Test: Korg Grandstage X – Stagepiano
Das Korg Grandstage X ist das aktuelle Stagepiano-Flaggschiff des Herstellers. Die Neuauflage im Preissegment bis 3.000,- Euro wurde gegenüber dem Vorgänger Grandstage nicht nur optisch komplett umgestaltet. Auch bei Bedienung und Ausstattung gibt es deutliche Veränderungen.
Korg Grandstage X mit modernen Gewand
Grandstage X kommt in einer völlig eigenständigen Optik mit weißer Aluminium-Deckplatte auf dem Pianodach und weißlackierten metallenen Lochblenden an den Seiten. Das Piano ist derzeit ausschließlich mit 88er Tastatur zu haben.
Das 25 Kilogramm schwere Modell findet zwar auch auf einem gewöhnlichen Keyboard-Ständer Platz, wird jedoch zugleich als Standalone-Instrument vermarktet. Optional bietet Korg den anschraubbaren Holzständer ST-WGS an. Im Lieferumfang gibt es ein Notenpult sowie ein Sustainpedal. Ein optionales Dreifach-Pedal ist leider nicht verfügbar. Auch auf eingebaute Lautsprecher wird verzichtet.
Für die Bühne lassen die Anschlussmöglichkeiten keine Wünsche offen. Neben XLR- und Klinkenausgängen gibt es MIDI und USB, drei Pedalbuchsen und auch einen Stereoeingang mit Mic/Line-Umschaltung.
Das Grandstage X besitzt Korgs RH3-Tastatur. Sie verfügt über eine Hammermechanik und vier unterschiedlich gewichte Tastaturzonen. Sie spielt sich leichtgängiger als viele andere Digitalpiano-Klaviaturen, verzichtet sowohl auf eine Druckpunktsimulation und Ebony/Ivory-Feel-Beläge, als auch auf Aftertouch.
Die schwarzen Tasten sind mattiert. Die RH3 passt hier als Kompromiss zwischen Digitalpiano und Stagekeyboard sehr gut, da neben Flügelklängen auch eine Fülle an Sounds wie Orgeln, Streicher und Bläser und Synthesizer spielerisch beherrscht werden will. Als Spielhilfen gibt es Pitch- und Modulationwheels sowie zwei Switches. Die Switches rasten übrigens ein, brauchen also nicht beim Spielen gedrückt gehalten zu werden.
Neues Bedienkonzept
Während am alten Grandstage vieles, selbst die Soundumschaltung, über zehn Drehregler läuft, verspricht am Grandstage X ein zentrales LC-Display mit vier Funktionstastern, „+/-“- sowie Enter/Exit-Buttons und Endlosrad klassisches Stagepiano-Handling des Digitalzeitalters. Statt mit Drehreglern arbeitet das Grandstage X nahezu ausschließlich mit Schiebereglern.
Neu sind zehn Sound Select-Tasten zur Anwahl der Klangkategorien. Durch die Einzelklänge scrollt man mit dem Endlosrad. Die Tasten für Sound Select dienen zugleich als Favorite-Buttons, wofür die Favorite-Umschalttaste sorgt. Ein Favorite-Speicher organisiert drei Klänge (altes Grandstage: zwei Klänge).
Über das neue Bedienfeld Part Control werden die drei Tastatursounds, jeweils mit eigenem Solo-Button und Volume-Schieberegler, gesteuert: Main-, Layer- und Split-Sound können darüber gleichzeitig aktiviert werden.
Die aus dem Grandstage bekannte Funktion Dynamics heißt am Nachfolger treffender Key Touch. Sie wird über einen mittengerasterten Schieber in den positiven (für leichten Anschlag) oder negativen Bereich (fester Anschlag) gefahren. Key Touch ist eines der wertvollsten Features des Grandstage X im Live-Einsatz.
Die Soundvielfalt des Korg Grandstage X
Basis der Klangerzeugung des Grandstage X sind wie beim Vorgänger sieben unterschiedliche Soundengines. 700 Sounds sind an Bord, hinzu kommen 100 programmierbare Favorites (Vorgängermodell: 500 Sounds, 64 Favorites). Die Polyfonie liegt bei maximal 128 Stimmen, je nach den verwendeten Engines.
SGX-2 heißt die Soundengine für die hochwertigsten akustischen Pianos im Grandstage X. Samplebasierte ungeloopte Klänge in Kombination mit Physical Modeling für die Simulation von Saiten- und Dämpferresonanzen werden geboten. Bis zu 12-fache Velocity-Layer soll es laut Korg in manchen Samples geben. Top-Sound in der ersten Kategorie „Grand“ ist für mein Empfinden klar das neue „GSX Solo Piano“: Der Klang eines großen Konzertflügels à la Steinway spielt sich sehr dynamisch und reagiert am facettenreichsten. Einzig seinen hohen Hallanteil habe ich lieber etwas reduziert.
Die weiteren SGX-2-Pianos, darunter „Italien Piano“, „German Piano“, „Japanese Piano“ und ein sehr schönes „Small Grand Piano“ liefern wirklich unterschiedliche Flügel-Klangfarben. Die 99 Einträge umfassende „Grand“-Bank greift auch noch auf weitere A-Pianos der HD-1-Sound-Engine mit rein PCM-basiertem Material zurück.
Die Bank „Upright“, die mit dem SGX-2-Sound „Upright Piano 1“ einen Top-Klavierklang in mehreren Varianten bietet, ergänzt noch E-Grands à la Yamaha CP70/80 oder SA-Piano-Klänge nach dem Vorbild des Roland RD-1000.
Engines für E-Pianos und Orgeln
„Vintage EP“ mit 83 Sounds widmet sich schwerpunktmäßig den verschiedenen Rhodes-Modellen sowie dem Wurlitzer-200A. Die dafür eingesetzte EP-1-Engine sorgt für dynamische Klänge inklusive Spielgeräusche der elektromechanischen Originale. Als virtuelle Effekte sind, je nach Programm, Chorus-, Amp-, Phaser-, Flanger- oder Wah-Wah den Klängen fest zugeordnet.
Überzeugende HD-1-basierte, dynamische FM-E-Pianos vom Yamaha DX7 und Co. und sehr gute Hohner Clavinets D6 und E7 bieten die nächsten Bänke, inklusive der amtlichen Effekte.
Die beiden Switch-Buttons aktivieren Modulationseffekte wie Wah-Wah für Rhodes und Clavi, dichten Chorus fürs FM-Piano, oder sie wirken auf Tremolo und Vibrato. Und die beiden Wheels modulieren Effektparameter. Ein paar gute Cembali gibt’s außerdem.
Mit gleich drei Sound-Engines werden die Orgelklassiker Hammond B3/C3, Vox Continental sowie Transistororgeln à la Farfisa bedacht: Angelehnt an Korgs eigene Combo-Orgel heißt die erste Engine CX-3 und bietet überzeugende Hammond-Imitate. Authentisch klingen auch die anderen Modelle.
Effekte wie Leslie sind Bestandteil der Sounds. Das Pitch-Wheel wirkt zumeist auf die Rotor-Geschwindigkeit und funktioniert dabei wie ein Slow-Fast-Schalter inklusive Brake-Funktion. Modulation blendet stattdessen vollere Drawbar-Registrierungen ein, die Switches sorgen für Varianten bei Percussion und Vibrato.
Strings, Synths und mehr
Über 50 realistische Streichensembles, synthetische Strings sowie Mellotron-Klänge, zudem verschiedene Chöre, außerdem abwechslungsreiche und dynamische Bläser-Sections und Holzbläser in mehr als 60 Presets gibt’s am Grandstage X ebenfalls.
Ein Highlight ist die Synth-Bank, in der sich viele Analog-Modeling-Sounds finden, für die die siebte Engine AL-1 zuständig ist. Die kreativen und atmosphärischen Flächen, Sweeps, Poly-Synths sowie diversen monophonen Lead-Sounds mit Portamento klingen stark nach Korgs Nautilus-Serie.
Komplett wird der Klangfundus mit einer brauchbaren Auswahl an akustischen und elektrischen sowie Synthi-Bässen, Gitarren und chromatischer Percussion. Schließlich gibt es noch diverse Orchestra-, Brass- und Elektro-Hits sowie einige geräuschhafte SFX-Soundsets.
Favorites, Effekte und Rhythm-Funktion
In den 100 Favorite-Speichern sichert man Split-Layer-Konfigurationen, für die wichtige Parameter wie Oktavlage, Tuning oder Volume der drei Tastaturparts rasch eingestellt sind. Außerdem gibt es pro Klang bis zu sechs spezifische, von der jeweiligen Engine abhängige Sound-Edit-Parameter – etwa Cutoff und Resonance bei AL-1-Sounds. Allerdings scheint hier noch nicht alles vollständig implementiert zu sein: So ließen sich bei den SGX-2-Flügelsounds Parameter wie „Lid Position“ oder „String Resonance“ zwar verändern, es war jedoch keine Auswirkung auf den Klang festzustellen.
Mit im Favorite kann man Einstellungen der Sektion „Reverb/Delay“ und des 3-Band-EQs sichern. Diese lassen sich aber auch komfortabel während des Spiels über die entsprechenden Bedienfelder des Grandstage X ändern.
Neu ist die Funktion Analog Tone mit eigenem Bedienfeld, das übrigens den einzigen Drehregler am Instrument erhalten hat. Basis ist Korgs Nutube-Technologie, die die analoge Soundfärbung einer Vakuumröhre in das Ausgangssignal bringt. Das sorgt bei E-Pianos, Orgeln und Synths für Vintage-Klang bis hin zur gewollten Verzerrung.
Als nicht recht durchdacht empfinde ich die „Unison“-Funktion in Verbindung mit „Swap Split“: Bei gleichzeitigem Splitting und Layering liegen Main- und Layer-Sound stets rechts und der Split-Sound links vom Splitpunkt. Nur mit der „Swap“-Funktion, dem automatischen Tauschen der Part-Positionen, bekommt man die umgekehrte Konfiguration hin – zum Beispiel Piano-Strings-Layer links, Solo-Synth rechts. Schaltet man jetzt „Unison“ an, wird nicht etwa der Solo-Synth damit gedoppelt und klingt fetter, sondern einer der Layer-Klänge im unteren Tastaturbereich: Denn „Unison“ wirkt ausschließlich auf den Main-Sound.
Ein neues Feature ist die Funktion „Rhythm“ mit eigenem Bedienfeld. 32 Preset-Rhythmen aus Pop und Rock, R&B, Latin oder Jazz inklusive automatischer Bassbegleitung sind an Bord. Dazu gibt es 22 „Chord Progressions“, wobei die Bassbegleitung dann gängigen Akkordprogressionen folgt. Eine motivierende Übungshilfe also. User-Speicher für Chord Progressions gibt es ebenfalls. Der Bass kann sich in Portable-Keyboard-Manier aber auch nach den live gespielten Akkorden des Pianisten richten.
Fazit
Das Korg Grandstage X ist ein unverwechselbares Stagepiano von eigenem Charakter. Das solide Instrument liefert eine enorm große Klangauswahl, viele User-Speicher und eine live-orientierte Benutzeroberfläche für die Bühne. Ebenso gut macht es sich mit dem optional erhältlichen Ständer und seinem besonderen Design aber auch als Instrument im Wohnumfeld.
Vorteile
+ sehr umfangreiche, inspirierende Klangauswahl
+ gelungenes Bedienkonzept
+ viele Favorite-Speicher
+ hochwertige Effekte
+ gehobene Hardware-Ausstattung
+ modernes, standalone-taugliches Design
Nachteile
– hohes Gewicht
– kein optionales Dreifach-Pedal erhältlich
– kleine funktionale Unstimmigkeiten
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Weitere Informationen zum Grandstage X bei Korg.