Korg Lambda ES-50
In den 70er Jahren gab es einen großen Bedarf an erschwinglichen polyphonen Synthesizern, die eine breite Palette der Standard-Sounds erzeugen konnten.
Leider waren polyphone Synthesizer meist sehr teuer und häufig auch anfällig und wartungsintensiv. Insbesondere auf der Bühne wollten viele Musiker Instrumente, mit denen man schnell Flächen-, Orgel- Piano- und Bläser-Sounds erzeugen konnte, ohne dass man beim Transport zum Frühinvaliden wurde. Diese Gerätegattung wird als Ensemble- oder auch Multi-Keyboard bzw. – Synthesizer bezeichnet. Manche Leute nennen sie auch Stringmachines, obwohl viele von ihnen mehr können als nur Stringsounds zu generieren. Für experimentelle Soundtüftler waren die Presetsynths mit ihren begrenzten Möglichkeiten allerdings weniger gedacht. Eine Renaissance erlebten diese Instrumente ab Mitte der 90er Jahre durch Bands wie Air oder Broadcast, die die atmosphärischen Analogklänge dieser Instrumente gerne einsetzten.
Ein sehr schönes Exemplar dieser Spezies ist der Korg Lambda ES-50. Er bietet eine relativ breite Palette von Klangfarben und einige Effekte. Vorgänger des 1979 herausgekommenen Instruments ist das Multi-Keyboard PE 2000, welches 1976 das Licht der Welt erblickte (das Keyboard PE 1000, das im selben Jahr herauskam erzeugte eher zweifelhafte Piano-Sounds). Gleichzeitig mit dem Lambda wurde der polyphone Synth Delta (der im Vergleich zum PS-3200 nur begrenzte Klangestaltungsmöglichkeiten hat) und der Preset-Synth Korg Sigma auf den Markt gebracht. Letzterer ist monophon und bietet einige obskure NaturKlangfarben wie Tuba (!), Trompete, Gitarre etc. sowie Synth-Sounds, wobei jeweils zwei Sounds gelayert werden können.
Das Äußere des Korg Lambda strahlt eine solide Seriosität aus. Dies liegt vor allem an dem schnieken Holzgehäuse, das auch neben Mutters 70er-Jahre Schrankwand eine prima Figur macht. Praxisorientiert ist dabei die große Stellfläche, die Platz für andere Keyboards bietet. Das Bedien-Panel mit den vor allem bei Orgeln gebräuchlichen Registerschaltern ist mattschwarz gehalten und wirkt dezent-edel. Neben dem 48-Tasten-Keyboard befindet sich statt Modulations- und Pitch-Rad der für Korg typische Joystick. Die Qualität des Keyboards ist übrigens überraschend gut.
Die Sounds sind in zwei Klanggruppen „Percussive“ und „Ensemble“ unterteilt. In der Percussive-Sektion können die Sounds E-Piano, Clavi, Piano und Harmonics zugeschaltet werden. Mit Harmonics wird ein Klang bezeichnet, der Obertöne von Pianosounds emulieren soll. Die Lautstärke jeder Gruppe ist getrennt regelbar. Die Ensemble-Abteilung stellt insgesamt fünf Klänge zur Verfügung: Brass, Orgel, Choir, String 1 und String 2. Alle Sounds beider Sektionen sind miteinander kombinierbar. Einige Presets kann man (allerdings in einem engen Rahmen) an eigene Klangvorstellungen anpassen. Die Ensemble-Sounds warten mit einem einfachen Equalizer für den Höhenanteil auf.
Darüber hinaus gibt es beim Brass Sound die Möglichkeit, die Cut-Off Frequenz des Filters zu regeln. Ein Resonanzparameter steht allerdings nicht zur Verfügung. Weiterhin ist der Key-Click des E-Pianos einstellbar sowie Attack und Release vom Chor- und Strings-Sound. Den String-Sounds kann man durch Verstimmung der Oszillatoren eine größere Breite verleihen, was sehr effektiv ist. Dabei lassen sich zwei der drei Basisoszillatoren gegeneinander tunen; der Grad der Verstimmung wird dabei durch blinkende LEDs angezeigt.
Der Lambda hat auch einige Effekte an Bord: So gibt es einen Stereochorus, der etwas rauscht, ansonsten aber gut klingt und dem Signal viel Fülle verleiht. Der Chorus lässt sich für die Percussion- und die Ensemble-Sektion getrennt zuschalten. Die Geschwindigkeit des Effekts kann man mit dem Joystick steuern, der auch als Pitchrad fungiert (+/- 200 Cent). Die Strings können auch mit einem Vibrato-Effekt versehen werden.
Für die Percussion-Abteilung steht ein Tremolo-Effekt zur Verfügung, der relativ dezent ist und dessen Geschwindigkeit man regeln kann. Außerdem lassen sich in dieser Sektion Decay und Release einstellen, wobei für den letztgenannten Parameter nur ein Wahlschalter für kurzes oder langes Ausklingen geboten wird. Dieser wird übrigens fälschlicherweise als „Sustain“ -Schalter bezeichnet.
Mit dem Gesamtstimmregler kann die Stimmung im Bereich +/- 40 Cents angeglichen werden. Ein Oktav-Schalter ermöglicht die HochTransponierung des Sounds um eine Oktave. Rückseitig findet man neben dem Mix-Ausgang auch Stereo-Outs, bei denen beide Sektionen rechts und links und der Stereochorus anliegen, sowie einen Kopfhörerausgang. Außerdem gibt es einen polyphonen KeyboardTriggerausgang (+5V) zum Ansteuern anderer Oldies. Eingangseitig sind zwei Fußschalterbuchsen für die Expression- und die SustainFunktion zu vermelden.
Wie fast alle Stringmachines und viele Orgeln funktioniert der Lambda auf der Basis einer Frequenzteiler-Schaltung; Dabei werden die oberste Oktave des Sounds mit Hilfe von 12 Rechteck-Master-Oszillatoren und die weiter unten liegenden Oktaven durch Frequenzteilung erzeugt. Im Falle des Lambda handelt es sich sogar um drei unabhängige Basisoszillatoren für den Stringsound (die übrigen Klänge müssen sich mit zwei zufrieden geben), also insgesamt 3 × 12 Masteroszillatoren, die auch gegeneinander verstimmt werden können, sodass der Klang schön fett und warm wird. Die einzelnen Presets werden durch fixe Formantfilter generiert, lediglich der Brass-Sound ist mit einem VCF mit regelbarer Cutoff Frequenz ausgestattet. Zur Klangqualität tragen auch die beiden unabhängigen VCA-Hüllkurven (eine für Percussion, eine für Ensemble) nicht unwesentlich bei.
Zu den unbestreitbaren Vorteilen der Stringmachines gehört ihre Eigenschaft, vollpolyphon zu sein. Dies ist auch beim Lambda der Fall: Es gibt 48 Tasten und 48 Stimmen, basta.
bt 48 Tasten und 48 Stimmen, basta. „Das Lambda-Ensemble bietet die Vielfalt eines ganzen Orchesters. Da schwebt der Stereosound durch den Konzertsaal“ schildert der Korg Katalog verheißungsvoll die Klangqualitäten des Lambda. Tatsächlich ist der Lambda eines der bestklingenden Multi-Keyboards. Die Strings klingen kräftig und brillant, der ChorSound ist wunderbar seidig, selbst der Brasssound ist nicht übel, er erinnert ein wenig an den Korg Polysix und eignet sich mit seinem variablen Cuttoff-Parameter wunderbar zum Andicken des Gesamt-Sounds. Durch krasses Detuning der drei String- Oszillatoren lassen sich auch ungewöhnlich disharmonische Klänge erzeugen, die man einer Stringmachine nie zugetraut hätte. Die Orgel klingt eher nach Kirche als nach Hammond, aber zum Erzeugen sakraler Stimmungen eignet sie sich gut.
Die Klänge der Percussion-Abeilung fallen gegenü- ber den Ensemble-Sounds ab, vor allem einzeln sind sie ziemlich cheesy (aber manchmal ist es ja genau das, was man will). Sehr schön klingt aber der glockige „Harmonics“ Sound, dessen obertonreiches Spektrum sich gut mit den Strings verträgt. Die Piano und Clavi-Presets klingen einzeln nicht so toll, überzeugen aber mit aktiviertem Tremolo.
Der Chorus gehört nicht unbedingt zu den besten seiner Gattung und ist vergleichbaren Effekten, die man von Roland Stringmachines oder dem Solina String kennt, unterlegen; trotzdem ist man froh, dass ein Chorus an Bord ist. Ein Service-Manual finden Sie auf www. rangeraudio.com/manuals1.htm Insgesamt muss man sagen, dass der Lambda zu den bestklingendsten Stringmachines überhaupt gehört; dies verdankt er nicht zuletzt seinen gegeneinander verstimmbaren Oszillatoren. Für das selten angebotene Gerät zahlt man auf dem Gebrauchtmarkt zwischen 100 und 200 Euro.
nd 200 Euro. Für die freundliche Beantwortung unserer Fragen danken wir Herrn Giere von der Firma Korg&More. Das Gerät wurde uns freundlicherweise von Jan Casagrande zur Verfügung gestellt
Features
• analoge Klangerzeugung, vollpolyphon
• 48 Tasten Keyboard
• Joystick für Pitch und Chorus
• 2 VCA Hüllkurvengeneratoren
• Percusssive Sektion: E-Piano, Clavi, Piano, Harmonics
• Ensemble Section: Brass, Organ, Chorus, Strings I, Strings II
• Vibrato (Ensemble Sektion)
• Tremolo (Percussive Sektion)
• Release und Decay einstellbar (Percussion Sektion)
• Attack und Release regelbar (Ensemble Sektion)
• Je ein Volume-Regler für Percussive und Ensemble Sektion
• Regelbare Percussion-Anteil
• Brass mit Filter-Cutoff-Poti
• Klickanteil des Pianosounds regelbar
• Choruseffekt pro Sektion zuschaltbar
• Stereoausgang
• Kopfhörerausgang
• Gate-Trigger-Ausgang
• Fußschaltereingang für Haltepedal
Dezember, 2003