Test: Korg multi/poly – Analog Modelling Synthesizer
Der VA-Synthesizer Korg multi/poly erweitert die Reihe der kompakten und leistungsfähigen Keyboard-Synthesizer des Herstellers. Bei der frisch programmierten Analog Modelling-Klangerzeugung hat man besonderen Wert darauf gelegt, die willkommenen, Charakter bildenden Artefakte analoger Vintage-Synthesizer authentisch nachzubilden. Dazu gehören nicht nur bekannte Features wie Oszillator- und LFO-Drift, sondern auch ein Geräte-spezifisches Verhalten von Hüllkurven und VCA.
Korg multi/poly – kompakt & portabel
Der Synthesizer kommt im gleichen leichtgewichtigen, aber stabilen Gewand wie die Tastaturversionen von Korg Wavestate und Modwave. Im Inneren erledigt, wie bei den anderen Modellen, die neueste Industrieversion eines Raspberry Pi-Boards die Rechenarbeit.
Äußerlich erinnert der multi/poly, mit seiner blau-schwarzen Front und den seitlichen Holz-Akzenten an das historische Vorbild, welches wohl bei der Namensgebung Pate stand. Das multi im Namen deutet dagegen an, dass wir deutlich mehr erwarten können, als lediglich eine Analog Modelling-Version eines Korg MonoPoly.
Das Konzept des Korg multi/poly
Wie beim Wavestate und Modwave, hat der Korg multi/poly vier Layer mit je vier Oszillatoren, eigenen Arpeggiatoren, Mod-Lanes und diverser anderer Parameter, die sich die sechzig Stimmen des Instruments teilen.
Der multi/poly ist ganz klar als Performance-Instrument konzipiert. In diesem Fall meint dies nicht die Performance als übergeordnetes Preset, sondern die Fülle an Bedienelementen und Modulations-Verbindungen, die man nutzen kann. Neben den Reglern für Filter und Hüllkurven gibt es vier Mod-Knobs, die sich schnell und unkompliziert auf Ziel-Parameter routen lassen.
Für weitere Steuerungen der Modulation empfiehlt sich das integrierte KAOSS-Pad, welches hier jedoch keine eigenen Effekte bedient. Stattdessen können einzelne oder auch mehrere Parameter des Instruments der X- oder Y-Achse zugeordnet werden. Zur permanenten Animation kann die KAOSS-Physics Funktion zugeschaltet werden, welche den X/Y-Punkt des Pads anhand von Reibungs- und Banden-Abschlags Parametern bewegt.
Wellenformen und Wavetables
Die vier identisch aufgebauten Oszillatoren können auf eine große Auswahl an Wellenformen zugreifen. Klassisch analoges, also als Sinus, Rechteck und Sägezahn, gibt es sowohl in reiner Form als auch in Kombination mit anderen Schwingungen wie z. B. Saw/Pulse oder Puls/Triangle. Der Parameter Wave Blend überblendet dynamisch zwischen den Formen.
Auch digitale Wellenformen gibt es in großer Auswahl, als Wavetables mit bis zu 64 Wellenformen. 32-bit Floating-Point Tables mit 2048 Samples bilden die Basis-Tabellen. Wenn man eine dieser Tables lädt, entscheidet die MOD-Option über den Obertongehalt und letztendlich den Klangcharakter. 28 Optionen, wie Odd Only (nur ungeradzahlige Obertöne), Low 12 (nur die 12 tiefsten Obertöne), oder Vintage 8 (8-bit Quantisierung), stehen zur Wahl. Während die MOD-Option nicht dynamisch verändert werden kann, sorgt Morph für Bewegung im Wellenfeld. Je nachdem welche der acht Morph-Types gewählt ist, werden die Wellenformen gedehnt, geschrumpft oder auf andere Art verändert. Die Intensität lässt sich einstellen und mit dem PWM/Morph LFO steuern.
Auch Westcoast-Sounds à la Buchla sind durch die Waveshaper/Wavefolder Oszillatoren in vielfältigen Geschmacksrichtungen vertreten. Die Auswahl hier ist riesig und beinhaltet auch alle Tabellen des Klassikers Korg 01/W.
Schließlich runden ein Noise Generator, der unter anderem das natürliche Rauschverhalten historischer Synthesizer emulieren kann, und eine Ringmodulator Funktion das enorme Oszillator-Angebot ab.
Die üppige Filtersektion
Der überwältigenden Auswahl an Wellenformen steht die Filter-Abteilung des Korg multi/poly in nichts nach. Zwei identisch aufgebaute Filter können sowohl in Reihe als auch parallel betrieben werden. Alle Filter-Typen wurden speziell für den Korg multi/poly neu entwickelt. Wie zu erwarten finden wir Varianten, wie sie in Korg Klassikern wie MonoPoly oder dem MS-20 zum Einsatz kommen. Aber auch andere ikonische Filter werden klanggetreu nachgebildet.
Hinter der Bezeichnung Mini verbirgt sich der berühmte 24 dB Ladder Tiefpass des Minimoog, Pro verweist auf den ersten polyfonen Synth, den Sequential Prophet 5. Insgesamt 17 Varianten verschiedenster LP-, HP- und BP-Varianten stehen zur Wahl. Bei einigen Filtern wie dem SE M/P (Oberheim SEM-Filter), oder Korgs Neuentwicklung, dem Multi-Filter, erlaubt der Xfd -Parameter eine Überblendung der Filter-Charakteristik.
Sound-Design mit dem Korg multi/poly
Die knapp 400 Presets des Korg multi/poly bieten eine breit gefächerte Auswahl an Sounds mit einen klaren Focus auf historische Synthesizer. Wer sich an den Klassikern versuchen möchte, findet Presets wie MS-20 Template, oder Mono/Poly Template. Hier sind bereits die entsprechenden Einstellungen für Oszillatoren und Filter, aber auch die entsprechenden Hüllkurven- und VCA-Charakteristiken vorgewählt.
Dank der vier Layers kann man beispielsweise ein Prophet-Pad mit einem Moog-Bass und einer MS-20 Lead-Stimme kombinieren und hat noch genug Power für etwas Sternenstaub aus einem selbst gestaltetem Hybrid-Synth. Natürlich ist man an keinerlei Vorgaben gebunden. Man kann den multi/poly auch als quasi modulare Spielwiese verstehen, auf der man sich die klangliche Fauna aus verschiedensten Modulen zusammenstellt.
Um die Programmierung des multi/poly zu erleichtern, hat Korg einen Editor und Librarian entwickelt, der nicht nur den Umgang mit dem komplexen Motion-Sequenzer enorm vereinfacht. Hier hat man auch Zugriff auf die CMT Voice Variation. Sie bildet die subtilen Variationen, die analoge Schaltungen natürlicherweise erzeugen, wie Oszillator- oder Filter-Drift nach, die sich individuell in ihrer Intensität einstellen lassen.
Die Library-Funktion des Editors ermöglicht neben der Verwaltung der verschiedenen Daten-Typen (Performance, Program, Motion-Sequence, etc.) auch das Laden und Organisieren eigener Wavetables.
Fazit
Der Korg multi/poly erkundet die Welt klassischer analoger und digitaler Synthesizer mit modernen VA-Synthese-Mitteln. Die eigens für dieses Instrument neu programmierten Analog Modelling-Komponenten berücksichtigen besonders auch die charakterbildenden Artefakte, wie Oszillatoren-Drift, oder den Grundcharakter der Hüllkurven und VCAs.
Mit diesem Material lassen sich klassische Instrument wie der Mini Moog oder ein Korg MS-20 klanggetreu nachbilden. Durch den modularen Aufbau kann man natürlich auch moderne Hybride erschaffen, die in ganz neue klangliche Sphären führen.
Vorteile
+ leichtgewichtig und robust gebaut
+ enorme Oszillator- und Filter-Auswahl
+ viele Spielhilfen und Modulationsmöglichkeiten
Nachteile
– einfache Tastatur ohne Poly-Pressure
Weitere Informationen zum multi/poly bei Korg.
Korg multi/poly bei MUSIC STORE professional.