandler. Das führt einerseits zu einem etwas geringeren Impulstreue, hat aber auch den hier erwünschten Nebeneffekt einer gewissen »Kurzsichtigkeit«: Nebengeräusche aus weiterer Entfernung, die Kondensatormikros unbarmherzig zutage fördern, werden von dynamischen Mikros gerne mal überhört. Das gilt übrigens auch für diese kleinen, manchmal sehr nervigen Lippenschmatzer bei Sprachaufnahmen. Dynamische Mikros sind für diese weit weniger empfänglich.
Die drei Beyerdynamic-Mikros sind aber keineswegs grobe Gesellen! Ganz im Gegenteil, im Vergleich zu anderen dynamischen Mikros geben sie sich äußerst kultiviert. »So würde ein SM57 klingen, wenn es ein Mikrofon wäre«, soll der legendäre Indie-Produzent Steve Albini über das M201 mal gesagt haben. Das ist ungerecht und gemein …, aber so ein bisschen stimmt es schon. Das M201 TG klingt ausgewogener und detaillierter als das, zugegeben, viel erfolgreichere Shure SM57. Dabei sind die Einsatzmöglichkeiten ähnlich vielseitig. Das M201 wird gerne am Schlagzeug eingesetzt, insbesondere an der Snare, wo die Hypernieren-charakteristik hilft, ein Übersprechen der Hi-Hat zu minimieren. Ähnliches gilt für die Toms, wo fast automatisch die Becken im Bereich der geringsten Empfindlichkeit der Hypernierencharakteristik landen.
Sehr gut macht sich das M201 TG auch vor dem Gitarrenverstärker; mit seinen relativ neutralen Mitten fängt es den Ton recht originalgetreu ein. An der Akustikgitarre gelten Kondensatormikros als gesetzt, da ist oft nur die Frage ob Groß- oder Kleinmembran. Es lohnt sich aber durchaus, auch hier mal ein dynamisches Mikrofon auszuprobieren, und das M201 TG wäre dafür ein sehr geeigneter Kandidat. Es gibt der Akustikgitarre eine etwas kernige Färbung. Die Höhen klingen keineswegs matt, werden aber etwas verhaltener und weniger »silbrig« dargestellt als von einem Kondensatormikrofon. Das kann sehr charmant klingen, wenn die Gitarre eher begleitende Funktion hat und die Stimme unangefochten im Fokus stehen soll.
Obwohl das M201 TG als Instrumentenmikrofon konzipiert ist, eignet es sich auch sehr gut für Gesang und Sprache. Ich würde sogar so weit gehen, es als preisgünstige Alternative zum Shure SM7B zu empfehlen. Natürlich hat das M201 TG nicht dessen Handling-Vorteile: Auf die Einhaltung eines Lippenabstands von mindestens 5 cm muss man selbst achten. Oder eben einen Poppschirm als Abstandshalter montieren. Für den handgehaltenen Einsatz kann man den mitgelieferten Windschutz verwenden, der auch gegen Popplaute wirksam ist, ohne allzu viel Brillanz zu nehmen.
Das M88 TG ist bereits von Haus aus für Gesang und Sprache geeignet. Es erfordert aber einen bewussteren Umgang mit dem Mikrofon als etwa das Shure SM58. Das M88 TG zeichnet sich nämlich durch eine deutlich erweiterte Bassübertragung und einen massiven Nahbesprechungseffekt aus. Optimal klingt es in einem Lippenabstand von etwa 10 bis 20 cm. In kürzeren Abständen wächst der Bass dramatisch an, was ein Sänger oder Sprecher mit entsprechendem Geschick effektvoll einsetzen kann – für notorische Mikrofonfresser und Korbnuckler ist das M88 TG aber ungeeignet. Die breitbandige Präsenzbetonung in den oberen Mitten gibt dem Klangbild des M88 TG einen gewissen 80er-Touch – vielleicht ist es auch die Phil-Collins-Assoziation, die mich nicht loslässt. Auf jeden Fall ist das M88 TG ein Mikrofon mit einem sehr Beyer-typischen Sound, der sich auf unaufdringliche Weise bestens durchsetzt.
Wie angesprochen, ist das M88 TG aber keineswegs »nur« ein Gesangsmikrofon, sondern ein Universaltalent. Mit seinem satten Bass wurde es gerne in der Kick-Drum eingesetzt, vor allem in den 1980ern. Das hat jedoch nicht jedes M88 auf Dauer ausgehalten. Beyerdynamic empfiehlt deshalb, für solche Anwendungen den (separat erhältlichen) Windschutz M59 zu montieren, der die empfindliche Kapsel vor allzu heftigen Impulsen schützt. Eine ausgezeichnete Figur macht das M88 TG auch vor dem Bassverstärker. Und auch für Bläser aller Art ist das M88 TG beliebt.
Das M160 ist ein ganz besonderes Mikrofon, das im Grunde in jedes Studio gehört. Und am besten besorgt man sich gleich auch noch das M130 mit Achtercharakteristik, denn mit beiden zusammen kann man wunderbare Stereoaufnahmen in M/S-Technik machen. Der rote Punkt am umlaufenden Ring des Mikrofonkorbs markiert übrigens die Ausrichtung des Bändchensystems. Aufgrund ihrer Geometrie ist die Richtcharakteristik eines Bändchensystems nicht rotationssymmetrisch, was sich vor allem in den Höhen bemerkbar macht. Längs des Bändchens verliert der Klang außerhalb der Mikrofonachse hörbar an Brillanz; quer zum Bändchen bleibt das Klangbild auch außerhalb der Mikrofonachse weitestgehend konstant. Obwohl diese Unsymmetrie bei einem so kleinen Bändchensystem viel geringer ist als bei einem großen, sollte man das bei der Ausrichtung beachten. In der Regel sollte daher der rote Punkt entweder oben oder unten sein; insbesondere bei M/S-Aufnahmen in Verbindung mit dem Schwestermodell M130.
Wer sich nur eins der beiden Beyer-Bändchen leisten kann, sollte zum M160 greifen, denn es lässt sich etwas universeller einsetzen. Zudem ist es auch für Bändchen-Novizen leicht einzuschätzen, da es sich im Handling kaum von einem Tauchspulmikrofon unterscheidet. Wohl aber im Sound: Trotz der Hypernierencharakteristik klingt das M160 sehr Bändchentypisch. Der Bass wirkt satt und voll, zumindest in kürzeren Mikrofonabständen bis etwa 50 cm. Die Mitten werden recht neutral abgebildet, und die Höhen sind wunderbar weich und smooth. Das M160 ist eine ausgezeichnete Wahl für die Amp-Abnahme. Schon Jimi Hendrix und sein ebenfalls legendärer Toningenieur Eddie Kramer haben es für diese Anwendung entdeckt.
Dank der Hypernierenchrakteristik nimmt das M160 weniger Raumklang mit auf als ein übliches Bändchenmikro mit Achtercharakteristik. Das ist gerade im Homestudio ein Plus. Mit seinem smoothen Klang überzeugt das M160 besonders bei Instrumenten, die tendenziell harsch klingen können. Neben elektrischen Gitarren wären vor allem Blechbläser zu nennen. Aber auch als Overhead am Schlagzeug kann das M160 helfen, laute Becken in den Griff zu kriegen. Das Attraktive an Bändchen ist, dass sie Weichheit mit Detailreichtum verbinden. Wenn etwa Streichinstrumente unangenehm kratzen und knarzen, dann ist der Punkt gekommen, das Kondensatormikro gegen ein Bändchen auszutauschen.
Das M160 gilt gemeinhin als reines Instrumentenmikrofon. Es hat aber mitunter auch Erfolge als Gesangsmikrofon gefeiert: David Bowie hat es Ende der 1970er bei seiner legendären Sound & Vision Tour eingesetzt. Noch mehr als beim M88 gilt allerdings, dass man auf die Einhaltung eines gewissen Lippenabstands achten sollte. Nicht nur wegen des starken Nahbesprechungseffekts, sondern auch, weil die Gefahr besteht, das empfindliche Aluminiumbändchen durchzupusten. Im Studio lässt sich diese Gefahr entschärfen, indem man einen Poppschirm montiert, der gleichzeitig als Abstandshalter fungiert. Experimentieren lohnt sich: Gerade für etwas »eckige« Stimmen oder bei scharfen S-Lauten kann sich das M160 als echter Problemlöser erweisen.
Fazit
Alle drei Testkandidaten sind ausgezeichnete Mikrofone, die sich bestens in problematischer Raumakustik bewähren. Aber nicht nur dort! Auch auf klangästhetischer Ebene sind die drei äußerst empfehlenswert; das kann ich mit voller Überzeugung sagen, da ich seit Jahren das M201 TG, M88 TG und das M160 einsetze; dazu gerne auch das Achter-Bändchen M130.
Das M201 TG liefert enorm viel Klangqualität zu einem sehr günstigen Preis. Zudem ist es sehr vielseitig einsetzbar. Im Homestudio wird man damit vielfach weiterkommen und bessere Ergebnisse erzielen als mit einem billigen No-Name-Kondensatormikrofon. Das M88 TG legt den Fokus etwas mehr auf Gesang und Sprache; trotzdem ist es recht universell verwendbar. Sein satter Bass erschließt weitere Anwendungen wie die Abnahme von Kick-Drum und Bassverstärker. Ein praktischer Vorteil liegt im recht hohen Output: Das M88 TG lässt sich auch an Audio-Interfaces und Preamps mit begrenztem Gain einsetzen. Das M160 ist das Gegenprogramm: Mit seinem niedrigen Output erfordert es einen Gain-starken, sehr rauscharmen Vorverstärker, und mit seinem smoothen, weichen Sound es ist auch nicht ultravielseitig. Aber wo es passt, ist es nahezu unschlagbar – ein Tipp also eher für die Profis. Dank der für Bändchenmikrofone ungewöhnlichen Hypernierencharakteristik ist es auch in problematischer Raumakustik gut einsetzbar.
Beyerdynamics Preisgestaltung finde ich äußerst fair. So günstig kommt man selten an bewährte Studioklassiker, noch dazu in ausgezeichneter Verarbeitung »Made in Germany«. Dringende Kaufempfehlung!
Hersteller: Beyerdynamic
UvP / Straßenpreis:
M88: 299,– / ca. 279,– Euro
M201: 269,– / ca. 199,– Euro
M160 539,– / ca. 459,– Euro
Internet: www.beyerdynamic.de
Unsere Meinung:
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+++ ausgezeichnete Verarbeitung
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