Hammond SK1 – Stage Keyboard im Test
Ein Instrument mit dem großen H, das sich ohne Kraftanstrengungen transportieren lässt? Bis heute ein unüberbrückbarer Gegensatz! Wie gesagt, bis heute – bis das Hammond SK1 kam…
Oh, wie süß“, entfuhr es meiner Frau, als sie das Hammond SK1 zum ersten Mal sah – und sie hat in den letzten Jahren schon viele Testobjekte von mir gesehen. Nur wenig breiter als die 5-Oktaven-Tastatur und etwa doppelt so tief wie eine Taste, dazu knapp eine Zigaretten schachtel hoch und 7 kg leicht – eine solche Beschreibung passte bisher vielleicht auf die roten Instrumente aus dem Norden. Und auch die geschwungenen roten Seitenwangen erinnern an die Konkurrenten. Zugegeben, diese sind im gediegenen Dunkelrot gehalten und nicht so knallig.
Sound des Hammond SK1
Die Orgelsounds klingen fantastisch, die Extra-Voices sind tatsächlich nur zusätzliche Sounds. Ich muss es an dieser Stelle einmal ganz unbescheiden sagen: Ich habe sie alle gehabt! In den 40 Jahren, die ich als Organist, Keyboarder und Testschreiber aktiv bin, sind mir alle Orgeln unter die Finger gekommen, die in Westeuropa lebten – entweder habe ich sie selbst besessen (und besitze sie noch), oder sie standen in meinem Folter-Proberaum, wo ich sie quälen konnte. Nur von einer Vox Continental habe ich immer Abstand gehalten, aber das ist eine andere Geschichte.
Also los: Anschließen, einschalten und – Hammond! Das kleine, süße, leichte Ding klingt einfach genial! Es jazzt, es rockt, es blubbert und faucht wie eine ganz Große. Die umfangreiche, aber leider englischsprachige Bedienungsanleitung verrät, warum: Das Herz des SK1 ist das gleiche wie in den (deutlich schwereren!) Hammond-Modellen XK-3c und New B-3. Und deshalb lässt sich wie bei den großen Brüdern am Orgelsound und den zwingend dazu gehörenden Geräuschen eine ganze Menge schrauben. Die Drawbars sind in Wahrheit zwar Fader wie bei einem Mischpult, liegen aber gut in der Hand und lassen Orgel-Feeling aufkommen; das Raster-Gefühl und das Klicken beim Ziehen und Schieben fehlen jedoch.
Hoffentlich halten die Fader einem ständigen Gebrauch stand, beim Testgerät lief der 4′-Drawbar/Fader nicht so glatt, wie er es bei einem Neugerät tun sollte. Die Extra Voices heißen so, weil sie ein Extra sind, also eine Zugabe. Die Pianos (A und E) und Clavinets in den verschiedensten Ausprägungen klingen ganz ordentlich, mit den Bläsern kann man sich auch noch hören lassen, obwohl die im Zusammenhang eher schlapp klingen. Die Streicher bezeichnet Hammond ehrlicherweise direkt als synthetisch und gibt gar nicht erst vor, hier authentisch klingende String-Sounds anzubieten. Aber wer Lo-Fi mag … Unter dem Taster LIBRARY verbergen sich die Sounds, die über einen USB-Stick in das SK1 geladen werden können.
Hammond verspricht hier die kontinuierliche Weiterentwicklung des Soundangebots, verfügbar als Download über die Firmenwebsite. Aber nicht genug der Orgelsounds: Wenn man möchte, klingt das SK1 auch nach Vox, Farfisa oder großer Kirchenorgel. Auch hier kann ich eine große Kanne Lob auskippen! Hier wimmert die Farfisa und sägt der Vox-Transistor, dass es nur so eine Freude ist. Wer allerdings glaubt, man könne mit dem SK1 eine vielmanualige Dom-Orgel ersetzen, der vertut sich. Für alle anderen: empfehlenswert. Effekte für Orgel und Extra-Voices sind reichhaltig an Bord. Zwei Dinge möchte ich aber besonders erwähnen: Bei den mit „Pcd“ (PROCHORD) gekennzeichneten Sounds klingt bei einer gedrückten Taste der Akkord, der auf dem LOWER-Teil der Klaviatur gespielt wird.
Das ist die Theorie, die in der Praxis nicht immer korrekt umgesetzt wird. Besser gefällt mit der MASTER EQUALIZER mit durchstimmbaren Mitten, dessen Einstellungen nicht abgespeichert werden und somit aktuell angepasst werden können. Spieltechnisch ist das Hammond SK1 in erster Linie auf Orgel ausgelegt. Auf den Nostalgie-gelb getönten Tasten fühlen sich die Finger direkt zu Hause, und alles, was sie so an Licks und Tricks draufhaben, können sie problemlos umsetzen. Beim Spielen von Klaviersounds macht eine Orgeltastatur naturgemäß nur bedingt Freude, das ist nicht nur beim SK1 so. Und damit meine Unbescheidenheit von oben seinen Sinn hat: In Bezug auf den Orgelsound spielt das Hammond SK1 in der Oberklasse, also in einer Liga mit den großen Hammonds (na klar), der Numa Organ (noch weicher) und der Clavia Nord C2/Stage (eher härter). An meiner Hammond XK-3 (1. Modell) muss ich schon ganz schön schrauben, um den Sound des kleinen Bruders hinzubekommen.
Bedienung des Hammond SK1
Die Programmierung der Tonerzeugung ist aufgrund des kleinen Displays etwas unübersichtlich, aber noch zufriedenstellend gelöst. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit gewöhnt man sich an das Hin- und Herspringen über die Pfeiltaster und den VALUE-Drehknopf. Ganz nach Hammond-Manier erscheint darüber hinaus der Parameter im Display, dessen Taster man etwas länger gedrückt hält. Und die VASE-III-Tonerzeugung ist wirklich komplex … Die Auswahl der Extra-Voices geschieht über Wahltaster für die verschiedenen Soundgruppen und anschließend ebenfalls über den Value-Taster.
Da das für den schnellen Live-Einsatz zu umständlich ist, empfehle ich auf jeden Fall, mit den zehn FAVORITES genannten Komplettregistrierungen zu arbeiten. Das reicht wahrscheinlich in den seltensten Fällen aus, dachte man auch bei Hammond und stellte außerdem noch 100 USER-PATCHES (neben den 100 PRESETS) zur Verfügung. Das müsste reichen. Das Handwerk auf der Bedienoberfläche geht nach kurzer Eingewöhnungszeit flott vonstatten. Die Bereiche sind passend aufgeteilt, alles liegt ungefähr da, wo ich bzw. meine Hände es vermuten. Nur zum Umschalten der Leslie-Geschwindigkeit empfehle ich unbedingt eine andere Lösung, denn man trifft den Schalter nicht immer sicher. Zum Glück lässt sich ein Umschalter anschließen.
Anmerkungen
Was mir beim Testen des Hammond SK1 sonst noch aufgefallen ist, aber in keines der bisherigen Kapitel passt, hier in lockerer Aufzählung …
– Das Hammond SK1 bietet die Möglichkeit, vorgefertigte Playbacks über den MUSIC PLAYER abzuspielen. Die Dateien hierzu werden über einen USB-Stick geladen.
– Ein angeschlossener USB-Stick steht weit nach hinten vom Gerät ab (siehe Foto). Auf einer Bühne wird dieser Stick einen schnellen Tod sterben!
– Ein externes Netzteil wird mir nie gefallen.
– Das zugehörige Expression-Pedal von Hammond (EXP-50) ist mit 3 kg Gewicht im Vergleich fast unanständig schwer.
– Hinweisen möchte ich auf das zweimanualige Modell Hammond SK2, das intern im Wesentlichen gleich aufgebaut ist und 16 kg auf die Waage bringt.
Fazit
Das Hammond SK1 hat die gleiche hervorragende Tonerzeugung wie seine großen Brüder. Da stellt sich die Frage: Warum sind die denn sooo schwer? Sollte es etwa aus Image-Gründen sein? Spaß beiseite. Die Orgel-Sektion des Leichtgewichts ist in Wahrheit tatsächlich ein Schwergewicht, das sich hinter keinem anderen Orgelsound verstecken muss. Ein großer Pluspunkt für sicher viele Organisten: die Ausstattung mit neun Zugriegeln. Weniger gelungen sind die Extra-Voices, sowohl im Vergleich zum Orgelsound als auch in Relation zum Verkaufspreis. Das gesamte Handling des Instruments, sei es die Bedienung, der Anschluss und nicht zuletzt der Transport ist ausgezeichnet. Wer also auf kleinstem Raum eine echt geile Orgel sucht: Hammond SK1 – schwer war gestern.
Plus/minus
+ hervorragender Orgelsound
+ klein und leicht
– Extra-Voices (bes. Strings) in dieser Preisklasse nicht gut genug
Warum klingen alle 3 HammondTypen
(A- Typ B- Typ und Mellow) gleich.
Würde mich über eine Antwort freuen.
Danke.