Austrian Audio CC8 – Kleinmembran-Kondensatormikrofon im Test
Mit dem 2019 erschienenen Großmembran-Kondensatormikrofon OC818 konnte Austrian Audio sogleich eine Marke setzen. Denn den ehemaligen AKG-Ingenieuren war es gelungen, Tradition und Innovation geschickt miteinander zu verweben. Seitdem warten wir Audio-Nerds gespannt auf das erste Kleinmembranmikrofon des Wiener Herstellers. Nun ist es da: Das CC8 ist ein modernes Stäbchen-Mikrofon mit einer Kapsel, die auf der legendären AKG CK1 basieren soll.
Die allermeisten Kleinmembran-Kondensatormikrofone sehen sich sehr ähnlich: ein zylindrisches Gehäuse, mal silber, mal schwarz, etwa 150 mm lang und um die 20 mm im Durchmesser. In seinen Abmessungen von 140 x 23 mm reiht sich das CC8 in diesen Standard, dennoch ist es Austrian Audio gelungen, einen Look mit Wiedererkennungswert zu kreieren: mit Oberflächen in einem edlen Metallic-Grau, ähnlich dem beliebten »Space Gray« von Apple. Weinrote Akzente setzen das Hersteller-Logo und ein Ring am Kapselgehäuse.
Bei der Inspektion bringt das CC8 160 g auf die Waage; ein wenig mehr als mancher Konkurrent. Grund dafür ist ein sehr robust wirkendes, recht dickwandiges Gehäuse. Darin eingelassen sind zwei Schiebeschalter mit je drei Positionen. Der erste dient der Vordämpfung (Pad) um 0, 10 oder 20 dB; der zweite Schalter wählt die Einsatzfrequenz des Low Cuts (60 Hz, 120 Hz) bzw. schaltet diesen aus (»0 Hz«).
Das CC8 ist sowohl einzeln erhältlich als auch als Stereoset im Alukoffer inklusive Stereoschiene, ebenfalls aus leichtgewichtigem Alu. Zum Lieferumfang jedes CC8 gehören eine Stativklemme und ein Windschutz. Zum Test hatte ich eigentlich ein Stereoset geordert. Da gerade keins verfügbar war, erhielt ich zwei Einzelmikrofone. Das ist kein Beinbruch, denn nach eigenen Angaben fertigt Austrian Audio das CC8 extrem präzise mit einem Toleranzschlauch von nur ±0,5 dB, sodass zwei beliebige CC8 problemlos als Stereopaar
verwendbar sein sollen. Das werde ich natürlich nachmessen.
Wiener Erbe
Das CC8 arbeitet mit einer Nierenkapsel mit der Bezeichnung OCC7, die, wie eingangs angesprochen, von der AKG CK1-Kapsel inspiriert sein soll, welche die Standardbestückung des legendären AKG C451 war. In diesem System gab es auch andere Kapseln, aber wenn man vom C451 spricht, meint man fast immer den besonderen Sound der CK1-Kapsel. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, wird diese Kapsel etwa zu gleichen Teilen geliebt und gehasst. Während die allermeisten Kleinmembran-Kondensatormikrofone versuchen, möglichst neutral zu klingen, hat die CK1 einen sehr eigenen, sehr höhenreichen Sound. Ihre Hochzeiten hatte diese Kapsel in den 1970ern und frühen 80ern, als noch auf Analogband aufgenommen wurde. Der Höhenreichtum des C451 mit CK1 sorgte dafür, dass Schlagzeugbecken und Akustikgitarren nach diversen Überspielverlusten immer noch brillant klangen. Mit dem Wechsel zur digitalen Aufzeichnung fielen diese analogen Überspielverluste jedoch weg, sodass der Klang nun oftmals zu hell erschien. AKG reagierte mit einem neuen Mikrofonsystem, dem C460 B bzw. dessen Nachfolger C480 und linear abgestimmten Kapseln wie der CK61. Aber es blieb auch eine eingeschworene Fangemeinde für den sehr brillanten Sound des C451 mit CK1.
Vor einigen Jahren wurde diese Kombination in Form des C451 B reanimiert, auch wenn AKG die Kapsel nun in Elektret-Technik fertigte.
Wie die originale CK1 ist die OCC7 eine extern polarisierte Kondensatorkapsel. Was man von außen sieht, ist ein zweites Gehäuse, das die eigentliche Kapsel schützt, die durchaus optische Ähnlichkeiten mit der CK1 aufweist. Unter dem dünnen Metallgeflecht hat die Kapselvorderseite die gleichen charakteristischen Schlitze, und auch die seitlichen Schalleinlässe sehen ähnlich aus. Es gibt also Parallelen im akustischen Design. Dennoch sieht der publizierte Frequenzgang deutlich flacher aus als der des AKG C451 mit CK1. Das werden wir gleich überprüfen!
Schauen wir uns zunächst die übrigen Daten an. Das Eigenrauschen des CC8 ist mit 16 dB-A spezifiziert; ein üblicher Wert für ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon. Ein Schoeps CMC6 mit MK4-Nierenkapsel kommt auf 15 dB-A. Das Neumann KM 184 ist mit 13 dB-A etwas rauschärmer, zumindest auf dem Papier. In der Praxis ist meist das Raumgeräusch der limitierende Faktor. Mit einer Empfindlichkeit von 15 mV/Pa liegt das CC8 im optimalen Bereich, um den Dynamikumfang des nachfolgenden Mikrofonvorverstärkers optimal auszunutzen. Der Grenzschalldruckpegel ist mit unglaublichen 156 dB SPL angegeben, was vermutlich aber bei aktiviertem Pad gemessen wurde, sodass es ohne Pad wohl »nur« 136 dB sind. Was mehr als ausreicht. Das Pad wird man allenfalls für einen lauten Schlagzeuger oder sehr kraftvolle Bläser benötigen. Im Homestudio vermutlich nie.
Die Elektronik arbeitet, wie bei fast allen modernen Kleinmembran-Kondensatormikros, übertragerlos. Das bietet sich schon aufgrund des Formfaktors an, denn ein Übertrager, der sehr hohe Pegel sauber verarbeiten kann, bedingt eine gewisse Baugröße, die in einem so schmalen Gehäuse kaum unterzubringen ist. Ungewöhnlich hoch ist die Ausgangsimpedanz des CC8 von 275 Ohm. Mit einiger Sicherheit ist jedoch die eigentliche »reaktive « Impedanz der Mikrofon-Ausgangsstufe sehr viel niedriger; Austrian Audio wählt nur relativ große »Build-Out«-Widerstände, die die aktive Schaltung vom nachfolgenden Preamp entkoppeln. Das ist eine Sicherheitsmaßnahme, um unerwünschte Wechselwirkungen auszuschließen.
Während das alte AKG C451 mit austauschbaren Kapseln betrieben werden konnte (für das aktuelle C451 B gilt dies nicht!), scheint das Austrian Audio CC8 nicht als modulares System angelegt zu sein. Den Kapselkopf auszutauschen, wäre schwierig und zeitaufwendig, denn er ist mit drei winzigen Torx-Schrauben am Verstärkerteil befestigt. Tatsächlich konnte ich in meinem Arsenal keinen passenden Schraubendreher finden, weshalb ich Fotos vom Inneren schuldig bleiben muss.
Die von mir gemessenen Frequenzgänge korrespondieren recht genau mit dem Sollfrequenzgang des Herstellers. Von 50 Hz bis 4 kHz arbeitet das CC8 sehr linear. Bei etwa 5,5 kHz gibt es eine leichte Präsenzanhebung, über der die Kurve dann leicht abfällt. Bei etwa 14 kHz kommt es zu einer etwas kräftigeren Höhenanhebung um knapp 3 dB; darüber fällt die Kurve recht steil ab.
Damit ist das Austrian Audio CC8 weitaus linearer als das gute alte AKG C451 mit CK1-Kapsel. Ein Original konnte ich leider nicht auftreiben, aber in meinem Archiv fand ich Messungen von einem AKG C451 B Anniversary Edition von 2013. Dessen Frequenzgang zeigt eine ähnlich milde Präsenzanhebung bei 5,5 kHz. Der Höhen-Boost ist jedoch sehr viel kräftiger und breitbandiger. Gleichzeitig laufen die Bässe bereits ab 200 Hz weich aus. Vergleicht man dagegen mit einem AKG C460B mit CK61-Kapsel oder anderen sehr neutral abgestimmten Kleinmembran-Kondensatormikros wie Schoeps CMC6 mit MK4 oder Neumann KM184, hat das Austrian Audio CC8 durchaus mehr Eigenklang. Die Höhen sind stärker angehoben. Auch fällt der Frequenzgang im Air Band oberhalb von 15 kHz stärker ab.
Die Fertigungskonstanz ist tatsächlich so gut wie vom Hersteller angepriesen. Obwohl die beiden Testmikrofone nicht aufeinander abgestimmt sind und auch keine aufeinanderfolgenden Seriennummern haben, ergeben sie ein perfektes Stereopaar mit weitestgehend kongruenten Frequenzverläufen. Bemerkenswert ist auch, wie klangneut der mitgelieferte Windschutz funktioniert. Die Vergleichsmessung zeigt lediglich einen leichten Abfall um ca. 1 dB in den Bässen und Höhen. Tatsächlich ist das Schaummaterial, aus dem der Windschutz gefertigt ist, recht offenporig. Allerdings tendiert es ein bisschen zum Bröseln, sodass man Acht geben sollte, dass keine Partikel zur Membran gelangen.