Kurzweil SP5-8 Stagepiano im Test
Auch wenn sich die Gattungsbezeichnung „Stagepiano“ hartnäckig in den Köpfen von Musikern und Marketingabteilungen hält, sind volltastaturige Bühnen-Arbeitstiere wie Kurzweils aktueller Vertreter SP5-8 heutzutage doch viel mehr als nur ein digitaler Piano-Ersatz. Wir haben den Kurzweil SP5-8 getestet.
Mit dem SP5-8 legt Kurzweil das erfolg – reiche Konzept der Vorgängerserie SP4 in seiner neusten Überarbeitung vor. Neben einem äußerlich optimierten Design wurde natürlich auch unter der Haube gehörig an der Stellschraube gedreht. Was Interessenten konkret zu erwarten haben, wollen wir in einem gründlichen Rundgang klären.
Out of the Box
Mit seinen knapp 22 kg schält sich das solide verarbeitete Arbeitsgerät verhältnismäßig handlich aus der gut gepolsterten Verpackung. Im Direktvergleich zum Vorgänger lässt sich bereits auf den ersten Blick ein gewisser Zuwachs an Oberflächenelementen ausmachen. Ins Auge fallen hier besonders die fünf Controller-Fader, welche auf drei Ebenen arbeiten können und somit 15 Regelmöglichkeiten bieten. Ebenfalls aus der PC3- Modellreihe übernommen wurde das Alpha-Dial auf der rechten Seite des 2-x-20-Zeichen fassenden, gekippten Displays. Über eine 24-Button-Matrix erhält man Zugriff auf insgesamt 861 Werkssounds, welche zum Großteil der Stock-Library der PC3-Synthesizer-Serie entstammen.
Die schon von anderen Kurzweil-Modellen bekannte und übersichtliche MODE-Abteilung befindet sich ebenfalls am erwarteten Platz. Hier lässt sich zwischen den Betriebsarten PROGRAM (normales Preset-Spiel), SETUP (Split- und Layer-Setups), dem Edit-Modus EDIT SETUP sowie dem obligatorischen GLOBAL-Modus wählen. Letzterer zeigt sich für alle Parameter-Einstellungen verantwortlich, die für das gesamte Instrument relevant sind. Bei der eingesetzten 88er-Tastatur handelt es sich um Kurzweils graduiert gewichtetes Modell LK40GH. Die Geräterückseite liefert ein übersichtliches Ensemble aus Triple-Pedalanschluss, MIDI-In/Out, USB, Stereoausgang via DoppelKlinke und einen Kopfhörerausgang. Da das SP5-8 aus Gründen der aktiven Gewichtsreduktion nicht über ein internes Netzteil verfügt, erfolgt die Stromversorgung über einen mitgelieferten 15-Volt-Trafo.
„Funk“-tionalität
Wesentlich für den Erfolg eines Master-/ Stagepianos ist und bleibt die Art und Qualität der verwendeten Tastatur. Im Gegensatz zu den 88-tastigen Flaggschiffen der PC3- Flotte setzt Kurzweil beim 64-stimmig polyfonen SP5-8 wie schon beim Parallel-Vorgänger SPS4-8 nicht auf eine Fatar-Klaviatur des Modells TP40L, sondern auf ein gewichtsoptimiertes (beim Hersteller WizTech gefertigtes) Modell mit gestufter Gewichtung (Graded Hammer Action). Diese simuliert den unterschiedlichen Anschlagswiderstand einer Flügeltastatur, welche in Richtung Diskant eine deutlich leichtgängigere Mechanik aufweist, da weniger Masse bewegt werden muss, um die „Saiten“ in Wallung zu bringen.
Kurzweils Lösung bleibt hier mit einer guten Balance zwischen Gewichtung und Leichtgängigkeit in einem äußerst variablen Bereich. Vom Grand-Piano-Sample über funkige Rhodes-Sounds bis hin zur ausgewachsenen Brass-Sektion lässt die LK40GH nichts an Spielspaß vermissen. Neben zehn verschiedenen Velocity-Kurven bietet das SP5-8 ebenfalls noch sieben Pressure-Maps für den monofon agierenden Aftertouch zur Auswahl. Die grundlegenden Funktionen zeigen sich ebenfalls von ihrer praxisorientierten und gut durchdachten Seite.
Unter den Mode-Buttons lassen sich beispielsweise neben der obligatorischen Transpose-Funktion (Oktave oder Halbton) mittels zweier „Create“ betitelten Buttons im Handumdrehen Split- oder Layer-Presets erzeugen. Da es sich bei diesen im Prinzip auch nur um schnell editierte Setups handelt, lassen sie sich einfach per Save-Button in den 128 Presets fassenden UserSpeicher kopieren. Bis zu vier Layer oder getrennte Zonen können auf diese Art bestimmt und über die Zone „1–4“-Buttons über den Controller-Fadern aktiviert oder deaktiviert werden.
Abgesehen vom Alpha-Dial, dessen Vorzüge und Funktionsweise wohl jedem geläufig sein sollten, halten auch die klassischen Parameter- bzw. Value-Buttons neben und unter dem Display ein nützliches Extra-Feature namens „Value Jump“ bzw. „Parameter Jump“ bereit. Drückt man „+“- und „–“-Taste gleichzeitig, springt der Wert oder die Preset-Liste um acht Plätze nach vorn, was in der Praxis ein schnelleres Durchskippen ermöglicht. Die in drei Ebenen zu jeweils fünf Fadern organisierten MIDI-Controller sind bereits im Auslieferungszustand des Geräts für jedes Preset und Setup vorkonfiguriert und mit entsprechenden Parametersteuerungen und AUX-Effekten belegt. An das, je nach Bedarf nötige Ebenen-Schalten gewöhnt man sich dabei eigentlich ganz schnell. Wer im begrenzten Rahmen tiefer in die Setup-Gestaltung eingreifen möchte, gelangt über den „Edit Setup Mode“ zu einer 89 Steuerungsmöglichkeiten umfassenden Parameterliste, welche sich für jedes Layer oder eine individuelle Zone einzeln anpassen lässt.
Sound & Action des Kurzweil SP5-8
Das Klangarsenal des Kurzweil SP5-8 setzt sich aus einer gut sortierten und live-tauglichen Sammlung an Piano- und E-Piano-Sounds sowie einer reichhaltigen Best-Of-PC3-Library zusammen. Dazu gesellen sich Samples aus Kurzweils „World Class String Section“ und viele virtuell Analogableger der in Dynamic V.A.S.T. integrierten KVA-Synthesizer-Engine in Tradition des Kurzweil VA-1. Auch die Orgelsimulation KB3 passt sehr gut in klanglichen Gesamtrahmen.
Wird ein Preset der Drawbar-Engine aktiviert, leuchtet zudem eine entsprechende LED auf der Gehäuseoberfläche, um anzuzeigen, dass die Controller-Regler ab sofort Zugriegelfunktionalität übernehmen. Auch wenn die Klanggestaltungsmöglichkeiten im Direktvergleich zur PC3-Serie doch schon stark eingeschränkt wirken, erhält man mit dem SP5-8 alles, was man zum Musikmachen auf der Bühne oder im Studio benötigt.
Die Auswahl der Library-Objekte ist für ein Stagepiano meiner Meinung nach nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ überdurchschnittlich. Kurzweil-Kritiker heben immer allzu gern hervor, dass es ja auf dem Markt mittlerweile doch deutlich bessere Akustikpiano-Sounds gibt als die der PC3- Reihe. Damit mögen sie objektiv betrachtet sogar Recht haben – auf der anderen Seite ist dieser Umstand genau der Grund, weswegen Kurzweil-Fans den Sounds à la Triple-Strike-Piano vor allem live die Stange halten. Denn die Kurzweil-Pianos (und übrigens viele der anderen Sounds) funktionieren super auf der Bühne.
Sie besitzen einen ausgeprägten Charakter und entwickeln besonders im Bandgefüge eine Durchsetzungsfähigkeit und Dynamik, an die so schnell kein anderer Hersteller herankommt. In puncto E-Piano und Clavinet präsentiert sich der SP5-8 familienbedingt ebenfalls als ausgemachter Experte. Besonders hervorzuheben sind hier vor allem die Rhodes- und Wurlitzer-Derivate, die es locker mit kostspieligen Spezial-Software-Plug-ins aufnehmen können.
Als schönes Bühnen-Feature sollte noch die Möglichkeit erwähnt werden, via UserSetup 20 Favoriten nach Bedarf auf die entsprechenden Bank-Register (Piano, E-Piano, Strings, etc.) zu legen. Dies erleichtert den schnellen Soundwechsel während eines Konzerts doch schon erheblich. Die leicht nach hinten abfallende (mit Gefälle) eingebaute Tastatur kommt einem im Übrigen besonders beim Spiel im Stehen anatomisch sehr entgegen. Aber auch in sitzender Position stört der leichte Winkel nicht wirklich. Das obligatorische und gut gefederte Piano-Fußpedal gehört bei Kurzweil-Geräten (vorbildlicherweise) schon immer zum guten Ton und liegt somit neben einem USB-Kabel (für MIDI-Funktionalität oder Updates via PC/Mac) auch dem Stagepiano SP5-8 bei.
Fazit
Mit dem SP5-8 erhält man ein sehr gut ausgestattetes Stagepiano mit vollwertigem Sound und Funktionsangebot. Darüber hinaus verfügt Kurzweils Neuster über eine ausgezeichnet variabel einsetzbare Tastatur und befindet sich bei einem Straßenpreis von knapp 1.000 Euro meines Erachtens auf einem ausgesprochen fairen Preis/Leistungs-Niveau. Vor allem auf der Bühne dürfte das SP5-8 mit seiner geradlinigen und unkomplizierten Art schnell Freunde gewinnen. Alles in allem wieder einmal ein echter Kurzweil.
Plus/minus
+ Preis/Leistung
+ Klangqualität
+ Verarbeitung
+ hochwertige Tastatur mit Hammermechanik
– 64-fache Polyfonie