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Tutorial: Einstieg ins Eurorack 2 – der VCO

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Tutorial Einstieg ins Eurorack Titel
Das Thema in Teil 2: der VCO

In dieser Folge unseres Tutorials “Einstieg ins Eurorack” geht es um das Herz der Klangerzeugung: den VCO. Nahezu alle Klänge haben am Anfang der Signalkette einen oder mehrere Oszillatoren zu stehen, sie sind also ein essentieller Bestandteil eines Modularsystems. Entsprechend vielfältig ist das Angebot und man steht vor der Frage, für welches Modell man sich entscheiden soll.

Der VCO und seine Aufgabe

Der spannungsgesteuerte Oszillator, kurz VCO (Voltage Controlled Oscillator), ist der Ausgangspunkt für die Klänge eines Modularsystems oder eines Synthesizers im Allgemeinen. Er erzeugt ein kontinuierliches Signal, das im hörbaren Audiobereich liegt und in der Tonhöhe gezielt gesteuert, d.h. gespielt werden kann.

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Ein einfacher Vergleich: wenn die Saite einer Gitarre schwingt, entsteht damit der eigentliche Ton. Es ist die Basis des Klanges, der im weiteren Verlauf noch verändert werden kann. Der Unterschied zwischen Gitarre und Synthesizer besteht darin, dass ein Oszillator ständig schwingt und nicht erst “gezupft” werden muss. Aber genauso wie die Saite immer nur eine Tonhöhe erzeugen kann, erzeugt auch ein Oszillator ein monophones Signal.

VCO Eurorack Module
Beispiele aus dem umfangreichen Angebot an klassischen VCOs: IO Instruments Themisto, Doepfer A-111-2, Dreadbox Hysteria, Shakmat Banshee Reach (Bild: Hersteller)

Technische Unterschiede

Als VCO werden analoge Oszillatoren bezeichnet. Der technische Aufbau der Schaltung kann mit diskreten Bauteilen (Transistoren etc.) oder mit integrierten Schaltkreisen (IC) erfolgen. Das ist für den Anwender insofern von Bedeutung, als die Art und der Aufwand einer Schaltung sich auf den Klang wie auch auf die Stimmstabilität auswirkt. Es gibt unterschiedliche Ansätze und Qualitätsstufen, die im direkten Vergleich mitunter deutlich hörbar sind. Vor allem trennen Stimmstabilität und Temperaturabhängigkeit die Spreu vom Weizen. Analog ist eben nicht gleich analog.

Der klassische VCO

Moog definierte in den 60er Jahren mit den Modulen 921-B und 901-B den klassischen VCO, der bis heute als Blaupause für unzählige Oszillatoren gilt. Als analoger VCO erzeugt er eher einfache und wenig variable Signale, die dafür aber lebendig klingen, da die Schaltung minimalen Schwankungen unterliegt. VCOs werden vor allem für typische Standardsounds wie Bass und Leadsounds verwendet, die von der Lebendigkeit der analogen Schaltungen profitieren.

Der Standard-VCO erzeugt üblicherweise vier Standardwellenformen: Rechteck (Square), Sägezahn (Saw), Dreieck (Triangle) und Sinus (Sine). Die Namen leiten sich von ihrem Erscheinungsbild auf einem Oszilloskop ab. Technisch gesehen sind diese vier Wellenformen relativ einfach zu erzeugen und decken unterschiedliche Frequenzspektren mit jeweils spezifischen Obertönen (Harmonischen) ab. Die Wellenformen liegen entweder an Einzelausgängen an oder es gibt nur einen Ausgang und ein dazu gehörender Wahlschalter. Nicht alle klassischen VCOs erzeugen einen Sinus, da dieser technisch am aufwendigsten ist.

VCO Wellenformen Doepfer A-110
Die vier Standard-Wellenformen und ihre Obertonanteile (Bild: Doepfer - Anleitung A-110)

Ein VCO hat nur wenige Möglichkeiten, seine Signale zu verändern. Die gängigste Option ist die Pulsbreitenmodulation (PWM). Hiermit lässt sich die Breite des Rechtecks verändern, was den Klang dünner bzw. kräftiger werden lässt. Seltener ist die Symmetriemodulation anderer Wellenformen, etwa von Dreieck zu Sägezahn.

Außerdem gibt es die Synchronisation, in der Regel als sogenannter Hard-Sync ausgeführt ist. Hierfür werden zwei VCOs benötigt. Ein VCO gibt die Tonhöhe vor, die dem synchronisierten Oszillators durch einen kontinuierlichen Reset der Wellenform-Startphase “aufgezwungen” wird, unabhängig von dessen Einstellung. Wird der synchronisierte Oszillator anschließend moduliert, entsteht ein aggressiver Leadsound.

Die dritte gängige Möglichkeit ist die Frequenzmodulation (FM). Auch hierfür sind zwei VCOs notwendig: ein Träger (Carrier) und ein Modulator. Doch für gute FM-Sounds braucht es ein paar Optionen: ein linearer FM-Eingang, im Idealfall als Thru-Zero-Variante, sowie eine Möglichkeit, die Modulationstiefe zu steuern, entweder innerhalb des Oszillators selbst oder mithilfe zusätzlicher Module wie VCA, Hüllkurve und LFO.

VCO Beispiel Sync PWM
Beispiele, wie VCO-Module für Sync und PWM verschaltet werden (Bild: Doepfer - Anleitung A-110)

Der Umgang mit einem klassischen VCO stellt den Anwender vor keine Probleme. Erst bei FM-Anwendungen wird die Thematik etwas komplexer. In der Regel sollten mindestens zwei gleichwertige VCOs in einem Modularsystem vorhanden sein. Zum einen lassen sich damit Sounds mit Schwebungen (detune) erzielen und zum anderen wird ein Pärchen für Funktionen wie Sync und FM benötigt.

Sonderfall DCO

Auch der Digital Controlled Oscillator (DCO) ist analog. Das Wort “digital” sorgt hier manchmal für Verwirrung. Die digitale Steuerung sorgt hier nur für die Stabilität der Tonhöhe. Diese Schaltung wurde vorwiegend für polyphone Analogsynthesizer entwickelt, da dort Detunings zwischen den Stimmen natürlich schnell auffallen. Im Modularbereich sind DCOs eher selten anzutreffen, da ihnen die Lebendigkeit von guten VCOs fehlt. Aber beispielsweise bei Systemen, die häufig live eingesetzt werden, sind DCOs eine sinnvolle Alternative zu “instabilen” VCOs.

Complex VCO

Parallel zum VCO von Moog wurde von Don Buchla ein anderes Konzept für einen spannungssteuerbaren Oszillator entwickelt. Der sogenannte Complex VCO ist eine Einheit, die aus zwei Oszillatoren besteht, die sich in der Frequenz modulieren können (FM) und meist einen zusätzlichen Waveshaper bzw. Wavefolder besitzt, mit dem das Obertonspektrum der erzeugten Wellenform verändert werden kann.

Complex VCO Eurorack Module
Beispiele für Complex VCOs: TiptopAudio 258t, Hexinverter Mindphaser, Verbos Electronics Complex Oscillator (Bild: Hersteller)

Die Idee dahinter ist, dass bereits im Oszillator eine flexible und dynamische Klangveränderung möglich ist, ohne dass, wie bei Moog, ein nachgeschaltetes Filter dafür benötigt wird. Für die Funktionen im Complex VCO sind natürlich zusätzliche Hüllkurven und LFOs erforderlich. Aufgrund der Komplexität ist dieser Oszillatortyp weniger für den Einstieg geeignet. Um das Potential voll auszuschöpfen, sollte schon einiges an Hintergrundwissen und Erfahrung vorhanden sein.

Eine Auswahl an klassischen, komplexen und anderen Oszillatoren findet ihr bei unserem Partner MUSIC STORE.

Im nächsten Teil unseres Tutorials gehen wir auf die digitalen Oszillatoren ein, die die Klangpalette eines Eurorack-Modularsystems erheblich erweitern können. Und unter diesem Link könnt den vorherigen Teil unserer Tutorial-Reihe nachlesen:

Einstieg ins Eurorack 1 – die erste Entscheidung

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