Sommer, Sonne, Recorden

Recorden wie Moses Schneider in Frankreich

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Keine Frage: Man muss sich nicht zig Wochen auf eine einsame Berghütte zurückziehen, um mit (s)einer Band amtliche Aufnahmen in den Kasten zu spielen. Schaden tut es aber auch nicht. Fernab des Alltagtrubels fällt es nicht schwer, auch mal bis spät in die Nacht an den Aufnahmen zu arbeiten. Außerdem gibt es – abgesehen vom Smartphone – quasi nichts, was die Beteiligten von der Arbeit ablenkt. Ein Vorteil, der beim Recording-Workshop mit Moses Schneider und der Band Lion Sphere in Süd-Frankreich schnell offenbar wurde.

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Das Anwesen rund um das Studio Limusic ist zweifelsohne beachtlich: Das ehemalige Weingut etwas südlich von Carcassonne, erstreckt sich über rund 20 Hektar und ist an mediterranem Charme kaum zu überbieten. Allein die Auffahrt vom Eingangstor am Fuße des Hügels zum Herz des Guts, gesäumt von Bäumen und dem einen oder anderen mannshohen Kunstwerk, sorgt für offenstehende Augen. Oben angekommen macht sich die sengende Sonne bemerkbar, allerdings herrscht in den meisten Gebäuden des Guts glücklicherweise eine angenehme Frische auch ohne Klimaanlage, was an den dicken Natursteinwänden liegen mag.

Doch selbstverständlich sind wir nicht hergekommen, um uns am Pool die Bäuche braun brennen zu lassen, sondern um zu erfahren, wie man aufnimmt – wie Moses in Frankreich.

Moses Schneider, Produzent u.a. von AnnenMayKantereit, Tocotronic und vielen anderen, war ebenso angereist, um live vor Publikum einige Songs der Band Lion Sphere aufzunehmen. Dabei war es nicht nur Ziel, den Teilnehmern Recording- und Producertechniken zu vermitteln, sondern ganz ausdrücklich auch der Band amtliche Aufnahmen mit nach Hause zu geben.

Moses Spezialität ist es, wie sicher viele wissen, das Live-Recording – eben jene Technik, vor der sich viele scheuen aufgrund von Übersprechung und maschigen Signalen auf den einzelnen Spuren. Allerdings bietet nur das Live-Recording Moses die Möglichkeit, die Energie einer Band so einzufangen, wie es mittels Overdub nur schwer zu erreichen ist. Im Workshop führte er vor, mit welchen Schritten jeder auch ohne besonderen Aufwand zur amtlichen Live-Aufnahme kommt.

1. Bandprobe besuchen

Lange bevor Moses auch nur das erste Mikrofon in die Hand nimmt, besucht er die Band im Proberaum und hört sich einige Lieder an, die die Band vorbereitet hat und von denen gemeinsam Songs zum Aufnehmen ausgewählt werden sollen. Moses achtet dabei auf besondere Charakteristiken der Band und der einzelnen Songs – auf Dinge, die ihm im Positiven wie im Negativen auffallen. Danach bespricht er mit der Band, wie man jene Ecken und Kanten „abschleifen“ oder „polieren“ kann. In unserem Fall wurde z.B. der verspielte Bass vom Keyboarder und dem Moog Sub Phatty gedoppelt, die Gitarre durfte ebenfalls an passenden Stellen aus der reinen Funktion der Begleitung herausbrechen, der Schlagzeuger wurde angehalten, sein Clap-Effekt-Becken markanter zu nutzen, und der Gesang wurde schließlich (als einziges Overdub) mehrstimmig aufgenommen.

Hier wird noch geprobt.

Zunächst werden Songs gecheckt und musikalisch feingeschliffen.

2. Positionierung der Instrumente und Absorbern

Das Schlagzeug gehört bei Moses in die Ecke! Der Grund: Er sucht den größtmöglichen Laufzeitunterschied, und das ist in der Regel die Diagonale des Raums. Absorber werden hinter den Drums mannshoch aufgestellt, daneben etwa hüfthoch. Links und rechts flankieren Bass- und Gitarren-Amp die Drums, die ebenfalls von Absorbern etwas abgeschirmt werden. Alles gar nicht so wild.

3. Mikrofonierung

Vocals werden zwar als einziges Overdub im Nachgang noch aufgenommen, aber dennoch darf der Sänger Joel Montagud mitsingen, um der übrigen Band Orientierung im Song zu geben und auch, um den Flair des Songs nicht zu verfälschen. Da die Band In-Ear nutzt, stört er später auf den einzelnen Spuren nicht. Keys und Bass werden über DI aufgenommen, lediglich zwei Mikrofone vor dem Gitarren-Amp und einige mehrere an den Drums kamen zum Einsatz. Darunter selbstverständlich Moses’ Markenzeichen „Wurst“ und „Snareo“, außerdem standen vor den Drums zwei Mikros in „verkehrter Richtung“, um den angesprochenen Laufzeitunterschied mit einzufangen.

Die Frage nach dem richtigen Mikrofon

Überlegungen am Set

Die von Moses etablierte Mikro-Technik “SnareO” kommt auch hier zum Einsatz.

Moses legendäre “Wurst”.

Hands on bei der Drum-Mikrofonierung.

Moses entschiedet sich noch für den kleinen Glyn Jones am Schlagzeug,

„Teurer nicht gleich besser“

Vor dem Gitarren-Amp fiel die Wahl nach den Aufnahmen auf das nur wenige 100 Euro teure M160 von beyerdanamic und besiegte damit das ordentlich schwere Vox-O-Rama Typ U47. Auch am Schlagzeug kamen am Ende nicht alle Mikrofone zum Einsatz.

Der Griff zum vielversprechenden Vox-O-Rama Typ U47 vor dem Gitarren-Amp war am Ende doch nicht die endgültige Wahl – es unterlag dem Klassiker beyerdynamic M160. (Bild: Dirk Heilmann)

4. Recording

Wesentlich mehr Zeit nimmt die ganze Vorbereitung in Anspruch, sodass man etwas überrascht ist, dass die Aufnahmen nach vier, fünf Takes und etwas Besprechung und finalem musikalischem Feinschliff im Kasten sind. Kurz und schmerzlos, so könnte man es auch umschreiben.

Als einziges Overdub wurden die Vocals aufgenommen – nicht einmal, nicht zweimal, sondern dreimal – als dreistimmiger Chorsatz. Dadurch gewinnt der Song noch an Dichte, und der Gesang wirkt etwas voller und auch nicht ganz so scharf.

Imposant war dabei die Expertise und Genauigkeit, mit der Joel, aber auch die übrigen Musiker die Ideen von Moses umsetzen konnten. Doppelung des Basses: kein Problem. Hier noch ein Gitarren-Lick: kein Problem. Zweite und dritte Gesangsspur: auch kein Problem.

Kulinarische Genüsse

Wir sind ja nicht nur zum Produzieren in Süd-Frankreich. ?

Tomaten-Mozzarella

Baiser mit Früchten und geraspelter weißer Schokolade

Fazit:

Der Blick über die rechte und linke Recording-Schulter von Moses war wohl für alle Teilnehmer eine besondere Erfahrung. Bemerkenswert war dabei besonders Moses’ Gelassenheit und noch viel mehr seine Freude in allen Phasen des Recordens, Produzieren, Arbeitens mit der Band und nicht zuletzt auch das Erläutern seines Tuns vor Publikum. Bewundernswert ist seine Erfahrung im Umgang mit Bands und Mikrofonen – in welcher Geschwindigkeit und Zielgenauigkeit er die Session vorantreibt. „Das ist ja das Schöne am älter werden“, so Moses.

Lion Sphere auf Spotify: https://spoti.fi/3gYVXCC

Das aktuelle Album auf Bandcamp: https://lionsphere.bandcamp.com/album/a-moving-sun

Moses glücklich nach getaner Arbeit am Ende von Tag 1. (Bild: Dirk Heilmann)

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